Entscheidungsdatum
07.08.2018Norm
BBG §42Spruch
L517 2184160-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX, vom 05.10.2017, XXXX beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, dass der Bescheid (Behindertenpass) des Sozialministeriumservice, Landesstelle Salzburg, vom 05.10.2017, XXXX gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) BGBl. I Nr. 33/2013 idgF aufgehoben und zur Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
20.07.2016 - Antrag der beschwerdeführenden Partei ("bP") auf Ausstellung eines Behindertenpasses, Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" und Ausstellung eines Ausweises gem § 29b StVO 1960 (Parkausweis) beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (belangte Behörde, "bB")
15.12.2016 - Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens, Grad der Behinderung 60 v.H., Nachuntersuchung 4/2021, Gesundheitsschädigung iSv Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegt vor wegen: "Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, HIV oder eine andere schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03" GdB 20%, Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
23.02.2017 - Versand des bis 30.04.2021 befristeten Behindertenpasses
24.02.2017 - Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme betreffend Zusatzeintragung
05.03.2017 - Stellungnahme der bP
06.04.2017 - Nachreichung des ärztlichen Entlassungsberichts eines Rehazentrums
14.09.2017 - Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens
05.10.2017 - Bescheid der bB /Abweisung des Antrages der bP auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel"
07.11.2017 - Beschwerde der bP
24.01.2018 - Beschwerdevorlage am BVwG
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
Die bP ist österreichische Staatsbürgerin und an der im Akt ersichtlichen Adresse im Bundesland XXXX wohnhaft.
Am 20.07.2016 stellte die bP einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" und Ausstellung eines Ausweises gem § 29b StVO 1960 (Parkausweis) bei der bB.
Ein im Auftrag der bB am 15.12.2016 aufgrund der Aktenlage erstelltes Sachverständigengutachten eines Allgemeinmediziners nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:
"...
Relevante anamnestische Angaben, Befunde sowie Diagnosen mit Datumsangabe:
Koronare Herzkrankheit (Stent-Versorgung), Herzschrittmacher 2006, Diabetes mellitus II, Prostatakarzinom 4/2016
Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:
Stentversorgung, Herzschrittmacherimplantat, Medikation:
Betablocker, ASS, Statin, Pantoloc, Nitrolingual bei Bedarf; Concor
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs
Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: 1 Prostatakarzinom 4/2016 mit anstehender Radio-Hormontherapie, Einstufung zur Heilungsbewährung. Unterer Rahmensatz, keine Operation geplant. Radiotherapie und Hormontherapie veranlasst. Pos.Nr. 13.01.04 GdB 50%
2 Koronare Herzkrankheit, Ein-Gefäß-Erkrankung mit Stent-Versorgung, kein Herzinfarktereignis, Pektanginöse Beschwerden. Herzschrittmacherimplantation bei gutem Therapieerfolg und relativer Beschwerdefreiheit. Unterer Rahmensatz bei erfolgreicher Schrittmacherfunktion und gutem Stent-Erfolg. Pos.Nr. 05.05.02 GdB 30%
3 Diabetes mellitus II ohne Insulinpflichtigkeit. Gut medikamentös und diätetisch eingestellt. Mittlerer Rahmensatz, medikamentöse Einstellung Pos.Nr. 09.02.01 GdB 20%
Gesamtgrad der Behinderung 60 v.H.
Begründung für Einstufung, Rahmensatz und den Gesamtgrad der Behinderung:
s. o.; Gesundheitsstörung 1 ergibt Einstufungsgrad zur Heilungsbewährung, Gesundheitsstörung 2 steigert wegen zusätzlicher Leidensverstärkung um eine Stufe. Gesundheitsstörung 3 steigert wegen Beschwerdefreiheit und fehlender Beeinträchtigung und Relevanz nicht weiter.
[X] Nachuntersuchung 4/2021, Begründung: Heilungsbewährung (Gesundheitsstörung 1)
Prüfung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
1. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen schränken die Mobilität ein und übersteigen ggf. die körperliche Belastbarkeit? In welcher Weise ist dadurch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (ca. 300 - 400 m), das sichere Ein- und Aussteigen unter Beachtung der üblichen Niveauunterschiede oder die sichere Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe auf erhebliche Art und Weise erschwert bzw. unmöglich?
