TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/24 98/01/0654

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Veröffentlicht am 24.11.1999
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs1;
StbG 1985 §11;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Pelant und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des S K in K, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. November 1998, Zl. 2-11.K/432-98/16, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. November 1998 wurde der am 25. Februar 1998 gestellte Antrag des Beschwerdeführers, eines am 11. April 1971 geborenen kroatischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der Staatsbürgerschaft sowie Erstreckung der Verleihung auf seine Gattin und das gemeinsame Kind "gemäß §§ 10 Abs. 1, 16, 17 Abs. 1 Z. 1 und 18" Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311, (StbG) abgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei erstmals am 2. September 1986 und seine Gattin am 2. Juli 1990 im Bundesgebiet zur Anmeldung gelangt. Er erfülle zwar die Voraussetzung des zehnjährigen Inlandswohnsitzes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG, jedoch nicht die allgemeinen Einbürgerungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 leg. cit. Der Beschwerdeführer sei am 11. Dezember 1995 "gemäß §§ 159 Abs. 1/1 und 2 (161/1 StGB und § 114 ASVG)" zu einer fünfmonatigen bedingten Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden.

Weiters ist im angefochtenen Bescheid festgehalten, dass der Beschwerdeführer insgesamt 20-mal verwaltungsbehördlich bestraft worden sei, wobei jeweils nur die übertretene Norm (in den meisten Fällen § 103 Abs. 2 KFG) und die jeweils verhängte Strafe angeführt sind.

Dem Gendarmerieposten Kapfenberg seien von der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur in den Jahren 1994 bis 1996 insgesamt dreizehn Ersuchen um Vorführung des Beschwerdeführers zum Strafantritt übermittelt worden.

Bei der Ausübung des in § 10 StbG eingeräumten freien Ermessens habe sich die Behörde von Rücksichten auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Gesamtverhalten der Partei leiten zu lassen. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 - StbG, BGBl. Nr. 311, in der anzuwendenden Fassung vor der Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998, BGBl. I Nr. 124, haben folgenden Wortlaut:

"§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft kann einem Fremden verliehen werden, wenn

1. er seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat;

...

6. er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet;

...

§ 11. Die Behörden hat sich bei der Ausübung des ihr im § 10 eingeräumten freien Ermessens von Rücksichten auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Gesamtverhalten der Partei leiten zu lassen...."

Die Staatsbürgerschaft kann also nach dem eindeutigen Wortlaut des § 10 Abs. 1 StbG nur verliehen werden, wenn die in den Z. 1 bis 8 dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen vorliegen. Das Nicht-Vorliegen einer dieser Bedingungen stellt ein zwingendes Verleihungshindernis dar (vgl. etwa zum Verleihungshindernis gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG das hg. Erkenntnis vom 19. Juli 1996, Zl. 95/01/0376). Eine Ermessensentscheidung gemäß § 11 StbG kann erst dann einsetzen, wenn alle Verleihungsvoraussetzungen gemäß § 10 StbG gegeben sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1998, Zl. 97/01/0875).

Die belangte Behörde hat eingangs ihres Bescheides ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zwar die Voraussetzung des mindestens zehnjährigen inländischen Hauptwohnsitzes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG, nicht aber "die allgemeinen Einbürgerungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 - 8" erfülle. Demnach hätte sie den Verleihungsantrag deshalb abgewiesen, weil eine der in diesen Ziffern genannten zwingenden Verleihungsvoraussetzungen - sachverhaltsbezogen kommt hier nur jene gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG in Betracht - nicht gegeben sei.

An anderer Stelle des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde jedoch die Ermessenskriterien aufgezählt und ausgeführt, dass "daher spruchgemäß zu entscheiden" gewesen sei. Damit hätte sie den Antrag in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens abgewiesen. Eine derartige Ermessensentscheidung setzt aber - wie dargestellt - voraus, dass die zwingenden Verleihungsvoraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 bis 8 gegeben sind.

Der angefochtene Bescheid leidet daher schon deshalb an einem Begründungsmangel, weil daraus nicht ersichtlich ist, ob die belangte Behörde den Antrag wegen des Fehlens eines zwingenden Verleihungserfordernisses oder in Ausübung des Ermessens abgewiesen hat.

Darüber hinaus liegt auch deshalb ein Verfahrensmangel vor, weil die belangte Behörde nur die Verurteilungen und Bestrafungen des Beschwerdeführers und nicht das zu Grunde liegende Fehlverhalten und das sich daraus ergebende Charakterbild des Beschwerdeführers für ihre Beurteilung herangezogen hat. Dies wäre aber jedenfalls erforderlich gewesen (siehe zur Beurteilung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG etwa das hg. Erkenntnis vom 25. September 1996, Zl. 95/01/0118 und zur Ermessensübung das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 96/01/1224).

Aufgrund der aufgezeigten Verfahrensmängel war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998010654.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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