Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Dr. Gert Seeber, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei I*****, vertreten durch Juridicom – Holzer, Kofler Mikosch, Kasper Rechtsanwälte OG in Klagenfurt am Wörthersee, wegen Unterlassung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 6. Dezember 2017, GZ 2 R 169/17t-27, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 24. August 2017, GZ 1 C 315/17v-21, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 626,52 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 104,42 EUR an USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Vorinstanzen verpflichteten die beklagte Hunde-(mit-)halterin, es zu unterlassen, ihren Hund so zu halten, dass dieser auf die klägerischen Grundstücke eindringen könne.
Das Berufungsgericht erkannte die Rechtsgrundlage dieses Unterlassungsanspruchs – im Widerspruch zur (überholten) E 1 Ob 23/99k, die als Anspruchsgrundlage § 364 Abs 2 ABGB anwendete – in § 523 ABGB und begründete dies mit der jüngeren Judikatur zur Frage, nach welchen Kriterien Tiere als Einwirkungen iSd § 364 Abs 2 ABGB zu qualifizieren sind. Gerade in den Entscheidungen der letzten Jahre habe auch der Oberste Gerichtshof erkennen lassen, dass es weniger bzw nicht allein auf die Größe des Tieres ankomme, sondern vielmehr auf dessen Beschaffenheit und Wesensart (5 Ob 138/11x [Katzen]) bzw dessen „faktische Beherrschbarkeit“ (10 Ob 52/11m [Hühner]). In dem Sinn seien die Kriterien des § 364 Abs 2 ABGB nur bei faktischer Unbeherrschbarkeit anzuwenden, nicht jedoch, wenn es dem Grundeigentümer und Halter eines „größeren“ Tieres – wobei diese Differenzierung nicht erst bei der Größe von Schafen oder Ziegen (wie zu 4 Ob 250/06b) vorzunehmen sei, sondern als Gegensatz zu kleinen Tieren wie Bienen, Fliegen, Tauben oder Mäusen zu sehen sei – unter Berücksichtigung von dessen Wesensart möglich sei, Vorkehrungen in einem zumutbaren Ausmaß zu treffen, um ein Eindringen auf das Nachbargrundstück zu verhindern. Liege somit eine Beherrschbarkeit vor, sei ein dennoch erfolgtes Eindringen nach § 523 ABGB untersagbar. Während bei Katzen faktische Unbeherrschbarkeit anzunehmen sei, treffe dies auf – auch kleine – Hunde nicht zu. Es ließ die ordentliche Revision zu, weil aktuelle Judikatur zur Rechtsgrundlage für die Abwehr des Eindringens von Hunden auf Nachbargrundstücken fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von der Beklagten erhobene Revision ist aus folgenden Gründen nicht zulässig.
1. Die Beklagte unterlässt es, die schlüssigen Überlegungen des Berufungsgerichts zur „neuen“ Anspruchsgrundlage zu widerlegen, sondern behauptet nur unbegründet, 1 Ob 23/99k sei „nicht überholt“, um im Anschluss darzustellen, dass die Rechtsansicht der Vorinstanzen im Widerspruch zu 1 Ob 23/99k stehe. Die Beklagte versucht also gar nicht aufzuzeigen, warum es sachgerechter sein sollte, auch Hunde weiter nach § 364 Abs 2 ABGB zu beurteilen oder warum Hunde nicht mit Schafen, Ziegen oder Hühnern vergleichbar sein sollten, wohl aber mit Katzen oder zB Bienen; eine Auseinandersetzung mit der vom Berufungsgericht ausführlich erörterten Frage, nach welchen Kriterien (kleine) Hunde als Einwirkung nach § 364 Abs 2 ABGB qualifiziert werden sollten, findet in der Revision somit nicht statt, obwohl allein darin die präjudizielle Rechtsfrage besteht.
2.1. Hat es der Revisionswerber unterlassen, entsprechend § 506 Abs 2 ZPO darzulegen, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint, ist damit die Rechtsrüge, die sich auf die bloße und nicht weiter ausgeführte Behauptung beschränkt, das Berufungsgericht habe die Sache rechtlich unrichtig beurteilt, nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS-Justiz RS0043605; RS0043603; RS0043272; RS0041719, jüngst 10 Ob 102/18h).
2.2. Dem Obersten Gerichtshof ist es deshalb verwehrt, auf die Rechtsrüge zur Anspruchsgrundlage einzugehen (RIS-Justiz RS0043605 [T1]; RS0043603 [T8]).
3. Ist somit die Grundlage des von der Klägerin erhobenen Anspruchs in § 523 ABGB zu sehen, fehlt es jenen Ausführungen der Revision, die ein Abgehen der Vorinstanzen von 1 Ob 23/99k aufzeigen wollen, an der Präjudizialität. Auch damit wird deshalb keine erhebliche Rechtsfrage dargestellt (RIS-Justiz RS0088931).
4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ABGB).
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50 und 41 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Textnummer
E122747European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00086.18W.0814.000Im RIS seit
05.10.2018Zuletzt aktualisiert am
07.01.2020