TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/7 W123 2196277-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.08.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

07.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W123 2196277-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.04.2018, Zl. 1101643401-160060470, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger von der Volksgruppe der Hazara, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 12.01.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, dass ein Kommandant den Beschwerdeführer mit dem Tod bedroht habe. Der Beschwerdeführer habe keine Sicherheit mehr gehabt.

3. Am 16.01.2018 erfolgte die Einvernahme vor der belangten Behörde.

Die Niederschrift lautet auszugsweise:

"[...]

LA: Schildern Sie nochmals die Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag auf internationalen Schutz gestellt haben, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß.

Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können.

Sie haben jetzt auch Gelegenheit, sich zu den Fragen, die von ihnen mit "Ja" oder "Nein" beantwortet wurden, zu äußern.

A: Mein Bruder ist verschollen und drei Tage danach ist ein Kommandant nachts in unser Haus gestürmt. In Afghanistan gibt es keine Regierung, wo man solche Sachen anzeigen kann und der Kommandant arbeitet bei der Regierung und war mächtig.

Da mein Vater so viele Probleme hatte, bekam er 1390 (2011) einen Herzinfarkt. Bis 1391 (2012) war ich mit den Problemen meines Vaters alleine und stand unter sehr viel Druck.

In Kabul hatte ich auch sehr viel Angst, da es keine Regierung gibt und man mit 10.000 Afghani jederzeit jemanden töten kann.

Ich vermute, dass unsere sehr weit verwandten Onkeln sich bei dem Vorfall auch einmischten um die Grundstücke für sich alleine zu haben.

Meiner Mutter war es in Kabul sehr wichtig, dass ich meine Ausbildung abschließe. Das Ziel meiner Mutter war, dass ich und meine Schwester nach absolvierter Schule und Ausbildung, Afghanistan verlassen.

Ich konnte meine Ausbildung nicht abschließen und meine Mutter starb im Sommer 1394 (2015). Wir begruben sie, meine Schwester heiratete und ich war alleine, hatte immer Angst und daher reiste ich aus Kabul aus und nach Europa.

LA: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert?

A: Ja

LA: Wann war der Überfall mit dem Kommandanten?

A: Er war entweder 2007 oder 2008.

Nachgefragt, ich glaube dass es im Frühling war.

[...]

LA: Gab es in Kabul einen Vorfall oder eine Bedrohung gegenüber Ihnen?

A: Nein, ich wurde nicht bedroht aber ich hatte immer Angst.

LA: Wurden Sie jemals persönlich bedroht oder verfolgt in Afghanistan?

A: Nein, ich habe aber Angst, vom Kommandanten oder den weit verwandten Onkeln, getötet zu werden.

[...]

LA: Hatten Sie persönlich irgendwelche Probleme in Afghanistan?

A: Grundsätzlich nicht aber ich habe sehr viel Angst vor den weit verwandten Onkeln.

[...]

LA: Waren Sie sehr religiös in Afghanistan?

A: Nein, aber ich habe manchmal gebetet, wenn ich nachhause kam.

LA: Aus welchem Grund sind Sie in Österreich kein Schiit mehr?

A: Ich möchte frei Leben.

LA: Konnten Sie als Schiit nicht frei leben in Afghanistan?

A: Man kann schon irgendwie leben aber man wird sehr unterdrückt.

LA: Warum denken Sie, dass Sie in Österreich nicht frei als Schiit leben können?

A: Ich bin sehr müde von dieser Religion und ich möchte frei leben und ich wurde sehr unterdrück deshalb.

LA: Weshalb beschlossen Sie nicht bereits in Afghanistan, kein Schiit mehr zu sein?

A: In Afghanistan ist jeder Hazara Schiit. Man kann nicht sagen dass man kein Schiit ist.

LA: Gedenken Sie in Österreich einen anderen Glauben anzugehören?

A: Nein, ich möchte nur frei leben und in die Schule gehen.

LA: Glauben Sie überhaupt an etwas?

A: Ja, ich glaube an Gott.

Nachgefragt, ich glaube an Allah.

LA: Meinen Sie mit Ihrer Aussage Atheist und kein Schiit mehr zu sein, dass Sie nicht mehr auf Ihre Religion reduziert sondern einfach als Mensch gesehen werden wollen?

A: Ja, ich möchte in Frieden leben und ich möchte mit keiner Religion etwas zu tun haben und ich respektiere alle Menschen.

LA: Haben Sie diesbezüglich, dass Sie kein Schiit mehr sind, mit jemanden darüber gesprochen?

A: Nein, das bleib bei mir.

