TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/25 98/07/0091

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Veröffentlicht am 25.11.1999
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §32 Abs1;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;
WRG 1959 §32 Abs2 litf;
WRG 1959 §32 Abs2 litg;
WRG 1959 §32;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde 1. des MB und

2. der MB in S, vertreten durch Dr. Rudolf Siegmund, Rechtsanwalt in Leibnitz, Hauptplatz 16/I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 11. Mai 1998, Zl. 03-33.21 B 50-98/12, betreffend Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 11. Mai 1998 wurde den Beschwerdeführern gemäß den §§ 138 Abs. 2 iVm § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 aufgetragen, für die Errichtung einer bepflanzten Bodenfilterkörperanlage zur Reinigung von häuslichen Grauwässern (Küchen-, Badbereich) und für die Aufbringung von ungereinigten Fäkalwässern und gereinigten häuslichen Grauwässern aus dem Haus S. 1 auf landwirtschaftlichen Nutzflächen des Betriebes S. 1 bis 15.7.1998 unter Vorlage fachkundig erstellter Unterlagen um die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung anzusuchen, widrigenfalls ab diesem Zeitpunkt (15.7.1998) die Ableitung der häuslichen Grauwässer in die Bodenfilterkörperanlage sowie der Fäkalwässer in die bestehende Güllegrube durch dichtes Verschließen und deren Aufbringung auf landwirtschaftliche Nutzflächen einzustellen ist."

Die belangte Behörde ging unstrittig davon aus, dass auf dem Grundstück der Beschwerdeführer prinzipiell zwei Abwassersysteme bestehen. Die anfallenden Fäkalwässer werden direkt in die bestehende Güllegrube mit einem Fassungsvermögen von ca. 70 m3 eingeleitet. Die aus dem Bereich der Küche und dem Badezimmer anfallenden Abwässer werden zuerst in einer Sammelgrube mit einem Fassungsvermögen von ca. 8 m3 eingeleitet. Der Überlauf aus dieser Grube wird einem bepflanzten, vertikal durchströmten Bodenfilterkörper zugeführt und von dort wiederum in einen Speicherbehälter (Sammelgrube) mit einem Fassungsvermögen von ca. 10 bis 12 m3 weitergeleitet. Sobald der Wasserstand dieser letzten Sammelgrube den Ablauf aus der Bodenfilteranlage einstaut, wird die Sammelgrube mittels eines Vakuumfasses ausgepumpt und dieses Wasser sodann zur Spülung des Schwemmkanals (Bereich unterhalb von Spaltenböden beim Fressplatz) verwendet. In weiterer Folge gelangt das verwendete Wasser in die Güllegrube. Der Bodenfilterkörper hat eine Größe von 5 m x 2,6 m und weist einen Aufbau von 50 cm gewaschenem Sand Körnung 0/4 mit einer 60 cm Auflage von gewaschenem Kies Körnung 4/8 auf. Darüber liegt die Verteilerleitung für das eingeleitete "Grauwasser". Der Bodenfilterkörper ist mit einer 1,5 mm PEHD Dichtungsbahn abgedichtet. Die Beschickung des Bodenfilterkörpers erfolgt je nach Anfall im Haushalt.

Die belangte Behörde legte ihrer Beurteilung mehrere Sachverständigengutachten mit folgenden entscheidungswesentlichen Inhalten zu Grunde:

Der wasserbautechnische Amtssachverständige führte aus, der Ablauf der Bodenfilteranlage sei im Sommer 1996 untersucht worden; die festgestellten Werte (BSB5 3 mg/l, CSB 12 mg/l und NH4-N 0,011 mg/l) entsprächen den Anforderungen der derzeit gültigen Richtlinien für Kleinkläranlagen. Die in diesen Richtlinien angegebenen Werte gälten für Einleitungen in Fließgewässer. Im Schnitt fielen ca. 40 bis 45 m3 Abwasser pro Person und Jahr an; inwieweit der Abwasseranfall für die gegenständliche Bodenfilteranlage maßgebend sei, könne nicht genau angeführt werden, da eine Trennung zwischen Fäkalwässern und so genannten Grauwässern nicht möglich sei.

