Entscheidungsdatum
08.06.2018Norm
ASVG §410Spruch
G302 2130860-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Manfred ENZI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, vertreten durch: Rechtsanwälte XXXX, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Steiermark, vom 16.06.2016, GZ:XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde oder SVA), vom 16.06.2016, GZ: XXXX, wurde gemäß § 194 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG) in Verbindung mit § 410 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), jeweils in den geltenden Fassungen, festgestellt, dass Herr XXXX, geb. am XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer oder kurz BF) von 01.01.2011 bis 31.12.2013 in der Pensions- und Krankenversicherung pflichtversichert ist. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung sind für die Zeit von 01.01.2011 bis 31.12.2013 rückwirkend weggefallen, seine monatliche Beitragsgrundlage in der Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG beträgt im Zeitraum von 01.01.2011 bis 31.12.2013 EUR 537,78. Der BF ist verpflichtet, für die Dauer der Pflichtversicherung einen monatlichen Beitrag zur Pensionsversicherung in den Zeiträumen von 01.01.2011 bis 31.12.2012 in Höhe von EUR 94,11 und in den Zeiträumen von 01.01.2013 bis 31.12.2013 in Höhe von EUR 99,49 zu leisten. Der BF ist verpflichtet, für die Dauer der Pflichtversicherung einen monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung in den Zeiträumen von 01.01.2011 bis 31.12.2013 in Höhe von EUR 41,14 zu leisten.
Begründend führt die belangte Behörde im Bescheid im Wesentlichen aus, dass der BF aufgrund seines Gewerbes Mitglied der Kammer der gewerblichen Wirtschaft sei und daher die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG gegeben seien. Die Ausnahme von der Pflichtversicherung als "Kleinstunternehmer" gemäß § 4 Abs. 1 Z 7 GSVG seien von 01.08.2010 bis 31.12.2013 rückwirkend wegfallen (§ 4 Abs. 1 Z 7 GSVG), selbst wenn, wie in der Stellungnahme vom 05.06.2016 behauptet, aus der Gewerbetätigkeit keinerlei Einkünfte erzielt wurden. Für den Zeitraum vom 01.08.2010 bis 31.12.2010 sei Verjährung eingetreten. Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid die Berechnungen auf Grund der Sachverhaltsfeststellungen und den gesetzlichen Bestimmungen tabellarisch dar und führte beweiswürdigend aus, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus den übermittelten Daten des Bundesrechenzentrums und den in der Datei des Hauptverbandes bzw. im zentralen Melderegister gespeicherten Daten ergebe, somit aus unbedenklichen Urkunden bzw. Unterlagen, deren Inhalt nicht bestritten worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde. In dieser führt der BF aus, dass er die berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt ausübe. Rechtsanwälte seien von der Pflichtversicherung nach dem gewerblichen Sozialversicherungsgesetz ausgenommen. Die Kammer der Rechtsanwälte habe ein eigenes System der Pflichtversicherung für ihre Mitglieder geschaffen. In dieses System zahle er laufend ein. Sämtliche Einkünfte aus dieser Tätigkeit würden somit nicht dem Bereich des GSVG unterliegen. Im angefochtenen Bescheid sei grundsätzlich richtig festgestellt, dass er über einen Gewerbeschein verfüge. Der Gewerbeschein wäre aber aus rein formalen Gründen beantragt worden und nicht deshalb, weil er beabsichtigt hätte, daraus Einkünfte zu erzielen. Im gesamten weiteren Verlauf bis zur Ruhendmeldung mit Ende Dezember 2014 habe er aus dieser Tätigkeit keinerlei Einkünfte bezogen. Die in den gegenständlichen Einkommensteuerbescheiden ausgewiesenen Einkünfte würden nicht aus gewerblicher Tätigkeit, wie dies die belangte Behörde vermeint, stammen, sondern ausschließlich aus anwaltlicher Tätigkeit.
Die belangte Behörde legte am 27.06.2016 die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht vor und wurden diese der Gerichtsabteilung G302 zugeteilt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist seit 16.06.2003 Inhaber des Gewerbes "Hilfestellung zur Erreichung einer körperlichen bzw. energetischen Ausgewogenheit, u. a. mittels Auswahl von Aromastoffen, Düften, Edelsteinen, Farben, Lichtquellen, Musik, mittels Feedback oder Bioresonanz, der Methode von Dr. Bach, der Interpretation der Aura, kinesiologischer Methode, pulsierender Magnetfeldgeräte, re./li. wippender Schaukelgeräte".