Nachgefragt, ich habe es keinem erzählt.

LA: Hätten Sie aufgrund, dass Sie kein Schiit mehr sein wollen, Befürchtungen in Afghanistan?

A: Sie würden sagen, dass ich nicht gläubig wäre und ich hätte Probleme.

LA: Sie glauben doch an Allah, weshalb hätten Sie dann Probleme?

A: Ich respektiere Allah. Ich konnte dort nicht frei leben und war Schiit weil alle Hazara Schiiten waren. Hier kann ich in Freiheit leben und muss nicht an die Vergangenheit denken.

LA: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

A: Aufgrund des Vorfalls mit dem Kommandanten kann ich nicht mehr in Afghanistan leben. Es kann sein, dass der Kommandant mich umbringt.

[...]"

4. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) und die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Der Bescheid lautet auszugsweise:

C) Feststellungen

Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

? Zu Ihrer Person:

Ihre Identität steht nicht fest.

Sie werden im Verfahren mit den Namen XXXX, geboren am XXXX geführt.

Sie sind afghanischer Staatsangehöriger und gehören der Volksgruppe der Hazara an. Sie sprechen die Sprache Dari.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie nicht mehr den schiitischen Glauben angehören.

Sie stammen aus Daikundi und lebten dort mit Ihrer Familie bis Sie mit Ihrer Familie 2012 (1391) nach Kabul zogen.

Sie besuchten 9 Jahre die Schule und begannen anschließend eine Lehre als Automechaniker.

Sie sind jedenfalls volljährig, ledig und haben keine Kinder.

Sie sind ein arbeitsfähiger, gesunder und junger Mann.

??Zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie einer Bedrohung oder Verfolgung durch den Kommandant oder den weit verwandten Onkeln in Afghanistan ausgesetzt sind.

Weiters konnte nicht festgestellt werden, dass Sie aufgrund Ihre Volksgruppenzugehörigkeit oder Religionszugehörigkeit einer Bedrohung oder Verfolgung in Afghanistan ausgesetzt sind.

Festgestellt wird, dass Sie in Ihrem Heimatstaat weder vorbestraft sind, noch aktuell Fahndungsmaßnahmen gegen Sie bestehen. Weiter wird festgestellt, dass Sie weder politisch tätig, noch Mitglied einer politischen Partei waren.

Auch aus den sonstigen Umständen konnte eine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung nicht festgestellt werden.

??Zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie im Fall Ihrer Rückkehr einer Bedrohung oder Verfolgung, durch den Kommandanten oder Ihren weit verwandten Onkeln in Afghanistan ausgesetzt wären.

Nicht festgestellt werden kann, dass Sie im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan im Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wären.

Sie verfügen über Angehörige, Ihre Schwester lebt mit dessen Familie in Afghanistan Sie können daher Unterstützung bekommen.

Sie verfügen über eine 9-jährige Schulbildung. Sie sind wirtschaftlich genügend abgesichert und können für Ihren Unterhalt grundsätzlich sorgen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie im Falle Ihrer Rückkehr Afghanistan in eine die Existenz bedrohende Notlage geraten würden. Außerdem würden Sie dort nicht Gefahr laufen, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können.

Die Sicherheitslage in Ihrer Herkunftsprovinz, Daikundi als auch Kabul ist ausreichend sicher.

Kabul verfügt über einen Flughafen. Sie können Kabul erreichen, ohne einer besonderen Gefährdung ausgesetzt zu sein.

Auch aus Ihren übrigen Ausführungen konnte nicht festgestellt werden, dass Sie im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt sind.

[...]

D) Beweiswürdigung

[...]

Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

[...]

Zu Ihrem Vorbringen, dass 2007 oder 2008 Ihr Bruder verschollen wäre und drei Tage danach ein Kommandant in das Haus Ihrer Familie eingedrungen wäre und die Frau Ihres Bruders sexuell belästigt hätte, in weiterer Folge Ihr Vater der Frau helfen wollte und so durch die Waffe des Kommandanten verletzt worden wäre, ist anzuführen, dass Sie damals laut Ihren eigenen Angaben noch sehr klein gewesen wären, von den Geschehen selbst nichts mitbekommen hätte, es nur aus den Erzählungen Ihres Vaters wüssten und es sich daher um keine persönliche Bedrohung gegenüber Ihnen gehandelt haben kann, zumal es nie wieder zu einen weiteren Vorfall dieser Art gekommen wäre.

