TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/13 W198 2183366-1

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Veröffentlicht am 13.08.2018
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Entscheidungsdatum

13.08.2018

Norm

ASVG §67 Abs10
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W198 2183366-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX Wien, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. Johannes ELTZ, gegen den Bescheid (Beschwerdevorentscheidung) der Wiener Gebietskrankenkasse vom 25.10.2017, BZ: XXXX , wegen Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG iVm § 83 ASVG zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Wiener Gebietskrankenkasse (im Folgenden: WGKK) hat mit Bescheid vom 17.05.2017, BZ: XXXX , festgestellt, dass XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) als ehemaliger Geschäftsführer der Beitragskontoinhaberin XXXX (im Folgenden: Beitragsschuldnerin) verpflichtet ist, der WGKK gemäß § 67 Abs. 10 ASVG iVm § 83 ASVG die zu entrichten gewesenen Beiträge s.Nbg. aus den Vorschreibungen für die Zeiträume Jänner bis Dezember 2010, Jänner bis September 2011 und weitere bis April 2015 von € 10.175,57 zuzüglich Verzugszinsen in der sich nach

§ 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, das sind ab dem 06.07.2016 3,38 % p.a. aus

€ 8.234,35 binnen 14 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.

Begründend wurde ausgeführt, dass sämtliche Einbringungsmaßnahmen erfolglos geblieben seien. Da die Firma keine Tätigkeit mehr ausübe, sei die Hereinbringung der Forderung nicht mehr möglich. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen würden die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen für die von diesen zu entrichtenden Beiträgen insoweit haften, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht hereingebracht werden könnten.

Diesem Bescheid angefügt war der Rückstandsausweis vom 17.05.2017

Gegen diesen Bescheid erhob die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 19.06.2017 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführervertreter bei der WGKK vorgesprochen habe und in die Grundakten Einsicht nehmen habe wollen. Die Vorsprache sei erfolglos geblieben, da die Grundakten nicht beigebracht werden konnten. Es sei dem Beschwerdeführer daher nicht möglich gewesen, zu den Behauptungen der WGKK Stellung zu nehmen, außer dass er für eine Nichtabführung von Beiträgen weder faktisch noch rechtlich verantwortlich sei. Der letzte Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin sei Mag. XXXX und nicht der Beschwerdeführer gewesen. Mag. XXXX habe die Geschäftsführung übernommen, im vollen Bewusstsein seiner daraus resultierenden Verantwortung, und hafte er daher.

Im Verfahren über die Beschwerde erließ die WGKK als belangte Behörde eine mit 25.10.2017 datierte Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde abgewiesen wurde. Zunächst wurde ausgeführt, dass es sich bei den Grundakten, auf die sich der Beschwerdeführer beziehe, um ein Verfahren im Rahmen der GPLA handle. Partei dieses Verfahrens sei die Beitragsschuldnerin. Diese Firma sei jedoch am 03.02.2017 amtswegig aus dem Firmenbuch gelöscht worden. Der Beschwerdeführer hingegen sei in jenem Verwaltungsverfahren nicht Partei gewesen und sei die Akteneinsicht daher rechtmäßig verweigert worden. Zum Vorbringen, wonach Mag. XXXX der letzte Geschäftsführer gewesen sei, werde ausgeführt, dass eine "parallele" Inanspruchnahme mehrerer, einander in zeitlicher Folge nachfolgender Geschäftsführer im Rahmen der Bestimmung des § 67 Abs. 10 ASVG möglich sei. Der Beschwerdeführer sei bis 27.08.2014 als Geschäftsführer tätig gewesen und würden sämtliche dem bekämpften Bescheid zugrundeliegenden Beitragsrückstände im zeitlichen Rahmen dieser Geschäftsführertätigkeit liegen, sodass sie diesem auch zugerechnet werden können. Der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft machen können, dass ihn an der mangelhaften Entrichtung der Beiträge kein Verschulden treffe.

Mit Schreiben vom 14.11.2017 stellte der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht einen Antrag auf Vorlage. Darin wurde das Beschwerdevorbringen, wonach Mag. XXXX und nicht der Beschwerdeführer der letzte Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin gewesen sei, wiederholt. Abschließend wurde beantragt, die Rechtssache gemäß Art 89 Abs. 2 B-VG dem Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung vorzulegen.

Mit Schreiben vom 09.01.2018 erstattetet die WGKK eine Gegenschrift.

Die Beschwerdesache wurde unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Bundesverwaltungsgericht am 18.01.2018 zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer war seit 29.08.2003 selbstständig vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin. Seit 12.08.2014 war XXXX selbstständig vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin.

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 31.10.2014, Aktenzahl XXXX , wurde über das Vermögen der Beitragsschuldnerin der Konkurs eröffnet. Die Gesellschaft wurde infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst. Die Firma wurde gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

Die rückständigen Beiträge sind bei der Beitragsschuldnerin uneinbringlich.

Sämtliche Beitragsrückstände sind in dem Zeitraum entstanden, in dem der Beschwerdeführer Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin war. Im Zeitpunkt des Entstehens der Rückstände war sohin der Beschwerdeführer für die rechtzeitige und ordnungsgemäße Entrichtung der Beiträge verantwortlich.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass es zu einer Gläubigergleichbehandlung gekommen ist.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die entscheidungsrelevanten Sachverhaltsfeststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage getroffen werden.

Der Beginn und das Ende der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin ergibt sich aus dem Firmenbuch.

Die Höhe der aushaftenden Beiträge und Verzugszinsen ergibt sich aus dem dem Bescheid vom 17.05.2017 angefügten Rückstandsausweis vom 17.05.2017. Ebenso ergibt sich der Zeitpunkt der Entstehung der aushaftenden Beiträge aus dem Rückstandsausweis.

Dass die Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden bei der Beitragsschuldnerin gegeben ist, ergibt sich daraus, dass über das Vermögen der Beitragsschuldnerin am 31.10.2014 der Konkurs eröffnet wurde, die Gesellschaft infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst und die Firma gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht wurde.

Festzuhalten ist weiters, dass der Beschwerdeführer keine Nachweise zur Gläubigergleichbehandlung erbracht hat und ist darin eine mangelnde Mitwirkung des Beschwerdeführers erkennbar. Die einzige Verantwortung, die vorgebracht wurde, ist, dass der dem Beschwerdeführer nachfolgende Geschäftsführer verantwortlich sei und für die aushaftenden Beiträge hafte. Es ist sohin überhaupt keine Mitwirkung des

Beschwerdeführers erkennbar.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin die WGKK.

§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG ist die Entscheidung über Beitragshaftungen gemäß § 67 ASVG nicht von einer Senatsentscheidung umfasst, sodass - obwohl in der Beschwerde die Entscheidung durch einen Senat beantragt wurde - die Entscheidung der vorliegenden Beschwerdesache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter obliegt.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im vorliegenden Fall stellte der Beschwerdeführer zwar einen Antrag auf eine mündliche Verhandlung, allerdings ergab sich der Sachverhalt zweifelsfrei aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde. Es handelt sich um eine Beurteilung einer reinen Rechtsfrage. Unter diesen Umständen geht das Gericht davon aus, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMR, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Zunächst ist festzuhalten, dass entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kein nichtiger Bescheid vorliegt. Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde gemäß § 9 Abs. 3 ZustG, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Der Bescheid wurde daher rechtswirksam zugestellt, zumal er dem Beschwerdeführervertreter am 19.06.2017 tatsächlich zugekommen ist.

Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnerin für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Voraussetzung für die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist neben der Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden bei der Beitragsschuldnerin auch deren ziffernmäßige Bestimmtheit der Höhe nach, schuldhafte und rechtswidrige Verletzungen der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten durch den Vertreter und die Kausalität der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters für die Uneinbringlichkeit.

Für den Eintritt der Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist also Voraussetzung, dass die rückständigen Beiträge beim Dienstgeber uneinbringlich und der Höhe nach bestimmt sind.

Verfahrensgegenständlich kann die Beitragseinbringung als uneinbringlich qualifiziert werden, weil über das Vermögen der Beitragsschuldnerin am 31.10.2014 der Konkurs

eröffnet wurde und die Firma infolge Vermögenslosigkeit aus dem Firmenbuch gelöscht wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Erkenntnis vom 12.01.2016, Zl. Ra 2014/08/0028, zur ziffernmäßigen Bestimmtheit der Höhe des Haftungsbetrags wie folgt aus: "... so legte die Revisionswerberin ihrem Bescheid einen Rückstandsausweis vom 2. Oktober 2012 zugrunde; in ihrer Stellungnahme zur Beschwerde schränkte sie nach teilweiser Zahlung durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds den Haftungsbetrag ein und legte einen modifizierten Rückstandsausweis vom 6. Juni 2013 vor. Der Haftungsbetrag wurde im Rückstandsausweis näher aufgegliedert; die Aufschlüsselung entsprach den Vorgaben des § 64 Abs. 2 ASVG, wonach der rückständige Betrag, die Art des Rückstands samt Nebengebühren, der Zeitraum, auf den die rückständigen Beiträge entfallen, allenfalls vorgeschriebene Verzugszinsen, Beitragszuschläge und sonstige Nebengebühren anzuführen sind. Der Rückstandsausweis ist eine öffentliche Urkunde und begründet nach § 292 ZPO vollen Beweis über seinen Inhalt, also die Abgabenschuld (vgl. OGH RIS-Justiz RS0040429 mwN). Indem die Revisionswerberin ihrem Bescheid den Rückstandsausweis zugrunde legte, brachte sie damit zum Ausdruck, auf welchen Sachverhalt sich die Vorschreibung gründet, welche ziffernmäßige Höhe der Haftungsbetrag aufweist und wie sich die Forderung konkret zusammensetzt. Auf Grund der Heranziehung des Rückstandsausweises, einer öffentlichen Urkunde mit erhöhtem Beweiswert, sind freilich keine (krassen bzw. besonders gravierenden) Ermittlungslücken im Sinn der oben aufgezeigten Rechtsprechung (Punkt 5.) zu erkennen. ..." Und weiters: "... Was die Frage nach dem Vorliegen einer kausalen schuldhaften Pflichtverletzung betrifft, so ist eine solche schon dann anzunehmen, wenn der Vertreter keine Gründe anzugeben vermag, dass ihm die Erfüllung seiner Verpflichtung, für die Beitragsentrichtung zu sorgen, unmöglich war. Es ist also seine Sache, die Gründe darzulegen und entsprechende Beweisanbote zu erstatten, dass er ohne sein Verschulden gehindert war, die ihm obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls seine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs: vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. Juni 1999, 99/08/0075). Allerdings darf diese besondere Behauptungs- und Beweislast auch nicht überspannt oder so aufgefasst werden, dass die Behörde - bzw. hier das Verwaltungsgericht - von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre (vgl. das VwGH, Erkenntnis vom 12. April 1994, 93/08/0232; uva.). ..."

Was die ziffernmäßige Bestimmtheit der Höhe des Haftungsbetrages anbelangt, so legte die WGKK ihrem Bescheid einen Rückstandsausweis vom 17.05.2017 zugrunde. Der Haftungsbetrag wurde im Rückstandsausweis näher aufgegliedert. Die Aufschlüsselung

entsprach den Vorgaben des § 64 Abs. 2 ASVG, wonach der rückständige Betrag, die Art des Rückstandes samt Nebengebühren, der Zeitraum, auf den die rückständigen Beiträge entfallen, allenfalls vorgeschriebene Verzugszinsen, Beitragszuschläge und sonstige Nebengebühren anzuführen sind. Der Rückstandsausweis ist eine öffentliche Urkunde und begründet nach § 292 ZPO vollen Beweis über seinen Inhalt, also die Abgabenschuld. Aufgrund des Vorliegens des Rückstandsausweises ist sohin hinreichend bestimmt, welche ziffernmäßige Höhe der Haftungsbetrag aufweist und wie sich die Forderung konkret zusammensetzt.

Der Beschwerdeführer war des Weiteren unstrittig ab 29.08.2003 bis 27.08.2014 Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin und kann somit grundsätzlich zu einer Haftung wegen Ungleichbehandlung für die gesamte Beitragsschuld herangezogen werden. Sämtliche Beitragsrückstände sind in dem Zeitraum entstanden, in dem der Beschwerdeführer Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin war. Somit ist zu untersuchen, ob der Beschwerdeführer infolge schuldhafter Pflichtverletzung für die nicht einbringlichen Beitragsforderungen der WGKK haftet.

Gemäß § 58 Abs. 5 ASVG in der hier maßgebenden Fassung des 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2010 - 2. SVÄG 2010, BGBl. I Nr. 102/2010, besteht neben den im § 67 Abs. 10 ASVG auferlegten Pflichten aber auch eine allgemeine, die Vertreter der Beitragsschuldner gegenüber den Beitragsgläubigern treffende Pflicht, aus den von ihnen verwalteten Mitteln für die Abfuhr der Beiträge zu sorgen. Damit ist zur bisherigen Haftung für nicht abgeführte Dienstnehmerbeiträge und Meldeverstöße (gleichrangig) eine neue Haftung wegen Ungleichbehandlung (von Gläubigern) hinzugetreten (Derntl in Sonntag (Hrsg), ASVG6 (2015) § 67 Rz 77a).

Gemäß der auf die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG übertragbaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Parallelbestimmung des § 25a Abs. 7 BUAG liegt Gläubigergleichbehandlung dann vor, wenn das Verhältnis aller im Beurteilungszeitraum erfolgten Zahlungen zu allen Verbindlichkeiten, die zu Beginn des Beurteilungszeitraumes bereits fällig waren oder bis zum Ende des Beurteilungszeitraumes fällig wurden, dem Verhältnis der in diesem Zeitraum erfolgten Beitragszahlungen zu den insgesamt fälligen Beitragsverbindlichkeiten entspricht. Unterschreitet die Beitragszahlungsquote die allgemeine Zahlungsquote, so liegt eine Ungleichbehandlung des Sozialversicherungsträgers vor (vgl. VwGH 29.01.2014, 2012/08/0227).

Unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Rechtsprechung zur abgabenrechtlichen Haftung (vgl. u.a. VwGH 19.06.1985, Slg. Nr. 6012/F, 17.09.1986, 84/13/0198, 16.12.1986, 86/14/0077, und 06.03.1989, 88/15/0063) ist es auch im sozialversicherungsrechtlichen Haftungsverfahren Sache des haftungspflichtigen Geschäftsführers dazulegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Beitragsschulden rechtzeitig (zur Gänze) entrichtet wurden, und dafür entsprechende Beweisanbote zu erstatten. Denn ungeachtet der grundsätzlich amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde trifft denjenigen, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt - über die ihn stets allgemein treffende Behauptungslast im Verwaltungsverfahren hinaus - die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm deren Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden darf, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist (VwGH 13.03.1990, 89/08/0217).

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren keine Nachweise zur Gläubigergleichbehandlung erbracht. Er hat nicht einmal im Ansatz versucht darzulegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Beitragsschulden rechtzeitig entrichtet wurden und hat er auch keinerlei entsprechende Beweisangebote dafür erstattet, obwohl im Zeitpunkt des Entstehens der Rückstände der Beschwerdeführer für die ordnungsgemäße Entrichtung der Beiträge verantwortlich gewesen ist. Im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.10.2001, Zl. 98/08/0368 ist daher davon auszugehen, dass er seiner Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Gläubiger schuldhaft nicht nachgekommen ist. Da im Falle der Nichterbringung eines Nachweises der Gläubigergleichbehandlung der Vertreter der Beitragsschuldnerin konsequenterweise auch für die von der Haftung betroffenen Beitragsschulden zur Gänze haftet (vgl. nochmals VwGH, 04.10.2001, Zl. 98/08/0368), besteht die Haftung des Beschwerdeführers für die zur Nachverrechnung gelangten Beiträge im vorliegenden Fall sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht.

Dem Beschwerdevorbringen, wonach Mag. XXXX und nicht der Beschwerdeführer der letzte Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin gewesen sei, ist entgegenzuhalten, dass - wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind - grundsätzlich alle für die Erfüllung der ihnen als gesetzlichen Vertretern auferlegten Pflichten haften (vgl. VwGH vom 20.04.2005, 2003/08/0243). Selbst wenn Mag. XXXX somit als letzter Geschäftsführer die Verantwortung übernommen hat, so ist dennoch festzuhalten, dass im Zeitpunkt des Entstehens der Rückstände gegenüber der WGKK der Beschwerdeführer für die rechtzeitige und ordnungsgemäße Entrichtung der Beiträge verantwortlich gewesen ist. Zwar wird die Haftung des neu bestellten Geschäftsführers für Beitragsrückstände, die vor seiner

Bestellung rückständig geworden sind, zu bejahen sein. Im Übrigen wird jedoch auf das Erkenntnis des VwGH vom 28.10.1998, Zl. 97/14/0160, verwiesen, wonach die Darlegungspflicht auch solche Haftungspflichtige trifft, die im Zeitpunkt der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Beiträge bei der Gesellschaft nicht mehr deren Vertreter sind. Dieser Pflicht ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen.

Gemäß § 83 ASVG gelten die Bestimmungen über die Haftung auch für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze. Weil die Pflichtverletzung des Vertreters dafür ursächlich ist, dass der Sozialversicherungsträger die Beitragszahlungen nicht ordnungsgemäß erhalten hat, hat dieser Vertreter auch die (anteiligen) Verzugszinsen als wirtschaftliches Äquivalent für die verspätete Zahlung - wie im vorliegenden Fall - zu tragen (vgl. Derntl a.a.O., § 67 Rz 104a).

Hinsichtlich der begehren Einsichtnahme in die Prüfungsunterlagen ist auszuführen, dass die WGKK zu Recht die Einsichtnahme verweigert hat, zumal der Beschwerdeführer nicht Partei jenes Verfahrens gewesen ist, sondern die Beitragsschuldnerin, welche aufgrund ihrer Löschung aus dem Firmenbuch nicht mehr existiert.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Dem Antrag des Beschwerdeführers die Rechtssache gemäß Art 89 Abs. 2 B-VG dem Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung vorzulegen ist nicht nachzukommen, weil das Bundesverwaltungsgericht keine Bedenken gegen die Anwendung des Gesetzes hat und darüber hinaus nicht zur Vorlage verpflichtet ist. Es ist darauf hinzuweisen, dass es dem Beschwerdeführer ohnehin offensteht, gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts den Verfassungsgerichtshof anzurufen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Geschäftsführer, Gleichbehandlung, Haftung, Nachweismangel,
Uneinbringlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W198.2183366.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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