Entscheidungsdatum
16.07.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
G303 2172471-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 07.07.2017, OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, nach Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vom 18.09.2017 und Vorlageantrag vom 26.09.2017, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 29.05.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960 ein. Dem Antrag war ein Konvolut an medizinischen Beweismitteln angeschlossen.
Da der BF nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" war, wurde der Antrag von der belangten Behörde auch als Antrag auf Vornahme dieser Zusatzeintragung gewertet.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
2.1. In dem eingeholten Gutachten von XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 04.07.2017 wurden, nach persönlicher Untersuchung des BF am 29.06.2017, folgende körperliche, geistige oder sinnesbedingte Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als 6 Monate andauern werden, festgehalten:
* Chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom mit Fehlhaltung und Beinlängendifferenz ohne neurologische Ausfälle und mäßiger Bewegungseinschränkung
* Kniegelenksprothese links (04/2015) mit mäßiggradigem Beugedefizit und belastungsabhängigen Beschwerden
* Zustand nach operierter Vorfußfraktur links (1983) mit bds. Senk- und Spreizfuß, Versteifung der 2. Zehe links und begleitenden Bewegungsminderungen der anderen Zehen
* Sprunggelenksabnutzung links mit mäßigen Einschränkungen
* Wiederkehrende Darmbeschwerden bei Zustand nach gedeckt perforierter Sigmadivertikulitis mit intermittierenden Verdauungsstörungen und Neigung zur Verstopfung
* Depressives Zustandsbild mit Angststörung und somatoformer Schmerzstörung ohne regelmäßige psychologische, psychiatrische oder medikamentöse Behandlung aber deutlicher psychovegetativer Überlagerungsproblematik, Vermeidungsverhalten, Ohrgeräusche und Spannungskopfschmerz
* Postoperative schmerzbedingte Funktionseinschränkungen im rechten Schultergelenk nach Rotatorenmanschettenruptur (operiert 05/2017) - geringe Funktionseinschränkung
Zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde festgehalten, dass Einschränkungen der Mobilität aufgrund der moderaten Bewegungsminderungen und der belastungsabhängigen Schmerzen, wie in den orthopädischen Vorgutachten dargestellt, bestehen würden. Diese Einschränkungen seien jedoch nicht in derart gravierenden Ausmaß gegeben als das eine dauerhafte und hochgradige Mobilitätseinschränkung bewirkt werden würde. Unter der bestehenden Bedarfsmedikation sei auch keine therapieresistente chronische Schmerzerkrankung fassbar, die mögliche und notwendige Kompensationsmechanismen außer Kraft setzen würde.
Eine relevante kardiopulmonale Leistungsminderung bestehe nicht.
Die vom BF neu angegebene psychische Problematik, insbesondere Angst- und Panikzustände bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, sei nicht als derart hochgradige dauerhafte schwere psychiatrische Erkrankung im Sinne einer therapieresistenten Zwangsstörung oder Phobie zu bewerten. Eine medikamentöse oder psychologische Therapie sei bisher nicht eingeleitet worden, weswegen keine Therapieresistenz bescheinigt werden könne. Nachdem der Verkehrsunfall im Jahr 1983 als Autofahrer passiert sei, könne auch keine, aus dieser Ursache heraus, massiv belastete phobische Situation für öffentliche Verkehrsmittel argumentiert werden.
Zusammenfassend führte der Sachverständige aus, dass kürzere Gehstrecken ohne Behelfe aus eigener Kraft zurückgelegt und einfache Niveauunterschiede selbst überwunden werden können, wobei gegebenenfalls die ausreichend funktionstüchtigen oberen Extremitäten unterstützen können. Die Anpassungsfähigkeit im Bewegungs- und Stützapparat sei für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in ausreichendem Maße gegeben. Es bestehe keine hochgradige cardiopulmonale Leistungsminderung. Schwere neurologische oder intellektuelle Einschränkungen mit therapieresistenten Zwangsstörungen oder eine hochgradige Sehbehinderung bzw. Blindheit gemäß dem Bundespflegegeldgesetz würden nicht vorliegen. Eine hochgradige Immunschwäche bestehe nicht.
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 07.07.2017 wurde der Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das Ergebnis des ärztlichen Begutachtungsverfahrens. Danach würden die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen. Das oben angeführte Sachverständigengutachten von Dr. XXXX wurde dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen und zum Bestandteil der Begründung des Bescheides erklärt. In der rechtlichen Begründung des angefochtenen Bescheides wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, zitiert.
4. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit E-Mail vom 08.08.2017, bei der belangten Behörde, fristgerecht die als "Einspruch" bezeichnete Beschwerde. Darin brachte er im Wesentlichen vor, dass die Narbe nach der Hautkrebsentfernung aus dem Jahr 2014 und nicht 1984 stamme, der Gutachter während der ganzen Untersuchung kein einziges Mal nach den Schmerzen des BF gefragt habe und der Sachverständige den BF nach den Kosten des vorgelegten Befundberichtes von XXXX gefragt habe und dem BF unklar sei, was dies im Gutachten zu suchen hätte.
Auch hinsichtlich der gesundheitlichen Veränderungen im Vergleich zum Vorgutachten seien die gutachterlichen Ausführungen von Dr. XXXX widersprüchlich: Da einerseits ausgeführt worden sei, dass keine maßgeblichen Veränderungen fassbar wären und andererseits der Zustand nach Schulter-OB rechts und die psychische Gesamtproblematik des BF als maßgebliche Veränderungen fassbar wären.
4.1. Zur Überprüfung des Beschwerdevorbringens holte die belangte Behörde eine Stellungnahme des Sachverständigen XXXX ein. In der am 15.09.2017 erstatteten schriftlichen Stellungnahme von XXXX führte der Sachverständige (nochmals) entscheidungsmaßgeblich aus, dass er - entgegen dem vom BF vorgelegten Befundbericht des XXXX vom 12.05.2017 - kein derartiges Ausmaß an Funktionseinschränkungen, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht gestatten würden, bestätigen könne.
5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.09.2017 wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice vom 07.07.2017 ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Dies erfolgte unter Zugrundelegung der eingeholten Stellungnahme des Sachverständigen XXXX vom 15.09.2017. Die Stellungnahme wurde der Beschwerdevorentscheidung angeschlossen und zum Bestandteil der Begründung des Bescheides erklärt. In der rechtlichen Begründung wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, zitiert.
6. Mit E-Mail vom 26.09.2017 stellte der BF fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der BF im Jahr 1983 einen Arbeitsunfall gehabt habe und daraus Serienrippenbrüche sowie Trümmerbrüche im linken Ober- und Unterschenkel und Trümmerbrüche im rechten Vorfuß erlitten habe. Dem BF sei im August 1994 ein Behindertenpass und im Juli 1995 ein Parkausweis ausgestellt worden; dieser sei ihm jedoch trotz Zunahme seiner Beschwerden aberkannt worden.
Der BF bekam durch die Veränderungen beim Vorfuß und aufgrund der Beinlänge Probleme mit der Lendenwirbelsäule, die zu einem Bandscheibenvorfall geführt hätten.
Aufgrund dessen, dass sich das linke Knie des BF immer wieder entzündetet habe und auch geschwollen gewesen sei, habe sich der BF einer OP unterzogen, bei der ihm eine Gelenksprothese eingesetzt worden sei.
Der BF habe seinen Versuch ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen nach kürzester Zeit abbrechen müssen, da es ihm ziemlich schlecht ergangen sei und Schmerzen in der rechten Schulter beim Festhalten aufgetreten seien. Aufgrund eines Sehnenrisses fand am 18.05.2017 eine OP der rechten Schulter statt und sei inzwischen auch die linke Schulter beeinträchtigt. Diese werde am 12.10.2017 operiert.
Die Gutachter würden jeweils den vorhergehenden Gutachten folgen, obwohl neue Befunde und auch neue Beeinträchtigungen vorliegen würden. Auch würde der BF nicht verstehen, warum ein Arzt für Allgemeinmedizin dem Gutachten von XXXX nicht folgen könne. Der BF ersuche daher um eine Neubewertung.
7. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 05.10.2017 vorgelegt.
8. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichtes ein fachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt.
8.1. Im fachärztlichen Sachverständigengutachten von XXXX, Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin und Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 27.03.2018, wird basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF am 28.11.2017 im Wesentlichen Folgendes ausgeführt.
Bei dem BF bestehen folgende körperliche, geistige oder sinnesbedingte Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als 6 Monate andauern werden:
* Chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom mit Fehlhaltung und Beinlängendifferenz ohne neurologische Ausfälle, mäßiger Bewegungseinschränkung
* Kniegelenksprothese links mit mäßiggradigem Beugedefizit und belastungsabhängigen Beschwerden
* Zustand nach operierter Vorfußfraktur links mit bds. Senk- und Spreizfuß, Versteifung der 2. Zehe links und begleitenden Bewegungsminderungen der anderen Zehen
* Sprunggelenksabnutzung links mit mäßigen Einschränkungen
* Wiederkehrende Darmbeschwerden bei Zustand nach gedeckt perforierter Sigmadivertikulitis mit intermittierenden Verdauungsbeschwerden
* Depressives Zustandsbild mit Angststörung und somatoformer Schmerzstörung ohne adäquate Therapie, aber deutlicher psychovegetativer Überlagerungsproblematik mit Vermeidungsverhalten, Ohrgeräuschen und Spannungskopfschmerz
* Postoperative schmerzbedingte Funktionseinschränkung im rechten Schultergelenk nach Rotatorenmanschettenruptur op. mit geringer Bewegungseinschränkung
Zur Prüfung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde im Sachverständigengutachten folgendes ausgeführt:
Es würden zwar Einschränkungen in der Mobilität durch mäßiggradige Bewegungseinschränkungen und Schmerzen bestehen. Diese würden jedoch nicht als so gravierend gesehen werden, als dass das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (ca. 300 - 400m), das Ein- und Aussteigen unter Beachtung der üblichen Niveauunterschiede oder die Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe auf erhebliche Art und Weise erschwert beziehungsweise verunmöglicht wären. Dies sei bereits in den vorliegenden orthopädischen Vorgutachten beschrieben worden.
Des Weiteren wurde ausgeführt, dass der BF von sozialphobischen Ängsten berichte und auch ein Vermeidungsverhalten bestehe. Es bestehe allerdings eine deutliche Diskrepanz zwischen dem beschriebenen Krankheitsbild und den bisher eigentlich nicht erfolgten therapeutischen Ansätzen. Es sei keine medikamentöse Therapie eingeleitet und auch keine psychotherapeutische Therapie mit Expositionstraining bzw. traumatherapeutischen Ansätzen durchgeführt worden. Ein stationärer Aufenthalt bzw. ein Rehaaufenthalt in einer Fachabteilung seien nie erfolgt. Bei einer adäquaten Therapie sei von einer deutlichen Besserung auszugehen. Aus medizinischer Sicht stehen keine sonstigen sich aus dem Gesundheitszustand ergebene Umstände der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entgegen.
9. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG seitens des erkennenden Gerichtes mit Schreiben vom 09.04.2018 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.
9.1. Eine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung seitens der Verfahrensparteien langte dazu beim Bundesverwaltungsgericht nicht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist am XXXX geboren und ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert.