Auch zu der Aussage, dass Sie vor den weit verwandten Onkeln Angst hätte, da Sie vermuten, dass diese den Kommandanten zu dem Vorfall angestiftet hätten und Ihren Vater bereits früher auf den Felder geschlagen hätten, ist anzuführen, dass es nie zu einer Bedrohung gegenüber Ihren Vater oder Ihnen gekommen wäre und dies Aussagen nur auf vagen Vermutungen beruhen und aus den Erzählungen Ihrer Mutter wüssten.

Zusätzlich gaben Sie selbst an, dass Ihre Familie keine Probleme mit diesen weit verwandten Onkeln gehabt hätte, diese hätten sie lediglich nicht gemocht.

Weder in Ihrem Heimatdorf noch wurde Sie die letzten drei Jahre in Kabul persönlich Bedroht oder Verfolgt. Sie konnten lediglich diesen einen Vorfall von vor 10 Jahre schildern, wobei der Kommandant in das Haus Ihrer Familie eingedrungen wäre. Zu einem weiteren Vorfall wäre es nie wieder gekommen. Auch hatte Ihr Vater weder vorher noch nachher Probleme mit den Kommandanten. Sie gaben lediglich an das Sie und Ihre Familie Angst vor dem Kommandanten und den weit verwandten Onkeln gehabt hätten.

Insgesamt lässt sich aus diesen Ausführungen keine individuelle Verfolgungsgefährdung Ihrer Person in Afghanistan erkennen. Zumal Sie keine konkrete auf Sie bezogene Bedrohung oder Verfolgung der Behörde glaubhaft schildern konnten und dezidiert danach gefragt, verneinten Sie, jemals persönlich bedroht oder verfolgt worden zu sein.

Aus den geschilderten Feindschaften Ihre Eltern und Ihres Bruders in Afghanistan lässt sich keine individuelle Verfolgung Ihrer Person ableiten, da Sie zu keiner Zeit eine individuelle Bedrohung angaben.

Zu einer allfälligen Bedrohung Ihrer Eltern ist zu bemerken, dass es sich bei einem Verfolgungstatbestand im Sinne der GFK um Nachteile des Asylwerbers selbst handeln muss und nicht etwa um Nachteile betreffend seiner Angehörigen (vgl. UBAS-Erkenntnis vom 14.07.1998, Zahl: 203.570/0-IV/29/98).

Denn nach ständiger Rechtsprechung des VwGH kann aus Maßnahmen, die sich gegen einen Angehörigen richten, für sich allein nicht auf die Verfolgung eines dieser Familie angehörenden Asylwerbers geschlossen werden (VwGH vom 27.03.1996, Zahl: 95/01/0479 mit weiteren Judikaturhinweisen).

Auch alleine die Tatsache, dass Sie Schiit und Hazara sind, erfüllt jedoch nicht die Voraussetzungen einer asylrelevanten Verfolgung, solange keine Sie individuell treffenden Gründe vorliegen. Dezidiert danach gefragt, gaben Sie an, in Afghanistan niemals persönliche Probleme aufgrund Ihrer Volks- oder Religionszugehörigkeit gehabt zu haben. Auch aus den vorliegenden Länderinformationen ergibt sich keine Gruppenverfolgung von Personen, die derselben Religion oder Volksgruppe wie Sie angehören. Eine Verfolgung allein aufgrund der Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit ist daher ausgeschlossen.

[...]

E) Rechtliche Beurteilung

[...]

Zu Spruchpunkt I.:

[...]

Sie brachten in Ihrem gesamten Vorbringen, auch bei Nachfragen, nicht eine konkrete, Sie treffende Verfolgungshandlung vor. Sie lebten nach dem geschilderten Vorfall weitere 4-5 Jahre in Ihrem Heimatdort bis Sie mit Ihrer Mutter und Ihrer Schwester bis zur Ausreise nach Kabul zogen. Die Frage, ob Sie in Afghanistan jemals bedroht oder verfolgt worden wären, verneinten Sie.

Zu der Aussage, dass Sie ein Hazara sind und den schiitischen Glauben haben, verkennt die Behörde nicht, dass es in Afghanistan zu Spannungen zwischen den einzelnen Volksgruppen und den Hazara sowie zu Diskriminierungen von Hazara kommen kann, jedoch erreichen diese nicht ein solches Ausmaß, das die Annahme rechtfertigen würde, dass in Afghanistan lebende schiitische Hazara wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen und religiösen Minderheit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätten.

Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass die Zugehörigkeit zur Minderheit der Hazara - unbeschadet der schlechten Situation für diese Minderheit - nicht dazu führt, dass im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan eine unmenschliche Behandlung drohen würde (EGMR 05.07.2016, 29.094/09, A.M./Niederlande).

