Entscheidungsdatum
19.07.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
G304 2179080-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende, sowie den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER und den fachkundigen Laienrichter Mag. Ferenc ULLMANN als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten, vom 22.09.2017, Sozialversicherungsnummer: XXXX, betreffend die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" nicht vorliegen, zu Recht erkannt:
A)
Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF. iVm. §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 22/1970 idF. BGBl. I Nr. 138/2013 wird die gegen den angefochtenen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 31.05.2017 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 8parkausweis) samt Beilagen ein, der dem auf dem Antragsformular angeführten Hinweis zufolge auch als "Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass gilt.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 17.08.2017 eingeholt.
In diesem Gutachten wurde nach durchgeführter Begutachtung des BF am 16.08.2017 betreffend die beantragte Zusatzeintragung Folgendes ausgeführt:
"Der Klient kann aus eigener Kraft kurze Wegstrecken zurücklegen. Er erreicht das zweite Stockwerk über Treppen. Deshalb ist das Ein- und Aussteigen in bzw. aus öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar. ES fanden sich bei der Untersuchung keine Hinweise auf gravierende Bewegungseinschränkungen an den Extremitäten bzw. Wirbelsäule, die ein Befördert werden im öffentlichen Verkehr unzumutbar machen. Auch von Seiten der Lunge und des Herzens besteht keine Begründung für die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Es wird keine Sauerstofftherapie benötigt. Bezüglich der Depression besteht ebenfalls keine Indikation zur UBÖV."
3. Am 06.09.2017 wurde ein Behindertenpass für den BF ausgestellt, darin jedoch keine Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vorgenommen
4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22.09.2017 wurde der Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gem. §§ 42 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990, idgF, abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten vom 17.08.2018 als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt worden sei. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke (300 bis 400 Meter) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, auch unter der Verwendung der zweckmäßigsten Behelfe, ohne Unterbrechung zurückgelegt werden könne oder wenn die Verwendung des erforderlichen Behelfs die Benützung des öffentlichen Transportmittels in hohem Maß erschweren würde. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauerhafte Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels angegebenen Bedingungen auswirke. Wie dem Sachverständigengutachten jedoch zu entnehmen sei, lägen die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung derzeit nicht vor.
5. Gegen den Behindertenpass vom 07.09.2017 wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurden gesundheitliche Beeinträchtigungen des BF angeführt, die der Ansicht des BF nach zu einer Erhöhung des festgestellten Behinderungsgrades des BF berechtigen würden. Der BF könne aufgrund seiner chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD III) kaum die Bushaltestelle erreichen und benötige zur Überwindung der Niveauunterscheide bei öffentlichen Verkehrsmitteln fremde Hilfestellung.
6. Am 07.12.2017 langten der gegenständliche Verwaltungsakt und die Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.
7. Mit Mängelbehebungsauftrag vom 17.01.2018 erteilte der BF folgenden Verbesserungsauftrag:
"Dem BF wurde am 06.09.2017 ein unbefristeter Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt. Die vom BF am 31.05.2017 beantragte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass des BF wurde nicht vorgenommen.
Die gegenständliche Beschwerde richtete sich ausdrücklich gegen den dem BF ausgestellten Behindertenpass. Der BF brachte im Wesentlichen vor, "mit großer Atemnot kaum in der Lage" zu sein, die Bushaltestelle zu erreichen, bei öffentlichen Verkehrsmitteln beim Ein- und Aussteigen Unterstützung zu benötigen, und dass aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des BF eine wesentliche Erhöhung des Behindertengrades gerechtfertigt sei.
Gemäß § 9 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Aus gegenständlicher Beschwerde ist nicht ersichtlich, ob der BF nur eine wesentliche Erhöhungseines Behindertengrades oder auch die von der belangten Behörde bislang nicht vorgenommene Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" begehrt und somit erschließt sich nicht eindeutig, welcher Bescheid oder ob allenfalls auch beide Bescheide bekämpft werden.
Sollte innerhalb der gesetzten Frist keine Mängelbehebung einlangen, wird die Beschwerde gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG zurückgewiesen werden."
8. In einer dazu am 31.01.2018 beim BVwG eingelangten Stellungnahme beantragte der BF die bisher nicht vorgenommene Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass und gab an, dass im dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Sachverständigengutachten vergessen worden sei, zu erwähnen, dass der BF seine im 2. Obergeschoss gelegene Wohnung nur mithilfe fremder Hilfe "verlassen oder erreichen kann".
9. Mit Schreiben des BVwG vom 21.03.2018 Zl. G304 2179080-1/4Z, wurde Dr. XXXXÄrztin für Allgemeinmedizin, ersucht, ein Sachverständigengutachten auf der Grundlage der Einschätzungsverordnung zu erstellen und dieses "binnen sechs Wochen ab Begutachtung dieser Verfügung" dem BVwG zu übermitteln.
Mit weiterem Schreiben des BVwG vom 21.03.2018 Zl. G304 2179080-1/4Z, wurde der BF aufgefordert, sich am 15.05.2018, um 15:30 Uhr bei Dr. XXXXzur ärztlichen Begutachtung einzufinden.
10. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX vom 24.05.2018 wurde nach am 23.05.2018 durchgeführter Begutachtung des BF wie im dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Sachverständigengutachten insgesamt ein Behinderungsgrad von 50 v.H. festgestellt und Folgendes ausgeführt:
"Führend ist nach wie vor wie im angefochtenen Bescheid die Gesundheitsschädigung 1, die übrigen Positionen steigern nicht, da keine gegenseitige Wechselwirkung besteht. Neu hinzugekommen ist die Einschränkung im linken Hüftgelenk, welche bereits im Vorgutachten beschrieben wurde und als zu gering eingestuft wird. Ob bei der heutigen Untersuchung Aggravierung vorliegt, müsste eventuell durch ein orthopädisches Gutachten verifiziert werden. Allerdings werden diese Beschwerden nicht als Begründung für die beantragte Zusatzeintragung angegeben, und sind noch nicht als gravierend einzustufen, auch wäre bei Bestätigung der Diagnose eine TEP zumutbar.