Keine.
Eine Unzumutbarkeit d. Benutzung öfftl. Verkehrsmittel ist nicht begründet, eine Benutzung ist sowohl von der erforderlichen Gehstrecke von ca. 300-400 Metern wie auch vom sicheren Ein- und Aussteigen und vom sicheren Transport her möglich und zumutbar.
Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen
Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:
[X] Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, HIV oder eine schwere
Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03. GdB: 20
..."
Am 23.02.2017 wurde der bis 30.04.2021 befristete Behindertenpass versendet und die bP am 24.02.2017 vom Ergebnis der Beweisaufnahme betreffend Zusatzeintragung verständigt.
In ihrer Stellungnahme vom 05.03.2017 führte die bP aus, dass sie ohne Nitrolingual 0,4 mg nicht mehr aus dem Haus gehen und weitere Wegstrecken nicht mehr in gewohnter Weise zurücklegen könne. Die Leistung ihres Herzens sei extrem zurückgegangen. Bei ihrer letzten Krebs-Reha sei sie mindestens zu 70% kardiologisch behandelt worden. Der ärztliche Entlassungsbericht vom 24.01.2017 über die stationäre Rehabilitation vom 03.01.2017 bis 24.01.2017 des XXXX langte am 06.04.2017 bei der bB ein.
Das daraufhin im Auftrag der bB am 14.09.2017 erstellte Sachverständigengutachten einer Allgemeinmedizinerin nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:
"...
Anamnese:
Aus dem Vorgutachten per Aktenlage: KHK, Stent Versorgung, Herzschrittmacher 2016, Diabetes mellitus II, Prostata Ca 4/2006;
Zwischenanamnese: Rehabilitationsaufenthalt XXXX v. 3.-24.1.2017 (angeforderter Arztbrief liegt vor); keine sonstigen Zwischenerkrankungen oder Operationen. Keine aktuellen Untersuchungsbefunde.
Derzeitige Beschwerden:
Der Patient kommt dem Untersuchungstermin pünktlich nach; er benützt keine Hilfsmittel.
Folgendes wird berichtet: er sei hier, weil er mit dem Ergebnis des ersten Gutachtens nicht einverstanden sei; es habe niemand mit ihm gesprochen, er sei nicht untersucht worden; es gehe ihm im Grunde hauptsächlich um das Erlangen des Parkausweises. Er habe immer wieder Luftnot und Brennen vor der Brust, schon nach 100 m beim Gehen in der Ebene. Er nehme dann 2 bis 3 Hübe von dem Notfallmedikament. Schon seit 1-2 Jahren habe er diese Form der Beschwerden. Er habe dabei auch oft Angst zu sterben. Er habe deshalb in XXXX während seiner Kur die Belastungsuntersuchung schon bei 75 Watt, weit vor dem angegebenen Ziel, abbrechen müssen und habe auch das Krafttraining reduzieren müssen. Er sei regelmäßig bei der Hausärztin in Behandlung und beim Internisten; er gehe auch jährlich zur Kontrolle im Landeskrankenhaus an der 2. Medizin, werde aber nicht regelmäßig einbestellt. Wann die letzte Myocardszintigrafie gemacht worden sei, sei ihm nicht genau erinnerlich; nach dem Kuraufenthalt jedenfalls nicht.
Von Seiten der Prostata habe er gelegentlich noch ein Stechen, das Harnlassen erfolge problemlos. Es erfolgten 3-monatige Kontrollen beim niedergelassenen Urologen. Die Blutzuckerwerte seien zufriedenstellend; seit der Hormonbehandlung habe er sehr viel an Gewicht zugenommen, was ihn sehr störe.
Darüber hinaus wird besprochen, dass der Patient den Befund der Myocardszintigraphie (zu deren Durchführung bereits dringend während seines Rehabilitationsaufenthaltes geraten wurde) zur weiteren Objektivierung und entsprechenden Interpretation im zu erstellenden Gutachten in angemessener Frist nachreichen soll.
