Entscheidungsdatum
26.07.2018Norm
BBG §40Spruch
G309 2183319-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Vorsitzenden sowie der Richterin Mag. Beatrix LEHNER und die fachkundige Laienrichterin Beate KOCH als Beisitzerinnen, über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX, vom 17.11.2017, OB: XXXX, betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
II. Der Grad der Behinderung beträgt 50 (fünfzig) v.H. (von Hundert). Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 01.09.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass ein. Da die BF nicht im Besitz eines Behindertenpasses war, wurde der Antrag von der belangten Behörde als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gewertet. Dem Antrag waren die Kopien einer Meldebestätigung und einer Heiratsurkunde sowie eine Reihe medizinischer Beweismittel (Befunde udgl.) angeschlossen.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, mit der Begutachtung und Erstattung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beauftragt.
Im von der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten vom 25.10.2017, wird nach persönlicher Untersuchung der BF, im Wesentlichen folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Position bzw. der Rahmensätze:
Pos. Nr.
GdB %
1
Wirbelsäule, degenerative Veränderung der Wirbelsäule oberer Rahmensatz bei mittelgradiger Bewegungseinschränkung, nicht dem Dermatom entsprechenden Gefühlsstörungen, geplanter Operation bei relativer Indikation, klinisch keine Abschwächung der Muskulatur unter Berücksichtigung der Osteoporose
02.01.02
40
2
COPD oberer Rahmensatz bei Beschwerdefreiheit unter medikamentöser Bedarfsmedikation,k eine subjektive Atemnot im Alltag
06.06.01
20
3
Zustand nach Leistenbruchoperation oberer Rahmensatz bei komlikativen postoperativem Verlauf mit Revisionsoperation und Narbenschmerzen linksseitig
07.08.01
20
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründend wurde zum Gesamtgrad der Behinderung ausgeführt, dieser ergebe sich aus der führenden Position 1, die Position 2 sei zu gering um den Grad der Behinderung zu steigern. Die Position 3 sei bei fehlender Wechselwirkung ebenfalls zu gering, um den GdB weiter zu steigern. Im Vergleich zum im Vorverfahren eingeholten Sachverständigengutachten vom 17.09.2015 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Position 1 bei nunmehr bestehenden Gefühlsstörungen um eine Stufe angehoben werde.
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17.11.2017 wurde ein Grad der Behinderung von 40 v. H. (von Hundert) festgestellt und der Antrag der BF auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen. Gestützt wurde die Entscheidung im Wesentlichen auf das erstattete Sachverständigengutachten.
4. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob die BF mit Schreiben vom 12.12.2017 (Datum: Poststempel) Beschwerde. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, sie habe im Hinblick auf die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen sehr starke Schmerzen und leide an großen Beeinträchtigungen des täglichen Lebens. Sie sei an mindestens sechs Wochentagen auf die Einnahme von Schmerzmitteln angewiesen und leide zudem an Schlafstörungen. Es sei ihr nicht möglich, für längere Zeit zu gehen, zu Sitzen oder zu Liegen. Das linke Bein sei taub, einschließlich des Sprunggelenkes. Nach längerer Bewegung werde auch das linke Knie an der Außenseite taub und lasse das linke Bein immer wieder nach. Sie habe auch Probleme an der Blase. Im Hinblick auf den Deckplatteneinbruch habe sie starke Schmerzen und Bewegungseinschränkungen und leide sie auch an der linken Hüfte an starken Schmerzen - eine Operation habe sie noch vor sich. Zudem liege bei ihr eine schwere Osteoporose mit erhöhtem Frakturrisiko vor. Auch dies würde ihr starke Schmerzen bereiten. Aus diesen Gründen sei sie mit der Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung nicht einverstanden und bitte um eine erneute Einschätzung.
5. Der Verwaltungsakt wurde seitens der belangten Behörde vorgelegt und langte mit 17.01.2018 beim erkennenden Gericht ein.
6. Seitens des erkennenden Gerichtes wurde die Amtssachverständige XXXX, Fachärztin für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, mit der Erstattung eines medizinischen Gutachtens beauftragt.
In dem eingeholten Gutachten vom 17.04.2018 wird, basierend auf persönlicher Untersuchung der BF, zusammengefasst folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Position bzw. der Rahmensätze:
Pos. Nr.
GdB %
1
Z.n. Versteifungsoperation L4 bis S1 (15.1.2018) mit noch deutlicher Bewegungseinschränkung und geringer Gefühlsstörung im linken Bein. Unterer Rahmensatzwert, deutliche Einschränkungen im Alltag, regelmäßige analgetische Therapie, deutliche Funktionseinschränkung.