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention vor. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hierzu VwGH 21.01.1999, 98/18/0394; 19.10.2000, 98/20/0233, mwH). Nachteile, die auf die allgemeinen politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Lebensbedingungen in einem Staat zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne des AsylG dar (vgl. VwGH vom 16.06.1994, Zl.: 94/19/0183). Es ist anzuführen, dass die allgemeine Lage in Afghanistan nicht dergestalt ist, dass bereits jedem, der sich dort aufhält, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste (vgl. etwa BVwG vom 23.06.2016 zu W220 2104597-1).

Eine auf asylrelevante Gründe gestützte Gefährdung, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht, konnten Sie nicht geltend machen.

5. Gegen den obgenannten Bescheid der belangten Behörde richtete sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 18.05.2018. Es liege seitens der belangten Behörde eine mangelhafte Befragung in Bezug auf die Abkehr des Beschwerdeführers vom Islam vor. Der Beschwerdeführer könne sich nicht mehr mit der Religion identifizieren. Der Beschwerdeführer möchte sein Leben frei von religiösen Zwängen und Traditionen gestalten und als Mensch wahrgenommen werden. Ein längerfristiges Leben für den Beschwerdeführer in Afghanistan sei nicht möglich, da die afghanische Gesellschaft unweigerlich seine religiöse Einstellung erfahren würde. Die Behörde gehe auch fälschlicherweise vom schiitischen Glauben aus, da der Beschwerdeführer zu seiner Konventionslosigkeit nicht glaubhaft sei. Ferner wurde in der Beschwerde auf die allgemeine Sicherheitslage und die allgemeine Situation von Rückkehrern nach Daikundi bzw. Kabul hingewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Fluchtgründen:

Zur Person des Beschwerdeführers wird auf die oben unter I., Rn 4, zitierten Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen.

Der Beschwerdeführer war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an. Er ist in Afghanistan weder vorbestraft noch war er inhaftiert.

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Afghanistan aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde. Im Fall der Rückkehr nach Afghanistan ist der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in die Stadt Kabul ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde. Bei einer Rückkehr kann er mit finanzieller Hilfe seiner in Afghanistan lebenden (verheirateten) Schwester rechnen und könnte seine Existenz dort auch - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er ist auch in der Lage, in der Stadt Kabul eine einfache Unterkunft zu finden. Zudem besitzt die Familie des Beschwerdeführers Grundstücke und zwei Häuser im Heimatort, Provinz Daikundi (vgl. Niederschrift vom 16.01.2018, AS 68).

Der Beschwerdeführer kann die Hauptstadt Kabul von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen.

1.2. Feststellungen zum Herkunftsstaat:

Diesbezüglich wird auf die Feststellungen im angefochtenen Bescheid (vgl. "Zur Lage in ihrem Herkunftsstaat", Seite 16 bis 77) verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes sowie in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu Identität, Sprachkenntnissen, Herkunft und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich gleichbleibenden und daher glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der belangten Behörde und in dem Beschwerdeschriftsatz. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Beweiswürdigung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid an (siehe die oben unter I., Rn 4. zitierten Passagen) und kommt ebenfalls zum Schluss, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen konnte. Auch im Rahmen der Beschwerde vermochte der Beschwerdeführer keine individuell gegen seine Person gerichtete Bedrohungslage darzulegen. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde ist aufgrund des eigenen Vorbringens des Beschwerdeführers nicht davon auszugehen, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen überzeugten Apostaten oder Atheisten handelt. Wäre der Beschwerdeführer tatsächlich überzeugter Atheist oder vom Islam abgefallen, dann hätte er wohl kaum seinen (nach wie vor bestehenden) Glauben an Allah in der mündlichen Verhandlung bekräftigt (vgl. AS 169, arg. "LA: Glauben Sie überhaupt an etwas? A: Ja, ich glaube an Gott. Nachgefragt, ich glaube an Allah."). Nach Ansicht des erkennenden Richters kann allein die Tatsache, dass sich ein Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahme vor einer Asylbehörde kritisch zur islamischen Religion äußert bzw. ausführt, mit keiner Religion etwas zu tun haben zu wollen ("frei" leben zu wollen), noch keinen asylrelevanten Tatbestand rechtfertigen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (vgl. insbesondere § 1 BFA-VG).

§ 28 VwGVG ("Erkenntnisse") regelt die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte und lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

[...]"

Zu Spruchpunkt A)

1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

3.2. Gemäß § 3 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg.cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist).

Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder in Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH vom 19.10.2000, 98/20/0233).