Nikotin: seit 19 a rauchfrei; Alk: gelegentlich; Allergien:
Parkemed.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Hausärztin: Fr. Dr. XXXX; Internist: Dr. XXXX; Urologe: Dr. XXXX. Rehabilitationsaufenthalt XXXX v. 3.1.-24.1.2017.
Medikamente: Concor, Valsartan, Thrombo ASS, Metformin
Pantoloc, Antiflat, Novalgin, Nitolingual b. Bed. Tamsulosin,
Nicolan, Zanidip, Atorvastatin, Hilfsmittel: DDDR Schrittmacher in Situ.
Sozialanamnese:
Wohnsituation: Mehrparteienhaus, Wohnung im 2. Liftstock.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
AB Rehabilitationszentrum XXXX v. 3.-24.1.2017:
Diagnosen: Prostata Ca, Z.n. Radiatio und Goldmarker Implantation, Z.n. antihormoneller Therapie, KHK (letzte Kontrolle 11/2015, stabile AP) Zustand nach posteriorem Myocardinfarkt und Stenting der prox. LAD 2013, Z.n. Schrittmacher Implantation 2006, Aggregatwechsel 2014 wg. AV Block, Hypertonie, Hyperlipämie,
Diabetes mellitus. Detailbefunde: 24 Stunden EKG: unauff; SR, keine rel. Rhythmusstörungen od. Pausen. 24 Stunden Blutdruckmessung:
Mittelwert 122/74 - unter laufender Medikation ideale Einstellung.
Ergometrie v. 9.1.2017: während Belastungs- und Erholungsphasen durchgehend SR. adäquate Blutdruck und Herzfrequenzregulation, keine Stenocardien. Keine signifikante ST Strecken Senkung. Abbruch wegen retrosternaler Schmerzen und leichter Dyspnoe. Empfohlene
Präventivmassnahmen: Fortsetzen der empfohlenen aktiven Bewegungstherapie (Nordic Walking, Schwimmen, Radfahren 3x 45 Min./Woche) und der erlernten Diät. Maßnahmen. empfohlene
Kontrollen: urologisch/onkologisch, Blutfettwerte, Blutzucker
Kontrollen, DRINGEND: Myocardszintigraphie.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
adipös
Größe: 174,00 cm Gewicht: 100,00 kg Blutdruck: 135/85
Klinischer Status - Fachstatus:
Haut /SH: gut durchblutet;
Kopf/HN HNAP frei, kein KS über Kalotte, Geruchsinn nicht geprüft;
Grobvisus unauff; Pupillo- und Bulbusmotorik unauff; Gesichtsmimik und -sensibilität stgl o. B., Fingerreiben wird
bds. gehört. Die caudalen HN o. B:
Mund/Rachenraum: bland, Gebiss: OK Voll- UK Teilprothet.saniert.
Hals: SD indolent palpabel, schluckverschieblich, nicht vergrößert, LK nicht tastbar.
Thorax: symmetrisch; H T rein, rhythmisch, normofrequent; SM li obere Thoraxapertur in situ tastbar, 3 cm lange blande Narbe. Lunge VA; Basen verschieblich.
Abdomen: weich, über Thoraxniveau, keine pathol. Resistenz tastbar DG unauff; NL frei, Bruchpforten geschlossen.3x1 cm Narben periumbilical und med. OB nach CHE.
WS: im Lot, paravertebr. Muskulatur symmetrisch, verspannt, kein KS über DF; Motilität: HWS: altersentsprechend beweglich.
Thoracolumbaler Übergang: Seitwärtsneigung/Rotation altersentsprechend Lasegue: bis 90° neg., FBA:30 cm
OE: Tonus: unauff, Kraft stgl unauff., SR stgl mittellebhaft, Sensibilität o. B.; passiv die Gelenke frei, zur Zeit keine Schwellung od. Überwärmung, keine Rötung;
Eudiadochokinese.