02.01.03
50
2
Knochenbrucherkrankung (Osteoporose) unter medikamentöser Therapie. Oberer Rahmensatzwert, Knochendichte verringert, derzeit noch keine wesentlichen funktionellen Einschränkungen, erhöhte Gefahr eines Knochenbruchs bei geringem Anlaß.
02.02.01
20
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründend wurde zum Gesamtgrad der Behinderung ausgeführt, führend sei die Position 1. Derzeit bestehe aufgrund der erst kurz zurückliegenden Operation noch eine deutliche Funktionseinschränkung. Mit einer Verbesserung der Funktion sei zwar noch zu rechnen, diese werde aber nicht relevant für die Einschätzung sein. Die Position 2 steigere den Gesamtgrad der Behinderung wegen Geringfügigkeit und fehlender Wechselwirkung nicht weiter.
Zum Sachverständigengutachten von XXXX wurde stellungnehmend folgendes befunden:
"GS 1 wurde gegenüber dem VGA von [...] höher eingestuft da deutliche funktionelle Einschränkungen vorliegen. Durch die Operation konnte zwar eine Stabilisierung der Segmente L4 bis S1 erfolgen, es bestehen aber regelmäßiger Schmerzmittelbedarf sowie eine persistierende Gefühlsstörung wodurch die Kundin maßgeblich im Alltag eingeschränkt ist. GS 2 wurde extra eingestuft (im VGA in GS 1 miteinbezogen). Diese wirkt sich allerdings nicht auf den Gesamtgrad der Behinderung aus."
7. Das Sachverständigengutachten wurden den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichtes im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG mit Schreiben vom 27.04.2018 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Es langte keine Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die Beschwerdeführerin hat ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland.
Die BF leidet an einem Zustand nach einer Versteifungsoperation L4 bis S1 mit noch deutlicher Bewegungseinschränkung und geringer Gefühlsstörung im linken Bein sowie an einer Knochenbrucherkrankung (Osteoporose) unter medikamentöser Therapie. Die BF leidet weiters unter COPD, sowie einem Zustand nach Leistenbruchoperation.
Der Grad der Behinderung beträgt 50 von Hundert.
Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellung zum Wohnort der BF ergibt sich einerseits aus ihren eigenen Angaben und andererseits durch Einsichtnahme in einen aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
Der bei der BF vorliegende Gesamtgrad der Behinderung erschließt sich aus dem seitens des erkennenden Gerichts eingeholten Sachverständigengutachten von XXXX, Fachärztin Orthopädie und orthopädische Chirurgie, vom 17.04.2018. Das Sachverständigengutachten ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Insoweit das Gutachten vom von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten abweicht, erklärt sich dies durch die durch XXXX aus fachärztlicher Perspektive nachvollziehbar eingeschätzten Folgewirkung der Versteifungsoperation für die Funktionalität des Bewegungsapparates der BF. So besteht für die BF ein regelmäßiger Schmerzmittelbedarf und eine persistente Gefühlsstörung, wodurch die BF eine maßgebliche Einschränkung im Alltag erfährt, durch welche sich in der Gesamtbetrachtung ein Grad der Behinderung von 50 v. H. (von Hundert) ergibt. Das im Ermittlungsverfahren eingeholte Gutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Darüber hinaus wurde das Sachverständigengutachten von beiden Verfahrensparteien im Zuge des gewährten Parteiengehörs unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.
Die vorliegenden Sachverständigengutachten von XXXX und XXXX werden der Entscheidung des erkennenden Gerichtes daher in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz) hat in Verfahren hinsichtlich der Ausstellung eines Behindertenpasses, der Vornahme von Zusatzeintragungen oder der Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 BBG genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 BBG anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen. Abweichend davon beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 46 BBG zwölf Wochen.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 leg. cit.) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 leg. cit.) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.04.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.06.1993). Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt und ist durch seine "technische" Natur, nämlich durch medizinisches Fachwissen, gekennzeichnet.
Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, zudem auch keine der Verfahrensparteien eine mündliche Verhandlung beantragten.
3.2. Zu Spruchteil A):
In der gegenständlichen Rechtssache sind die Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes in der geltenden Fassung anzuwenden.
Nach § 1 Abs. 2 BBG ist unter einer Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder eine Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).
Gemäß § 40 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist,
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen,
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten,
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes (BGBl. Nr. 22/1970 in der geltenden Fassung), angehören.
§ 35 Einkommensteuergesetz 1988 (Bundesgesetz über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen - EStG 1988) regelt, dass die Höhe des Freibetrages sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) bestimmt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Die für die Ausstellung einer solchen zuständigen Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen. Dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 BBG genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3 BBG), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 BGBl. Nr. 376. Nach § 41 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 BBG vorliegt.
Fallgegenständlich ergibt sich daraus:
Da ein Grad der Behinderung von 50 (fünfzig) von Hundert festgestellt wurde und auch die sonstigen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses bei der BF erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G309.2183319.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.10.2018