Es bestehen insgesamt keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremität bzw. erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit bei sogar Besserung der Lungenfunktion laut aktuellem Befund.
Bei laufender Therapie werden bei der heutigen Untersuchung auch keine gravierenden psychischen Einschränkungen festgestellte.
Es liegt keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.
Es besteht keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit, eine Kataraktop. Ist demnächst geplant, wobei das Sehvermögen aber auch zum jetzigen Zeitpunkt ausreichend ist. Laut vorläufigen Entlassungsbericht XXXX wird keine Hilfe im täglichen Leben benötigt, ebenso keine Heilbehelfe. Insgesamt erfolgt keine Änderung zum angefochtenen Bescheid.
Eine kurze Wegstrecke kann selbstständig zurückgelegt werden. Der Ein- und Ausstieg in ein öffentliches Verkehrsmittel bei üblichem Niveauunterschied, ist ohne fremde Hilfe möglich. Der sichere Transport ist ebenso gewährleistet, Anhalten ist bei freier Beweglichkeit der oberen Extremitäten möglich."
Im "Untersuchungsbefund" dieses Gutachtens wird unter "Gesamtmobilität-Gangbild" Folgendes angeführt:
"Der ATS kommt ohne Gehbehelf in die Ordination, das Gehen geschieht betont rechtsentlastend, normales Schrittmaß und Gehtempo, dabei keine auffallende Dyspnoe (Atemstörung), anamnestisch werden zeitweise für auswärts Walking Stöcke verwendet, An- und Ausziehen geschieht ohne Hilfe."
11. Mit Verfügung des BVwG vom 19.06.2018, Zl. G304 2179080-1/6Z, dem BF zugestellt am 28.06.2018, wurde dem BF das eingeholte Sachverständigengutachten übermittelt und ihm zur Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Verfügung Stellung zu nehmen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist im Besitz eines Behindertenpasses.
Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung ist nicht zumutbar" liegen nicht vor.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Der BF hat im gegenständlichen Fall konkret gegen den Behindertenpass vom 07.09.2017 und die dort fehlende Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Beschwerde erhoben. Diese langte am 19.09.2017 bei der belangten Behörde ein. Mit im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde vom 22.09.2017 wurde der Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in den Behindertenpass abgewiesen. Obwohl der im Spruch angeführte Bescheid der belangten Behörde vom 22.09.2017 nach Erhebung gegenständlicher Beschwerde ausgefertigt wurde, richtet sich die gegenständliche nach Ausstellung des Behindertenpasses, in dem die vom BF beantragte Zusatzeintragung nicht vorgenommen wurde, erhobene Beschwerde wegen Einheit des Behindertenpasses und des Bescheides über die vom BF beantragte Zusatzeintragung dennoch auch gegen den nach Ausstellung des Behindertenpasses erlassenen im Spruch angeführten Bescheid vom 22.09.2017, mit dem der Antrag auf Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmitte abgewiesen wurde.
2.3. Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (VwGH vom 20.03.2001, GZ 2000/11/0321).
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Der Verwaltungsgerichtshof führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das von Amts wegen eingeholte Gutachten der Amtssachverständigen Dr. XXXXvom 24.05.2018 nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf.
Es wurde auf die Art der Leiden, deren Ausmaß und die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eingegangen. Die Sachverständige kam nach Begutachtung der BF unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde zum Ergebnis:
"Eine kurze Wegstrecke kann selbstständig zurückgelegt werden. Der Ein- und Ausstieg in ein öffentliches Verkehrsmittel bei üblichem Niveauunterschied, ist ohne Fremdhilfe möglich. Der sichere Transport ist ebenso gewährleistet, Anhalten ist bei freier Beweglichkeit der oberen Extremität möglich."
Da der BF dem seitens des BVwG eingeholten Sachverständigengutachten vom 24.05.2018 im Rahmen des ihr dazu gewährten Parteiengehörs nicht entgegengetreten ist, wird dieses in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
3.2. Zu Spruchteil A):
Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 der am 01. Jänner 2014 in Kraft getretenen Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen, die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach
§ 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
Das seitens des erkennenden Gerichtes eingeholte ärztliche Gutachten von Dr. XXXX vom 24.05.2018 erfüllt den Anspruch der Schlüssigkeit im vollen Umfang. Das Gutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
Der BF hat keine Einwendung gegen dieses Gutachten erhoben.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass beim BF die Voraussetzungen für die Feststellung, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, nicht vorliegen. Es wurde mit Sachverständigengutachten vom 24.05.2018 die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für zumutbar, konkret die selbstständige Zurücklegung einer kurzen Wegstrecke, der Ein- und Ausstieg in ein öffentliches Verkehrsmittel bei üblichem Niveauunterschied ohne fremde Hilfe, ein sicherer Transport und Anhalten bei freier Beweglichkeit der oberen Extremitäten für möglich gehalten.
Der BF hat gegen dieses ihm vorgehaltene Sachverständigengutachten vom 24.05.2018 keine Einwendung erhoben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht bestrittenen Sachverständigengutachtens vom 24.05.2018, welches als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei erachtet wird, geklärt.
3.4. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G304.2179080.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.10.2018