Index
L34009 Abgabenordnung Wien;Norm
AVG §73 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der "P- und Veranstaltungs GesmbH in W, vertreten durch Dr. Gerhard Engin-Deniz und Dr. Christian Reimitz, Rechtsanwälte OEG in Wien I, Stubenring 16, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom 22. Juni 1999, Zl. MD-VfR - P 6/99, betreffend Aussetzung in einer Getränkesteuersache, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,--binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe an die Stadtkasse für den 5., 6. und 7. Bezirk vom 27. Februar 1998 begehrte die Beschwerdeführerin die Rückerstattung zu Unrecht eingehobener Getränkesteuerbeträge ab 1995, weil die Wiener Getränkesteuer aufgrund ihrer Umsatzsteuerähnlichkeit nicht im Einklang mit der "6. EG-Richtlinie" stehe. Die Getränkesteuer sei für die Jahre 1995, 1996 und 1997 zu Unrecht erhoben worden.
Mit Eingabe vom 2. Oktober 1998, gerichtet an die belangte Behörde, brachte die Beschwerdeführerin vor, dass hinsichtlich ihres Antrages vom 27. Februar 1998 die gemäß § 243 WAO geforderte Frist von sechs Monaten abgelaufen sei, weshalb die Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz begehrt werde. Diese Eingabe langte bei der belangten Behörde am 5. Oktober 1998 ein.
Anlässlich einer vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4, am 28. Oktober 1998 durchgeführten Getränkesteuer-Revision erklärte der anwesende steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin, dass der Devolutionsantrag vom 2. Oktober 1998 zurück gezogen werde.
Mit Bescheid vom 10. November 1988 schrieb der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4/7, der Beschwerdeführerin für das Jahr 1996 eine Getränkesteuer im Betrage von S 603.795,-- und für das Jahr 1997 in Höhe von S 855.379,-- vor. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückzahlung der Getränkesteuer für die Jahre 1995 bis 1997 wurde gemäß § 185 WAO abgewiesen.
In ihrer dagegen erstatteten Berufung machte die Beschwerdeführerin abermals geltend, dass die Getränkesteuer aufgrund ihrer Umsatzsteuerähnlichkeit nicht im Einklang mit der
"6. EG-Richtlinie" stehe. Gleichzeitig stellte sie in der Berufung den Antrag auf Aussetzung der Entscheidung, da in der gleichen Rechtsfrage Berufungen bzw. Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig seien und der Verwaltungsgerichtshof sich seinerseits entschlossen habe, die Europarechtskonformität der Getränkesteuer durch den EuGH prüfen zu lassen.
Mit Bescheid vom 24. November 1998 setzte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4/7, gemäß § 216 Abs. 3 WAO die Entscheidung über die Berufung gegen den Bescheid vom 10. November 1998 aus.
Mit Eingabe vom 8. März 1999 beantragte die Beschwerdeführerin ohne weitere Begründung die Fortsetzung des Verfahrens.
Mit Schreiben vom 9. April 1999 hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin vor, dass beabsichtigt sei, dieses Berufungsverfahren gemäß § 216 WAO bis zur Beendigung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof zur Beschwerde Zl. 97/16/0328 auszusetzen. Die der Beschwerdeführerin mit diesem Schreiben eingeräumte 14-tägige Frist zur Erhebung etwaiger Einwände blieb ungenützt.
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde gemäß § 216 WAO die Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 10. November 1998 aus. Die im Rahmen des Berufungsverfahrens zu beurteilende Rechtsfrage der Vereinbarkeit der Wiener Getränkesteuer mit dem EU-Recht sei bereits Gegenstand einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde; aus der Aktenlage gehe kein Umstand hervor, dass überwiegende Interessen der Berufungswerberin einer Aussetzung entgegenstünden. Trotz Vorhalt sei die Beschwerdeführerin der beabsichtigten Aussetzung nicht entgegen getreten.
In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Entscheidung durch die zuständige Behörde, in ihrem Recht auf Erledigung ihres Antrages auf Rückerstattung ohne unnötigen Aufschub sowie in ihrem Recht darauf verletzt, dass eine Aussetzung nur bei Vorliegen eines Verfahrens ausgesprochen werde, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung sei. Sie begehrt die Aufhebung des bekämpften Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin unterlässt in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde den auch in der Gegenschrift aufgezeigten wesentlichen Umstand, dass sie den Devolutionsantrag vor Erlassung des hier ergangenen erstinstanzlichen Bescheides vom 10. November 1998 zurückgezogen hat. Durch die Zurückziehung des Devolutionsantrages wurde aber die Vorinstanz zur Entscheidung wieder zuständig (siehe die Hinweise bei Walter-Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze2, E 204 zu § 73 AVG). Die belangte Behörde ist daher zu Recht von der Zuständigkeit der Behörde erster Instanz bei Erlassung des Bescheides vom 10. November 1998 ausgegangen. Auf die Erwägungen der Beschwerdeführerin, die von einer Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz ausgehen, war daher nicht weiter einzugehen.
Daraus folgt aber auch, dass die belangte Behörde nicht etwa nur, wie die Beschwerdeführerin meint, über die Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde anlässlich ihrer Bescheiderlassung zu befinden hatte, sondern kraft ihrer funktionellen Zuständigkeit gemäß § 216 Abs. 2 WAO nach den in Abs. 1 dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen eine Aussetzung aussprechen konnte. Dass bei Beurteilung der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 10. November 1998 Fragen des Gemeinschaftsrechtes, die Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens sind, von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung waren, bestreitet die Beschwerdeführerin nicht.
Schließlich beruft sich die Beschwerdeführerin auf die Entscheidungspflicht der Behörde gemäß § 73 AVG (gemeint wohl: § 243 WAO). Wieder ausgehend von der von der Beschwerdeführerin zugrunde gelegten Devolution meint sie, dass die belangte Behörde als funktionell erste Instanz über den Antrag auf Rückerstattung hätte entscheiden müssen; auch diesbezüglich ist die Beschwerdeführerin darauf zu verweisen, dass eine Devolution nicht (mehr) vorliegt.
Überwiegende Interessen, die der Aussetzung entgegenstünden, hat die Beschwerdeführerin weder im Verwaltungsverfahren noch in ihrer Beschwerde behauptet. Da tatsächlich die hier entscheidende Rechtsfrage Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist (Zlen. 97/16/0221, 0021), in welchem der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu einer Vorabentscheidung angerufen wurde, hat die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum die Voraussetzungen einer Aussetzung bejaht. Die Beschwerde erwies sich zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 25. November 1999
Schlagworte
AntragsrückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999160270.X00Im RIS seit
23.03.2001