Index
yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnenNorm
BewG 1955 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der K GmbH in W, vertreten durch Dr. Arnold, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 26. Juni 1998, Zl GA 9-145/2/96, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Vereinbarung vom 14. Oktober 1994 beteiligte sich die Schweizer Aktiengesellschaft Centrocare an der beschwerdeführenden GmbH als stiller Gesellschafter und leistete eine Einlage von S 40,000.000,--.
Mit vorläufigem Bescheid vom 31. März 1995 schrieb das zuständige Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Gesellschaftsteuer nach einem Steuersatz von 2 % vor. Mit Bescheid vom 6. Oktober 1995 wurde der vorläufige Bescheid endgültig erklärt.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 1 % begehrt. Die Kapitalzufuhr sei zur Beseitigung eines Verlustes am Stammkapital erfolgt. Zum Zeitpunkt der stillen Einlage sei der Jahresabschluss zum 31. Dezember 1993, der erhebliche Verluste und Verlustvorträge ausgewiesen habe, bereits vorgelegen. Überdies sei von den aktienrechtlichen Abschlussprüfern für diesen Jahresabschluss nur ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt worden, weil nach deren Rechtsansicht noch zusätzliche Rückstellungen von mehr als S 90,000.000,-- hätten dotiert werden müssen.
Im Zuge des Berufungsverfahrens wurden die Jahresabschlüsse zum 31. Dezember 1993 und 1994 vorgelegt.
Nach einem entsprechenden Vorhalt der belangte Behörde wurde in einer Eingabe vom 26. Februar 1998 ausgeführt, der zum 31. Dezember 1993 erstellte Jahresabschluss habe eine notwendige Rückstellung für Abgabennachforderungen in Höhe von S 93,485.491,-- nicht enthalten, weshalb der Bestätigungsvermerk nur eingeschränkt erteilt worden sei. In dieser Höhe seien nach einer Betriebsprüfung Abgabennachforderungen für die Jahre 1992 bis 1993 erstinstanzlich bereits festgesetzt worden. Auf Grund des Ergebnisses des Rechtsmittelverfahrens sei mit einer tatsächlichen Abgabennachforderung von 25,5 Millionen S zu rechnen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben. In der Begründung dieses Bescheides wurde von der belangten Behörde ausgeführt, nach der Bilanz zum 31. Dezember 1993 hätten der Aktivwert der Beschwerdeführerin 243 Millionen S, die Verbindlichkeiten rund 185 Millionen S und das Reinvermögen somit 12 Millionen S betragen. Im Vergleich zum Stammkapital (70 Millionen S) sei daher ein Verlust von 12 Millionen S vorgelegen. Ein Teilbetrag der Einlage in der letztgenannten Höhe wurde von der belangten Behörde mit dem ermäßigten Steuersatz von 1 % der Gesellschaftsteuer unterzogen. Zur geltend gemachten Steuernachforderung wurde ausgeführt, Rücklagen bzw Rückstellungen seien keine abzugsfähigen Schuldposten.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf weiter gehende Anwendung des begünstigten Steuersatzes von 1 % verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 9 Abs 2 Z 1 KVG ermäßigt sich die Gesellschaftsteuer auf 1 vH beim Erwerb von Gesellschaftsrechten, bei der Veräußerung eigener Gesellschaftsrechte und bei Leistungen, soweit diese zur Deckung der Überschuldung einer inländischen Kapitalgesellschaft bzw zur Deckung eines Verlustes am Grundkapital einer inländischen Aktiengesellschaft oder am Stammkapital einer inländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung erforderlich sind.
Eine Überschuldung liegt dabei vor, wenn die Schulden den (wahren) Wert des Vermögens der Kapitalgesellschaft übersteigen; ein Verlust am Nenn-(Stamm-)Kapital ist gegeben, wenn der Aktivsaldo zwischen (Brutto-)Vermögen und Schulden (Reinvermögensaldo) niedriger ist als das Gesellschaftskapital. Maßgebend für die Bewertung (sowohl der Schulden als auch der Vermögenswerte) sind die Vorschriften des ersten Teiles des Bewertungsgesetzes 1955 (vgl das hg Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, 92/16/0025 mwH).
Die belangte Behörde verweist zu der im Beschwerdefall strittigen Frage, ob die in Rede stehenden Abgabennachforderungen
-
nach dem Beschwerdevorbringen Nachforderungen an Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Erbschaftssteueräquivalent für Zeiträume vor 1994 - unter dem hier maßgebenden Gesichtspunkt als abzugsfähige Schulden zu behandeln sind, auf den ersten Teil des BewG 1955 und führt dazu aus, "Rücklagen bzw Rückstellungen" seien keine abzugsfähigen Schulden. Mit dieser lapidaren Begründung bezieht sich die belangte Behörde offenkundig auf § 6 Abs 1 BewG 1955, wonach Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, nicht zu berücksichtigen sind. Die Nichtberücksichtigung von Rücklagen und Rückstellungen hinsichtlich verschiedener Abgaben, auf die der erste Teil des BewG 1955 anzuwenden ist, gründet sich auf § 6 Abs 1 BewG. Die belangte Behörde verkennt im angefochtenen Bescheid offenkundig, dass die Entstehung der angeführten Abgabenverbindlichkeiten im Zeitpunkt der Leistung der Einlage nicht vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängig gewesen ist. Vielmehr verweist die Beschwerdeführerin zu Recht auf die einzelnen Tatbestände des § 4 Abs 2 BAO, wonach die Abgabenverbindlichkeiten bereits vor dem Jahre 1994 entstanden sind. Die Außerachtlassung dieser Abgabenverbindlichkeiten bei der Beurteilung der Frage, ob im Zeitpunkt der Zuführung der Einlage (14. Oktober 1994) ein Verlust am Stammkapital der Beschwerdeführerin eingetreten war, konnte somit nicht auf § 6 Abs 1 BewG 1955 gestützt werden.
Wenn die belangte Behörde dazu in der Gegenschrift das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit der Kapitalzufuhr in Frage stellt, so ist dem - abgesehen davon, dass mit einer Gegenschrift eine dem angefochtenen Bescheid mangelnde schlüssige Begründung nicht in einer für das verwaltungsgerichtliche Verfahren relevanten Weise nachgereicht werden kann - entgegenzuhalten, dass die in Rede stehenden Abgabenforderungen im Zeitpunkt der Kapitalzufuhr durch Erlassung erstinstanzlicher Abgabenbescheide auch entsprechend konkretisiert waren. So wird in dem in den Akten erliegenden eingeschränkten Bestätigungsvermerk der Abschlussprüfer auf die
-
noch nicht rechtskräftige - Festsetzung dieser Abgaben in Höhe von S 93,485.491,-- - welche Abgabenforderung sich nach dem Inhalt der Beschwerde erst nach der Erlassung des angefochtenen Bescheides auf Grund einer Berufungsentscheidung auf rund 25,5 Millionen S verminderte - hingewiesen. Einen der Notwendigkeit einer Kapitalzufuhr im hier maßgebenden Zeitpunkt (14. Oktober 1994) entgegenstehenden Sachverhalt, etwa in dem Sinne, dass die in den erstinstanzlichen Bescheiden konkretisierten Forderungen an Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Erbschaftssteueräquivalent zur Gänze und für die Parteien erkennbar rechtswidrig waren, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt.
Aus den angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, sodass er gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung war aus den Gründen des § 39 Abs 1 Z 6 VwGG abzusehen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl 416/1994.
Wien, am 25. November 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998160197.X00Im RIS seit
21.02.2002