Die Aufbringung von Stallabwässern auf landwirtschaftliche Flächen zu Düngezwecken unter Beachtung des Grundwasser- und Bodenschutzes könne als ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung angesehen werden. Auf die häuslichen Schmutzwässer träfe dies nicht zu. Diese Schmutzwässer könnten zwar auch Düngestoffe enthalten, sie könnten aber durch die im Haushalt verwendeten Mittel z.B. Waschmittel, Putz- und Scheuermittel, Geschirrspülmittel, Toilettenreiniger, Beckensteine usw. auch Schadstoffe enthalten, die das Grundwasser und auch den Boden beeinträchtigen könnten. Hinzu könnten noch Rückstände von allenfalls eingenommenen Arzneimitteln kommen. Bei Aufbringung solcher Schmutzwässer - auch vermischt mit Stallabwässern - auf landwirtschaftlich genutzte Flächen müsse daher mit einer Anreicherung dieser Schadstoffe im Boden und auch im Grundwasser und somit mit einer Beeinträchtigung der Grundwasserqualität und der Bodenbeschaffenheit gerechnet werden, wobei auch Summationswirkungen zu beachten seien. Eine Aufbringung von häuslichen Schmutzwässern auf landwirtschaftliche Flächen könne somit keinesfalls als die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung angesehen werden; außerdem widerspreche dies den Intentionen des Steiermärkischen Grundwasserschutzprogrammes. Eine gemeinsame Aufbringung häuslicher Schmutzwässer zusammen mit Stallabwässern sei daher aus der Sicht des Gewässerschutzes besonders kritisch zu betrachten und allenfalls nach strenger Prüfung der örtlichen Gegebenheiten im Einzelfall zulässig. Die von den Beschwerdeführern verwendeten Seifen enthielten Natrium- oder Kaliumsalze mit gesättigten und ungesättigten Fettsäuren (z.B. Stearin, Palmitin- und Oleinsäure), welche noch Zusatzstoffe wie Hautschutzstoffe, Hautschutzmittel, Parfumstoffe, Rückfetter, Schaumstabilisatoren, Glyzerin, Polyole udgl. enthalten könnten. Wenngleich angenommen werden könne, dass die von den Beschwerdeführern verwendeten Waschmittel zu 90 % und auch die verwendeten Seifen weitgehend abbaubar seien, könne nicht ausgeschlossen werden, dass zumindest ein Teil der schwer abbaubaren Stoffe und Teile der verwendeten Zusatzstoffe in den Boden und ins Grundwasser gelangten.