Der BF leidet an folgenden Gesundheitsschädigungen:
-
Chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom mit Fehlhaltung und Beinlängendifferenz ohne neurologische Ausfälle und mit mäßiger Bewegungseinschränkung
-
Kniegelenksprothese links (04/2015) mit einem mäßiggradigen Beugedefizit und belastungsabhängigen Beschwerden
-
Zustand nach operierter Vorfußfraktur links (1983) mit beidseitigem Senk- und Spreizfuß, Versteifung der 2. Zehe links und begleitenden Bewegungsminderungen der anderen Zehen
-
Sprunggelenksabnutzung links mit mäßigen Einschränkungen
-
Wiederkehrende Darmbeschwerden bei Zustand nach gedeckt perforierter Sigmadivertikulitis mit intermittierenden Verdauungsbeschwerden
-
Depressives Zustandsbild mit Angststörung und somatoformer Schmerzstörung ohne adäquate Therapie, aber deutlicher psychovegetativer Überlagerungsproblematik, mit Vermeidungsverhalten, Ohrgeräuschen und Spannungskopfschmerzen
-
Postoperative schmerzbedingte geringe Funktionseinschränkung im rechten Schultergelenk nach Rotatorenmanschettenruptur (operiert 05/2017)
Der BF ist durch die mäßiggradigen Bewegungseinschränkungen und die Schmerzen aufgrund der oben angeführten orthopädischen Leiden in seiner Mobilität eingeschränkt. Es liegt jedoch keine dauerhafte und hochgradige Mobilitätseinschränkung vor. Auch besteht keine dauerhafte medikamentöse oder sonstige Schmerztherapie. Die Funktionen der unteren Extremitäten des BF sind nicht höhergradig eingeschränkt. Der BF leidet an keinen erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit.
Er ist in der Lage eine kurze Wegstrecke (ca. 300 - 400 m) selbstständig zurückzulegen. Das Ein- und Aussteigen in beziehungsweise aus öffentlichen Verkehrsmitteln kann bei einem üblichen Niveauunterschied seitens des BF aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe geleistet werden. Der sichere Transport des BF in öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter den üblichen Transportbedingungen gewährleistet.
Auch konnten keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems beim BF festgestellt werden.
In Hinblick auf die vom BF berichteten sozialphobischen Ängste wurde weder eine medikamentöse Therapie eingeleitet, noch eine psychotherapeutische Therapie mit Expositionstraining bzw. traumatherapeutischen Ansätzen durchgeführt. Auch hat der BF keinen stationären Aufenthalt bzw. Rehaaufenthalt diesbezüglich absolviert. Eine adäquate Therapie würde das bestehende Vermeidungsverhalten des BF deutlich bessern und wäre auch zumutbar.
Es besteht keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang, die Feststellungen zum Geburtsdatum des BF und zum Besitz des Behindertenpasses ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde, der Beschwerde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Das aufgrund des Beschwerdevorbringens eingeholte fachärztliche Sachverständigengutachten aus dem Gebiet der Psychiatrie und der psychotherapeutischen Medizin von XXXX vom 27.03.2018, ist für den erkennenden Senat vollständig, schlüssig und widerspruchsfrei. Die getroffenen gutachterlichen Ausführungen darin basieren auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung des BF ausführlich erhobenen Untersuchungsbefund unter Einbeziehung der in Vorlage gebrachten medizinischen Beweismittel und des Vorbringens des BF.
Die festgestellten Gesundheitsschädigungen und deren Auswirkungen auf die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln ergeben sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten von XXXX, welche dem BF nicht nur fachärztlich begutachtete, sondern auch als Ärztin für Allgemeinmedizin.
Zusätzlich wurden das Sachverständigengutachtengutachten von XXXXvom 04.07.2017, welches dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt, und die orthopädischen Vorgutachten von XXXX vom 02.02.2016 und XXXX vom 04.10.2016 mitberücksichtigt, welche für das erkennende Gericht schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar sind. Alle Gutachter kommen in der Gesamtbeurteilung zu demselben Begutachtungsergebnis.
Demnach konnten keine derartigen Bewegungseinschränkungen festgestellt werden, welche die Mobilität des BF entscheidungsmaßgeblich einschränken würden. So wurde gutachterlich ausgeführt, dass dem BF trotz Bewegungseinschränkungen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe möglich ist.
Es konnten keine Anhaltspunkte im gegenständlichen Verfahren festgestellt werden, dass der sichere Transport des BF im öffentlichen Verkehrsmittel nicht gewährleistet wäre, da die oberen Extremitäten ausreichend funktionstüchtig sind und eine maßgebliche Einschränkung der Gehfähigkeit und der Beweglichkeit der Beingelenke nicht objektivierbar waren, sodass ein sicheres Ein- und Aussteigen und sein sicheres Fahren im öffentlichen Verkehrsmittel gewährleistet ist.
