TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/25 99/07/0144

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Veröffentlicht am 25.11.1999
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §30 Abs1;
WRG 1959 §30 Abs2;
WRG 1959 §31;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde des F H in X, vertreten durch die Dr. Breitwieser Rechtsanwalts-Kommanditpartnerschaft in Bad Schallerbach, Johann-Strauß-Straße 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Juni 1999, Zl. Wa-104301/4-1999-Pan/Ze, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 2. April 1996 nahm die Bezirkshauptmannschaft Gmunden (BH) eine Überprüfung der Abwasserbeseitigung der Liegenschaft des Beschwerdeführers vor. Im Überprüfungsprotokoll ist Folgendes festgehalten:

"Art der Abwasserbeseitigung:

Seifenabscheider für die Grauwässer mit Überlauf in den Kanal

zum Lettenbach. Senkgrube für die WC-Abwässer."

Im anschließenden Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik heißt es, der Seifenabscheider sei wasserrechtlich nicht bewilligt. Er entspreche zwischenzeitlich nicht mehr dem Stand der Technik.

Die BH ersuchte die Abteilung Umweltschutz des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung um Abgabe einer Stellungnahme zu der Frage, ob durch die Ableitung der in einem Seifenabscheider vorgereinigten Grauwässer in einen Kanal zum Lettenbach im Sinne des § 32 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959 das Maß einer geringfügigen Einwirkung überschritten werde.

In ihrer gemeinsamen Stellungnahme vom 14. Juli 1997 kamen eine Amtssachverständige für Biologie und eine Amtssachverständige für Chemie zu dem Ergebnis, dass durch die Ableitung von Grauwässern, die nur in einem Seifenabscheider vorgereinigt werden, insbesondere bei einem Gewässer mit so geringer Wasserführung wie es der Lettenbach sei, zumindest lokal von einer mehr als geringfügigen Einwirkung ausgegangen werden müsse. Aus chemischer Sicht könne auch gesagt werden, dass ein Seifenabscheider nicht dem Stand der Technik hinsichtlich der Reinigung von "Grauwässern" entspreche.

Mit Bescheid vom 14. Jänner 1998 trug die BH dem Beschwerdeführer gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 in Verbindung mit § 32 leg. cit. auf, bis zum 31. Oktober 1998 die Einleitung der in einem Seifenabscheider vorgereinigten Grauwässer aus seiner Liegenschaft in einen Kanal und in weiterer Folge in den Lettenbach durch den Verschluss des Überlaufes der Abwasserbeseitigungsanlage in dauerhafter und flüssigkeitsdichter Form zu unterbinden.

Der Beschwerdeführer berief.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 17. Juni 1999 wies die belangte Behörde die Berufung ab und setzte die Leistungsfrist neu fest.

In der Begründung heißt es, unbestritten stehe fest, dass Grauwässer von der Liegenschaft des Beschwerdeführers über einen Seifenabscheider in den Lettenbach abgeleitet würden. Bei dieser Ableitung von Grauwässern handle es sich um eine bewilligungspflichtige Einwirkung auf ein Gewässer gemäß § 32 WRG 1959, da diese Wässer grundsätzlich einer dem Stand der Technik entsprechenden Vorreinigung unterzogen werden müssten, um keine nachteiligen Einwirkungen auf die Gewässerbeschaffenheit zu verursachen. Ohne entsprechende Vorreinigung seien Grauwässer geeignet, die Wasserzusammensetzung des Lettenbaches nicht nur unerheblich zu beeinflussen. Die Vorreinigung durch eine Seifenabscheideranlage entspreche nach dem Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik nicht dem Stand der Technik, sodass die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung nicht in Betracht komme, zumal der Lettenbach im gegenständlichen Bereich laut Gutachten der Amtssachverständigen für Biologie und Chemie nicht ständig Wasser führe und überhaupt jede Abwassereinleitung in dieses Gerinne unterbleiben sollte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, ein Ablehnungsrecht nach § 33a VwGG komme nicht in Betracht, da eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit der Bewilligungspflicht gemäß § 32 WRG 1959 und Grauwässern fehle.