Der BF beantragte die Ausnahme von der Pflichtversicherung nach dem GSVG gemäß § 4 Abs. 1 Z 7 GSVG für diese Tätigkeit, da er in den letzten 60 Kalendermonaten vor Beginn der beantragten Tätigkeit nicht mehr als 12 Monate nach dem GSVG oder FSVG versichert war und außerdem die relevante Einkunfts- bzw. Umsatzgrenze nicht erreichen würde.
Die belangte Behörde hat den BF ab 16.06.2004 von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG vorläufig ausgenommen und es kam nur mehr die Unfallversicherung zur Vorschreibung.
Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 vom 02.08.2012 weist Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR XXXX auf.
Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 vom 20.09.2013 weist Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR XXXX auf.
Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 vom 15.10.2014 weist Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR XXXXauf.
Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 vom 14.12.2015 weist Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR XXXX aus.
Der Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde im Rahmen des Parteiengehörs darüber informiert, dass das Bundesverwaltungsgericht auf den Grundsatz der Unternehmenseinheit (Umsatzgrenze bezieht sich auf den einzelnen Unternehmer und nicht auf die einzelnen Tätigkeiten) abstellt, der BF überschreite die Umsatzgrenze von jährlich EUR 30.000,00 und die Ausnahme von der Pflichtversicherung sei nicht mehr gegeben. Weiters wurde der BF informiert, dass für den Zeitraum von 01.08.2010 bis 31.12.2010 Verjährung von Seiten der belangten Behörde festgestellt worden sei, dies aus dem Grunde, als mit Wirkung 01.08.2010 § 4 Abs. 1 Z 7 GSVG geändert und dem ersten Satz nach dem Wort "Umsätze" der Ausdruck "aus sämtlichen unternehmerischen Tätigkeiten" eingefügt worden sei (BGBl I Nr. 62/2010), und erst ab diesem Zeitpunkt die neue Judikatur Anwendung finde, jedoch für 2010 eine Feststellungsverjährung gegeben wäre.
Die Vorschreibung der Beiträge für die Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG für den Zeitraum von 01.01.2011 bis 31.12.2013 erfolgte zum 1. Quartal 2016.
2. Beweiswürdigung:
Der oben dargestellte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakte und aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere den unbestrittenen Einkommenssteuerbescheiden sowie der amtswegig erstellten Abfrage aus dem Gewerberegister.
Insgesamt ergeben die vorliegenden Tatsachen und Beweise sowie mangelnde gegenteilige Beweise ein Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse. Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das bisherige Ermittlungsverfahren als hinreichend, um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Aus den angeführten Gründen konnte der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchteil A): Abweisung der Beschwerde:
3.2. Die maßbegebenden Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1978 über die Sozialversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen (Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz - GSVG) lauten:
"...
§ 2 (1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:
1. die Mitglieder der Kammern der gewerblichen Wirtschaft;
2. die Gesellschafter/Gesellschafterinnen einer offenen Gesellschaft und die unbeschränkt haftenden Gesellschafter/Gesellschafterinnen einer Kommanditgesellschaft, sofern diese Gesellschaften Mitglieder einer der in Z 1 bezeichneten Kammern sind;
3. die zu Geschäftsführern bestellten Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sofern diese Gesellschaft Mitglied einer der in Z 1 bezeichneten Kammern ist und diese Personen nicht bereits aufgrund ihrer Beschäftigung (§ 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) als Geschäftsführer der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz unterliegen oder aufgrund dieser Pflichtversicherung Anspruch auf Kranken- oder Wochengeld aus der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz haben, auch wenn dieser Anspruch ruht, oder auf Rechnung eines Versicherungsträgers Anstaltspflege erhalten oder in einem Genesungs-, Erholungs- oder Kurheim oder in einer Sonderkrankenanstalt untergebracht sind oder Anspruch auf Ersatz der Pflegegebühren gemäß § 131 oder § 150 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes einem Versicherungsträger gegenüber haben;
4. selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, daß seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im nachhinein festzustellen.
§ 4 (1) Von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung sind ausgenommen:
1.
(...)
7. auf Antrag Personen gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 oder § 2 Abs. 2 FSVG, die glaubhaft machen, daß ihre Umsätze aus sämtlichen unternehmerischen Tätigkeiten die Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z 27 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, und ihre Einkünfte aus dieser Tätigkeit jährlich das 12fache des Betrages nach § 25 Abs. 4 Z 2 lit. b nicht übersteigen. Treffen diese Voraussetzungen nach Ablauf des Kalenderjahres, für das sie glaubhaft gemacht wurden, tatsächlich nicht zu, ist der Wegfall der Ausnahme von der Pflichtversicherung im nachhinein festzustellen. Ein Antrag kann nur von einer Person gestellt werden,
a) die innerhalb der letzten 60 Kalendermonate nicht mehr als zwölf Kalendermonate nach diesem Bundesgesetz pflichtversichert war oder
b) die das Regelpensionsalter (§ 130 Abs. 1) erreicht hat oder
c) die das 57. Lebensjahr vollendet und innerhalb der letzten fünf Kalenderjahre vor der Antragstellung die im ersten Satz genannten Voraussetzungen erfüllt hat.