3.3. Zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, ist auf die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen. Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung setzt positiv getroffene Feststellungen der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, 95/01/0627).

"Glaubhaftmachung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden. Zudem ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH vom 09.05.1996, 95/20/0380). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH vom 30.09.2004, 2001/20/0006, betreffend Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH 28.05.2009, 2007/19/1248; 23.01.1997, 95/20/0303) reichen für sich alleine nicht aus, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. VwGH 26.11.2003, 2001/20/0457).

3.4. Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung angemerkt, hat der Beschwerdeführer kein konkretes asylrelevantes Fluchtvorbringen erstattet. Die belangte Behörde hat auf diesen Umstand in der rechtlichen Beurteilung hingewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich diesen Ausführungen an (siehe die oben unter I., Rn 4 zitierten Passagen).

3.5. In Ermangelung von dem Beschwerdeführer individuell drohenden Verfolgungshandlungen bleibt im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu prüfen, ob der Beschwerdeführer im Herkunftsland auf Grund generalisierender Merkmale - etwa wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara - unabhängig von individuellen Aspekten einer über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehenden "Gruppenverfolgung" ausgesetzt wäre.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung zwar nicht entscheidend, dass sich die Verfolgung gezielt gegen Angehörige nur einer bestimmten Gruppe und nicht auch gezielt gegen andere Gruppen richtet (vgl. VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048), jedoch ist für das Bundesverwaltungsgericht aus folgenden Gründen nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, alleine wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe einer Verfolgung iSd GFK ausgesetzt zu sein:

Aus den obigen Länderfeststellungen ergeben sich keine Hinweise auf eine Gruppenverfolgung der Hazara, vielmehr hat sich deren Situation in Afghanistan seit dem Ende der Talibanherrschaft nachhaltig und wesentlich verbessert.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 13.10.2015, Ra 2015/19/0106, eine Gruppenverfolgung der Hazara mit der Begründung nicht aus, dass das Bundesverwaltungsgericht zur Lage der Hazara keine Feststellungen getroffen habe, welcher Umstand vorliegend jedoch hier nicht der Fall ist. In zahlreichen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes (teilweise auch nach Einholung länderkundlicher Sachverständigengutachten) wurde eine Verfolgung ausschließlich aufgrund der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara durchgehend verneint (z.B. erst jüngst BVwG 24.10.2016, W191 2106225-2/10E; BVwG 09.05.2016, W119 2012593-1/20E, BVwG 18.04.2016, W171 2015744-1, BVwG 13.11.2015, W124 2014289-1/8E und viele andere mehr).

Der Verwaltungsgerichtshof judizierte in den letzten Jahren keine Gruppenverfolgung der Hazara in Afghanistan, zum Unterschied zur Region Quetta in Pakistan (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048). Es ist daher anzunehmen, dass der Verwaltungsgerichtshof, sollte er der Auffassung sein, dass eine Gruppenverfolgung - auch lokal - in Afghanistan aktuell festzustellen wäre, in der zahlreich zu Afghanistan ergangenen Judikatur dies auch festgestellt hätte (siehe auch jüngst BVwG 16.06.2016, W159 2105321-1/8E).

Auch der EGMR sprach in seiner Entscheidung vom 12.07.2016, 29094/09, A.M./Niederlande, aus, dass weder die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara noch die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan als solche zu einem derart hohen Risiko führen würde, dass bei einer Rückkehr automatisch die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK bestehe.

Schließlich ist in diesem Zusammenhang auf die aktuelle internationale Rechtsprechung zu verweisen, die ebenfalls von keiner Gruppenverfolgung der Hazara ausgeht:

Nach einem Beschluss des VGH München vom 04.01.2017 - 13a ZB 16.30600 unterliegen Hazara in Afghanistan zwar einer gewissen Diskriminierung, sie sind derzeit und in überschaubarer Zukunft aber weder einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung noch einer erheblichen Gefahrendichte iSv § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt. Das VG Lüneburg (3. Kammer, Urteil vom 06.02.2017, 3 A 126/16) gelangt nicht zu der Überzeugung, dass Hazara einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfende gruppengerichteten Verfolgung ausgesetzt sind (unter Verweis auf Bay. VGH, Beschl. v. 04.01.2017 - 13a ZB 16.30600 -, juris Rn. 6; Beschl. v. 19.12.2016 - 13a ZB 16.30581 -, juris Rn. 4; VG Augsburg, Urt. v. 07.11.2016 - Au 5 K 16.31853 -, juris Rn. 33; VG Würzburg, Urt. v. 28.10.2016 - W 1 K 16.31834 -, juris Rn. 19). Die hierfür erforderliche Verfolgungsdichte ist nicht gegeben.