In der Sache selbst bringt der Beschwerdeführer vor, die Feststellung im angefochtenen Bescheid, bei den Grauwässern handle es sich um eine bewilligungspflichtige Einwirkung auf den Lettenbach, werde auf die Stellungnahme der Abteilung Umweltschutz des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. Juli 1997 gestützt. In dieser Stellungnahme werde jedoch von den Gutachtern selbst ausgeführt, dass nicht nur die Grauwässer der Liegenschaft des Beschwerdeführers, sondern auch Grauwässer anderer Liegenschaften in den Kanal eingeleitet würden, welcher in den Lettenbach münde. Es hätten daher entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers die Ableitungsverhältnisse der verschiedenen Liegenschaften überprüft werden müssen. Es wäre zu erheben gewesen, in welchem Ausmaß Grauwässer von der Liegenschaft des Beschwerdeführers in den Kanal eingeleitet würden. Wäre den Anträgen des Beschwerdeführers Rechnung getragen worden, wäre überdies hervorgekommen, dass der Lettenbach durch Dritte verschmutzt werde. Die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, dass die Grauwässer der Liegenschaft des Beschwerdeführers den Lettenbach beeinträchtigten, basierten auf einer unrichtigen Beweiswürdigung. Auf Grund der Einleitung von Grauwässern dritter Verunreiniger sei diese Kausalität nicht feststellbar. Die belangte Behörde habe auch § 32 WRG 1959 falsch ausgelegt. Nur solche Einwirkungen, durch welche die Gesundheit von Mensch und Tier, die Verwendung von Grund- und Quellwasser als Trinkwasser, von Tagwässern zum Gemeingebrauch sowie zu gewerblichen Zwecken oder die Erhaltung von Fischwässern gefährdet und das Landschaftsbild beeinträchtigt oder sonstige fühlbare Schädigungen herbeigeführt würden, seien bewilligungspflichtig. Für die Bewilligungspflicht sei also nicht der von der belangten Behörde angesprochene Stand der Technik ausschlaggebend, sondern eine allfällige Beeinträchtigung der Gesundheit von Mensch und Tier etc. Zudem sei darauf abzustellen, ob die Bewilligung im öffentlichen Interesse gelegen sei. Dazu aber seien keine Beweise aufgenommen worden. Selbst wenn man eine Bewilligungspflicht annehme, sei kein öffentliches Interesse für die Bewilligung (gemeint wohl: für den wasserpolizeilichen Auftrag) gegeben. Da auch Dritte maßgebliche Grauwässer in den Lettenbach einleiteten, führe die Beeinträchtigung durch gegebenenfalls festgestellte Grauwässer des Beschwerdeführers keine gravierende Verunreinigung des Lettenbaches herbei. Der erteilte wasserpolizeiliche Auftrag sei auch nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers habe darauf vertrauen dürfen, dass mit der Erteilung der Baubewilligung für sein Wohnhaus auch die Abwasseranlage genehmigt sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Richtig ist, dass eine Ablehnung der Beschwerde nach § 33a VwGG nicht in Betracht kommt. Nach dieser Bestimmung können nämlich nur Beschwerden gegen Bescheide eines unabhängigen Verwaltungssenates abgelehnt werden. Die belangte Behörde ist aber kein unabhängiger Verwaltungssenat.

Das übrige Vorbringen des Beschwerdeführer erweist sich hingegen nicht als zutreffend.

Nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Unter einer "eigenmächtigen Neuerung" im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juli 1996, 94/07/0019, u.v.a.).

Nach § 32 Abs. 1 WRG 1959 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8) gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

Nach § 32 Abs. 2 bedarf nach Maßgabe des Abs. 1 einer Bewilligung insbesondere die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen.

Nach § 30 Abs. 1 WRG 1959 sind alle Gewässer einschließlich des Grundwassers im Rahmen des öffentlichen Interesses und nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen so rein zu halten, dass die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährdet, Grund- und Quellwasser als Trinkwasser verwendet, Tagwässer zum Gemeingebrauche sowie zu gewerblichen Zwecken benutzt, Fischwässer erhalten, Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und sonstige fühlbare Schädigungen vermieden werden können.

Nach § 30 Abs. 2 WRG 1959, auf welchen § 32 Abs. 1 leg. cit. verweist, wird unter Reinhaltung der Gewässer in diesem Bundesgesetze die Erhaltung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht (Wassergüte), unter Verunreinigung jede Beeinträchtigung dieser Beschaffenheit und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens verstanden.

Ob eine Gewässerverunreinigung gegeben ist, ist nach § 30 Abs. 2 und nicht nach der Zielnorm des § 30 Abs. 1 zu bestimmen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1996, 96/07/0151). Für die Frage, ob die Einleitung von Grauwässern in den Lettenbach durch den Beschwerdeführer eine Verletzung des § 32 WRG 1959 darstellt, bedurfte es daher keiner Ermittlungen darüber, ob damit Auswirkungen im Sinne des § 30 Abs. 1 WRG 1959 verbunden waren. Vielmehr kam es darauf an, ob die natürliche Beschaffenheit des Wassers beeinträchtigt wurde. Dass dies der Fall ist, wurde von den Amtssachverständigen festgestellt und entspricht auch allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Lettenbach bereits durch andere Einleiter beeinträchtigt ist. Das Reinhaltungsziel des § 30 WRG 1959 besteht nämlich unabhängig von der Wasserqualität und umfasst daher auch bereits beeinträchtigte Gewässer (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1996, 96/07/0151, u.a.). Der vom Beschwerdeführer beantragten Ermittlungen über andere Einleiter bedurfte es daher nicht.

Dass durch die Einleitung der Grauwässer aus der Liegenschaft des Beschwerdeführers in den Lettenbach eine nicht bloß geringfügige Einwirkung auf ein Gewässer herbeigeführt wird, ergibt sich ebenfalls aus den Sachverständigengutachten, denen der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist.

Warum der angefochtene Bescheid nicht mit Gemeinschaftsrecht vereinbar sein sollte, ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht näher erläutert.

Die Baubewilligung ersetzt nicht die wasserrechtliche Bewilligung; eine erforderliche Bewilligung kann auch nicht durch den guten Glauben daran, dass eine solche Bewilligung ohnehin nicht erforderlich wäre, ersetzt werden.

An der Reinhaltung von Gewässern besteht ein öffentliches Interesse (§ 105 Abs. 1 lit. e WRG 1959). Die Erteilung eines unbedingten wasserpolizeilichen Auftrages erfolgte daher zu Recht.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999070144.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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