Die Ausnahme tritt frühestens mit Beginn des Kalenderjahres, in dem der Antrag gestellt und die Voraussetzungen glaubhaft gemacht werden, ein. Wird die Ausnahme im Kalenderjahr rückwirkend geltend gemacht, so beginnt sie mit dem Ersten des Kalendermonates, der auf die Antragstellung folgt, sofern im Kalenderjahr bereits Leistungen aus der Kranken- oder Pensionsversicherung bezogen wurden;
(...)
Anmerkung: Fassung Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2010 - SRÄG 2010, BGBl. I Nr. 62
§ 5 (1) Von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung oder in der Kranken- oder Pensionsversicherung sind Personen ausgenommen, wenn diese Personen auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen beruflichen Vertretung (Kammer) und auf Grund der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 Anspruch auf Leistungen haben, die den Leistungen nach diesem Bundesgesetz gleichartig oder zumindest annähernd gleichwertig sind, und zwar
1. für die Kranken- und/oder Pensionsversicherung gegenüber einer Einrichtung dieser gesetzlichen beruflichen Vertretung oder
2. für die Krankenversicherung aus einer verpflichtend abgeschlossenen Selbstversicherung in der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz oder diesem Bundesgesetz und die für das Bundesgebiet jeweils in Betracht kommende gesetzliche berufliche Vertretung (falls die gesetzliche berufliche Vertretung auf Grund eines Landesgesetzes eingerichtet ist, diese Vertretung) die Ausnahme von der Pflichtversicherung beantragt. Hinsichtlich der Pensionsversicherung gilt dies nur dann, wenn die Berufsgruppe am 1. Jänner 1998 nicht in die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung einbezogen war. Die Feststellung der Gleichartigkeit oder annähernden Gleichwertigkeit obliegt dem Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales.
(2) Der Antrag im Sinne des Abs. 1 ist bis zum 1. Oktober 1999 zu stellen. Verordnungen auf Grund dieses Antrages können rückwirkend mit 1. Jänner 2000 erlassen werden."
Die Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über die Ausnahme der Mitglieder der Kammer der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz StF: BGBl. II Nr. 522/2004 lautet:
"Präambel/Promulgationsklausel
Auf Grund des § 5 Abs. 1 bis 3 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG), BGBl. Nr. 560/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 142/2004, wird verordnet:
§ 1. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind hinsichtlich einer Erwerbstätigkeit, die die Teilnahme an der Versorgungseinrichtung einer Rechtsanwaltskammer begründet, von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG ausgenommen.
§ 2 Diese Verordnung tritt rückwirkend mit 1. Jänner 2000 in Kraft."
3.3. Auf Grund seiner selbständigen Erwerbstätigkeit als Anwalt ist der BF gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 GSVG und der Verordnung BGBl. II Nr. 522/2004 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen. Ihm an diese Erwerbstätigkeit anknüpfender Krankenversicherungsschutz wird durch gleichwertige Leistungen im Sinne des § 5 Abs. 1 GSVG sichergestellt.
Des Weiteren unterliegt der BF auf Grund des Gewerbescheines und somit als Mitglied der Kammer der gewerblichen Wirtschaft gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung.
Gegen den Eintritt einer solchen Doppel- bzw. Mehrfachversicherung bei gleichzeitigem Bestehen zweier oder mehrerer Erwerbstätigkeiten bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt (unter Hinweis auf die Erkenntnisse Slg. 4714/1964, 4801/1964, 6015/1969, 6181/1970) ausgesprochen (vgl. Erkenntnis vom 30.06.2004, B 869/03), dass die österreichische Sozialversicherung von dem Grundgedanken getragen wird, dass die Angehörigen eines Berufsstandes eine Risikengemeinschaft bilden, in der der Versorgungsgedanke im Vordergrund steht, der den Versicherungsgedanken in der Ausprägung der Vertragsversicherung zurückdrängt. Es ist für die Pflichtversicherung ohne Belang, ob der Einzelne der Sozialversicherung bedarf, sie erwünscht oder ob er sie für sinnlos erachtet. Über den individuellen Sonderinteressen stehen die gemeinsamen Interessen der in der Pflichtversicherung zusammengeschlossenen Personen. Die Risikengemeinschaft ist eine Solidaritätsgemeinschaft. Dieser Gemeinschaftsgedanke ist für die Sozialversicherung typisch und wesentlich. Gehört nun eine Person mehreren Berufsgruppen an, so entspricht es diesem Grundgedanken, sie auch sozialversicherungsrechtlich jeder dieser Berufsgruppen zuzuordnen. Eine sich hieraus ergebende Doppelversicherung ist somit verfassungsrechtlich unbedenklich. Die mehrfache Beitragspflicht korreliert mit der höheren Leistungsfähigkeit des Versicherten innerhalb der Risikengemeinschaft (vgl. VwGH vom 20.09.2000, Zl. 97/08/0617).
