Entscheidungsdatum
09.08.2018Norm
AVG §37Spruch
W225 2013305-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Dr. Barbara Weiß LL.M über die Beschwerde von XXXX, BNr. XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria vom AZ XXXX, nach Ergehen einer Beschwerdevorentscheidung vom 25.04.2013, XXXX, betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2012, den Beschluss:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) stellte einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2012 und beantragte unter anderem die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie (EBP) für die in den Beilagen "Flächenbogen" und "Flächennutzung" näher konkretisierten Flächen.
2. Am 25.07.2012 fand am Heimbetrieb des BF eine Vor-Ort-Kontrolle durch Kontrollorgane der belangten Behörde statt, im Zuge derer für das Antragsjahr 2012 Flächenabweichungen festgestellt wurden.
3. Mit Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 28.12.2012, AZ XXXX, wurde dem BF für das Antragsjahr 2012 eine EBP in Höhe EUR 974,63 gewährt. Auf Basis einer Anzahl von 15,69 ZA und einer beantragten Fläche von 13,39 ha wurde - unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrolle - seitens der AMA eine Fläche im Ausmaß von 12,98 ha für berücksichtigungsfähig beurteilt Aufgrund der festgestellten Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha kürzte die AMA den Beihilfenbetrag um das doppelte der Differenzfläche (Flächensanktion in Höhe von EUR 65,72). Gegen diesen Bescheid erhob der BF das Rechtsmittel der Beschwerde (vormals Berufung).
4. Mit als "Abänderungsbescheid Einheitliche Betriebsprämie 2012" titulierter Beschwerdevorentscheidung der AMA vom 25.04.2013, AZ
XXXX wurde dem BF für das Antragsjahr 2012 eine EBP in Höhe von erneut EUR 974,63 gewährt. Der Bescheid wurde aufgrund einer Änderung der Zahlungsansprüche erlassen. Gegen diesen Bescheid stellte der BF einen Vorlageantrag.
5. Die AMA legte dem Bundesverwaltungsgericht das eingebrachte Rechtsmittel samt dazugehörigem Verwaltungsakt vor. Im Zuge der zur Beschwerdevorlage übermittelten Beschwerdeaufbereitung, teilte die AMA mit, dass Aufgrund der Korrektur des BHK-Plausifehlers 2009, die ZA nunmehr wie ursprünglich genutzt werden könnten, wäre die AMA noch zuständig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter I. wiedergegebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unbeanstandeten Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Rechtsgrundlagen:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß der Verfassungsbestimmung des § 1 MOG 2007 können Vorschriften zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen unmittelbar von Bundesbehörden vorgesehen werden. Gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. ist die AMA zuständige Marktordnungs-, Interventions- und Zahlstelle im Sinne dieses Bundesgesetzes. Gemäß § 1 AMA-Gesetz können Angelegenheiten, soweit diese durch Bundesgesetz oder durch Verordnungen, die auf Grund von Bundesgesetzen erlassen werden, an die AMA übertragen werden, von der AMA unmittelbar als Bundesbehörde besorgt werden. Für Entscheidungen über Beschwerden dieser Behörde ist daher das Bundesverwaltungsgericht zuständig. Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG (§ 1 leg. cit.) geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (außer in Verwaltungsstrafsachen) in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Sachverhalt feststeht oder wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte (Winkler in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2015] § 28 Rz 15). Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG Anm. 11).
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
Gemäß den §§ 37 und 39 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) hat die Behörde - ebenso wie das Gericht, wenn es über eine Beschwerde meritorisch abspricht - den wahren Sachverhalt im Sinn einer Ermittlungspflicht zur Feststellung der materiellen Wahrheit auf Grundlage des Antrages von Amts wegen zu ermitteln (vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063). Sie hat jedes Beweismittel in freier Beweiswürdigung abzuwägen und ihre Schlüsse daraus im Licht der anzuwendenden Rechtsvorschriften nachvollziehbar darzulegen (§ 45 Abs. 1 und 2, § 60 AVG).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
In der Aufbereitung zur Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht führt die AMA sinngemäß aus, dass der vorliegende Sachverhalt unter Berücksichtigung aller nun vorliegenden Umstände zu einer anderen Beurteilung führen würde, wenn sie für diesen Fall noch zuständig wäre.
Daraus ergibt sich, dass der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt unzureichend ermittelt wurde, um darauf aufbauend zu einer rechtskonformen Entscheidung zu gelangen. In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus dem neuen Sachverhalt erfließenden Berechnungen läge eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch wäre diese mit einer Kostenersparnis verbunden. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des neuen Sachverhalts.
Auch wenn der VwGH der Zurückverweisung von Rechtssachen durch die Verwaltungsgerichte auf Basis des VwGVG mit seiner Grundsatz-Entscheidung vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, bereits Grenzen gezogen hat, liegt es im vorliegenden Fall weder im Interesse der Raschheit, noch wäre es mit einer Kostenersparnis verbunden, wenn das Bundesverwaltungsgericht versuchen wollte, die Beschwerde im Hinblick auf das Antragsjahr 2013 einer Entscheidung zuzuführen.
Der Bescheid war daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.
Die AMA wird im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens u.a. den von ihr angedeuteten geänderten Sachverhalt sowie den aktuellen Berechnungsstand zu berücksichtigen und den letztlich ermittelten (geänderten) Sachverhalt dem neu zu erlassenden Bescheid zu Grunde zu legen haben. Hierbei wird sie auch das sonstige Beschwerdevorbringen des BF entsprechend zu würdigen haben.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG ebenfalls abgesehen werden.
Zu B) Zulässigkeit der Revision
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, beihilfefähige Fläche,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W225.2013305.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.10.2018