TE Bvwg Beschluss 2018/7/24 W200 2196799-1

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Veröffentlicht am 24.07.2018
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Entscheidungsdatum

24.07.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4
StVO 1960 §29b
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W200 2196799-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike SCHERZ als Vorsitzende und den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , XXXX , gegen die Nichtausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO im Verfahren über die Ausstellung eines Behindertenpasses des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (SMS) vom 18.04.2018, OB 208013667, beschlossen:

A) Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig .

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Erstverfahren:

Der Beschwerdeführer war im Besitz eines bis 30.09.2017 befristeten Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50%. Bei dem zugrundeliegenden Leiden handelt es sich um einen Kniegelenkstotalersatz beidseits, einer degenerativen Wirbelsäulenveränderung, Wirbelgleiten L5/S1, und einer beginnenden Handgelenksabnützung rechts.

Gegenständliches Verfahren:

Der Beschwerdeführer stellte am 23.10.2017 einen Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses wegen dessen Ungültigkeit mittels des vom Sozialministeriumservice zur Verfügung gestellten Formular. Die auf diesem Formular unter Punkt 3 gebotene Möglichkeit zur Antragstellung über die Vornahme einer Zusatzeintragung wurde von ihm nicht genützt.

Auf Aufforderung legte der Beschwerdeführer ein Konvolut von medizinischen Unterlagen vor und das Sozialministeriumservice holte ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie. Dieses Gutachten vom 27.02.2018 entsprach hinsichtlich der Einstufungshöhe dem eigeholten Gutachten im Vorverfahren, und lautet auszugsweise:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes

Pos.Nr.

GdB %

1

Kniegelenkstotalersatz beidseits fixer Rahmensatz

02.05.21

40

2

degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Wirbelbelgleiten L5/S1 unter Rahmensatz, da ungestörte periphere Sensomotorik

02.01.05

30

3

beginnende Handgelenksabnützung rechts fixer Rahmensatz

02.06.20

10

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 wegen wechselseitiger Leidensbeeinflussung um eine Stufe erhöht, Leiden 3 ohne relevante Wechselwirkung.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Unteränderte Leiden

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

unveränderter GdB (...)

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Eine wesentliche Mobilitätseinschränkung besteht nicht. Die Gehstrecke ist ausreichend, das sichere Ein- und Aussteigen und der sichere Transport sind gewährleistet.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein"

Im gewährten Parteiengehör monierte der Beschwerdeführer, dass er einen normalen Parkplatz nicht nützen könne, es nicht richtig sei, dass er ohne Gehbehelfe gehen könne und er auch versucht hätte, den begutachtenden Orthopäden zu erklären, dass er nur die Parkbescheinigung zur Nutzung vom Behindertenparkplätzen benötigen würde, da es ihm sonst fast unmöglich gemacht werden würde, mit einem Auto mobil zu bleiben. Die normalen Parkplätze könne er nicht nutzen, da er die Autotür nicht ganz aufmachen könne. (...).

Nach Einholung einer Stellungnahme des befassten Orthopäden stellte das Sozialministeriumservice dem Beschwerdeführer einen Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50% aus.

Der Beschwerdeführer erhob eine Beschwerde, in der abermals darauf hinwies, dass er die Autotür auf normalen Parkplätzen nicht ausreichend öffnen könne, um aussteigen zu können. Er könne seit einer Untersuchung und der daraus resultierenden Arthrofibrose Strecken über 100m nur mit einer Gehhilfe bewältigen. Weiters führe er aus: "Da ich jedoch mobil bleiben möchte und wegen der Arthrosen in den Handgelenken nicht so lange mit Krücken unterwegs sein kann (Befunde vorhanden), wollte ich den Parkausweis gemäß § 29b StVO, um Behindertenparkplätze nutzen zu können. Dann wäre es mir nämlich wieder möglich meine Autotür so weit zu öffnen, um ungehindert Ein- und Aussteigen zu können, ohne Gefahr zu laufen, andere Autos dabei zu beschädigen. Der Hinweis, man soll öffentliche Verkehrsmittel nutzen, ist gut gemeint, aber zu diesen muss man erstmal hinkommen. Die Wegstrecke ist auf Krücken nicht zu schaffen."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 23.10.2017 einen Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses. Dem Beschwerdeführer wurde aufgrund dieses Antrags ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50% ausgestellt.

Er stellte weder einen Antrag auf Vornahme einer Zusatzeintragung noch auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der oben festgestellte und für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt.

In der Beschwerde lässt der Beschwerdeführer keinen Zweifel daran, dass nicht der festgestellte Grad der Behinderung und somit die Ausstellung des Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 vH beeinsprucht wird (diesbezüglich wurde vom Beschwerdeführer kein Vorbringen erstattet), sondern die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO begehrt wird.

Der Wortlaut des Vorbringens ist eindeutig und lässt keine andere Interpretation zu.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ist "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 erster Satz AVG für die Berufungsbehörde die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat und nicht das, was der Berufungswerber zum Inhalt der Berufungsschrift gemacht hat (VwGH 11.11.1991, 90/19/0505). Diese Judikatur ist auf die Begrenzung des Beschwerdegegenstandes der Verwaltungsgerichte übertragbar.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, (...), den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Ein in der Bescheidbeschwerde vorgebrachtes Begehren, welches den Gegenstand des angefochtenen Verfahrens überschreitet, kann den zulässigen Beschwerdegegenstand nicht darüber hinaus erweitern.

Da der Beschwerdeführer nicht die Ausstellung des Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH beeinsprucht hat, sondern mit der Beschwerde die nicht beantragte Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO begehrt, ist die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

Da die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG eine mündliche Verhandlung entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. In der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt A) wurde unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass der Inhalt des Spruches des angefochtenen Bescheides den Beschwerdegegenstand des Bundesverwaltungsgerichtes begrenzt.

Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt A) angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum für das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG nicht anwendbaren § 66 Abs. 4 AVG ergangen ist, ist diese Rechtsprechung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Beschwerdegegenstand, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W200.2196799.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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