TE OGH 2018/9/13 12Os93/18w

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Veröffentlicht am 13.09.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. September 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ertl, LL.M., als Schriftführer in der Strafsache gegen Abidin I***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15 Abs 1, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Geschworenengericht vom 7. Mai 2018, GZ 23 Hv 7/18i-68, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Abidin I***** des Verbrechens des Mordes nach §§ 15 Abs 1, 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 25. August 2017 in W***** seine Ehegattin Tülin I***** vorsätzlich zu töten versucht, indem er mit einem der Art nach größeren, einschneidigen Küchenmesser mit breiter Klinge zumindest fünfmal mit voller Wucht auf ihren Ober- und Unterkörper sowie den rechten Arm einstach, wodurch sie eine Stichverletzung ausgehend von der rechten Achselhöhle mit einer Stichtiefe von 15 cm in die Weichteile der rechten Brustkorbhälfte, eine Stichverletzung im Oberbauch mit unregelmäßigen Wundrändern, eine Stichverletzung an der Außenseite des rechten Unterarms nahe dem Ellbogengelenk, eine tiefe Stichverletzung an der rechten Beckenhälfte mit Abbrechung der Messerspitze im rechten Beckenknochen sowie eine Schnittverletzung am rechten Zeigefinger mit Strecksehnendurchtrennung erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 5, Z 10a und Z 13 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 5) erfolgte die Abweisung des Antrags auf neuerliche Vernehmung der Zeugin Tülin I***** zum Beweis dafür, dass das Scheidungsbegehren vom Angeklagten und nicht von ihr ausging (ON 67 S 34), zu Recht, weil diesem nicht zu entnehmen war, weshalb die unmittelbar zuvor zu diesem Thema bereits Vernommene (ON 67 S 18 ff) von ihren bisherigen Angaben abweichen sollte und das Begehren demzufolge auf unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet war (RIS-Justiz RS0118444; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330). Außerdem ließ der Antrag nicht erkennen, dass er einen für die Schuld- oder Subsumtionsfrage erheblichen Umstand betrifft (RIS-Justiz RS0116503; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 321, 328).

Die in der Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde nachgetragenen Argumente als Versuch der nachträglichen Fundierung des Begehrens unterliegen dem Neuerungsverbot und sind damit unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618).

Die Tatsachenrüge (Z 10a) greift ihrem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen konstatierten Tatsachen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt   – wird dadurch nicht eröffnet (vgl RIS-Justiz RS0119583, RS0118780). Urteilsnichtigkeit nach § 345 Abs 1 Z 10a StPO ist daher gegeben, wenn die Laienrichter das ihnen nach § 258 Abs 2 zweiter Satz StPO iVm § 302 Abs 1 StPO gesetzlich zustehende Beweiswürdigungsermessen in geradezu unerträglicher Weise gebraucht haben und damit eine Fehlentscheidung bei der Beweisführung qualifiziert naheliegt (RIS-Justiz RS0119583 [T13]).

Mit ihrem Hinweis auf die einen Tötungsvorsatz leugnende Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung vermag die Rüge keine erheblichen Bedenken im dargestellten Sinn zu erwecken.

Aus dem zweiten und dritten Anwendungsfall der Z 13 des § 345 Abs 1 StPO kann nur die rechtsfehlerhafte Bewertung von Strafzumessungstatsachen bekämpft werden, nicht aber die Feststellung des Strafzumessungssachverhalts (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 680, vgl auch § 345 Rz 17; RIS-Justiz RS0099869). Dies verkennt die Beschwerde mit dem Einwand, es sei weiters (als erschwerend) berücksichtigt worden, dass der Nichtigkeitswerber die Tat nicht „spontan“ verübt hat, sondern seine Gattin mit der Absicht aufgesucht hat, diese zu töten, zumal er von Anfang an ein Küchenmesser und Arbeitshandschuhe bei sich trug (US 6), weil es sich dabei um eine „unstatthafte Vermutung des Gerichts zu Lasten des Angeklagten“ handle.

Aber auch der in eventu erhobene Vorwurf, diese Umstände stellten keinen gesetzlichen Erschwerungsgrund dar und seien daher zu Unrecht in die Strafbemessung einbezogen worden, übersieht die gesetzliche Anordnung des § 32 Abs 3 StGB, wonach die Strafe unter anderem dann umso strenger zu bemessen ist, je reiflicher der Täter seine Tat überlegt und je sorgfältiger er sie vorbereitet hat.

Der ebenfalls behauptete Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot scheitert schon daran, dass der Tatbestand des Mordes zwar bedingten Vorsatz, nicht jedoch frühzeitige Planung der Tat zur Voraussetzung hat (vgl RIS-Justiz RS0091003).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E122760

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00093.18W.0913.000

Im RIS seit

05.10.2018

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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