AVV: unauff. FNV zielsicher
UE: Tonus, Kraft stgl o. B., SR: PSR, ASR stgl. mittellebhaft, Sens. o. B. die gr. Gelenke passiv frei; keine Schwellung od. Überwärmung. KHV bds. sicher. Periphere Pulse tastbar.
Gesamtmobilität - Gangbild:
hilfsmittelfrei, hinkfrei; Einbeinstand, Zehen und Fersenstand bds. sicher.
Status Psychicus:
wach, orientiert, Stimmung indifferent, Gedankengang geordnet, inhaltlich unauff; keine prod.Sy., keine ak. Suizidalität.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1 Prostata Carcinom 4/2016; Wahl der Richtsatzposition bei Zustand nach erfolgreicher
Strahlen - und antihormoneller Therapie; unter laufenden engmaschigen Kontrollen ohne Hinweis auf Rezidiv innerhalb der Heilungsbewährung wird der untere Rahmensatz gewählt.
2 Koronare Herzkrankheit; Zustand nach Hinterwandinfarkt mit erfolgreicher Gefäßaufdehnung und Stent Implantation ohne klinischen Hinweis auf beträchtliche Reduktion der Linksventrikelfunktion.
3 Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) mit stabiler Stoffwechsellage unter einmal Medikamentengabe.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Vergleich zum Vorgutachten von 12/2016 bestehen keine gesundheitlichen Veränderungen; anamnestisch bestehen die im Vordergrund der klinischen Beschwerden stehende Atemnot und präcordiale Schmerzen bereits seit 1-2 Jahren; die nun vorliegenden Befunde (Arztbrief über den Rehabilitationsaufenthalt in XXXX von 1/2017) bieten keine Grundlage für neue Erkenntnisse. Die dringend empfohlene weitere Diagnostik zur Abklärung der Linksherzfunktion in Form einer Myocardszintigraphie liegt nicht vor. Die urologische Erkrankung und das Blutzuckerleiden bestehen unverändert.
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten
Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein - und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:
[X] Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03.
GdB: 20 v.H.
Gutachterliche Stellungnahme:
Blutzuckerkrankheit, medikamentös eingestellt.
..."
Mit Bescheid vom 05.10.2017 wies die bB den Antrag der bP auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" unter Zugrundelegung der beiden Gutachten ab. Angemerkt wurde, dass die Ausstellung des § 29b-Ausweises die Eintragung der Unzumutbarkeit voraussetze. Da die Voraussetzung für diese Eintragung nicht vorliege, bestehe kein Anspruch auf Ausstellung des § 29b-Ausweises.
In ihrer dagegen am 07.11.2017 erhobenen Beschwerde gab die bP an, dass ihre gesundheitlichen Beschwerden von der Ärztin als nebensächlich erachtet worden seien, aber sich ihre Beschwerden nicht gebessert hätten, sondern eher schlechter geworden seien. Sie habe große Probleme, zu öffentlichen Verkehrsmitteln zu gehen. Neben dem Nitrolingual Pumpspray, den sie ständig bei sich tragen und auch immer verwenden müsse, nehme sie noch jede Menge Tabletten ein. Es stehe eine kardiologische Untersuchung an. Die bP führte in der Folge tabellarisch ihre Krankheiten und Medikamente an.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrundelegt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der, gegen die Gutachten gerichteten, sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, 0705/77).
Der Verwaltungsgerichtshof führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.02.2011, Zl. 2007/11/0142).
