Entscheidungsdatum
19.07.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
G309 2175018-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Vorsitzenden, sowie die Richterin Mag. Beatrix LEHNER und die fachkundige Laienrichterin Beate KOCH als Beisitzerinnen über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX, vom 10.10.2017, OB: XXXX, betreffend der Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen, zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird s t a t t g e g e b e n und der angefochtene Bescheid behoben.
II. Es wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass vorliegen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 13.07.2017 via der Zentralen Poststelle beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO ein. Da der BF nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" war, wurde dieser Antrag von der belangten Behörde als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass des BF (Ausstellungsdatum: 24.04.2002) gewertet. Dem Antrag waren medizinische Beweismittel (Befunde udgl.) angeschlossen.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde seitens der belangten Behörde mit Schreiben vom 20.07.2017 das Pflegegeldgutachten des BF vom 01.08.2011 eingeholt und zur Überprüfung der im Antrag gemachten Angaben XXXX, Facharzt für Orthopädie, mit der Begutachtung und Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.
In dem eingeholten Gutachten vom 29.09.2017 wird basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF vom 19.09.2017 sowie aufgrund der vorliegenden Befunde und Sachverständigengutachten im Zusammenhang mit der Gesamtmobilität folgendes ausgeführt:
"Im Vordergrund steht die Beschwerdesymptomatik im Bereich der Kniegelenke, wobei sich beim Antragsteller beidseits fortgeschrittene Abnützungserscheinungen mit beidseitigem Beugedefizit feststellen lässt. Hier ist prinzipiell eine Prothesenimplantation gegeben. Der Antragsteller klagt über Ruheschmerzen. Im Bereich der Wirbelsäule bestehen fortgeschrittene degenerative Veränderungen aller Segmente. Bei L4/5 ist eine Listhese von 2 cm beschrieben. Bis auf eine Gefühlsstörung der Oberschenkelaußenseite konnten keine Ausfallserscheinungen festgestellt werden. Der Antragsteller wurde bereits beidseitig mit Schultertotalendoprothesen versorgt. Rechts erfolgte 2002 die Implantation, 2005 musste gewechselt werden. Hier ist der Antragsteller zufrieden. Es zeigen sich mittelgradige Einschränkungen. 2007 wurde eine Schulterprothese links implantiert. Im Februar 2010 musste bei Inlayluxation revidiert werden und im August 2010 wurde schließlich die Prothese durch eine inverse Prothese ersetzt. Linksseitig ist die Funktion höhergradig eingeschränkt."
Beim Antragsteller würden fortgeschrittene degenerative Veränderungen lumbal und im Bereich beider Kniegelenke vorliegen, es bestehe auch eine Gangerschwernis. Insgesamt sei der Antragsteller aber ohne Hilfsmittel problemlos mobilisiert. Schmerzmedikamente würden nicht benötigt. Anamnestisch könne eine Gehstrecke von rund 200 Metern zurückgelegt werden, es sei allerdings davon auszugehen, dass der Antragsteller auch 300-400 Meter bewältigen könne. Das selbständige Ein- und Aussteigen in öffentlichen Verkehrsmitteln sei daher zumutbar.
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.10.2017 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen und diese Entscheidung im Wesentlichen auf das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten gestützt.
4. Mit Schreiben vom 25.10.2017 (Datum: Eingangsstempel) erhob der BF binnen offener Frist Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde.
Darin brachte der BF vor, er leide unter einem Beckenschiefstand und unter einer Beinverkürzung rechts, unter schmerzhaften Bandscheibenverschmälerungen in der HWS sowie in der LWS und außerdem käme es "eine Verschiebung, die in Gutachten mit einem Ausmaß von 15 bis 20 mm aufscheint". Dies verursache Krämpfe in den Beinen und es dauere manchmal bis zu 30 Minuten, bevor der BF seine Beine wieder benützen könne. Er könne nur eine Wegstrecke von max. 200 m zurücklegen, dann müsse er lange Pausen machen. Er habe Dauerschmerzen in den Beinen und im Rückenbereich, er nehme zwar keine Medikamente ein, jedoch bekomme er regelmäßig Spritzen für die Knie. Beim Bewältigen von Stufen komme es vor, dass ein Fuß "auslasse" und es komme zu Stürzen. Er habe Probleme sich anzuhalten, da er in beiden Schultergelenken Prothesen trage und in den Armen und Händen keine Kraft habe. Er stehe zudem vor einer umfassenden Operation aufgrund von Problemen an den Kniegelenken.
5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch die belangte Behörde einlangend mit 31.10.2017 vorgelegt.