Der hydrogeologische Sachverständige hielt fest, dass die mit vorgereinigten Grauwässern und häuslichen Abwässern im Allgemeinen verdünnte Gülle auf Wiesen bzw. Ackerflächen im Saggautal aufgebracht würden. Dieses Tal weise flussabwärts ab der Einmündung des Pössnitzbaches eine holozäne Talfüllung mit Mächtigkeiten um ca. 7 m auf. Das Quartär setze sich generell, in Hangenden beginnend aus einer ca. 3 bis 4 m mächtigen Lehmüberdeckung mit unterschiedlichen Anteilen an Kies und Sand und darunter aus ca. 3 m mächtigen Schotter, der als verhältnismäßig guter Grundwasserleiter angesprochen werden könne, zusammen. Im Gegensatz zum umliegenden Hügelland, das primär aus relativ gering durchlässigen Sedimenten des Tertiär aufgebaut sei, stelle die Talfüllung einen wichtigen Grundwasserleiter dar und sei daher im Hinblick auf die bestehenden Siedlungen von wasserwirtschaftlicher Bedeutung. Diese wasserwirtschaftliche Bedeutung für die regionale und lokale Wasserversorgung setze voraus, dass keine Stoffe ausgebracht würden, die den Boden und das Grundwasser über die ordnungsgemäße Landwirtschaft hinausgehend beeinflussen. Aufgrund des geologischen Aufbaues vor allem unter Berücksichtigung der feinklastischen Überdeckung (Lehm, Schluff, Feinsand) des Grundwasserkörpers könne angenommen werden, dass der Boden ein relativ hohes Adsorptions-(Binde-) und Rückhaltevermögen für eventuell aufgebrachte Stoffe und eine relativ geringe Durchlässigkeit aufweise. Dies hieße aber nicht, dass schwer abbaubare Stoffe gerade im Hinblick auf die Anreicherung in der ungesättigten Bodenzone und die nachfolgende Ausschwemmung das Grundwasser nicht belasten könnten. Bei den Stoffen, die ins Grundwasser gelangten könnten, handle es sich um 10 % der schwer abbaubaren Anteile der verwendeten Wasch- und Reinigungsmittel sowie von allfälligen Zusatzstoffen. Eine unmittelbare oder mittelbare negative Beeinflussung der Beschaffenheit des Grundwassers sei daher denkbar. Bei einem durchschnittlichen Wasserverbrauch von ca. 100 l pro Tag und Bewohner (das sei ein durchschnittlicher Verbrauch) ergebe sich bei einem Vier-Personen-Haushalt ein Anfall von 146 m3 häuslicher Abwässer pro Jahr. Für einen Beobachtungszeitraum von fünf Monaten (Winterzeitraum) ergebe sich eine Abwassermenge von 60 m3. Für denselben Zeitraum (fünf Monate) fielen bei der derzeitigen Tierhaltung ca. 20 m3 Gülle an. Somit ergebe sich ein Verhältnis zum häuslichen Abwasser von 1 : 3. Diese Berechnung decke sich mit der Aussage des Erstbeschwerdeführers, dass das Fassungsvermögen der Güllegrube und der Speicherbecken vor und nach der Bodenfilteranlage für den Zeitraum von fünf Monaten gerade ausreichend sei. Bei einer Aufbringungsmenge von ca. 15 m3 pro ha reiche die Güllemenge von ca. 6 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche.

Das im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Gutachten des Landeshygienikers für Steiermark geht zusammenfassend "in Anlehnung an Erfahrungen aus anderen wasserwirtschaftlich bedeutenden Gebieten" davon aus, dass "als Folge von Summationseffekten jedoch langfristig eine erhebliche Beeinträchtigung des wasserwirtschaftlich relevanten Grundwasserleiters in der Talfüllung eintreten" werde.

Der chemisch-technische Amtssachverständige führte im Wesentlichen aus, dass häusliche Abwässer, auch die so genannten "Grauwässer", aus ökologisch wirtschaftenden Familien sicherlich eine geringere Belastung mit Schadstoffen aufweisen könnten als die üblichen Haushaltsabwässer. Grundvoraussetzung für eine Verrieselung solcher gereinigten Hausabwässer sei aber eine ordnungsgemäße, dem Stand der Technik entsprechende Reinigung. Da eine solche auch bei ökologisch wirtschaftenden Familien nicht von vornherein angenommen werden könne, sei eine ständige Überwachung der Leistung dieser Kläranlage erforderlich. Die Problematik bei der Aufbringung solcher Wässer auf Ackerflächen sei die, dass eine Überwachung der Einwirkungen auf das Grundwasser und die Feststellung allfälliger Vorbelastungen nur schwer möglich sei. Bei Aufbringung auf den Boden und in weiterer Folge ins Grundwasser könne sich daher die Überprüfbarkeit von Umwelteinwirkungen nahezu ausschließlich auf die Kontrolle der Abwasserreinigung beziehen. Dies bedinge eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht für die Ausbringung, zumal diese auch nicht als ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung angesehen werden könne.

Der hydrogeologische Amtssachverständige führte weiters unter Zugrundelegung der festgestellten Aufbringungsfläche von 48.546 m2 und des anzunehmenden Abwasseranfalles ergänzend aus, dass zumindest 10 % der Inhaltsstoffe - wie Medikamentenreste und Waschsubstanzen - auch bei ökologischer Landwirtschaft nicht abbaubar seien und sich in der ungesättigten Bodenzone anreicherten. Über das Verhalten dieser Substanzen im Boden sei wenig bekannt und es könne nicht ausgeschlossen werden, dass diese nicht gebunden würden, sondern aus der ungesättigten Zone ausgeschwemmt würden und in der Folge das Grundwasser beeinträchtigen könnten. Die Form der Entsorgung der vorgereinigten Abwässer im gegenständlichen Fall bedürfe einer Kontrolle der Ausbringung auf den dafür vorgesehenen Flächen. Nur unter Vorschreibung und regelmäßiger Kontrolle der Führung eines Güllebuchs und Vorschreibung der Ausbringung auf alle dafür geeigneten Flächen könnte erwartet werden, dass es zu keiner Beeinträchtigung des Grundwassers komme. Sollte z.B. das gesamte über das Jahr anfallende vorgereinigte Wasser nur auf der kleinsten den Beschwerdeführern zur Verfügung stehenden Fläche (Grundstück Nr. 1054 115 m2) ausgebracht werden, so würde dies einem Niederschlag von 1300 mm, das Eineinhalbfache des Jahresniederschlages, entsprechen. In einem solchen Fall müsse davon ausgegangen werden, dass es zu einer Beeinträchtigung des Grundwassers komme. Sollte diese Aufbringung z.B. auf Grundstück Nr. 1253 mit einer Fläche von 4.045 m2 erfolgen, welches am Rande des Schutzgebietes des Brunnens der Wasserversorgungsanlage A. liege, wäre auch eine Beeinflussung dieses Brunnens zu erwarten.

Der ärztliche Amtssachverständige ging unter Berücksichtigung der Summationseffekte und des Faktors Zeit davon aus, dass nachteilige Einträge in das Grundwasser erfolgen könnten und eine nachteilige Beeinflussung des Grundwassers eintrete.