In den für die Entscheidungsfindung der bB in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten wurde dem Auftrag der bB nicht entsprochen: In beiden Gutachten wurde dem Erfordernis, sich mit den Leiden der bP in Zusammenhang mit der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auseinanderzusetzen, nicht Genüge getan. Beide Sachverständige haben es unterlassen, sich mit den Fragen der Stand- und Gangsicherheit, der Halte- und Hantierfähigkeit, sowie mit der Möglichkeit des Ein- und Aussteigens zu befassen und diese zu erörtern. Die Sachverständige, welche das Gutachten vom 14.09.2017 erstellt hat, hat sich, obwohl es Gutachtensauftrag war, in keinster Weise mit der Frage der Zumutbarkeit auseinandergesetzt. Vielmehr noch, sie hat die Beantwortung der Fragestellung gänzlich außer Acht gelassen und keine Stellungnahme dazu abgegeben. Allein der Verweis im Zusammenhang mit der "Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten" darauf, dass im Vergleich zum Vorgutachten keine gesundheitlichen Veränderungen bestehen und die nun vorliegenden Befunde keine Grundlage für neue Erkenntnisse bieten, genügt den Anforderungen an die gutachterliche Beurteilung nicht. Wie sich daraus ein Urteil dahingehend ergibt, dass der bP die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, eröffnet sich dem ho. Gericht nicht. Der Entscheidung der Erstbehörde wurden beide Gutachten zugrunde gelegt. Allerdings wurde bereits im Erstgutachten vom 15.12.2016 den Anforderungen an die Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht Genüge getan, erschöpft sich doch die Beurteilung durch den Allgemeinmediziner in der formelhaften Feststellung - gänzlich ohne Bezugnahme auf den konkreten Fall, dass eine Unzumutbarkeit d. Benutzung öfftl. Verkehrsmittel nicht begründet und eine Benutzung sowohl von der erforderlichen Gehstrecke von ca. 300-400 Metern wie auch vom sicheren Ein- und Aussteigen und vom sicheren Transport her möglich und zumutbar ist.
(Insbesondere) die Sachverständige des Zweitgutachtens hat gänzlich außer Acht gelassen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie sich - wie bereits oben erläutert - die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Konkreten darstellt und wie die Krankheitsbilder bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zusammenspielen.
In den medizinischen Gutachten - insbesondere im Zweitgutachten, dessen (alleiniger) Auftrag es war, die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu beurteilen - hätten die Auswirkungen der Gesundheitsschädigungen der bP auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise aufgezeigt werden müssen. Der - lediglich - im ersten Gutachten enthaltene Hinweis, dass eine Unzumutbarkeit d. Benutzung öfftl. Verkehrsmittel nicht begründet und eine Benutzung sowohl von der erforderlichen Gehstrecke von ca. 300-400 Metern wie auch vom sicheren Ein- und Aussteigen und vom sicheren Transport her möglich und zumutbar ist, ist keinesfalls ausreichend.
Wie der VwGH auch, wie bereits oben angeführt, aussprach, bilden die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar.
Das bzw. die ärztliche(n) Sachverständigengutachten hat bzw. haben die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in nachvollziehbarer Weise dargestellt.
Zusammenfassend erfüllen die von der bB für seine Entscheidung herangezogenen Sachverständigengutachten nicht die von der einschlägigen Judikatur geforderten Mindestanforderungen und leiden dadurch an einem wesentlichen Mangel (VwGH vom 17.02.2004, 2002/06/0151).
Dies hat zur Folge, dass seitens der bB die allgemeinen Verfahrensgrundsätze, indem der Sachverhalt iSd § 37 AVG nicht ausreichend ermittelt wurde, keine Berücksichtigung fanden.
Bei Einhaltung der gebotenen verfahrensrechtlichen Bestimmungen hätte die bB ihre Entscheidung aufgrund einer anderen, nämlich umfassenderen Befund- und Beweislage getroffen.
Im fortgesetzten Verfahren wird durch Einholung eines Sachverständigengutachtens der Sachverhalt umfassend zu erheben und einer neuerlichen Beurteilung in Bezug auf die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, unter Zugrundelegung der konkreten Umstände des Falles, zuzuführen sein.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
-
Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
-
Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
-
Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1 im Generellen und die in den Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Dies auch unter dem Aspekt, dass, um eine Entscheidung in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren treffen zu können, vorher vom Bundesverwaltungsgericht noch notwendige ergänzende Ermittlungen durch Einholung von weiteren Sachverständigengutachten vorzunehmen wären. Dementsprechend würde es das Verfahren iSd § 28 Abs. 2 VwGVG nicht beschleunigen und auch keine Kostenersparnis mit sich bringen. Die Behörde ist in diesem Fall an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.
