TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/9 W129 2114363-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.08.2018
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Entscheidungsdatum

09.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch

W129 2114363-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter DDr. Markus GERHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.07.2018, Zl. 820198006-180244685/BMI-EAST_WEST, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm § 68 Abs. 1

AVG, § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 FPG 2005, § 52 Abs. 9 FPG, § 46 FPG, § 55 Abs. 1a FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Erstes Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):

1.1. Der Beschwerdeführer ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger der Russischen Föderation, gehört der Volksgruppe der Russen an, ist russisch-orthodoxen Bekenntnisses und gab Tschetschenien als Herkunftsstaat und Grosny als Wohnsitz an. Er reiste am 16.02.2012 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

In einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 17.02.2012 gab der Beschwerdeführer an, er sei Staatsangehöriger Russlands und sei am 29.01.2012 mit seinem PKW in Grosny unverschuldet in einen Autounfall verwickelt worden. Sein Unfallgegner, ein Motorradfahrer, sei einen Tag nach dem Unfall verstorben. Daraufhin seien seine Eltern mit den Verwandten des Verstorbenen in Kontakt getreten um einen Konflikt (Blutrache) zu vermeiden. Die Angehörigen des Verstorbenen hätten das angebotene Geld und die Lebensmittel angenommen, doch sei er dennoch von diesen verfolgt worden. Am 04.02.2012 seien die Fenster seiner Wohnung von den Brüdern des Verstorbenen eingeschossen worden und habe ihn sein Vater aufgrund der Lebensgefahr ins Ausland geschickt.

1.2. In einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 11.04.2012, gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, seine Muttersprache sei Russisch, er sei in Kasachstan geboren und zur Schule gegangen und im März 2011 nach Tschetschenien übersiedelt. Seine Eltern seien pensionierte Lehrer, sein Vater Tschetschene und seine Mutter Russin. Sie hätten in Grosny zusammen in der XXXX gelebt. Im Zusammenhang mit dem Unfall habe man ihm seinen Führerschein und seine Geburtsurkunde abgenommen, weshalb er diese auch nicht vorlegen könne. Zur Vermeidung von Blutrache seien sein Vater und andere Verwandte nach dem Tod des Unfallgegners zu dessen Verwandten gegangen, um unter Überbringung von Geld und Lebensmittel eine Versöhnung zu erreichen. Offiziell sei dies damit erledigt gewesen, doch hätten die Brüder des Verstorbenen ihm nicht verziehen. Es sei ihm dann nachgestellt und die Fenster der Wohnung beschossen worden. Sein Vater habe gemeint, dass eine Versöhnung nicht möglich sei, da er Christ sei.

Er habe darüber hinaus ein Problem mit seiner christlichen Religionszugehörigkeit, da es ständig komische Gespräche und Aussagen ihm gegenüber diesbezüglich gegeben habe. Sogar seine Cousins hätten keinen weiteren Kontakt mit ihm haben wollen. Ein direktes Problem habe es aber nicht gegeben. Bei Stellenbewerbungen sei er allerdings aufgrund der Angaben zu seinen Eltern wiederholt nach seiner Religion gefragt worden.

Auf Nachfrage des Vernehmenden verweigerte er die Zustimmung zu amtswegigen Erhebungen vor Ort unter Wahrung der Anonymität unter Hinweis auf eine Gefährdung seiner Eltern.

Mit Schreiben vom 08.08.2013 legte der Beschwerdeführer ein Ansuchen des XXXX Oberösterreich zur Bestätigung seines regelmäßigen Trainings in einem Linzer Volleyballverein vor.

Mit Schreiben vom 01.04.2014 legte der Beschwerdeführer ein weiteres Empfehlungsschreiben des XXXXhinsichtlich seiner sportlichen Aktivitäten und ein Schreiben der UNION XXXX vor.

Mit Schreiben vom 21.07.2014 legte der Beschwerdeführer eine Wohnsitzbestätigung der Stadt Grosny vom 14.07.2014 lautend auf den Namen des Beschwerdeführers und unter Angabe der WohnadresseXXXX, Grosny, vor.

Mit Schreiben vom 08.09.2014 legte der Beschwerdeführer eine Bestätigung über eine psychotherapeutische Behandlung vom 30.04.2014 vor.

1.3. Im Rahmen einer weiteren Einvernahme vor dem BFA am 15.05.2015 gab der Beschwerdeführer an, nicht in ärztlicher Behandlung oder sonst in Therapie befindlich zu sein und keine Medikamente einzunehmen. Er willigte nunmehr in amtswegige Erhebungen vor Ort durch die Behörde ein. Seine Eltern seien an der Adresse XXXX wohnhaft. Auf Vorhalt, dass er in einer früheren Einvernahme die Adresse seiner Eltern mit XXXX angegeben habe, berichtigte er seine Aussage auf diese Adresse und gab an, die Adressen verwechselt zu haben. Es sei sein Großcousin an der anderen genannten Adresse wohnhaft. Er selbst habe in Grosny immer an der Adresse XXXX gewohnt.

Er lebe von der Grundversorgung und habe bereits einen Deutschkurs besucht.

Die vorgelegte Wohnsitzbestätigung des Beschwerdeführers wurde seitens des BFA einer Echtheitsprüfung durch Vorortrecherche unterzogen. Die Befundaufnahme ergab, dass es sich bei dem vorgelegten Dokument um eine Fälschung handle. Die Unterschrift sei gefälscht und unter der Dokumentennummer sei ein anderes Dokument registriert.

An der auf der Bestätigung angegebenen Adresse habe der Beschwerdeführer nie gelebt und sei nie registriert gewesen.

