Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 26. September 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ertl, LL.M., als Schriftführer in der Strafsache gegen Daniel Z***** wegen des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Februar 2018, GZ 32 Hv 123/17s-13, sowie über dessen Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Daniel Z***** des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach (richtig:) §§ 127, 131 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 26. Oktober 2017 in Wien Christoph H***** dessen Mobiltelefon iPhone 6S mit dem Vorsatz, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, „indem er es aufhob und in seine Tasche steckte, und nachdem er durch Christoph H***** und dessen Freunde dabei auf frischer Tat betreten worden war, Gewalt gegen Personen angewendet, um sich die weggenommene Sache zu erhalten, indem er auf Christoph H***** einschlug bzw diesem einen Stoß in den Hals-/Gesichtsbereich versetzte sowie Christoph T***** körperlich attackierte“.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
Entgegen der Kritik der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) wurden die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (US 5) nicht unzureichend begründet, sondern von den Tatrichtern ohne Verstoß gegen die Grundsätze logischen Denkens und allgemeine Erfahrungssätze aus dem äußeren Geschehen abgeleitet (RIS-Justiz RS0098671). Dabei berücksichtigten sie auch die „letztendlich geständige Verantwortung“ des Angeklagten zum Diebstahl und den Umstand, dass er „trotz mehrmaliger Aufforderung das Gerät nicht an H***** zurückgab“ (US 9 f).
Indem die Rüge weiters unter Anstellung eigenständiger beweiswürdigender Erwägungen und unter Wiederholung der Verantwortung des Angeklagten, er habe das Telefon nur eingesteckt, um einen Anruf bei der Polizei zu verhindern, den Bereicherungsvorsatz bestreitet, zeigt sie keinen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes auf, sondern kritisiert nur die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld.
Dass der Angeklagte im Tatzeitpunkt alkoholisiert war, haben die Tatrichter – der Kritik zuwider (Z 5 zweiter Fall) – berücksichtigt (US 5), Diskretions- und Dispositionsfähigkeit aber als gegeben angenommen.
Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).
Mit dem Verweis auf eigenständig interpretierte Details der Aussagen der Zeugen H*****, T***** und M***** sowie auf die Einlassung des Angeklagten, er sei vor der Polizei weggelaufen, weil er dachte, er sei (wegen einer offenen Geldstrafe) „ausgeschrieben“ (ON 12 S 5, 8), gelingt es der Tatsachenrüge nicht, solche erhebliche Bedenken zu wecken.
Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), der Angeklagte hätte freigesprochen werden müssen, „weil keine Tateinheit zwischen irgendeinem Stoß und der Wegnahme des Telefons“ zu erkennen sei, lässt jegliche Ableitung aus dem Gesetz vermissen, weshalb zur Erfüllung des Tatbestands der §§ 127, 131 erster Fall StGB ein Zusammenhang zwischen Gewaltanwendung und Sachwegnahme erforderlich sein sollte.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) strebt eine Verurteilung wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB an. Indem sie den Bereicherungsvorsatz aber bloß bestreitet, geht sie nicht – wie dies bei Geltendmachung materiell-rechtlicher Nichtigkeit erforderlich wäre (RIS-Justiz RS0099810) – von den gegenteiligen Konstatierungen des Erstgerichts aus (US 5) und verfehlt so den gesetzlichen Anfechtungsrahmen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde ergibt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E122787European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0150OS00057.18Y.0926.000Im RIS seit
09.10.2018Zuletzt aktualisiert am
09.10.2018