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt führte die belangte Behörde in der Begründung aus, dass die Aufbringung von Stallabwässern auf landwirtschaftliche Flächen zu Düngerzwecken unter Beachtung des Grundwasser- und Bodenschutzes als ordnungsgemäße Bodennutzung angesehen werden könne, dies aber auf häusliche Abwässer nicht zutreffe, da diese durch die im Haushalt verwendeten Mittel Schadstoffe (und nicht Pflanzennährstoffe) enthalten könnten, die das Grundwasser und auch den Boden beeinträchtigen können. Die Frage der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht sei daher nach § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 zu beurteilen, wobei der Eintritt einer Gewässerverunreinigung für das Auslösen der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht nicht erforderlich sei. Für die errichtete bepflanzte Bodenfilterkörperanlage liege die wasserrechtliche Bewilligungspflicht vor, weil nach dem natürlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen praktischen Erfahrung des täglichen Lebens bei einer nicht ordnungsgemäßen Funktion der vorgeschalteten biologischen Kläranlage und einer nicht sach- und fachkundigen Ausgestaltung und Abdichtung des nachgeschalteten Pflanzenbeetes mit einer Versickerung von nicht (ausreichend) gereinigten Abwässern auszugehen sei, welche eine mehr als bloß geringfügige Auswirkung auf das Grundwasser bewirken könnten. Hinsichtlich der Aufbringung ungereinigter Fäkalabwässer und gereinigter Grauwässer auf landwirtschaftlichen Flächen sei zu prüfen gewesen, ob unter den gegebenen wasserwirtschaftlichen und Bodenverhältnissen sowohl auf Grund der Zusammensetzung und des Abbauverhaltens der aufgebrachten Abwässer unter Berücksichtigung von Summationseffekten mit nachteiligen Auswirkungen auf Boden und Grundwasser zu rechnen sei. Dazu sei von den Amtssachverständigen festgestellt worden, dass bei Aufbringung dieser Schmutzwässer auch vermischt mit Stallabwässern auf landwirtschaftlichen Nutzflächen wegen des Anteils an schwer abbaubaren Restsubstanzen (Chemikalien, Arzneimittel etc.) mit einer Anreicherung dieser Stoffe im Boden und auch im Grundwasser und somit mit einer nachteiligen Beeinträchtigung der Grundwasserqualität in Berücksichtigung der Summenwirkungen gerechnet werden müsse. Durch die Bildung von schwer löslichen Kalkseifen im Boden komme es zu einer Verzögerung des Abbaus dieser für das Grundwasser bedenklichen Stoffe. Das Abbauverhalten von Seife außerhalb von Abwasserreinigungsanlagen sei langfristig als erhebliche Beeinträchtigung des Grundwassers anzusehen bzw. könne nicht ausgeschlossen werden, dass zumindest ein Teil der schwer abbaubaren Stoffe und Teile der verwendeten Zusatzstoffe in den Boden und in das Grundwasser gelangen könnten. Eine Mitbewohnerin im Haus der Beschwerdeführer verwende im Übrigen nicht derartige umweltschonende Reinigungsmittel. Die Überprüfbarkeit von Umwelteinwirkungen bei Aufbringung der Substanzen auf landwirtschaftlichen Böden beschränke sich nahezu ausschließlich auf die Kontrolle der Abwasserbeseitigung. Die aus chemischer, hygienischer und medizinischer Sicht festgestellten nachteiligen Auswirkungen der Abwasserbeseitigung im Wege der Aufbringung auf landwirtschaftliche Flächen sei zusätzlich im Lichte der Ausführungen des geologischen Amtssachverständigen zu betrachten, wonach sich die Aufbringungsflächen für die gegenständlichen Abwässer in einer Talfüllung eines wichtigen Grundwasserleiters und teilweise sogar am Rande einer kommunalen Wasserversorgungsanlage befänden und im Hinblick auf die bestehenden Siedlungen mit teilweiser Wasserversorgung über Hausbrunnen von wasserwirtschaftlicher Bedeutung seien. Die schwer abbaubaren Stoffe könnten nach Ansicht des geologischen Amtssachverständigen auch angesichts der geringen Durchlässigkeit der Aufbringungsflächen zu einer unmittelbaren oder mittelbaren negativen Beeinflussung der Beschaffenheit des Grundwassers führen, insbesondere wenn die Aufbringung unkontrolliert mit unzureichender großflächiger Verteilung erfolge. Die Abwasseraufbringung auf landwirtschaftliche Nutzflächen als Folge von Summeneinwirkungen könnte langfristig eine erhebliche Beeinträchtigung des wasserwirtschaftlich relevanten Grundwasserleiters in der Talfüllung bewirken. Die Ausbringung der häuslichen Abwässer auch aus einem biologisch wirtschaftenden Landwirtschaftsbetrieb und zwar der gereinigten Grauwässer und der nicht gereinigten Fäkalabwässer auf landwirtschaftlichen Nutzflächen stelle einen überwachungsbedürftigen Vorgang zum Schutze des Grundwassers dar. Zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf die Grundwasserbeschaffenheit durch die gegenständliche Form der Abwasserbeseitigung bei der Liegenschaft der Beschwerdeführer insbesondere durch die zeitliche Summenwirkung, würden im Zuge des durchzuführenden wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens entsprechende Vorkehrungen und Schutzmaßnahmen vorzusehen sein. Da im Beschwerdefall bislang eine wasserrechtliche Bewilligung nicht vorliege, stelle die Maßnahme eine eigenmächtige Neuerung nach § 138 WRG 1959 dar. Von der Zulässigkeit eines wasserpolizeilichen Alternativauftrages (mit grundsätzlicher Bewilligungsfähigkeit könne nach § 138 Abs. 2 WRG 1959) könne ausgegangen werden, da einerseits die errichtete Pflanzenbodenfilteranlage laut vorgelegtem Befund eine entsprechende Reinigungsleistung erbringe und andererseits durch Festlegung von Aufbringungsintervallen und Flächen-Mengenrelation, Berücksichtigung der Lage der Aufbringungsflächen sowie einer Befristung des Wasserrechtes die befürchteten negativen Einflüsse reduziert werden könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Unterbleiben eines wasserpolizeilichen Auftrages verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der auf § 138 Abs. 2 WRG 1959 gestützte wasserpolizeiliche Auftrag der belangten Behörde bezieht sich auf eine Abwasserentsorgungsanlage, bei welcher die anfallenden Fäkalwässer direkt in die bestehende Güllegrube mit einem Fassungsvermögen von 70 m3 und die anfallenden Abwässer aus dem Bereich der Küche und dem Badezimmer zunächst in eine Sammelgrube mit einem Fassungsvermögen von ca. 8 m3 eingeleitet werden. Die vom Pflanzenbeet gereinigten Abwässer werden letztlich ebenfalls in die Güllegrube abgeleitet. Die mit diesen Abwässern vermischte Gülle wird zu Düngerzwecken auf landwirtschaftliche Nutzflächen aufgebracht.

Gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959 hat die Wasserrechtsbehörde in allen anderen (d.h. von Abs. 1 dieses Paragraphen nicht umfassten) Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.

Gemäß § 32 Abs. 1 leg. cit. sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Benutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen bedürfen nach Maßgabe des Abs. 1 einer Bewilligung insbesondere:

...

c) Maßnahmen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird,

...

f) das Ausbringen von Düngemitteln, ausgenommen auf Gartenbauflächen, soweit die Düngergabe (Wirtschaftsdünger wie Mist, Jauche und Gülle; Handelsdünger, Klärschlamm, Müllkompost und andere zur Düngung ausgebrachte Abfälle) auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ohne Gründeckung 175 kg Reinstickstoff je ha und Jahr, auf landwirtschaftlichen Nutzflächen mit Gründeckung einschließlich Dauergrünland oder mit stickstoffzehrenden Fruchtfolgen 210 kg Reinstickstoff je ha und Jahr übersteigt;

g) das Halten landwirtschaftlicher Nutztiere, soweit der von ihnen anfallende und nicht anders (z.B. durch Verarbeiten zu Handelsdünger) verwertete, sondern auf landwirtschaftlichen Nutzflächen auszubringende Wirtschaftsdünger das Äquivalent von 3,5 Dunggroßvieheinheiten je ha erwirtschafteter und zusätzlich für die Aufbringung des eigenen Anfalles rechtlich gesicherter landwirtschaftlicher Nutzfläche und Jahr übersteigt...Das Halten landwirtschaftlicher Nutztiere bis zum Äquivalent einer Dunggroßvieheinheit je Tierhaltung bedarf weder der Bewilligung nach Abs. 1 noch der Mitteilung an die Behörde.

Gemäß Abs. 8 dieses Paragraphen gilt als ordnungsgemäß (Abs. 1) die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung, wenn sie unter Einhaltung der bezughabenden Rechtsvorschriften in Berücksichtigung der Standortgegebenheiten, insbesondere betreffend Chemikalien, Pflanzenschutz- und Düngemittel, Klärschlamm, Bodenschutz und Waldbehandlung, sowie besonderer wasserrechtlicher Anordnungen erfolgt.

Eine Bewilligungspflicht im Sinne des § 32 WRG 1959 setzt eine Einwirkung auf Gewässer voraus, die geeignet ist, deren Beschaffenheit unmittelbar oder mittelbar zu beeinträchtigen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1997, Zl. 96/07/0130). Die Bewilligungspflicht nach dieser Gesetzesstelle ist demnach immer dann gegeben, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist. Der Eintritt einer Grundwasserverunreinigung sowie die Art der Nutzung des beeinträchtigten Gewässers sind für die Bewilligungspflicht irrelevant. So entspricht es etwa dem natürlichen Lauf der Dinge, dass bei der Einbringung von Küchenabwässern (Geschirrspülwässern) in einen Bach mit nachteiligen Wirkungen nicht bloß geringfügiger Art zu rechnen ist. Desgleichen wurde die Versickerung von in einer Dreikammer-Kläranlage behandelten Abwässer dreier Einfamilienhäuser als bewilligungspflichtig angesehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1993, Zl. 91/07/0164, u.v.a.). Ebenso ist die wasserrechtliche Bewilligungspflicht anzunehmen bei einem unkontrollierten Versickern von (auch in unbestimmter Weise verdünnten) Abwässern aus einer Düngerstätte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1995, Slg. NF Nr. 14.256/A) und bei einer großflächigen Verrieselung von Straßenoberflächenwässern (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. April 1992, Zl. 93/07/0082) sowie dem Versickern gewerblicher Abwässer (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, Slg. NF Nr. 14.324/A).

