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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
EStG 1988 §27 Abs1 Z1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde der R Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Robert Briem, Rechtsanwalt in Wien I, Rotenturmstraße 17, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 20. Dezember 1996, GZ 11-96/108/-/12, betreffend Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides 1993 im Aufsichtsweg, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH war ab 17. Juni 1993 Alleingesellschafterin der R.V. GmbH. Nach § 11 des Gesellschaftsvertrages der Tochtergesellschaft ist der zur Ausschüttung gelangende Reingewinn unter die Gesellschafter im Verhältnis zu den übernommenen Stammeinlagen zu verteilen.
Die Alleingesellschafterin der Beschwerdeführerin, die F GmbH, gewährte der R.V. GmbH am 18. Juni 1993 einen "Großmutterzuschuss" in Höhe von S 406,778.302,--. Dieser Zuschuss wurde von der R.V.
GmbH als ungebundene Kapitalrücklage verbucht.
Das Wirtschaftsjahr der Beschwerdeführerin und das der
Tochtergesellschaft R.V. GmbH endeten am 30. September 1993.
Die ungebundene Kapitalrücklage in Höhe von S 406,778.302,--
wurde von der Tochtergesellschaft vor dem 30. September 1993
gewinnerhöhend aufgelöst. Für die Tochtergesellschaft wurde für das
Wirtschaftsjahr 1993 ein Bilanzgewinn von S 410,077.503,33
ausgewiesen. Mit Umlaufbeschluss vom 3. Dezember 1993 wurde der
Jahresabschluss der Tochtergesellschaft von der Beschwerdeführerin
festgestellt und ausdrücklich beschlossen, den Bilanzgewinn von
S 410,077.503,33 zur Gänze auszuschütten.
In der Steuererklärung für 1993 machte die Beschwerdeführerin eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung der Beteiligung an der oben genannten Tochtergesellschaft in Höhe von S 406,778,302,-- geltend. Die Körperschaftsteuer für 1993 wurde vom Finanzamt erklärungsgemäß festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 18. September 1996 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, es sei beabsichtigt, den Körperschaftsteuerbescheid 1993 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, weil eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung vorgenommen worden sei, obwohl die Ausschüttung von der Tochtergesellschaft erst am 3. Dezember 1993 beschlossen worden sei. Die Beschwerdeführerin legte ihre Rechtsauffassung in einer Eingabe vom 22. Oktober 1996 dar.
Die belangte Behörde erließ hierauf den angefochtenen Bescheid und hob damit den Körperschaftsteuerbescheid 1993 wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf. In der Begründung des Bescheides wurde insbesondere ausgeführt, die Gewinnausschüttung der Tochtergesellschaft sei am Bilanzstichtag 30. September 1993 noch nicht gesichert gewesen, weil es sich nicht um eine reguläre Gewinnausschüttung gehandelt habe und der dementsprechende Willensentschluss frühestens am 29. November 1993 gefasst worden sei. Weiters vertrat die belangte Behörde die Auffassung, das Finanzamt hätte Ermittlungen darüber anstellen müssen, warum die Beteiligungsgesellschaft die ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung bereits 1993 vorgenommen habe. Aus der Abgabenerklärung seien die dafür maßgeblichen Beweggründe nicht ersichtlich, weil lediglich auf einen Auftrag vom 29. November 1993, sämtliche Veranlagungen dermaßen aufzulösen, dass bei den für Ende Dezember 1993 vorgesehenen Gewinnausschüttungen die entsprechenden liquiden Mittel vorhanden seien, und auf den Umlaufbeschluss vom 3. Dezember 1993 Bezug genommen worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Forderungen der Gesellschafter gegenüber der GmbH aus Gewinnanteilen entstehen grundsätzlich erst, wenn von der GmbH die Gewinnausschüttung beschlossen ist (vgl das eine ausführliche Begründung enthaltende hg Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, 93/14/0169 mwH). Der Gewinnanspruch des Gesellschafters entsteht als Gläubigerrecht (erst), sobald der Rechnungsabschluss durch Gesellschafterbeschluss festgestellt ist und entweder die Ausschüttung des Gewinns keiner weiteren Beschlussfassung bedarf oder die Gewinnverteilung von den Gesellschaftern beschlossen wurde. Mit dem Genehmigungsbeschluss ist der Bilanzgewinn fixiert. Ohne Bestimmungen im Statut über Reingewinn und Beschlussfassung entsteht der Anspruch auf die Dividende mit der Genehmigung des Jahresabschlusses (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Jänner 1996, 93/15/0142, 0143).
Im Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, 93/14/0169, trat der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung entgegen, es gelte die der Spiegelbildmethode für Personengesellschaften entsprechende Equity-Methode für Kapitalgesellschaften grundsätzlich in Fällen, in denen der Obergesellschaft eine entsprechende Machtposition zukomme, die sie befähigt, den Ausschüttungsbeschluss zu gestalten. Auch in diesen Fällen könne vielmehr nicht davon ausgegangen werden, dass stets der gesamte Gewinn der Kapitalgesellschaft zu Ausschüttungen an die Gesellschafter kommen muss. Für eine Durchbrechung der Zuflussmethode müsse zu den entsprechenden Mehrheitsverhältnissen noch hinzutreten, dass im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses (§ 35 Abs 1 GmbHG) der Obergesellschaft bereits bekannt ist, dass zum Bilanzstichtag die Ausschüttung eines bestimmten Gewinnanteiles durch die Untergesellschaft an die Obergesellschaft bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung bereits feststand.
Nach dem mit dem Wort "Gewinnverteilung" überschriebenen § 11 des Gesellschaftsvertrages der Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin ist der zur Ausschüttung gelangende Reingewinn - im Übrigen dem § 82 Abs 2 GmbHG entsprechend - unter die Gesellschafter im Verhältnis zu den übernommenen Stammeinlagen zu verteilen. Aus dieser Bestimmung des Gesellschaftsvertrages allein kann aber entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin nicht der Schluss gezogen werden, der jeweilige Bilanzgewinn sei stets zur Gänze an die Gesellschafter auszuschütten. Die in diesem Vertragspunkt geregelte Gewinnverteilung setzt vielmehr voraus, dass im Sinne des § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG der Jahresabschluss mit Beschluss der Gesellschafter geprüft und festgestellt wurde. Im Beschwerdefall wurde überdies mit dem "Umlaufbeschluss" vom 3. Dezember 1993 tatsächlich ein ausdrücklicher Beschluss herbeigeführt, den Bilanzgewinn von S 410,077.503,33 zur Gänze auszuschütten. Die (ausschüttungsbedingte) Wertminderung der Beteiligung trat somit erst nach dem Bilanzstichtag 30. September 1993 ein, woraus folgt, dass der erstinstanzliche Bescheid betreffend Körperschaftsteuer 1993 mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet war. Der Aufhebungstatbestand iSd § 299 Abs 2 BAO war damit aber erfüllt, wodurch es sich erübrigte zu prüfen, ob die Abgabenbehörde erster Instanz bei Erlassung des Körperschaftsteuerbescheides 1993 Verfahrensvorschriften iSd § 299 Abs 1 lit c BAO verletzt hat.
Aus den dargestellten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl 416/1994.
Wien, am 24. November 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997130026.X00Im RIS seit
21.02.2002