Gegenständliche Entscheidungsform stellt nach Ansicht des ho. Gerichtes ein verfahrensökonomisches Instrument, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche verfahrensbeschleunigende Wirkung dar, welches generell vorab durch die Behörde zu prüfen und einzelfallbezogen in Betracht zu ziehen wäre.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Nach Ansicht des Gerichtes liegt zwar die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes für die Prüfung der Beschwerde vor. Eine Senatszuständigkeit, wie sie im § 45 Abs. 3 BBG normiert ist, wird dadurch aber nicht begründet. Dies ergibt sich u.a. aus § 28 iVm § 31 VwGVG in Zusammenschau mit der zitierten Bestimmung des BBG. Laut § 45 Abs. 3 BBG liegt eine zwingende Senatszuständigkeit hinsichtlich Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung vor. Im gegenständlichen Fall bedarf es aber keiner Entscheidung auf Grundlage der zitierten Bestimmung.
Schlussfolgernd liegt keine Zuständigkeit für einen Senat iSd § 45 Abs. 3 BBG, sondern eine Einzelrichterzuständigkeit iSd § 6 BVwGG vor.
3.3. Aus den angeführten Erwägungen wurde nach Ansicht des ho. Gerichtes das Ermittlungsverfahren der bB mangelhaft geführt und ist vor allem hinsichtlich der im Gutachten nicht vorgenommenen Erörterung der Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ebensolche durchzuführen.
Steht der maßgebliche Sachverhalt fest oder ist die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Hierzu führt der VwGH aus, dass angesichts des in § 28 VwGVG 2014 insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte darstellt. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG 2014 verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG 2014 insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).
Obig angeführte Ermittlungsmängel liegen aus Sicht des erkennenden Gerichtes vor.
Zusammenfassend erfüllt das von der bB für seine Entscheidung herangezogene Sachverständigengutachten nicht die von der einschlägigen Judikatur geforderten Mindestanforderungen und leidet dadurch an einem wesentlichen Mangel (VwGH vom 17.02.2004, 2002/06/0151).
Dies hat zur Folge, dass seitens der bB die allgemeinen Verfahrensgrundsätze, indem der Sachverhalt iSd § 37 AVG nicht ausreichend ermittelt wurde, keine Berücksichtigung fanden.
Bei Einhaltung der gebotenen verfahrensrechtlichen Bestimmungen hätte die bB ihre Entscheidung aufgrund einer anderen, nämlich umfassenderen Befund- und Beweislage getroffen.
Durch die Zurückverweisung wird die Rechtssache nicht materiell erledigt, sondern es handelt sich um eine prozessuale Entscheidung. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 BVwGG leitet der Vorsitzende die Geschäfte des Senats und führt das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses.
Da die gegenständliche Rechtssache für eine materielle Entscheidung mangels hinreichend feststehenden Sachverhaltes für den Senat noch nicht verhandlungs- bzw. entscheidungsreif war, ergibt sich die Zuständigkeit für diese Zurückverweisung als Einzelrichter und ist unter Zugrundelegung der oben angeführten Erwägungen der Bescheid nach § 28 Abs. 3 VwGVG aufzuheben und zur neuerlichen Erlassung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.
Dies auch unter dem Aspekt der Raschheit und Wirtschaftlichkeit iSd § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG, da aufgrund der infrastrukturellen Gegebenheiten des BVwG das anhängige Verfahren mit Sicherheit nicht rascher, sondern nur kostenintensiver im Vergleich zum Sozialministeriumservice, durch Einholung weiterer Sachverständigengutachten, durchgeführt werden kann.
3.4. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Im vorliegenden Fall stand bereits auf Grund der Aktenlage fest, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war und das Mehrbegehren zurückzuweisen war, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung iSd § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen konnte.
3.5. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil im gegenständlichen Fall die Entscheidung als Einzelrichter gemäß § 6 BVwGG iVm § 28 Abs. 3 VwGVG von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Diesbezüglich liegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes Gründe vor, insbesondere aufgrund der im § 45 Abs. 3 BBG normierten Senatszuständigkeit, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen.
In diesem Sinne ist die Revision zulässig.
Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L517.2184160.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.10.2018