Als Konsequenz dieses Grundsatzes der Mehrfachversicherung ist auch im vorliegenden Fall trotz des bereits gegebenen, aus der anwaltlichen Tätigkeit des BF resultierenden anderweitigen Krankenversicherungsschutzes im Hinblick auf seine gewerbliche Tätigkeit eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG gegeben.
Dem Gesetzgeber stünde es frei, eine solche Pflichtversicherung erst eintreten zu lassen, wenn das Ausmaß der zu Grunde liegenden Tätigkeit ein - am Umsatz oder am Einkommen gemessenes - Mindestmaß überschreitet. Für die nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG pflichtversicherten Personen ist indes kein solches abgesondert (nach dem dort erzielten Umsatz) zu beurteilendes Mindestmaß vorgesehen.
Die Materialien zum SRÄG 2010, RV BlgNR 24. GP, Art. 2 Z 3, führen zur Einfügung der Wendung "aus sämtlichen unternehmerischen Tätigkeiten" in § 4 Abs. 1 Z 7 GSVG aus:
"Wird die Ausnahme von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 7 GSVG beantragt, so ist als erste Voraussetzung zu prüfen, ob die versicherte Person KleinunternehmerIn im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 27 des Umsatzsteuergesetzes 1994 ist. KleinunternehmerIn ist demnach ein/e UnternehmerIn, der/die im Inland seinen/ihren Wohnsitz oder Sitz hat und dessen/deren Jahresumsätze im Veranlagungszeitraum 30 000 EUR nicht übersteigen (wobei Hilfsgeschäfte einschließlich der Geschäftsveräußerung bei dieser Umsatzgrenze außer Ansatz bleiben). Die Umsatzgrenze bezieht sich auf den einzelnen Unternehmer/die einzelne Unternehmerin und nicht auf einzelne Tätigkeiten oder Betriebe, wobei der Grundsatz der Unternehmenseinheit zu beachten ist. Durch die vorgeschlagene Ergänzung soll klargestellt werden, dass für die Feststellung der KleinunternehmerInneneigenschaft (Nichtüberschreiten der Umsatzgrenze) auf die Gesamtumsätze einer Person abzustellen ist; maßgeblich sind somit die Umsätze aus sämtlichen unternehmerischen Tätigkeiten der jeweiligen Person (mit Ausnahme der erwähnten, bei der Umsatzgrenze außer Ansatz bleibenden Umsätze). Es handelt sich um eine redaktionelle Klarstellung ohne finanzielle Auswirkungen."
§ 4 Abs. 1 Z 7 GSVG in der genannten Fassung schließt in Anbetracht der Anordnung, dass für die Beurteilung eines Überschreitens der Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG die Umsätze aus sämtlichen unternehmerischen Tätigkeiten des (mehrfach) Pflichtversicherten heranzuziehen sind, eine - im Ergebnis vom Grundsatz der Mehrfachversicherung abweichende - Auslegung aus, wonach die KleinunternehmerInneneigenschaft für jede selbständige Tätigkeit, sei es als Anwalt und/oder als Gewerbetreibender, gesondert nach den aus den jeweiligen Tätigkeiten resultierenden Umsätzen zu beurteilen wäre.
Aufgrund des klaren Wortlautes der gesetzlichen Bestimmung in Verbindung mit den eindeutigen Materialien geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass es der Wille des Gesetzgebers war, dass unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Unternehmenseinheit auf die Gesamtumsätze einer Person abgestellt wird (vgl. auch VwGH vom 07.10.2015, Ro 2015/08/0021). Die Gesamtumsätze des BF im verfahrensrelevanten Zeitraum sind unstrittig jedenfalls über der Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG gelegen. Somit gehen die Beschwerdegründe ins Leere.
Die Berechnung der Beitragsgrundlagen und der Versicherungsbeiträge erfolgte aus Sicht des erkennenden Gerichtes vollkommen korrekt und nachvollziehbar und wurde überdies vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt.
Die Beschwerde erweist sich aus den genannten Gründen als unbegründet und war daher abzuweisen.
4. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, GZ 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Mehrfachversicherung, Pflichtversicherung, selbstständigEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G302.2130860.1.00Zuletzt aktualisiert am
05.10.2018