In einer weiteren Einvernahmen vor dem BFA am 28.07.2015 wurde dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Dokumentenüberprüfung vorgehalten und gab er hiezu an:

"Ich habe meine Schwester angerufen, und diese hat mit diese Wohnsitzbescheinigung besorgt. Mit den Eltern kann ich keinen Kontakt aufnehmen, diese sind geschieden. Ich weiß nicht, wie das passieren konnte." (AS 305).

Mit Ausnahme seiner bisherigen Tätigkeit im Rahmen des Volleyballvereins habe er keine privaten Interessen in Österreich, spreche jedoch ein wenig deutsch, lebe aber nach wie vor von der Grundversorgung.

1.4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.08.2015, Zl. 820198006-1459405, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 100/2005 abgewiesen und ihm der Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 leg.cit. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 18 Abs. 1 Zi 3 BFA-VG wurde einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die vom Beschwerdeführer angegebenen Gründe für das Verlassen seines Heimatlandes seien nicht glaubwürdig. Eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation durch staatliche Organe oder Privatpersonen sei nicht feststellbar gewesen. Er habe nicht glaubhaft machen können, dass er überhaupt je in Tschetschenien gelebt habe und sei daher sein auf Tschetschenien bezugnehmender Fluchtgrund nicht glaubhaft.

Rechtlich kam die belangte Behörde hinsichtlich Spruchpunkt I. zum Schluss, dass der Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft machen habe können. Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass eine über sein unglaubhaftes Vorbringen hinausgehende Gefährdungslage im Heimatland nicht hervorgekommen sei. Er sei gesund und arbeitsfähig, der Aufbau einer neuen Existenz nach einer Rückkehr sei ihm zumutbar, zumal im Herkunftsstaat nach eigenen Angaben ein soziales/familiäres Netz bestehe. In seinem Herkunftsstaat bestehe weder ein innerstaatlicher noch ein internationaler Konflikt. Zu Spruchpunkt III. wurde zusammengefasst ausgeführt, dass keine Anhaltspunkte hinsichtlich eines unter § 57 AsylG fallenden Sachverhalts hervorgekommen seien, weshalb die Voraussetzungen für die Erteilung einer entsprechenden Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz nicht gegeben seien. Er habe keine Familie in Österreich, weshalb kein Eingriff in sein Familienleben bestehe. Eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit hinsichtlich eines bestehenden Privatlebens im Inland und der öffentlichen Interessen habe ergeben, dass die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich im gegenständlichen Fall geringer zu werten waren, als das öffentliche Interesse an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens. Der Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK sei gem. § 55 Abs. 1 AsylG von Amts wegen oder auf begründeten Antrag zu erteilen, wenn dies gem. § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten sei. Dies sei, wie oben ausgeführt, bei ihm nicht der Fall. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG sei daher nicht in Betracht gekommen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG habe das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gem. § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig sei, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Gegen den Beschwerdeführer wurde mit diesem Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Die Abschiebung Fremder in einen Staat sei gem. § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden sei. Dies sei ausführlich geprüft worden und sei schließlich festgestellt worden, dass ihm eine solche Gefahr nicht drohe. Gem. § 50 Abs. 2 FPG wäre eine Abschiebung auch dann unzulässig, wenn dem Fremden die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Auch dies werde bezüglich seiner Person verneint. § 50 Abs. 3 FPG normiere die Unzulässigkeit der Abschiebung für den Fall, dass der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegenstehe. Eine solche Empfehlung existiere für sein Heimatland nicht. Es sei somit auszusprechen, dass im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1 - 4 FPG genannten Voraussetzungen eine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei.

1.5. Gegen diesen genannten Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und unter teilweiser Wiederholung des Vorbringens im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Verfolgung aufgrund von Blutrache bzw. aufgrund seiner religiösen Zugehörigkeit angegeben habe, weshalb er nach Österreich flüchten habe müssen. Das Verfahren sei mangelhaft geführt worden und habe sich ausschließlich auf die Fälschungsthematik konzentriert. Aufgrund eines hohen Sicherheitsrisikos im Nordkaukasus sei diesem zumindest subsidiärer Schutz zu gewähren. Bei der Entscheidung über die Rückkehrverpflichtung seien seine aktive sportliche Tätigkeit vollkommen außer Acht gelassen und seine fortgeschrittenen Deutschkenntnisse nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.

1.6. Mit Erkenntnis vom 02.10.2015, W171 2114363-1/3E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Das Bundesverwaltungsgericht hielt fest, dass die vorgelegte Wohnsitzbestätigung des Beschwerdeführers seitens des BFA einer Echtheitsprüfung durch Vorortrecherche unterzogen worden sei. Die Befundaufnahme habe ergeben, dass es sich um eine Fälschung handle. Die von ihm vorgelegte Wohnsitzbescheinigung stelle eine Totalfälschung dar, er sei an der angeführten Adresse weder jemals registriert gewesen noch habe er dort je gelebt. Es könne nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer tatsächlich aus Tschetschenien stamme.

Beweiswürdigend hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass zentraler Punkt der Unglaubwürdigkeit das Ermittlungsergebnis betreffend die vorgelegte Wohnsitzbestätigung sei. Eine unbedenkliche Überprüfung habe ergeben, dass es sich dabei um eine Totalfälschung handle. Die Unterschrift des ausstellenden Organs sei gefälscht, die angeführte Dokumentnummer sei tatsächlich einem anderen Dokument zugewiesen worden und der Beschwerdeführer habe an der angegebenen Adresse nie seinen Wohnsitz gehabt. Die Behörde habe daher zu Recht Zweifel an der Richtigkeit der Fluchtgeschichte an sich haben können. Die Herkunft des Beschwerdeführers aus Tschetschenien sei nicht wahrscheinlich, weil er ansonsten jedenfalls eine echte Wohnsitzbestätigung hätte besorgen können. Damit einhergehend sei die von ihm geschilderte Fluchtgeschichte nicht glaubwürdig. Das Fehlen einer Erklärung zur Fälschung der Wohnsitzbescheinigung dürfe nach Ansicht des Gerichts als Eingeständnis gedeutet werden.

1.7. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 25.05.2016, Ra 2015/19/0257-12, wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass das Bundesverwaltungsgericht zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich zwar im Ergebnis der Beurteilung der Verwaltungsbehörde angeschlossen, wonach das Vorbringen des Revisionswerbers nicht glaubwürdig sei. Dabei habe es sich - ebenso wie das BFA - zentral darauf gestützt, dass die vorgelegte Wohnsitzbestätigung gefälscht sei. Anders als das BFA habe es dies jedoch nicht damit begründet, dass es sich bei der "Anfragenbeantwortung" vom 10. Juni 2015 um das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten eines Sachverständigen handle, dem nicht entgegengetreten worden sei, sondern mit dem Ergebnis einer "unbedenklichen Überprüfung". Das Bundesverwaltungsgericht habe sich ergänzend aber auch darauf gestützt, dass der Revisionswerber keine Dokumente zum Nachweis seiner Identität habe vorlegen können, obwohl angeblich seine Familie dort wohnhaft sei. Die gänzliche Unglaubwürdigkeit des Revisionswerbers habe es zudem damit begründet, dass die Verwendung falscher und verfälschter Urkunden in Österreich strafrechtlich verboten sei und damit zum Ausdruck komme, dass es sich dabei um einen groben Verstoß gegen die Rechtsordnung handle. Das Bundesverwaltungsgericht habe somit zum einen die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung nicht bloß unmaßgeblich ergänzt. Zum anderen sei nicht ersichtlich, ob es die "Anfragenbeantwortung" als ein Sachverständigengutachten oder als ein bloßes Rechercheergebnis qualifiziert habe. Im vorliegenden Fall stehe jedenfalls fest, dass die vom BFA als Gutachten gewertete "Anfragenbeantwortung" ihrem Inhalt nach den Anforderungen, die der Verwaltungsgerichtshof an Sachverständigengutachten stelle, nicht gerecht werde. Ein Sachverständigengutachten müsse einen Befund und ein Gutachten im engeren Sinn enthalten. Eine Sachverständigenäußerung, die sich in der Abgabe des Urteiles erschöpfe, aber weder die Tatsachen, auf die sich das Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, (nachvollziehbar) erkennen lasse, sei mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar. Die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zu Grunde lege, werde ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht. Der Sachverständige habe im vorliegenden Fall seine Schlussfolgerung, dass es sich bei der Dokumentkopie um eine Fälschung handle, unter anderem auf die Behauptung gestützt, dass die Unterschrift darauf gefälscht sei, ohne näher zu begründen, wie diese Tatsache ermittelt worden sei. Auch sei nicht erkennbar, worin das Gutachten im engeren Sinn, also die Schlussfolgerung, zu deren Gewinnung es besonderer Fachkenntnisse und Erfahrung bedarf, bestehen solle.

1.8. Die Behandlung einer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wurde mit Beschluss vom 16.06.2016, E 2233/2015-15 abgelehnt.

Mit Schreiben vom 02.03.2017 legte der Beschwerdeführer ein Deutsch-Prüfungszeugnis A2, ein Schreiben der XXXX OÖ, aus dem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer seit mehr als einem Jahr Mitglied in diesem Verein sei, sowie ein Schreiben der Sportunion XXXX vor.

Am 09.05.2017 wurde ein Empfehlungsschreiben des Bürgermeisters von Lambach vorgelegt.

1.9. In einer vor dem Bundesverwaltungsgericht am 18.05.2017 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme des Beschwerdeführers, Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und durch Einsicht in den Akt des Bundesverwaltungsgerichts.

Der Beschwerdeführer gab an, dass sein Vater Tschetschene sei und auch seine Familie dem Islam angehöre, während seine Mutter, die gebürtige Russin sei, und ihre Familie russisch-orthodoxen Glaubens seien. Er sei gesund, er habe lediglich vorgestern eine Plasmaspritze ins Knie erhalten, weil er Sportler sei. Sonst habe er keine Beschwerden.

In Tschetschenien dürften noch sein Vater, seine Mutter und seine Schwester leben. Er habe seit circa zwei Jahren keinen Kontakt mehr. Sämtliche Großeltern seien bereits verstorben. Den letzten Kontakt habe er vor circa zwei Jahren mit seiner Schwester gehabt, als er für die Behörde eine Wohnsitzbestätigung beschafft habe. Sein Schwager habe ihr aus religiösen Gründen verboten mit ihm weiter Kontakt zu haben. Vor seiner Ausreise hatte seine Familie eine Eigentumswohnung gehabt. Die Wohnung habe sich damals an der Adresse XXXX befunden.

Der Unfall habe sich am 29. Jänner 2012 ereignet, es sei kalt und eisig gewesen. Er habe einen weißen, russischen Lada gefahren, der zwischen 10 und 15 Jahre alt gewesen sei. Der Unfall habe sich in der Vorstadt von Grosny ereignet. Das Motorrad sei von rechts mit einer sehr hohen Geschwindigkeit, praktisch geflogen daher gekommen. Das Motorrad sei etwa in dem Bereich seines rechten Vorderrades geprallt. Er wisse nicht genau, wie schnell er gefahren sei, er nehme aber an, dass es um die 100 km h gewesen sein könnten. Der Motorradfahrer habe einen Schutzhelm getragen, sonst hätte er das überhaupt nicht ausgehalten mit der Geschwindigkeit. Er sei dann mit seinem Fahrzeug stehen geblieben und sei zum Unfallopfer gegangen, es seien dann auch schon andere Leute dort gewesen. Er sei bewusstlos gewesen. Es habe dann etwa 35 bis 40 Minuten gedauert, bis professionelle Hilfe gekommen sei. Er habe nicht angerufen, es sei jemand von den Augenzeugen gewesen. Praktisch gleichzeitig mit der Rettung sei auch ein Polizeiwagen gekommen. Es sei dann ein Protokoll aufgenommen worden. Der Motorradfahrer sei ins Krankenhaus, er von der Polizei nach Hause gebracht worden. Sein Auto sei zu stark beschädigt gewesen. Man habe ihm seine Dokumente abgenommen. Ein uniformierter Polizist, der der Onkel des Opfers gewesen sei, habe ihm am Unfallort seinen russischen Inlandsreisepass, seine Geburtsurkunde und seinen Führerschein abgenommen. Man habe keine besonderen Nachforschungen über den Unfallhergang gemacht. Seiner Ansicht nach sei die Schuldfrage klar, vielleicht habe er die zulässige Geschwindigkeit überschritten. Er habe zuhause seinen Eltern erklärt, was passiert sei. Am 02.02. in der Früh sei dann das Opfer verstorben. Sie hätten davon erfahren, als seine Verwandten zu ihrer Wohnung gekommen seien und dies seinem Vater mitgeteilt hätten. Man habe ihn nicht dazu gelassen, sie seien sehr wütend gewesen. Sie seien dann weggegangen. Am 04.02. seien ihre zwei Fenster zerstört worden. Die Fenster seien in der Nacht glaublich mit einer Maschinenpistole (Kalaschnikow) zerschossen worden.

Auf Nachfrage, ob es in Tschetschenien üblich sei, dass jedermann eine Kalaschnikow besitze gab der Beschwerdeführer an, dass man das so nicht sagen könne. Sie hätten zB. keine gehabt. Da die Verwandten jedoch bei der Polizei gearbeitet hätten, könnten sie alles haben. Er sei nach diesem Anschlag nicht zur Polizei gegangen, da ihr Nachbar, Adam, ihnen erklärt habe, dass dies ein Anlass für Blutrache sei und eine Meldung bei der Polizei keinen Sinn habe. Er sei dann am 06.02.2012 ausgereist. Sein Vater habe über Blutrache genau Bescheid gewusst. Deswegen habe man einen Beschluss gefasst und ihm nahegelegt, das Land zu verlassen. In der Zeit zwischen den 04.02. und den 06.02. sei nichts weiter passiert. Sie hätten sich zusammengesetzt und beraten, was passiert soll. Er sei sicher, dass in diesen zwei Tagen nichts mehr passiert sei.

Auf die Frage, ob der Vater in dieser Zeit etwas gemacht habe, antwortete der Beschwerdeführer, sein Vater habe in dieser Zeit die Entscheidung getroffen, seine Mutter und er seien sehr verschreckt gewesen.

Auf Nachfrage, ob es in der Zwischenzeit nicht vielleicht auch einen Versöhnungsversuch gegeben habe, gab er an, dass sein Vater zu ihnen nach Hause gefahren sei. Er habe berichtet, dass die Familie des Verunglückten ihnen gegenüber sehr feindselig gewesen sei. Er wisse keine Einzelheiten, wie so etwas funktioniere, er könne es nicht genau sagen. Sein Vater sei hingefahren und habe versucht die Leute zu überzeugen. Dies habe in seinem Fall nicht geklappt, sie seien zu feindselig gewesen.

Auf den Vorhalt, dass er bereits in einer Einvernahme konkretere Details über diesen Versöhnungsversuch angegeben habe, führte er aus, dass er keine Details erzählt habe, da er keine Details wisse. Er wisse nur, dass der Vater dort hingefahren sei und dort mit diesen Leuten gesprochen habe.

Nach einem erneuten Vorhalt, dass er bereits in einer Einvernahme im Vorverfahren konkret angegeben habe, dass sein Vater dort Geld und Lebensmittel angeboten und auch dort gelassen habe und es dennoch zu Problemen gekommen sei gab er an, dass dies schon lange her sei, er könne sich an konkrete Details nicht mehr erinnern.

Er sei mit 15 oder 16 Jahren, vielleicht auch noch später getauft worden. Auch im Rahmen der russisch-orthodoxen Kirche handle es sich dabei um eine späte Taufe. Die Taufe habe in der Kirche in Grosny stattgefunden. Er habe damals in Grosny gewohnt.

Auf Nachfrage, dass er zu dieser Zeit jedenfalls bisher nicht angeben habe in Grosny, sondern in Kasachstan gelebt zu haben gab er an, dass es sein könne, dass er älter gewesen sei, er sei sicher in Grosny getauft worden.

Seine Mutter habe ihn im Sinne der christlichen Religion erzogen. Sein Vater sei nicht strenggläubig gewesen. Sein Onkel und seine Cousins hätten diesbezüglich mehr Druck auf sie ausgeübt. Sein Onkel habe auch seine Mutter beleidigt, weil sie andere Vorschriften befolgt habe.

Zur vorgelegten Wohnsitzbestätigung befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er seine Schwester gebeten habe ihm eine Wohnsitzbestätigung zu holen. Sie habe ihm dann eine Wohnsitzbestätigung für ihre eigene Adresse besorgt. Es sei ihm damals aufgefallen, dass es nicht seine Adresse, sondern die seiner Schwester gewesen sei. Er habe dann im Verfahren die Wohnsitzbestätigung vorgelegt. Man habe ihn bei der Behörde dann gefragt, warum die Adresse anders sei und er habe erklärt, dass seine Schwester gemeint habe, seine Eltern seien schon am Wegfahren und sie könne ihm nur diese Wohnsitzbestätigung bringen. Näher erklärt habe sie ihm das nicht. Die Adresse XXXX habe er so nie angegeben. An der Adresse XXXX wohne seine Schwester. Von der Adresse XXXX habe er nie gesprochen.

Auf die bisherigen widersprüchlichen Angaben zu seiner Adresse und der seiner Schwester gab er an, seine Eltern hätten in der Djakova gewohnt und seine Schwester an der Adresse die auf den Meldezettel stehe. Vielleicht habe er den Straßennamen XXXX in irgendeiner Einvernahme fälschlicherweise verwendet.

Zu seiner Integration in Österreich befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er die Bevölkerung vor allem bei Festen und auch bei Aktion der Rettung oder der Feuerwehr treffe. Er helfe mit bei Säuberungen im öffentlichen Raum. Er habe derzeit keine Freundin. Er spiele Volleyball in XXXX, in Lambach und in Linz. Im Bereich des Volleyballsportes gebe es sonst keine Flüchtlinge und auch keine Ausländer. Er sei dabei ausschließlich mit Österreicherin in Kontakt. Er habe keinen konkreten Freundeskreis außerhalb des Sports. Er habe keine Verwandten in Österreich. Wenn er in Österreich bleiben dürfe, würde er gerne bei der Sportunion als Trainer arbeiten. Eine konkrete Arbeitsplatzzusage habe er nicht. Er hätte nur in Wien die Möglichkeit in eine russisch-orthodoxe Kirche zu gehen. In seiner Heimat habe er eine Sportschule besucht. Einen Berufsabschluss habe er nicht. Er lebe derzeit in einem Caritaswohnheim. Er habe in Österreich noch nie Probleme mit der Polizei gehabt.

Am 31.05.2017 wurde eine Anmeldebestätigung für einen Deutschkurs auf dem Niveau B1 an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet.

Am 24.05.2017 richtete das Bundesverwaltungsgericht eine Anfrage zum Thema Blutrache und Diskriminierung von russisch-orthodoxen Tschetschenen an die Staatendokumentation, welche am 28.08.2017 durch die Staatendokumentation sowie ACCORD beantwortet wurde.

Dem Bericht der Staatendokumentation ist zu entnehmen, dass es in den letzten Jahren wieder vermehrt Berichte über Fälle von Blutrache gebe. Auslöser für Blutrache seien vor allem tödliche Verletzungen und Mord, aber auch Ehrenbeleidigung. Das Wiederaufleben von Blutrache sei Ausdruck des in Tschetschenien kriegsbedingt entstandenen Machtvakuums und des dadurch bedingten Misstrauens der Bevölkerung in staatliche Institutionen und insbesondere in das Justizwesen.

Grundsätzlich könne die Familie des Opfers auf Vergeltung verzichten und stattdessen einen finanziellen Ausgleich verlangen. Wenn dieser Ausgleich wie vereinbart erfolge und dann trotzdem an Blutrache festgehalten werde, würde dies der Tradition widersprechen. Das gesellschaftliche Prinzip der Sippenhaftung werde laut vorliegenden Quellen überdies durch die tschetschenischen Behörden systematisch als politisches Instrument gegen islamistische Gruppen im Speziellen und gegen die Opposition im Allgemeinen angewendet.

Die Zeitung "Die Welt" weise darauf hin, dass die Familie des Opfers von Mord oder fahrlässiger Tötung gegen die Bezahlung von Blutgeld auf Vergeltung verzichten könne.

Von ACCORD wurde folgende Beantwortung der Anfrage übermittelt:

"Ein Historiker und Tschetschenienexperte, der mehrere Male für Forschungsaufenthalte in Tschetschenien war und dem der Fallhintergrund mitgeschickt wurde, antwortete in einer EMail-Auskunft vom 28. Juli 2017 folgendermaßen:

"Ist das Verhalten der Familie des Opfers mit den Gebräuchen der Blutrache in Tschetschenien vereinbar?

Der zugrunde liegende Fall klingt zunächst plausibel, weil die Opferfamilie materielle Kompensation akzeptiert hat, was gemäß dem Adat (Gewohnheitsrecht) auch ausdrücklich vorgesehen ist. Schwerer tue ich mich indes mit dem Verhalten des Cousins. Selbstverständlich ist es möglich, dass dieser Ihren Klienten trotz erfolgter Kompensation töten will. Gleichwohl ginge dieses Verhalten eindeutig nicht mehr mit den Normen der Blutrache konform.

Kann das Verhalten der Familie des Opfers damit zu tun haben, dass die Person orthodoxen und nicht muslimischen Glaubens ist?

Wenn ein Tschetschene, egal, wo er lebt, öffentlich sichtbar den Islam verlässt, wird er mit sofortiger Wirkung aus der Gemeinschaft ausgeschlossen und von seiner Familie verstoßen. Infolgedessen gilt er nicht mehr als Tschetschene und kann in Extremfällen auch getötet werden. Es ist wichtig zu verstehen, dass es sich bei derartigen Verhaltensweisen natürlich um eine inoffizielle Abwicklung handelt, die jeder Amtsträger in Tschetschenien der Natur der Sache gemäß verurteilen würde. Dies ändert jedoch nichts daran, dass ein Austritt aus dem Islam für Tschetschenen faktisch lebensgefährlich ist.

Sind Fälle bekannt, in denen Tschetschenen orthodoxen Glaubens, die kein Tschetschenisch beherrschen, Gefährdungen oder Diskriminierung ausgesetzt waren bzw. sind?

Ich habe noch nie Tschetschenen getroffen, die russisch-orthodox waren (schon gar nicht offiziell) und kein Tschetschenisch sprachen. Das Vorliegen jeder einzelnen Bedingung würde für sich genommen schon bewirken, dass eine Person nicht als Tschetschene akzeptiert würde. Mit anderen Worten ist man nur dann vollwertiger Tschetschene, wenn man Muslim ist und Tschetschenisch als Muttersprache spricht." (Historiker und Tschetschenienexperte, 28. Juli 2017)"

Zur Frage der Blutrache wurde im Wesentlichen aufgeführt, dass die nahen Verwandten eines Getöteten bei einem vorsätzlichen Mord gemäß der Scharia das Recht hätten, den Schuldigen zu töten. Wenn es Zweifel hinsichtlich des Vorsatzes gebe, müsse der Schuldige schwören, dass es eine nicht vorsätzliche Tötung gewesen sei und den durch die Tötung erlittenen Schaden kompensieren. Wenn es sich um einen Unfall gehandelt habe und klar sei, dass die Tötung nicht vorsätzlich erfolgt sei, seien weder Vergeltung noch ein Schwur vorgesehen. Dem Schuldigen könne direkt verziehen werden, oder man fordere eine Entschädigungszahlung von ihm. Wer widerrechtlich eine Blutrache erkläre, begehe eine große Sünde vor Allah und werde am Tag des Jüngsten Gerichts mit dem Feuer der Hölle bestraft.

Zur Situation von Christen in Tschetschenien geht aus der Anfragebeantwortung hervor, dass die kleine Gemeinde der ChristInnen in Tschetschenien fast ausschließlich aus KonvertitInnen bestehe, die mit starker gesellschaftlicher und politischer Diskriminierung konfrontiert seien. Berichten zufolge würden die lokalen Behörden die Aktivitäten dieser ChristInnen überwachen und Druck auf sie ausüben, zum Islam zurückzukehren. Ehrenmorde seien in Familien, in denen ein Mitglied zu einer anderem Glauben konvertiert sei, ebenfalls üblich. Es gebe sowohl politische als auch religiöse Verfolgung, da das Christentum mit Russland in Verbindung gebracht werde, mit dem es einen Bürgerkrieg gegeben habe. Der Einfluss des Islam nehme zu. Seit jeher in Tschetschenien ansässige ChristInnen würden als VeräterInnen der islamischen Gesellschaft angesehen und würden stark unter staatlicher Unterdrückung leiden. Konversion sei eine große Schande für die Familie und berge das Risiko von Ehrenmorden. Mitgliedschaft bei einer christlichen Gemeinschaft ("fellowship") und ein öffentliches Ausleben des Glaubens seien fast unmöglich.

Die Anfragebeantwortung wurde dem Beschwerdeführer am 29.08.2017 zur Stellungnahme übermittelt. In einer Stellungnahme vom 14.09.2017 brachte er vor, dass dem Bericht zu entnehmen sei, dass Blutrache weiterhin in vergleichbaren Fällen praktiziert werde. Auch würden die Berichte klar von einer Verfolgung und Diskriminierung von Christen in Tschetschenien sprechen. Weiters wurde auf zwei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts verwiesen (W117 1425941-3/19E vom 20.09.2016, W147 1438295-2/11E vom 17.10.2016), in denen über ähnliche Sachverhalte abgesprochen worden sei. In den darin angeführten Länderberichten werde von Verfolgung von Rückkehrern nach Tschetschenien berichtet. Der Beschwerdeführer müsse daher zusätzlich zur Verfolgung durch Privatpersonen damit rechnen, im Fall seiner Rückkehr aufgrund seines Glaubens sowie seiner langen Abwesenheit in das Visier des Regimes zu geraten.

Am 21.11.2017 wurde eine Bestätigung der Teilnahme an einem Deutschkurs B1 übermittelt.

1.10. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.12.2017, Zl. W171 2114363-1/39E wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Zweites (verfahrensgegenständliches) Verfahren:

1.11. Am 12.03.2018 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Er führte im Zuge der Erstbefragung aus, dass ihn die Polizei noch immer suche und in Haft nehmen werde. Er habe auch Probleme mit den Personen vom Geheimdienst und den Rebellen. Auch aus religiösen Gründen habe er Probleme, da er als Christ im islamisch geprägten Tschetschenien lebe. Seine eigenen Verwandten väterlicherseits hätten ihn wegen seiner Religion bedroht.

1.12. Der Beschwerdeführer führte in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 29.03.2018 aus, dass er keine Verwandten in Österreich habe. Seinen Vater habe man in Tschetschenien in Polizeigewahrsam genommen und geschlagen. Er werde vom tschetschenischen Geheimdienst und der Polizei verfolgt, weil seinetwegen ein Mensch gestorben sei.

Ein Verwandter des Getöteten sei beim Geheimdienst oder der Polizei.

Er habe in Österreich 6 Jahre lang nichts angestellt, sei Mitglied in einem Volleyballverein und habe die B1-Prüfung abgeschlossen.

1.13. Am 18.04.2018 erfolgte eine nochmalige Einvernahme des Beschwerdeführers. Auf Vorhalt, im Erstverfahren habe das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass er kein Tschetschene sein könne und dass das einzige Beweismittel eine Fälschung sei, erwiderte der Beschwerdeführer, seine Mutter sei eine Russin und er selbst sei getauft. Auf Vorhalt, dass das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt habe, bei einem offensichtlichem Unfall und bei Entschuldigung und Kompensation verstoße eine etwaige Blutrache gegen islamisches Recht, gab der Beschwerdeführer an, es sei ihm nicht verziehen worden. Als Getaufter sei er ein Außenseiter und sei von den Verwandten erniedrigt worden. Er spreche nicht Tschetschenisch.

1.14. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid wurde der zweite Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchteile I. und II.). In Spruchteil III. wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG wurde erneut eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchteil IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchteil V.). Unter Spruchteil VI. wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt. Unter Spruchteil VII. wurde gem. § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG ein auf Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass entschiedene Sache vorliege, das Vorbringen des Beschwerdeführers in einem rechtskräftig beendeten Verfahren bereits als nicht glaubwürdig erachtet worden sei und die vorgelegten neuen Beweismittel nicht geeignet seien, an dieser Einschätzung etwas zu ändern. Im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und seiner Integration hätten sich für die belangte Behörde keine Umstände ergeben, die zu einer anderen Einschätzung als in dem rechtskräftig abgeschlossenen ersten Verfahren geführt hätten.

1.15. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Es wurde vorgebracht, der Vater des Beschwerdeführers sei wegen der Anschuldigungen gegen den Beschwerdeführer willkürlich in Haft genommen worden. Sollte auch der Beschwerdeführer in Haft genommen werden, so werde auf die prekären Haftumstände verwiesen. Auch sei der Beschwerdeführer nicht angemessen befragt worden. Der Beschwerdeführer habe sein Vorbringen lebensnahe geschildert.

Dass der Vater verhaftet worden sei, sei im Erstverfahren nicht vorgebracht worden, daher könne keine idente Sache nach § 68 Abs 1 AVG gegeben sein.

Der Beschwerdeführer lebe seit Februar 2012 in Österreich, sein Hineinwachsen in die österreichische Gesellschaft sei evident.

Zur Dauer des Einreiseverbotes werde vorgebracht, dass die belangte Behörde keine Feststellungen zu den Unterhaltsmitteln des Beschwerdeführers getroffen habe. Der Beschwerdeführer lebe von der Mindestsicherung und habe den Folgeantrag auf Internationalen Schutz weder unbegründet noch missbräuchlich gestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes, durch Einsichtnahme in die Verwaltungs- und Gerichtsakten zu dem in Rechtskraft erwachsenen Verfahren und schließlich durch Einsicht in Auszüge aus ZMR, GVS und IZR.

1. Feststellungen:

Das vom Beschwerdeführer am 16.02.2012 initiierte Asylverfahren wurde mit Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.12.2017 rechtskräftig negativ abgeschlossen.

Die Anträge auf internationalen Schutz wurden gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, subsidiärer Schutz wurde in Bezug auf die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht eingeräumt und wurde dem Beschwerdeführer letztlich kein Aufenthaltstitel gewährt und eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erlassen. Der Beschwerdeführer hat in der Folge einen neuerlichen (den gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der Beschwerdeführer auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Abschlusses des ersten vom Beschwerdeführer initiierten Verfahrens bestanden haben bzw. die bereits im Kern unglaubwürdig sind.

In Bezug auf den Beschwerdeführer besteht weiterhin kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet.

Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es liegen keine Umstände vor, welche einer Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet entgegenstünden.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation ist nicht eingetreten.

Im gegenständlichen Fall ergab sich weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die den Beschwerdeführer betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat, noch in sonstigen in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Umstände.

In Bezug auf die individuelle Lage des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat kann keine, sich in Bezug auf jenen Zeitpunkt, in dem letztmalig über den Antrag auf internationalen Schutz inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich andere Situation festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer hält sich seit dem Jahr 2012 im Bundesgebiet auf. Eine nachhaltige, umfassende und fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers hat während des Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht stattgefunden. Eine relevante integrative Vertiefung seit Rechtskraft der inhaltlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts liegt nicht vor.

Der Beschwerdeführer ist illegal eingereist, hat zwei unbegründete Anträge auf internationalen Schutz gestellt und war nicht gewillt, nach negativem Ausgang des ersten Verfahrens freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen.

2. Rechtliche Beurteilung samt Beweiswürdigung:

2.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

2.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A)

2.3. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

2.4. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913;

27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235; 17.9.2008, 2008/23/0684; 11.11.2008, 2008/23/1251; 19.2.2009, 2008/01/0344;

6.11.2009, 2008/19/0783). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).

2.5. Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht Anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl zB VwGH 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2007, 2004/20/0100; 17.9.2008, 2008/23/0684; 19.2.2009, 2008/01/0344; 6.11.2009, 2008/19/0783).

Wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, ist eine neue Sachentscheidung auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266; 15.10.1999, 96/21/0097; 25.04.2007, 2004/20/0100; 17.9.2008, 2008/23/0684).

2.6. Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN). Nimmt man daher eine positive Entscheidungsprognose an, dh könnten die behaupteten neuen Tatsachen - gemessen an der dem Bescheid der Erstinstanz im Erstverfahren zu Grunde liegenden Rechtsanschauung - zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedürfte es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse (gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Urkunden) einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit (vgl VwGH 19.7.2001, 99/20/0418; 16.02.2006, 2006/19/0380; 29. 11.2005, 2005/20/0365; 22.11.2005, 2005/01/0626). Das Bundesasylamt hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers oder mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen sein ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; 24.2.2000, 99/20/0173; 19.7.2001, 99/20/0418; 21.11.2002, 2002/20/0315; vgl auch VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 4.5.2000, 98/20/0578; 4.5.2000, 99/20/0193; 7.6.2000, 99/01/0321; 21.9.2000, 98/20/0564; 20.3.2003, 99/20/0480; 4.11.2004, 2002/20/0391; vgl. auch 19.10.2004, 2001/03/0329; 31.3.2005, 2003/20/0468; 30.6.2005, 2005/18/0197; 26.7.2005, 2005/20/0226; 29.9.2005, 2005/20/0365; 25.4.2007, 2004/20/0100; 17.9.2008, 2008/23/0684; 19.2.2009, 2008/01/0344).

2.7. Bei der Prüfung der "Identität der Sache" ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen. Identität der Sache liegt auch dann vor, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid bereits abgewiesenen nur dadurch unterscheidet, dass eine bisher von der Partei nicht ins Treffen geführte Rechtsfrage aufgegriffen wird oder die Behörde in dem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (VwGH 2.7.1992, 91/06/0207 mwN). Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (VwGH 15.10.1999, 96/21/0097; 25.04.2002, 2000/07/0235). Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl VwGH 09.09.1999, 97/21/0913).

2.8. "Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; 30.05.1995, 93/08/0207).

2.9. Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (VwGH 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen hat das Bundesasylamt jedoch als Spezialbehörde von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl VwGH 7.6.2000, 99/01/0321; 29.6.2000, 99/01/0400; 15.9.2010, 2008/23/0334 mwN; 15.12.2010, 2007/19/0265).

"Sache" des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich die Frage, ob das BFA zu Recht den Folgeantrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

2.10. Im Rahmen des ersten Rechtsganges wurde das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen (behaupteten) Fluchtgründen einer umfassenden Beurteilung unterzogen. Dabei wurde verneint, dass der Beschwerdeführer für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung im asylrelevanten Ausmaß ausgesetzt wäre, dies aufgrund der festgestellten Unglaubwürdigkeit der Angaben, insbesondere aufgrund der Vorlage offenkundig gefälschter Dokumente. Auf die im Verfahrensgang wiedergegebene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wird verwiesen, in der ausführlich dargelegt wurde, warum dem Beschwerdeführer keine Verfolgung iSd. Genfer Flüchtlingskonvention droht.

2.11. Im zweiten, nunmehrigen Antrag hat sich der Beschwerdeführer auf dasselbe Vorbringen wie im ersten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren bezogen und vermeint, dass unvermindert die im Erstverfahren geschilderte Verfolgung im Herkunftsstaat bestehe und er nunmehr auch das Vorbringen durch entsprechende Unterlagen beweisen könnte.

Die belangte Behörde hat demnach im angefochtenen Bescheid vollkommen zu Recht ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich auf dieselben Gründe bezieht, die bereits vor Rechtskraft des ersten Verfahrens bestanden haben, weshalb diese nicht geeignet sind, einen neuen Antrag zu begründen, sondern vielmehr die Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes einer neuerlichen Sachentscheidung entgegensteht.

Der erkennende Richter sieht dem zu Folge keinerlei Grund, von der Einschätzung im rechtskräftigen, inhaltlichen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.12.2017, W171 2114362-1/39E, abzuweichen, dass nämlich der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat nicht aus wohlbegründeter Furcht vor politischer Verfolgung verlassen hat.

2.12. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren ausdrücklich betont, die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren bestünden noch immer und seien aktuell. Seine "neuen" Gründe, wonach sein Vater von der Polizei inhaftiert worden sei und er selbst von der Polizei oder vom Geheimdienst gesucht werde, stehen in ursächlichem Zusammenhang mit seinem bereits im ersten Verfahren vorgebrachten Angaben und sind deshalb nicht geeignet einen neuen Sachverhalt zu begründen.

Somit ist festzuhalten, dass dieses neue Vorbringen nicht geeignet wäre, an der Beurteilung des Fluchtvorbringens als unglaubwürdig im ersten rechtskräftig beendeten Verfahren zu rütteln. Bereits im Erstverfahren wurde schlüssig festgehalten, dass das vom Beschwerdeführer erstattete Vorbringen unschlüssig und unglaubwürdig ist, zumal sich eine wesentliche Urkunde als Fälschung erwies und die Angaben des Beschwerdeführers zu bestimmten Adressen als ausdrücklich unrichtig recherchiert wurden.

Das Bundesamt ist demnach zu Recht davon ausgegangen, dass die Angaben zur behaupteten Verfolgung im Herkunftsstaat auch im Lichte der Angaben im nunmehrigen Folgeantrag nicht glaubhaft sind und von keinem glaubhaften Kern auszugehen ist.

2.13. Der Beschwerdeführer hat weder in der Stellungnahme noch in der Beschwerde konkret dargelegt, inwieweit sich die allgemeine Lage im Herkunftsstaat im Vergleich zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.12.2017, W171 2114363/39E, derart verändert haben soll, dass nunmehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von einer Verfolgung bzw. Gefährdung des Beschwerdeführers auszugehen sein soll.

2.14. Weiters ist auszuführen, dass sich ein Antrag auf internationalen Schutz auch auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten richtet und daher auch Sachverhaltsänderungen die ausschließlich subsidiäre Schutzgründe betreffen, von den Asylbehörden im Rahmen von Folgeanträgen einer Prüfung zu unterziehen sind (vgl. VwGH 19.02.2009, Zl. 2008/01/0344).

Auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK ist nicht erkennbar, dass die Rückführung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat zu einem unzulässigen Eingriff führen würde und er bei einer Rückkehr in eine Situation geraten würden, die eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK mit sich brächte oder ihm jedwede Lebensgrundlage fehlen würde. Es haben sich keine Hinweise auf eine schwerwiegende bzw. lebensbedrohliche gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers ergeben. Auch der Gesundheitszustand hat sich seit rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens nicht entscheidungswesentlich verändert.

Bereits im Erkenntnis vom 19.12.2017, W171 2114363-1/39E, wurde bezugnehmend auf den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers dar

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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