Weisen Abwässer jenes sachverständig festgestellte Gefährdungspotential auf, welches eine Gefährdung des Grundwassers erwarten lässt, dann gelten diese - selbst dann, wenn es sich dabei um eine ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung und damit auch um eine bloß geringfügige Einwirkung handeln sollte - als Beeinträchtigung und damit als Einwirkung auf Gewässer, die gemäß § 32 Abs. 1 erster Satz WRG in Verbindung mit § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 wasserrechtlich bewilligungspflichtig sind (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1991, Slg. N.F. Nr. 13.435/A). Ergibt sich die Bewilligungspflicht einer Maßnahme bereits aus § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959, ist nicht mehr näher zu untersuchen, ob eine bloß geringfügige Einwirkung im Sinne des § 32 Abs. 1 WRG 1959 vorliegt.

Die belangte Behörde hat, gestützt auf die eingeholten, nicht als unschlüssig zu erkennenden Sachverständigengutachten nachgewiesen, dass die Aufbringung der mit den durch die biologische Kläranlage gereinigten Grauwässern und den ungereinigten Fäkalabwässern aus dem Haushalt der Beschwerdeführer verdünnten Gülle auf ihren landwirtschaftlichen Flächen ein Eindringen von Stoffen in den Boden bewirkt, die eine Verunreinigung des Grundwassers nach sich ziehen kann. Der Betrieb einer Abwasserentsorgung in der hier zu beurteilenden Form stellt sich daher im Hinblick auf die Einwirkung auf das Grundwasser als eine bewilligungspflichtige Maßnahme dar. Die bewilligungspflichtigen Tatbestände des § 32 Abs. 2 lit. f und g WRG 1959, welche eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht erst bei Überschreiten bestimmter im Gesetz näher angeführter Kriterien vorsehen, können an diesem Ergebnis deshalb nichts ändern, weil das Ausbringen von Düngemitteln im Sinne des § 32 Abs. 2 lit. f WRG 1959 und des Wirtschaftsdüngers im Sinne der lit. g dieses Paragraphen unterhalb der diese wasserrechtlichen Bewilligungspflichten auslösenden Mengenangaben jedenfalls voraussetzen, dass es sich hiebei um eine ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung handelt. Eine solche kann aber - wie bereits oben ausgeführt - nicht mehr vorliegen, wenn eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht nach § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 ausgelöst wird.

Der Hinweis in der Beschwerde, die durch die biologische Kläranlage geklärten Grauwässer seien aufgrund des Gutachtens des wasserbautechnischen Sachverständigen für die Einleitung in Fließwässer geeignet, kann die Beschwerde schon deshalb zu keinem Erfolg verhelfen, weil diese Abwässer im Beschwerdefall mit den ungeklärten Fäkalabwässern und der Gülle aus dem landwirtschaftlichen Betrieb der Beschwerdeführer auf landwirtschaftlichen Flächen aufgebracht werden und dadurch als Gesamtheit in ihrer so gebildeten Zusammensetzung die Gefahr für das Grundwasser erzeugen. Aus eben diesen Gründen kann für die Beschwerdeführer auch mit dem Argument, es werde von ihnen der Haushalt ökologisch geführt, nichts gewonnen werden.

Wie schon die belangte Behörde ausgeführt hat, ergibt sich aus der Bewilligungspflicht der Abwasseranlage noch nicht, dass die Ausbringung in der von den Beschwerdeführern durchgeführten Art und Weise unzulässig wäre. Dies ist durch das als notwendig erkannte wasserrechtliche Bewilligungsverfahren zu klären.

Die belangte Behörde hat demnach zu Recht die wasserrechtliche Bewilligungspflicht für die Abwasseranlage der Beschwerdeführer angenommen, der auf § 138 Abs. 2 WRG 1959 gestützte wasserpolizeiliche Auftrag erweist sich sohin frei von Rechtsirrtum.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die belangte Behörde hat keinen Kostenersatz begehrt.

Wien, am 25. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998070091.X00

Im RIS seit

12.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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