Das (schweizerische) Bundesverwaltungsgericht führt in seiner Entscheidung zur Provinz Ghazni (= Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers) vom 11.01.2017, E-5136/2016, dazu aus:

"Inwiefern hinter den Entführungen und Tötungen von Hazara in Afghanistan - insbesondere in der Region Ghazni - asylrelevante Verfolgungsmotive stehen, kann vorliegend aber letztendlich offenbleiben. So ist es nach dem zuvor Gesagten in jüngerer Zeit in der Heimatregion des Beschwerdeführers zwar immer wieder zu in asylrechtlicher Hinsicht genügend intensiven Übergriffen auf Zugehörige der Ethnie der Hazara gekommen. Indes kann die für die Anerkennung einer Kollektivverfolgung erforderliche Dichte der gewaltsamen Verfolgungshandlungen nicht bejaht werden: Im Verhältnis zur Grösse des Kollektivs der Hazara in Ghazni (wie zuvor ausgeführt handelt es sich um rund 540'000 Personen) nehmen die gewalttätigen Angriffe auf diese Bevölkerungsgruppe bisher nicht eine zahlenmässig derart grosse Dimension ein und sind die bekannt gewordenen Über-griffe nicht derart häufig, dass jeder Angehörige dieser Minderheit in begründeter Weise befürchten müsste, objektiv mit erheblicher Wahrscheinlichkeit ebenfalls Opfer einer Gewalttat zu werden. Gemessen an der Anzahl in Ghazni lebender Hazara erscheint die Zahl der Übergriffe derzeit nicht als genügend dicht, als dass von einer Kollektivverfolgung insbeson-dere durch Dritte ausgegangen werden müsste. Folglich kann eine Kollektivverfolgung der Hazara in der Provinz Ghazni zum heutigen Zeitpunkt nicht bejaht werden."

Abschließend ist auf eine Entscheidung des Upper Tribunal: MI vs THE SECRETARY OF STATE FOR THE HOME DEPARTMENT 27.08.2009 hinzuweisen, wo ausgeführt wird:

"A person of Hazara ethnicity or of the Ismaili faith or who is associated with the Nadiri family is not likely to be at a real risk of serious harm in Afghanistan by reason of any of these factors alone or a combination of any of them, although different considerations would apply if an Ismaili's own home area were to be in an area controlled by the Taliban, given the large scale massacre of Ismailis which took place when the Taliban took over the province of Baghlan in 1998. In such a case, however, he would ordinarily be safe in Kabul."

"... nonetheless we find that the effect of his opinion read as a whole and of the background material to which we have been referred is that a person of Hazara ethnicity is not likely to be treated by reason of that fact alone in Afghanistan in a way which would amount to persecution or a breach of his rights under article 3 of the

ECHR."

3.6. Aus diesen Gründen ist das Vorliegen einer Gruppenverfolgung im Hinblick auf Angehörige der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan im Ergebnis zu verneinen.

Daher war die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

3.7. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur EMRK betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 leg.cit. offen steht.

Gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Antrag auf subsidiären Schutz abzuweisen, wenn in einem Teil des Herkunftsstaates des Asylwerbers vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann und dem Asylwerber zugemutet werden kann, sich in diesem Teil aufzuhalten (innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz nicht vorliegen.

3.8. In ständiger Rechtsprechung hält der Verwaltungsgerichtshof fest, dass bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. ua VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095; 21.02.2017, Ra 2017/18/0137 jeweils mwN). Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. ua VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0369-11; 25.04.2017, Ra 2017/01/0016; 08.09.2016, Ra 2016/20/006; 25.05.2016, Ra 2016/19/0036, mwN). Diese Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (vgl. VwGH 30.09.1993, 93/18/0214). In diesem Zusammenhang verweist der Verwaltungsgerichtshof jüngst auf die ständige Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos darzulegen, dass ihr im Fall der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095 mwN unter Verweis auf EGMR 05.09.2013, 61.204/09, I/Schweden; siehe auch VwGH 21.02.2017, Ra 2017/18/0137).

Aus der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geht weiters hervor, dass zwar mit dem Vorbingen, ein gesunder, arbeitsfähiger und erwachsener Mann ohne Berufsausbildung und -erfahrung finde bei einer Rückkehr nach Kabul kein berufliches oder familiäres Netz mehr vor, eine schwierige Lebenssituation bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht ins Treffen geführt wird, jedoch noch keine reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse (vgl. VwGH 25.05.2016, Ra 2016/19/0036). Demnach bedarf es einer spezifischen Vulnerabilität, andernfalls geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass bei einem jungen und gesunden Mann, der über eine Schulbildung und Berufserfahrung verfügt, ledig ist und keine Kinder hat, die von UNHCR geforderten "bestimmten Umstände" vorliegen, nach denen es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter möglich sei, auch ohne Unterstützung durch die Familie in urbaner Umgebung zu leben (vgl. VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118).