Aus den Angaben des BF im Rahmen der persönlichen Begutachtung durch XXXX, dass er lediglich ein bis drei Mal in der Woche Schmerzmittel einnehme, wird abgeleitet, dass der BF keine dauerhafte Schmerztherapie durchführt. Ein diesbezüglich gegenteiliges Vorbringen wurde auch nicht erstattet.
Die vom BF in der Beschwerde und im Vorlageantrag monierte psychische Belastung aufgrund der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel konnte von der fachärztlichen Sachverständigen XXXX derart nicht objektiviert werden. Es konnte diesbezüglich im Rahmen der fachärztlichen Begutachtung lediglich ein Vermeidungsverhalten festgestellt werden. Zudem ergibt sich aus dem Fachgutachten eine deutliche Diskrepanz zwischen dem seitens des BF beschriebenen Krankheitsbild und den nicht erfolgten therapeutischen Ansätzen.
Auch ergibt sich aus Gutachten, dass keinerlei Therapie, welche in adäquater Weise zu einer zu einer deutlichen Besserung des Krankheitsbilds führen würde, seitens des BF gemacht wurde. Anhaltspunkte, dass eine derartige Therapie für den BF nicht zumutbar wäre, haben sich keine ergeben, daher wurde festgestellt, dass diese für den BF zumutbar wäre.
Auch weitere Einschränkungen und Erkrankungen, welche in der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen genannt sind, konnten im gegenständlichen Beschwerdeverfahren aufgrund des medizinischen Beweisverfahrens nicht festgestellt werden. Ein diesbezügliches Vorbringen wurde auch nicht erstattet.
Der Inhalt des ärztlichen Sachverständigengutachtens von XXXX vom 27.03.2018 wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichts im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme wurde dazu weder vom BF noch von der belangten Behörde erstattet. Es blieb somit im gegenständlichen Verfahren unbestritten.
Das Sachverständigengutachten von XXXX vom 27.03.2018 wird der gegenständlichen Entscheidung des erkennenden Gerichtes daher in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.
Hinsichtlich des vom BF vorgelegten Befundberichtes von XXXX, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, vom 12.05.2017, wird beweiswürdigend ausgeführt, dass der Befund sowohl im Widerspruch zu dem seitens des erkennenden Gerichtes eingeholten Sachverständigengutachten von XXXXals auch zu dem im Administrativverfahren eingeholten Gutachten von XXXX steht. Auch die orthopädischen Vorgutachten von XXXXund XXXX - soweit es die physischen Beschwerden betrifft - stehen ebenso dazu im Widerspruch.
So wird in dem seitens des BF vorgelegten Befundbericht festgehalten, dass, "Aufgrund der Dauer und der massiven Ausprägung der psychischen und physischen Beschwerde- und Belastungssymptome ist dem Patienten die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zuzumuten, um dessen eingeschränkte und reduzierte Lebensqualität nicht weiter zu reduzieren und zu gefährden."
Im Befundbericht von XXXXsind lediglich die Diagnosen angeführt und Therapievorschläge erstattet. Es sind darin keine Ausführungen darüber enthalten, aus welchen Gründen der BF konkret ein öffentliches Verkehrsmittel nicht benützen könne (Fähigkeit des Ein- und Aussteigens, Zurücklegung einer kurzen Wegstrecke, Anhalten etc.).
Zudem wird festgehalten, dass die Frage ob die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist oder nicht eine Rechtsfrage ist, welche entsprechend den anzuwendenden Rechtsgrundlagen, insbesondere der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (BGBl. II Nr. 495/2013 idgF) und der diesbezüglich ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung, zu lösen ist und keine medizinische Frage; wiewohl es regelmäßig in derartigen Verfahren eines ärztlichen Sachverständigengutachtens bedarf, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Derartige gutachterlichen Ausführungen sind dem Befundbericht von XXXX nicht zu entnehmen.
Das im Vorlageantrag erstattete Vorbringen betreffend die linke Schulter wird im gegenständlichen Beschwerdeverfahren aufgrund der bestehenden gesetzlichen Neuerungsbeschränkung nicht berücksichtigt. Diesbezüglich darf auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung II.3.2. verwiesen werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 in der geltenden Fassung) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der geltenden Fassung) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.
Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung des BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde zudem von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht beeinsprucht.
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.
Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.
Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
3.2. Zu Spruchteil A):
Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Der Behindertenpass hat gemäß § 42 Abs. 1 BBG den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der am 01. Jänner 2014 in Kraft getretenen Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen, die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach
§ 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, bildet Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).
Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden (vgl. etwa VwGH 18.12.2006, Zl. 2006/11/0211; 20.04.2004, Zl. 2003/11/0078).
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche sowie bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, Zl. 2007/11/0080).
Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:
Es konnten beim BF keine Einschränkungen und Erkrankungen, welche im § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen für die beantragte Zusatzeintragung genannt sind, im geforderten Ausmaße, nämlich in erheblichem beziehungsweise hochgradigem Ausmaß, festgestellt werden.
In Bezug auf das bestehende Vermeidungsverhalten und das Vorbringen des BF, dass er an sozialphobischen Ängsten leidet, ist festzuhalten, dass diesbezüglich in keiner Weise das therapeutische Angebot ausgeschöpft wurde. Eine adäquate Therapie ist für den BF im Sinne des § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zumutbar und würde zu einer deutlichen Besserung dieses Krankheitsbildes führen.
Auch die belastungsabhängigen Schmerzen des BF rechtfertigen keine dauerhafte Mobilitätseinschränkung, da hier lediglich eine Bedarfsmedikation besteht und eine adäquate dauerhafte Schmerztherapie - im Fall der Notwendigkeit - zumutbar wäre.
Der BF besitzt auch die konkrete Fähigkeit ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen. Insbesondere konnte festgestellt werden, dass die Bewältigung einer kurzen Wegstrecke für den BF selbstständig möglich ist. Das Ein- und Aussteigen in beziehungsweise aus öffentlichen Verkehrsmitteln kann bei einem üblichen Niveauunterschied ohne fremde Hilfe seitens des BF geleistet werden. Der sichere Transport im Fahrzeug ist unter den üblichen Transportbedingungen möglich.
Mit der Novelle BGBl. I 57/2015 hat der Gesetzgeber für das Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz (§ 46 BBG) ein - eingeschränktes - Neuerungsverbot eingeführt, das in den Gesetzesmaterialien als "Neuerungsbeschränkung" bezeichnet wird. Nach dem im Beschwerdefall anwendbaren § 46 dritter Satz BBG dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
Das im Vorlageantrag erstattete Vorbringen betreffend die linke Schulter ist als neue Tatsache im Sinne des § 46 dritter Satz BBG zu werten und im gegenständlichen Beschwerdeverfahren aufgrund der bestehenden gesetzlichen Neuerungsbeschränkung nicht mehr zu berücksichtigten.
Zum Entscheidungszeitpunkt ist dem BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel somit zumutbar und liegen die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung in den Behindertenpass daher nicht vor.
Was schließlich den Antrag des BF betrifft, ihm einen Parkausweis nach § 29b StVO auszustellen, so ist diesbezüglich festzuhalten, dass die belangte Behörde über diesen Antrag ausdrücklich bescheidmäßig nicht abgesprochen hat.
Der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis des Bundesverwaltungsgerichtes ist die "Sache" des bekämpften Bescheides (VwGH 09.09.2015, Ra 2015/04/0012; 26.03.2015, Ra 2014/07/0077). Daher ist der Antrag des BF auf Ausstellung eines Parkausweises nach §29b StVO mangels Vorliegens eines bekämpfbaren Bescheides nicht verfahrensgegenständlich. Vollständigkeitshalber ist jedoch anzumerken, dass, wie die belangte Behörde in inhaltlicher Hinsicht zutreffend ausgeführt hat, gegenständlich die grundsätzliche Voraussetzung dafür, nämlich der Besitz eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, der über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügt, fehlt.
Die vorliegende Beschwerde war somit spruchgemäß abzuweisen.
3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G303.2172471.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.10.2018