6. Seitens des erkennenden Gerichtes wurde der Amtssachverständige XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, mit der Begutachtung und Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Im eingeholten Gutachten vom 29.01.2018 wird, basierend auf persönlicher Untersuchung des BF, zur Gesamtmobilität des BF zusammengefasst folgendes festgehalten:
"In den Vorgutachten wurden die Leiden entsprechend gewürdigt und dokumentiert. Aufgrund der heutigen Anamnese und vor allem auch Untersuchung muss festgehalten werden, dass aufgrund der höhergradigen Wirbelsäulenerkrankung mit einem Gleitwirbel von 2 cm die Problematik der Claudicatio spinalis (Schaufenstererkrankung bedingt durch Wirbelgieiten und damit Einengung des Rückenmarkkanals) absolut gegeben ist und als wegstreckenlimitierend anzusehen ist. Zusätzlich besteht auch eine höhergradige Abnützung im Bereich beider Kniegelenke und beginnende Abnützung im Bereich beider Hüftgelenke. Was in Zusammenschau eine deutliche Funktionseinschränkung der unteren Extremitäten mit sich bringt. Nebenbei sei angemerkt dass aufgrund der höchstgradigen Bewegungseinschränkung im Bereich der linken Schulter mit einer entsprechenden Kraftabschwächung der sichere Transport insbesondere das Anhalten in einem öffentlichen Verkehrsmittel mehr als fraglich erscheint, subsumiert bedingen diese Erkrankungen eine deutliche Einschränkung der Bewegung und Belastbarkeit im Bewegungs- und Stützapparat."
Beim BF würden daher direkte erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vorliegen. Daher sei die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht gegeben.
7. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichtes im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG mit Schreiben vom 07.02.2018 zur Kenntnis gebracht und den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Es langten keine Stellungnahmen ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Behindertenpasses.
Beim BF liegen deutliche Funktionseinschränkungen der unteren Extremitäten in Form einer höhergradigen Abnützung im Bereich beider Kniegelenke und einer beginnenden Abnützung im Bereich beider Hüftgelenke vor, die im Zusammenwirken mit der vorliegenden höhergradigen Wirbelsäulenerkrankung (Schaufenstererkrankung, bedingt durch Wirbelgleiten und damit Einengung des Rückenmarkkanals) auftreten. Hinzu kommt eine höchstgradige Bewegungseinschränkung im Bereich der linken Schulter mit einer entsprechenden Kraftabschwächung. Der sichere Transport, insbesondere das Festhalten und Hantieren in einem öffentlichen Verkehrsmittel, sind demnach nicht gegeben.
Aufgrund der ausgeprägten Funktionsstörungen der unteren Extremitäten und der Beeinträchtigung der linken Schulter ist dem BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.
Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen vor.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten des dem Ermittlungsverfahren seitens des erkennenden Gerichts hinzugezogenen Amtssachverständigen XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf.
Insofern das Sachverständigengutachten von XXXX im Vergleich zum erstinstanzlichen Vorgutachten hinsichtlich der beantragten Zusatzeintragung zu einem abweichenden Ergebnis gelangt, ist dies auf den sich im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund zurückzuführen, aus welchem nachvollziehbar hervorgeht, dass beim BF deutliche Funktionseinschränkungen der unteren Extremitäten als auch der linken Schulter mit erheblicher Kraftabschwächung, vorliegen. Es wurde dabei auf die Art und das Ausmaß der Leiden des BF eingegangen sowie zu deren Bedeutung für die vom BF beantragte Zusatzeintragung Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen basieren auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung ausführlich erhobenen Befund und entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Das Ergebnis des erstatteten Sachverständigengutachtens wurde von den Verfahrensparteien unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen. Es wird der Entscheidung des erkennenden Gerichtes daher in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 BBG genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 BBG anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß
Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt wird, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.04.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.06.1993). Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt und ist durch seine "technische" Natur - also medizinisches Fachwissen - gekennzeichnet. Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.
3.2. Zu Spruchteil A):
Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 1 Abs. 4 Z. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen, die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das
36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
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eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach
§ 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden (vgl. etwa VwGH 18.12.2006, Zl. 2006/11/0211; VwGH 20.04.2004, Zl. 2003/11/0078 ua.).
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche sowie bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, Zl. 2007/11/0080).
Gemäß § 29b Abs. 1 StVO (Straßenverkehrsordnung 1960) ist Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen.
Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:
Aufgrund des Zusammenwirkens der höhergradigen Abnützung im Bereich beider Kniegelenke sowie der beginnenden Abnützung im Bereich beider Hüftgelenke mit der höhergradigen Wirbelsäulenerkrankung (Schaufenstererkrankung) leidet der BF unter deutlichen Funktionseinschränkungen der unteren Extremitäten. Dadurch ist es ihm nur eingeschränkt möglich, die Beine anzuheben. Dies führt dazu, dass es ihm nicht möglich ist, Niveauunterschiede sicher zu überwinden und eine maßgebliche Wegstrecke zurückzulegen. Darüber hinaus leidet der BF an einer höchstgradigen Bewegungseinschränkung der linken Schulter und einer entsprechenden Kraftabschwächung, sodass die Benützung von Haltevorrichtungen in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich ist. Daher war festzustellen, dass der sichere Transport des BF in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht gewährleistet werden kann.
Da im Ergebnis eine erhebliche Einschränkung der unteren Extremitäten und der linken Schulter festgestellt wurden und der BF zudem Inhaber eines Behindertenpasses ist, liegen die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde stattzugeben.
3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G309.2175018.1.00Zuletzt aktualisiert am
05.10.2018