Selbst wenn einem Antragsteller in seiner Herkunftsregion eine Art. 3 EMRK-widrige Situation drohen sollte, ist seine Rückführung dennoch möglich, wenn ihm in einem anderen Landesteil seines Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht (§ 11 AsylG 2005). Ihre Inanspruchnahme muss dem Fremden - im Sinne eines zusätzlichen Kriteriums - zumutbar sein (Prüfung der konkreten Lebensumstände am Zielort); für die Frage der Zumutbarkeit (im engeren Sinn) muss daher ein geringerer Maßstab als für die Zuerkennung subsidiären Schutzes als maßgeblich angesehen werden (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 11 AsylG 2005 K15). Dass das mögliche Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative auch bei der Prüfung des subsidiären Schutzes zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 AsylG 2005, wonach sich die innerstaatliche Fluchtalternative, die als ein Kriterium ua die Zumutbarkeit des Aufenthalts in einem bestimmten Teil des Staatsgebietes vorsieht, auf den "Antrag auf internationalen Schutz" und somit auch auf jenen auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bezieht (vgl. hierzu auch VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0233).

Kommt die Herkunftsregion des Beschwerdeführers als Zielort wegen der dem Beschwerdeführer dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter Berücksichtigung der dortigen allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände auf eine andere Region des Landes verwiesen werden (vgl. VfGH 13.09.2013, U 370/2012 mwN). Betreffend die Frage einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Afghanistan nahm der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung demzufolge ein willkürliches Vorgehen des (zum damaligen Zeitpunkt noch bestehenden) Asylgerichtshofes an, wenn dieser das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul (und demnach die Zumutbarkeit einer Übersiedlung nach Kabul) für afghanische Asylwerber bejaht hatte, ohne sich weder mit dem in Bezug auf Art. 3 EMRK relevanten Vorhandensein einer Unterkunft bzw. der Möglichkeit der Versorgung an dem von ihm angenommenen Zielort Kabul allgemein auseinanderzusetzen, noch Feststellungen dazu zu treffen, ob Umstände vorliegen, die den Beschwerdeführer auch ohne Vorliegen eines sozialen Netzwerks in Kabul in die Lage versetzen, seinen Lebensunterhalt derart zu sichern, sodass er in keine, in Hinblick auf Art. 3 EMRK relevante, aussichtslose Lage gerät (vgl. ua VfGH 07.06.2013, U 2436/2012; 06.06.2013, U 2666/2012; 13.09.2013, U 370/2012); auch in jüngerer Vergangenheit entschied der Verfassungsgerichtshof, dass das Bundesverwaltungsgericht eine nachvollziehbare Begründung seiner Entscheidung vermissen lässt, wenn es unterlässt, einzelfallbezogene Ermittlungen und Feststellungen zu

treffen, dass eine Rückkehr und Neuansiedlung des Beschwerdeführers auch ohne soziale Anknüpfungspunkte in Kabul möglich sei (vgl. VfGH 22.09.2017, E 240/2017; 23.02.2017, E 1197/2016). Seitens des Verfassungsgerichtshofes wurde auch betont, dass es im Falle der Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten Feststellungen dahingehend bedürfe, dass der Asylwerber auf sicherem Weg in seine Herkunftsregion bzw. in den sonst in Betracht kommenden Zielort gelangen könnte (siehe zB VfGH 19.11.2015, E 707/2015).

Der Verwaltungsgerichtshof sprach jüngst in Bezug auf das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative Folgendes aus (vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001):

"Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung bereits erkannt, dass eine schwierige Lebenssituation (bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht), die ein Asylwerber bei Rückführung in das als innerstaatliche Fluchtalternative geprüfte Gebiet vorfinden würde, für sich betrachtet nicht ausreicht, um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen. Mit Bezug auf die Verhältnisse in Afghanistan wurde ausgeführt, es könne zutreffen, dass ein alleinstehender Rückkehrer ohne familiären Rückhalt und ohne finanzielle Unterstützung in der afghanischen Hauptstadt Kabul (anfangs) mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert sei. Soweit es sich aber um einen jungen und gesunden Mann, der über Schulbildung und Berufserfahrung verfüge, handle, sei - auf der Grundlage der allgemeinen Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsstaat - nicht zu erkennen, dass eine Neuansiedlung in Kabul nicht zugemutet werden könne. Dies stehe auch im Einklang mit der Einschätzung der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016, denen zufolge es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität möglich sei, auch ohne Unterstützung durch die Familie in urbaner Umgebung zu leben (vgl. VwGH 8.8.2017, Ra 2017/19/0118). Auch der Verfassungsgerichtshof hat in einem jüngst ergangenen Erkenntnis vom 12. Dezember 2017, E 2068/2017, ausgesprochen, dass einem gesunden Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrsche, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut sei und die Möglichkeit habe, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul zugemutet werden könne, und zwar selbst dann, wenn er - wie im entschiedenen Fall - nicht in Afghanistan geboren worden sei, dort nie gelebt und keine Angehörigen in Afghanistan habe, sondern im Iran aufgewachsen und dort in die Schule gegangen sei. Dem ist lediglich hinzuzufügen, dass bei dieser Sichtweise dem Kriterium der ‚Zumutbarkeit' neben jenem der Gewährleistung von Schutz vor Verhältnissen, die Art. 3 EMRK widersprechen, durchaus Raum gelassen wird. Um von einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, reicht es nicht aus, dem Asylwerber entgegen zu halten, dass er in diesem Gebiet keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten hat. Es muss ihm vielmehr - im Sinne des bisher Gesagten - möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Ob dies der Fall ist, erfordert eine Beurteilung der allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und der persönlichen Umstände des Asylwerbers. Es handelt sich letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden muss (vgl. dazu nochmals VwGH 8.8.2017, Ra 2017/19/0118, mwN)."

3.9. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind.

Aus den von der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ergibt sich zunächst, dass die aktuelle Sicherheitslage in Afghanistan weiterhin volatil ist. Nach der oben dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die allgemeine Situation in Afghanistan jedoch nicht so gelagert, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde. Trotz der weiterhin als instabil zu bezeichnenden allgemeinen Sicherheitslage erscheint damit eine Rückkehr nach Afghanistan in Hinblick auf die regional - sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt unterschiedliche - Sicherheitslage nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Dem Beschwerdeführer ist aus nachfolgenden Erwägungen insbesondere eine innerstaatliche Fluchtalternative in die Stadt Kabul zumutbar:

Kabul ist eine vergleichsweise sichere und mit dem Flugzeug gut erreichbare Stadt. In Kabul ist nach den vorliegenden Länderberichten die allgemeine Lage als relativ sicher und stabil zu bezeichnen, auch wenn es dort zu vereinzelten Anschlägen kommt. Die afghanische Regierung behält jedoch die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren. Aus den entsprechenden Länderberichten ergibt sich, dass sich die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge hauptsächlich im Nahebereich staatlicher oder öffentlicher Einrichtungen (etwa Regierungs- und Polizeigebäude oder NGOs) ereignen. Diese Gefährdungsquellen sind jedoch in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Kabul als ausreichend sicher zu bewerten ist.

Hinsichtlich der bestehenden Versorgungslage und der allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung ist angesichts des allgemeinen Niedergangs der Wirtschaft auszuführen, dass die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung, zwar häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, die Versorgung der Bevölkerung jedoch zumindest grundlegend gesichert ist.

Für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan reicht es auch nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen, sondern es müssen vom Betroffenen auch individuelle Umstände glaubhaft gemacht werden, die im Fall der Rückkehr nach Afghanistan eine reale Gefahr der Verletzung des Art. 3 EMRK für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen bzw. die Unzumutbarkeit der Ansiedelung im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative bewirken würden. Solche Umstände bzw. Merkmale hat der Beschwerdeführer im Verfahren jedoch nicht dargetan und diese waren auch für das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennbar:

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen arbeitsfähigen jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der Beschwerdeführer ist ledig, hat keine Sorgepflichten, verfügt über 9 Jahre Schulbildung sowie über eine dreijährige Lehrerfahrung als Automechaniker. Ferner gehört der Beschwerdeführer keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt, als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Des Weiteren verfügt der Beschwerdeführer über familiäre Anknüpfungspunkte (verheirate Schwester) in Afghanistan, Kabul. Der Beschwerdeführer stammt aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird. Das Bundesverwaltungsgericht nimmt daher an, dass seine Schwester bzw. deren Familie den Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Kabul (zumindest geringfügig) unterstützen würden. Überdies ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan aufwuchs sowie mit den generellen Strukturen und den landestypischen sozialen Gepflogenheiten in A

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten