TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/10 W264 2185974-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.08.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.08.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
StVO 1960 §29b

Spruch

W264 2185974-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen Landesstelle Wien vom 10.1.2018, mit welchem der Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach

§ 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer begehrte mit Antrag vom 14.9.2017 die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung (Parkausweis) und begründete dies mit dem Hinweis auf ein dem Antrag angeschlossenes Attest seiner behandelnden Ärztin Dr. XXXX , Allgemeinmedizinerin, vom 7.9.2017. In diesem Attest wird berichtet, dass der Beschwerdeführer seit vielen Jahren nach PAVK IIIO - und dadurch bedingt an starken Schmerzen beim Gehen leide - sodass nur kurze Strecken ohne Hilfe zurückgelegt werden könnten. Er habe mehrfach Bypass-OPs gehabt sowie Thrombektomien im linken Bein sowie ein Stent wegen Aortenaneurysmas erhalten. Eine Hemicolektomie sei durchgeführt und ein Transversostoma angelegt worden.

Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten des Allgemeinmediziners XXXX vom 16.11.2017 - fußend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 8.11.2017 - stellt einen beim Beschwerdeführer vorliegenden Grad der Behinderung von 50 vH fest und führt bezüglich der Zumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel im Wesentlichen aus, dass beim Beschwerdeführer keine Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden, welche eine sichere Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel erheblich erschweren würden.

Am 11.12.2017 wurde dem Beschwerdeführer ein Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 vH ausgestellt.

Mit Bescheid vom 10.1.2018 wurde sein Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung in Ermangelung der Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Beweiswürdigend stützte sich die belangte Behörde auf das im verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 16.11.2017.

Mit Eingabe vom 25.1.2018 brachte der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde ein und monierte darin, dass er beim Gehen extrem starke Schmerzen habe und es ihm daher nicht möglich sei, bis zur nächsten Straßenbahn/Bus zu kommen und danach weiter bis zu seinem Ziel. Bei der Untersuchung des Sachverständigen habe er seine Beine einzeln anheben und drehen müssen, sowie den Fersen- und Zehenstand vorführen. Daraus sei geschlossen worden, dass nur eine mäßige Reduktion der Mobilität bestehe und somit keine erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gegeben sei. Aufgrund der Stents habe er jedoch extreme Schmerzen beim Gehen.

Die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt und langten am 12.2.2018 ein.

Über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.2.2018, diesem die erwähnten Befunde vorzulegen, übermittelte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 23.3.2018 einen radiologischen Befund des XXXX vom 5.3.2018 sowie eine ärztliche Bestätigung Dris. XXXX , Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirurgie, vom 22.3.2018.

Laut ärztlicher Bestätigung Dris. XXXX , Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirurgie, vom 22.3.2018 leide der Beschwerdeführer zur Zeit an peripherer arterieller Verschlusskrankheit im Stadium II B mit einer Gehstrecke von bis zu 50 m und wäre es aufgrund der geringen Belastbarkeit und Gehstrecke für den Beschwerdeführer sehr hilfreich, seine Erledigungen mithilfe eines Behindertenfahrzeuges durchführen zu können.

Im Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts zur Zahl W264 2185916-1 wurde mit Erkenntnis vom 21.6.2018 der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen Landesstelle Wien vom 14.12.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vorname der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass, stattgegeben und wurde diese Entscheidung dem Beschwerdeführer laut unbedenklichem Rückschein am 27.6.2018 und der belangten Behörde am 25.06.2018 zugestellt. Die Entscheidung ist sohin mit Ablauf des Tages 8.8.2018 in Rechtskraft erwachsen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erklärte sich mit der Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) nicht einverstanden und war dies zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Die gegenständliche Beschwerdesache wurde beim Bundesverwaltungsgericht am 12.2.2018 - somit nach dem 1.7.2015 - anhängig.

Der Beschwerdeführer begehrte am 14.9.2017 die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis).

1.2. Der Beschwerdeführer ist nunmehr aufgrund seines Gesamtgrades der Behinderung in Höhe von 50 vH im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel", da er an den dauernden Funktionseinschränkungen "Colostomie" und "periphere arterielle Verschlusskrankheit" leidet. Die periphere arterielle Verschlusskrankheit liegt beim Beschwerdeführer in einem Stadium von II B nach Fontaine vor.

2. Beweiswürdigung

Die unter II.1. getroffenen Feststellungen gründen auf dem Inhalt des Gerichtsaktes W264 2185916-1, dem das bundesverwaltungsgerichtliche Erkenntnis betreffend die Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" vom 21.6.2018 samt deren Zustellnachweisen einliegt, sowie auf dem Inhalt des den bekämpften Bescheid betreffenden vorgelegten Fremdaktes. Die getroffenen Feststellungen zu den beim Beschwerdeführer vorliegenden Funktionseinschränkungen ergeben sich einerseits aus dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 16.11.2017, gründend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, sowie andererseits aus dem vom Beschwerdeführer im Zuge des Beschwerdeverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Befunde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im Bundesbehindertengesetz normiert § 45 Abs 3, dass in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses oder auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grad der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen hat.

Da im gegenständlichen Verfahren nicht über die im Gesetz vorgesehene Ausstellung eines Behindertenpasses, auf die Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung entschieden wurde, sondern über die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b Abs 1 StVO 1960, ist zu klären, ob die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch einen Einzelrichter oder einen Senat zu erfolgen hat.

Dabei wird von nachfolgenden Erwägungen ausgegangen:

Gemäß § 29b Abs 1 StVO 1960 ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen jenen Inhabern eines nach dem BBG ausgestellten Behindertenpasses, welcher die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" aufweist, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs 2 bis 4 auf Antrag ein Parkausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen.

Zwar sind Entscheidungen über die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" nach dem BBG gemäß § 45 Abs 3 leg.cit. durch Senate zu treffen und ist ein Parkausweis gemäß § 29b Abs 1 StVO 1960 nur dann auszustellen, wenn die gegenständliche Zusatzeintragung im Behindertenpass eingetragen ist, aber ist die Rechtsgrundlage für die Ausstellung eines Parkausweises das Bundesgesetz Straßenverkehrsordnung 1960, welchem Senatszuständigkeit fremd ist. Daher geht die erkennende Richterin im gegenständlichen Verfahren nicht von Senatszuständigkeit sondern von Einzelrichterzuständigkeit aus.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG) und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte - mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes - ist gemäß dessen § 1 durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 29 Abs 1, 2. Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß

Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,

1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht

oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A) - Entscheidung in der Sache

§ 45 Abs 1 Bundesbehindertengesetz (BBG) normiert, dass Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen sind.

Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch Senate zu erfolgen.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den auszustellenden Behindertenpass und die damit verbundenen Berechtigungen festzusetzen. Diese Verordnungsermächtigung dient dazu, präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festzulegen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Diese Verordnung ist die Rechtsgrundlage für die Ausstellung von Parkausweisen nach

§ 29b StVO 1960 und lautet deren Titel: "Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl II 495/2013 idF BGBl II 263/2016".

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl II 495/2013 idF BGBl II 263/2016 wird ausgeführt, dass ein Parkausweis nach § 29b StVO 1960 allen Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses gemäß §§ 40ff BBG, welche über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, bzw "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder Blindheit" auf Antrag ein Parkausweis auszustellen ist.

Um in den Genuss eines Parkausweises nach § 29b StVO 1960 zu kommen, ist das Vorliegen der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" oder der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder Blindheit" im Behindertenpass eine Voraussetzung.

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses und wurde mit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.6.2018, Zahl W264 2185916-1/7E, seiner Beschwerde gegen den Bescheid vom 14.12.2017, womit sein Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" abgewiesen wurde, stattgegeben, sodass die vom Beschwerdeführer begehrte Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO 1960 vorzunehmen ist.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen

(§ 24 Abs 1 VwGVG). Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (§ 24 Abs. 2 VwGVG).

Nach § 24 Abs 4 VwGVG 2014 kommt ein Entfall der Verhandlung dann nicht in Betracht, wenn Art 6 MRK und Art 47 GRC die Durchführung einer solchen gebieten. Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist daher durchzuführen, wenn es um 'civil rights' oder 'strafrechtliche Anklagen' iSd Art 6 MRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird (VwGH 9.9.2014, Ro 2014/09/0049).

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10.5.2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3.5.2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 3.10.2013, 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18.7.2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 3.10.2013, 2012/06/0221).

Laut Verwaltungsgerichtshof ist sowohl bei der Einschätzung des Grades der Behinderung auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens als auch bei der Beurteilung, ob die gesundheitlichen Einschränkungen des Betroffenen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar erscheinen lassen, "wegen des für die Entscheidungsfindung wesentlichen persönlichen Eindrucks von der Person des Antragstellers" grundsätzlich eine mündliche Verhandlung geboten (VwGH 21.6.2017,

Ra 2017/11/0040-5 mit dem Hinweis VwGH 8.7.2015, 2015/11/0036, 21.4.2016,

Ra 2016/11/0018, 25.5.2016, Ra 2016/11/0057, und 16.8.2016, Ra 2016/11/0013).

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 24 Abs 1 VwGVG lautet aber auch, dass das Verwaltungsgericht (selbst bei anwaltlich Vertretenen) auch ohne Antrag von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen hat, wenn das Verwaltungsgericht dies für erforderlich hält, wobei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ohne Parteiantrag nicht im Belieben, sondern im pflichtgemäßen Ermessen des Verwaltungsgerichts steht (VwGH 18.10.2016, 2015/03/0029 mwH). Dies ist nach der Rechtsprechung etwa dann anzunehmen, wenn die Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde substantiiert bekämpft oder ein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet wird.

Die kann-Bestimmung im § 24 Abs 4 VwGVG überlässt die Beurteilung ob die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung besteht, dem Einzelrichter bzw dem Senat. Es obliegt somit dem Einzelrichter bzw dem Senat zu beurteilen, ob die Aktenlage für seine Entscheidung ausreicht oder es zur weiteren Klärung der Rechtssache einer mündlichen Erörterung bedarf.

Expressis verbis des § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Verhandlung durchzuführen, wenn eine solche beantragt wird. Sowohl im Beschwerdeschriftsatz als auch in der Beschwerdevorlage wurde die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt. Soweit nicht in einem Bundes- oder einem Landesgesetz anderes bestimmt ist, kann gemäß

§ 24 Abs 4 VwGVG die Verhandlung entfallen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.3.2010 S. 389 entgegenstehen

(§ 24 Abs 4 VwGVG).

Im vorliegenden Fall wurde durch Ermessen der erkennenden Richterin die Durchführung einer - ohnedies nicht beantragten - Verhandlung nicht als erforderlich erachtet, zumal für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde keine Sachverhalts- sondern lediglich rechtliche Fragen zu klären waren. Siehe dazu VfGH 9.6.2017, 1162/2017, wonach der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung kein absoluter ist: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und - ihm folgend - des Verfassungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn die Tatfrage unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. VfSlg. 18.994/2010, 19.632/2012). Angesichts der vom Verwaltungsgericht zu beurteilenden Sach- und Rechtsfragen ist es vertretbar, wenn es im Einklang mit dieser Rechtsprechung von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen hat.

Im gegenständlichen Verfahren konnte daher die mündliche Verhandlung unterbleiben, da eine solche weder beantragt wurde, noch es einer solchen bedurfte, um die gegenständliche Rechtsache zu klären.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Parkausweis, Voraussetzungen, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W264.2185974.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten