TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/14 W117 1428321-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.08.2018
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Entscheidungsdatum

14.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W117 1428321-4/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Andreas Druckenthaner über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.10.2015, Zl. 820549907-1486122, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.05.2018, wie unter Spruchpunkt I. beschlossen:

I. Das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.09.2017, Zl. W117 1428321-3/13E, rechtskräftig abgeschlossene Verfahren wird - ausgenommen hinsichtlich Spruchpunkt IV. des genannten Erkenntnisses - auf Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2018 gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG wieder aufgenommen.

sowie unter Spruchpunkt II. bis III. zu Recht erkannt

II. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, und §§ 52, 46, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft dieser Entscheidung.

III. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein russischer Staatsbürger tschetschenischer Volksgruppen-zugehörigkeit aus der Region XXXX , stellte nach illegaler Einreise per Flugzeug aus Kairo kommend am 04.05.2012 gemeinsam mit seiner schwangeren Ehefrau (Beschwerdeführerin zu W117 1428322) in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 07.05.2012 gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund an, dass er im Jahr 2006 mehrmals von der russischen bzw. tschetschenischen Polizei mitgenommen, geschlagen und erniedrigt worden sei. 2009 sei er nach Polen und Frankreich und via Moskau zurück nach XXXX gefahren, als nach drei Wochen wieder die Polizei zu ihm gekommen sei, ihn geschlagen und gefragt habe, wie er in Polen gewesen sei. Ein guter Freund habe dem Beschwerdeführer geholfen, selbst bei der Polizei zu arbeiten beginnen zu können. Eine Woche später seien Leute vom FSB (höher als die Polizei) zu ihm gekommen seien, worauf der Beschwerdeführer Geld an diese bezahlt habe, damit er Ruhe habe, aber sie hätten ihn weiter geschlagen und nicht in Ruhe gelassen. Vor ca. einem Jahr (2011) habe der Beschwerdeführer mit einem Kollegen in einer Wohnung Reisepässe überprüft und dabei seien von seinen zwei Kollegen zwei unschuldige Leute umgebracht worden, worauf sich der Beschwerdeführer gegen seine Kollegen gestellt habe und diese ihm gesagt hätten, dass er das so machen müsse, wie sie wollten, wenn er bei der Polizei arbeiten wolle. Er habe gesehen, wie andere Leute unschuldig geschlagen und ihnen Suchtgift und Waffen unterschoben worden seien. Dafür hätten sie (die Kollegen) höhere Positionen bekommen und den Beschwerdeführer ausgelacht, weil er sich gegen die Tötung von Menschen ausgesprochen habe. Er habe dann brav mitgemacht und als er es nicht mehr ausgehalten habe, habe er ihnen gesagt, dass er sie beim EGMR anzeigen werde. Danach sei wieder der FSB gekommen und hätte ihm mitgeteilt, dass er nun alles verspielt habe. Am 21.03.2012 habe sein Cousin mit dem Auto des Beschwerdeführers bei einer Feier Bier holen wollen, als er von maskierten Leuten im Auto ermordet worden sei, was wahrscheinlich dem Beschwerdeführer gegolten habe. Er habe daraufhin beschlossen, seine Heimat zu verlassen und sei mit einem Freund nach Moskau gefahren, seine Frau sei dann mit dem Bus nachgekommen. Im Fall der Rückkehr befürchte er umgebracht zu werden.

Weiters gab er an, in XXXX in Dagestan geboren zu sein und dort von 1989 bis 1991 die Schule besucht zu haben, danach sei er von 1991 bis 1999 in XXXX zur Schule gegangen und habe von 2000/2001 bis 2006 dort auch die Universität besucht, jedoch nicht abgeschlossen. Er sei traditionell und standesamtlich verheiratet, seine erste Ehe sei vor ca. 3-4 Jahren am Gericht in XXXX geschieden worden. Neben Tschetschenisch spreche er noch Russisch und schlecht Englisch. Seine Eltern und Geschwister würden noch in XXXX leben, seine geschiedene Ehefrau und deren Tochter würden ebenfalls noch im Herkunftsstaat leben. In Österreich habe er einen Onkel und eine Cousine, drei Onkel des Beschwerdeführers würden schon seit ca. 8 Jahren in Frankreich leben. Er habe am 28.03.2012 sein Heimatland via Moskau mit seinem in XXXX ausgestellten Auslandsreisepass verlassen und sei nach Kairo geflogen, wo er sich 30 Tage bei einem bekannten Studenten aufgehalten habe, und sei von dort nach Wien geflogen. Bereits 2009 habe er in Polen Asyl beantragt und in Frankreich sei ihm gesagt worden, dass Polen für ihn zuständig sei. Er legte ua. seinen am 23.03.2011 ausgestellten Auslandsreisepass mit zwei ägyptischen Visa, einen Polizeiausweis und einen polnischen Ausweis vor.

Im Rahmen seiner Einvernahme beim Bundesasylamt am 19.06.2012 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass sein Vater Oberstleutnant bei der Polizei in XXXX gewesen und nun in Pension sei. Der Beschwerdeführer selbst sei Fahrer bei der Polizeihauptverwaltung gewesen; er sei Fahrer des Stellvertreters der Militärabteilung gewesen. Von seiner Ausbildung her sei der Beschwerdeführer Jurist. Er habe immer den namentlich genannten Stellvertreter der Abteilung für außeramtliche Bewachung zu Objekten chauffiert, wo dieser kontrolliert habe, wie die Bewachung durchgeführt werde. Seine Ehefrau habe keine eigenen Ausreisegründe oder Rückkehrbefürchtungen, sie werde natürlich auch seinetwegen gesucht. Im Fall der Rückkehr befürchte er Verfolgung bzw. Tötung durch die Beamten von der Polizei oder vom FSB. Er habe immer Probleme mit den Behörden gehabt. Von 01.09.2009 bis 02.01.2010 habe er sich in Polen und Frankreich aufgehalten. Er habe dort seine Probleme in XXXX (Dagestan) angegeben; er habe oft dorthin fahren müssen. Er habe keine innerstaatliche Fluchtalternative, weil er -inoffiziell- von den Polizisten gesucht werde und einen Meldezettel brauche. Der Beschwerdeführer befinde sich nicht in der Fahndungsliste. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab er zusammengefasst an, dass er von den Beamten der Abteilung gegen Terrorismus immer gedemütigt worden sei, weshalb er zur Polizei gegangen wäre. Daraufhin hätten ihn die Beamten der Abteilung für Terrorismus ausgenutzt und er habe für sie arbeiten müssen. Sie hätten ihn bei Durchsuchungen zu Objekten mitgenommen und er habe jemanden etwas unauffällig unterschieben sollen. Er habe auch verdeckt ermitteln müssen. Dann seien diese Beamten mit einem Durchsuchungsbefehl gekommen und hätten den Betroffenen vor die Wahl gestellt, ins Gefängnis zu gehen oder Schmiergeld zu bezahlen. Der Beschwerdeführer habe den Beamten vorgeworfen, dass sie statt Terroristen unbeteiligte Zivilisten getötet hätten. Er habe in XXXX (in der Region XXXX ) und manchmal in XXXX angeblichen Terroristen Waffen in die Hand drücken müssen, erstmals im April 2010. Der Beschwerdeführer habe an der Tötung von Personen nicht mitgewirkt. Er habe außerhalb seines Dienstes Leuten Waffen unterschoben. Falls er abgelehnt hätte, wäre er tot aufgefunden worden. Die daran beteiligten Personen würden zum FSB gehören und auch ein Untersuchungsrichter sei dabei gewesen. Der Beschwerdeführer sei ausgewählt worden, weil er seit 2006 unter besonderer Beobachtung stehe. Zum Vorhalt, dass er mehrmals unbehindert ausgereist sei, brachte er vor, das erste Mal in Ägypten auf Urlaub gewesen zu sein und dass er ohnehin wegen der Spione nicht dort hätte bleiben können. Er habe diese Vorfälle einem persönlich bekannten Beamten von der "Verwaltung für die eigene Sicherheit" informell erzählt. Er habe eine offizielle Untersuchung beantragen sollen und dann seien sie gekommen und hätten ihn am Tag der Antragstellung (in der Silvesternacht 2011/2012) nochmal zusammengeschlagen. Der Beschwerdeführer habe nach seinem Dienstausweis für den FGUP gearbeitet, welcher dem MWD unterstehe. Beim FGUP hätten die Polizisten nur Objekte bewacht, es sei ein Wachdienst gewesen.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.07.2012 wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen sowie das Vorbringen des Beschwerdeführers als unglaubwürdig erachtet.

Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 09.04.2013, Zl. D12 428321-1/2012/6E, Folge gegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs.2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen, da die Behörde die Ermittlungsergebnisse zum FGUP dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht sowie diesen nicht zu den vorgelegten Fotos seines Autos und den Videoaufnahmen befragt habe.

Im fortgesetzten Verfahren strengte das Bundesasylamt Internetrecherchen zum genannten Dienstgeber des Beschwerdeführers an, wonach die vom Beschwerdeführer namentlich genannten Vorgesetzten jedoch nicht beim FGUP sondern beim regionalen FGKU in XXXX beschäftigt sind, und erstellte entsprechende Länderfeststellungen für die jeweiligen Einheiten.

Im Zuge der Einvernahme beim Bundesasylamt am 14.05.2013 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er kürzlich erfahren habe, dass seine Freunde von der Sicherheitsbehörde im Kampf gegen den Terrorismus mitgenommen und über ihn befragt worden seien. Konkret kenne er nur mehr den Namen von XXXX XXXX , vom anderen wisse er den Namen nicht mehr. Er wiederholte beim FGUP beschäftigt gewesen zu sein und dass er einen Dienstausweis vorgelegt habe. Zum Vorhalt, dass er in der Beschwerde stets angegeben habe, beim FGKU tätig gewesen zu sein, brachte er vor, es sei nicht seine Schuld, wenn dort etwas Falsches geschrieben worden sei, er habe immer FGUP gesagt. Auf Nachfrage nannte er den Namen des Leiters des FGKU und behauptete, dieser sei der Leiter der Polizei für XXXX für die nichtbehördliche Bewachung und dass sie diesem unterstehen würden.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.06.2013 wurde der Antrag des BF vom 04.05.2012 neuerlich gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer eine Verfolgung im Sinne der GFK nicht glaubhaft gemacht habe und der vorgelegte Dienstausweis vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen, wonach in der Russischen Föderation jegliche Ausweise auf dem Schwarzmarkt leicht erhältlich seien, zwar durchaus echt erscheine, jedoch inhaltlich nicht als richtig erachtet werden könne. Zudem habe die Gattin des Beschwerdeführers im Widerspruch zu diesem angegeben, bis zur Ausreise in XXXX gearbeitet zu haben, und dass ihre tatsächliche Registrierung in XXXX ihren tatsächlichen Aufenthalt nicht beweise.

Am 24.06.2013 erklärte der Beschwerdeführer seine freiwillige Rückkehr in den Herkunftsstaat. Am 28.06.2013 wurde über ihn U-Haft wegen Erpressung verhängt.

Das gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.06.2013 anhängige Beschwerdeverfahren wurde am 18.09.2013 gemäß § 24 AsylG 2005 eingestellt.

Der Beschwerdeführer wurde am 08.11.2013 im Rahmen der Dublin-VO aus Slowenien rückübernommen und das Beschwerdeverfahren am 18.11.2013 fortgesetzt.

In der Folge erging der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.07.2014, Zl. W146 1428321-2/13E, womit der bekämpfte Bescheid neuerlich behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wurde. Dazu wurde in der Begründung zusammenfassend ausgeführt: "Die belangte Behörde wird also im fortgesetzten Verfahren die sich im Akt des Erstbeschwerdeführers befindlichen Internetauszüge (insbesondere AS 133, AS 371 und AS 373) von einem geeigneten Dolmetscher vollständig übersetzen lassen müssen sowie den vorgelegten Dienstausweis auf seine Echtheit überprüfen und ebenfalls übersetzen zu haben. Darüber hinaus wird die belangte Behörde zu klären haben, ob der Stellvertreter der Militärabteilung der FGUP den vom Erstbeschwerdeführer angegebenen Namen trägt. Anschließend wird die belangte Behörde dem Erstbeschwerdeführer die Ermittlungsergebnisse zur Kenntnis bringen zu haben und ihm Gelegenheit geben müssen, dazu Stellung zu nehmen. Insbesondere wird der Erstbeschwerdeführer auch zu seiner Sehschwäche zu befragen bzw. aufzufordern sein, entsprechende ärztliche Befunde vorzulegen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird den Beschwerdeführern auch aktuelle Länderfeststellungen vorhalten müssen und ihnen die Möglichkeit geben müssen, dazu Stellung zu nehmen."

Nach der Anfragebeantwortung vom 26.11.2014 zum Rechercheauftrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend den Beschwerdeführer hat sich dieser trotz seiner Meldung in XXXX zwischen 2007 und 2008 in Moskau aufgehalten und dort gearbeitet; er kehrte danach nach XXXX zurück, wo er einen Großhandel mit Holzprodukten gründete und als dessen Geschäftsführer fungierte; das Unternehmen wurde wegen schlechter wirtschaftlicher Entwicklung im Lauf des Jahres 2009 liquidiert. Von 2010 bis März 2012 war der Beschwerdeführer für das Innenministerium, Behörde XXXX als Fahrer der mobilen Abteilung für Sondereinsätze "Bewachung" beschäftigt. Diese Abteilung war für auswärtige Sondereinsätze tätig, wobei der Beschwerdeführer in der Freizeit fallweise Gelegenheitsarbeiten angenommen hat. Der vorgelegte Dienstausweis ist echt. Es hat sich kein Hinweis auf den vom Beschwerdeführer behaupteten Anschlag vom

21. oder 22.03.2012 in XXXX ergeben, der zum Tod des "Bruders" des Beschwerdeführers geführt hätte. Sodann wurden verschiedene andere Anschläge zwischen 2007 und 2014 in XXXX aufgelistet. Zusammengefasst wurde ua. dargelegt, dass sich zwar der Wohnort und die berufliche Tätigkeit sowie der Dienstausweis als zutreffend herausgestellt hätten, sich jedoch weder für den behaupteten Anschlag noch für die geschilderten Abläufe bei Sondereinsätzen Hinweise hätten eruieren lassen.

In seiner Stellungnahme vom 15.01.2015 führte der Beschwerdeführer aus, dass seine namentlich genannten Freunde entweder verhaftet worden oder verschwunden seien. Weiters finde sich auf der beigelegten CD ein Mitschnitt eines Gespräches zweier Frauen via Skype, wonach diese vom FSB nach dem Beschwerdeführer gefragt worden seien, was zeige, dass bei den Behörden nach wie vor Interesse an seiner Person bestehe.

Im Rahmen der Einvernahme im fortgesetzten Verfahren beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 16.03.2015 brachte der Beschwerdeführer auf Befragen im Wesentlichen vor, er könne nicht belegen, mit den von ihm in der Stellungnahme genannten Personen in Beziehung gestanden zu sein, jedoch gehe er davon aus, dass dies bei einer Anfrage bestätigt werden könne. Er befürchte im Fall der Rückkehr zu verschwinden. Dies gehe von der Abteilung zur Bekämpfung von Terrorismus in XXXX aus. Diese sei hinter ihm her, weil er geflüchtet sei und man ihm Waffen unterschoben habe - nein- der Beschwerdeführer sei von den Fahndungsbeamten der Abteilung zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus gezwungen worden, Waffen zu unterschieben. Seit 2009 sei er ständig mit dem Umbringen bedroht worden, auch schon vorher. Sie hätten auch damit gedroht, seine Familie einzubeziehen. Seine Frau sei einmal gegen Neujahr, glaublich 2009/2010 von ihnen gefragt worden. Alle anderen Familienmitglieder seien nur seinetwegen hier und hätten keine eigenen Asylgründe. Er habe von 2010 bis März 2012 bei der FGUP gearbeitet und nicht gekündigt. Zu dieser Zeit habe er auch noch ein Geschäft betrieben, einen Großhandel für Handys mit Sitz in XXXX , es sei gut gegangen und nicht auf ihn sondern auf einen Kollegen registriert gewesen. Das von den Polizisten des Öfteren verlangte Schutzgeld habe er bezahlt. Er habe Geld investiert und fallweise Telefone in XXXX eingekauft und ins Geschäft transportiert. Auf die Frage, warum die Terrorbekämpfer den Beschwerdeführer zur Verschleierung von Übergriffen herangezogen hätten, wich er zunächst mehrmals aus, und brachte schließlich vor, man habe ihn eingeschüchtert, er habe ja schon Probleme mit der Polizei gehabt. Der Beschwerdeführer habe den Leuten Waffen oder andere Dinge unterschoben, dann hätten die Behörden dies gefunden und es sei ein Betrag genannt worden, um das Verfahren an Ort und Stelle zu unterbinden. Es sei den Einsatzkräften darum gegangen, Geld zu lukrieren oder wenn nicht bezahlt worden sei, das Verfahren ans Gericht weiterzuleiten und einen Erfolg zu verbuchen. Diese Übergriffe und Einsätze hätten nur den Zweck der Gelderpressung gehabt. Der Beschwerdeführer habe kein Geld dafür bekommen. Dies habe nichts mit seiner Tätigkeit beim FGUP zu tun gehabt, er habe diese Tätigkeit parallel dazu in seiner Freizeit ausgeübt. Er habe auch mehrmals versucht, dies zu verweigern, worauf sie ihm gesagt hätten, dass er ja wissen müsse, was passiere. Zuletzt habe er Anfang März 2011 einen Konflikt mit ihnen gehabt, worauf am 22.03.2011 ein Überfall auf ihn organisiert worden sei, wobei sein Cousin gestorben sei. Danach sei er geflüchtet. Zum Vorhalt, dass er 2011 aus Ägypten zurückgekehrt und wieder nach XXXX gegangen sei, was nicht für eine bestehende Furcht vor Verfolgung spreche, gab der Beschwerdeführer an, er habe keine andere Möglichkeit gehabt. In Ägypten habe er keine Dokumente bekommen. Er sei dort bei der Polizei gewesen, aber diese habe sich nicht dafür interessiert, weil dort gerade ein Umsturz gewesen sei. Zum Vorhalt des Rechercheergebnisses, wonach kein Vorfall in XXXX eruiert werden konnte, bei dem jemand an der Stelle des Beschwerdeführers getötet worden wäre, beharrte dieser darauf, dass es diesen Vorfall gegeben habe. Zum Vorhalt der Existenz eines Zeugenschutzprogramms in der Russischen Föderation brachte der Beschwerdeführer vor, sich nicht an diese Behörde wenden zu wollen, weil man ihm nicht glauben würde. Er selbst sei nicht dabei gewesen, als einmal jemand getötet worden sei, er habe draußen gewartet. Er selbst sei sicher öfter als zwanzig Mal eingesetzt worden. Er sei bei der Tötung des Sohnes von XXXX persönlich anwesend gewesen, habe jedoch nicht mitgewirkt.

Das Verfahren zur Sachverhaltsdarstellung wegen schweren Auslandsstraftaten (§§ 144, 145 ua. Delikte StGB) vom 16.03.2015 wurde mit Beschluss der Staatsanwaltschaft vom 05.05.2015 gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt, weil es für die angezeigten Straftaten keine objektiven Beweisergebnisse mit Ausnahme der sich selbst belastenden Angaben des Beschwerdeführers gebe und auf Grund gleichgelagerter Fälle in der Vergangenheit lediglich von einem asylzweckbezogenen Vorbringen auszugehen sei.

Der Übersetzung der zum slowenischen Asylverfahren des Beschwerdeführers übersendeten Unterlagen über seine dort geltend gemachten Fluchtgründe ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass er als Fahrer bei der Abteilung für den Polizeischutz gearbeitet habe. In der Abteilung für Terrorismus und Extremismus sei es gängige Praxis, Einwohnern aus der muslimischen Bevölkerung Drogen, Waffen und Granaten unterzuschieben, worauf Hausdurchsuchungen erfolgt seien und die Einleitung von Strafverfahren. Um die Einleitung von Strafverfahren abzuwenden seien von den Betroffenen bis zu 500.000.- russische Rubel verlangt worden, da sie ansonsten eingesperrt worden wären. Er sei von den Bediensteten dieser Abteilung zur Beteiligung an diesen Aktionen gezwungen worden, indem ihm gesagt worden sei, er würde überall ausfindig gemacht werden. Sie hätten gewusst, dass der Beschwerdeführer ein Anhänger des salafistischen Islams sei, was man in Russland als radikalen Islam betrachte, und hätten ihn erpresst und ihm gedroht, ihn zu erschießen sowie ihm ebenfalls Waffen unterzuschieben und dass sie behaupten würden, dass er ein Salafist sei. Am 22.03.2012 habe er Streit mit ihnen gehabt und ihnen gesagt, sie sollten ihn töten und nicht mehr erpressen, worauf er ausgelacht worden sei. Am selben Tag sei auf seinen Wagen geschossen worden und am Abend desselben Tages sei der Beschwerdeführer nach Moskau geflohen. Alle in XXXX würden wissen, dass er sich in Österreich aufhalte und nur auf seine Abschiebung warten, um mit ihm abzurechnen. In Österreich würden mehrere Tschetschenen leben, welche ihn bedroht hätten, weil er bei der Polizei tätig gewesen sei. Da es keine direkten Drohungen gewesen seien, habe er sie nicht bei der Polizei anzeigen können. Weiters schilderte er, dass er sich in Österreich verfolgt fühle, vermutlich vom FSB (russischer Inlandsgeheimdienst). Seine Mutter habe ihm via Skype mitgeteilt, dass nachgefragt worden sei, wann der Beschwerdeführer aus Österreich zurückkommen werde. In der Russischen Föderation sei er nur wegen seines salafistischen Glaubensbekenntnisses verfolgt worden und wegen alledem, was er als Grund für seine Verfolgung angeben habe.

Mit Schreiben vom 20.05.2015 legte der Beschwerdeführer ua. eine CD vor, worauf die Frau von XXXX bestätige, dass der Beschwerdeführer ein Freund der Familie sei sowie Fotos vom Beschwerdeführer in Dienstuniform sowie vom genannten XXXX in Dienstuniform; dieser sei von den Sicherheitsbehörden inhaftiert und gefoltert worden. Die weiteren Fotos würden sein Dienstfahrzeug zeigen. Die Fotos seien von seiner Mutter via Skype übermittelt worden und stammten von seiner persönlichen Festplatte.

Mit Schreiben vom 22.06.2015 legte der Beschwerdeführer erneut eine CD vor, worauf die Schwester seines Bekannten XXXX zu sehen sei, welcher sich in Untersuchungshaft befinde, worauf diese die Freundschaft ihres Bruders mit dem Beschwerdeführer bestätige. Dieser sei von den Behörden wegen des Verdachts der Unterstützung von terroristischen Aktivitäten in Gewahrsam genommen und gefoltert worden.

Nach dem Aktenvermerk vom 25.09.2015 ergibt sich weder aus den vorgelegten CDs noch aus den dort genannten Links sowie den Fotos eine Verbindung zum Beschwerdeführer bzw. zu allfälligen Verfolgungsbehauptungen.

Mit Verfahrensanordnung vom 09.10.2015 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beigegeben.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.10.2015 wurde der seinerzeitige Antrag des Beschwerdeführers vom 04.05.2012 erneut gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen, ihm ein Aufenthaltstitel gemäß §§ 57 und 55 nicht erteilt, gemäß § 10 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß 3 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei sowie einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 die aufschiebende Wirkung aberkannt. Begründend wurde neben Länderfeststellungen auch festgestellt, dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe, eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft gemacht worden sei, die Staatsanwaltschaft sein Vorbringen als unwahr werte, der Beschwerdeführer persönlich nicht glaubhaft sei, dass er Rückkehrhilfe beantragt habe und die Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative gegeben sei; seine Familienangehörigen hätten keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht. Andere Fluchtgründe hätten sich im Verfahren nicht ergeben. Der Beschwerdeführer habe sich seit Verlassen seines Heimatstaates bereits in mehreren anderen Staaten in Sicherheit befunden, aber dort keinen Asylantrag gestellt oder weiteren Aufenthalt gesucht. Es sei ihm möglich, sich ungehindert in jedem anderen Teil seines Herkunftsstaates aufzuhalten, wo er über familiäre Beziehungen sowie soziale Kontakte verfüge. Er habe eine qualifizierte Bildung und sei im Herkunftsstaat stets erwerbstätig gewesen (staatliches Bewachungsunternehmen, selbständiger Handel). Der Beschwerdeführer sei gesund. Beweiswürdigend wurde zu den Fluchtgründen ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers Salafist zu sein -abgesehen von der Einstellung des Verfahrens bei der Staatsanwaltschaft - auch seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nicht als wahr erachtet werde, weil er im Zuge seiner ersten Einvernahme im Widerspruch dazu erklärt habe, er habe ua. deswegen nicht in Ägypten bleiben wollen, weil es dort "islamische Fundamentalisten" gebe und dass er keinen Kontakt zu extremistischen Gruppierungen gehabt habe. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten CDs seien nicht geeignet, den Beschwerdeführer in irgendeiner Weise mit festgenommenen Extremisten in Verbindung zu bringen. Insbesondere habe der Beschwerdeführer bei seiner letzten Einvernahme ausdrücklich vorgebracht, dass er ein Gegner des islamischen Staates sei, weil er mit solchen Banditen keinen Kontakt haben wolle, weshalb davon auszugehen sei, dass er niemals ein Naheverhältnis zu Salafisten oder derartigen Gruppierungen gehabt habe.

Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme bei der LPD XXXX am 16.10.2015 als Zeuge gab der Beschwerdeführer auf Befragen im Wesentlichen an, abwechselnd die türkische und die tschetschenische Moschee in Österreich zu besuchen, wobei der Imam der tschetschenischen Moschee Leute nach Syrien geschickt haben und im Gefängnis sitzen solle. Der Beschwerdeführer habe im Herkunftsstaat niemanden (Rebellen) unterstützt, sei aber verdächtigt worden, ein radikaler Islamist zu sein, weil er fünf Mal täglich gebetet habe. Wegen seiner speziellen Auslegung im Gebet, sei er auch als Radikaler bezeichnet worden. Es sei jedoch keines falls so, dass er den Islam radikal auslebe. Mit dem Wort Salafismus könne er wenig anfangen. Der Prophet habe vorgeschrieben, dass sie in einem Staat leben sollten, wo die Scharia gelte, allerdings sei die Frage, wo es so einen Staat gebe. Zum Islamischen Staat äußerte er sich sehr abwertend; dort gelte keine Scharia, dort würden alle umgebracht. Er verstehe nicht, dass Leute aus Mitteleuropa nach Syrien und in den Irak gehen, um sich dem islamischen Staat anzuschließen. Zum Besitz einer Gaspistole befragt, gab er an, dass er sich im Fall eines Angriffs wehren wolle, konkret aber von Niemandem bedroht werde und vor niemandem Angst habe.

In der vollumfänglichen Beschwerde des Beschwerdeführers und seiner Familienangehörigen vom 21.10.2015 brachte dieser vor, dass die Behörde den Ermittlungsaufträgen im Beschluss des BVwG vom 28.07.2014 nicht ausreichend nachgekommen sei. Es sei durch die behördlichen Recherchen seine Tätigkeit bei der FGUP von 2010 bis März 2012 bestätigt worden; unverständlich sei das Ermittlungsergebnis zum Tod seines Cousins. Im angefochtenen Bescheid fänden sich keine beweiswürdigenden Erläuterungen zu den Rechercheergebnissen bzw. zu deren Quellen. Die Länderfeststellungen seien nicht aktuell und würden sich wesentliche Teile auf Quellen aus dem Jahr 2013 beziehen, sodass sie nicht geeignet seien, "eine abschließende Beurteilung der Lage im Heimatland zu treffen". In der Folge wurde aus Berichten aus den Jahren 2011 bis 2015 zitiert. Zum Nichtvorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative wurde aus dem Erkenntnis des BVwG vom 22.09.2014, Zl. W221 1431320-1, zitiert, wonach regionale Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit haben würden, Personen auch in anderen Gebieten der Russischen Föderation in Gewahrsam zu nehmen und in ihre Heimatregion zu verbringen. Zur Beweiswürdigung wurde dargelegt, dass nicht nachvollziehbar sei, warum die Einstellung des Strafverfahrens Bindungswirkung in Bezug auf die Glaubwürdigkeit hinsichtlich einer GFK-relevanten Verfolgung entfalten sollte. Der Beschwerdeführer habe einzig in der Einvernahme in Slowenien angegeben, dass seine Glaubensüberzeugung ihm ebenfalls Probleme im Herkunftsstaat bereiten würde, und versuche die Behörde vermeintliche Widersprüche zu konstruieren, wobei die Behörde anscheinend pauschal Extremismus, Salafismus und Fundamentalismus gleichsetze, ohne den Beschwerdeführer jemals befragt zu haben, was er unter einem salafistischen Glaubensbekenntnis verstehe und inwiefern er dadurch im Herkunftsstaat gefährdet sei. Er habe in allen bisherigen Einvernahmen stringent und frei von Widersprüchen angegeben, dass ihm auf Grund der korrupten Machenschaften in der Abteilung zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus in XXXX , an denen er sich durch Zwang habe beteiligen müssen, Todesgefahr drohe. Der Beschwerdeführer habe in seinen Stellungnahmen der Behörde Zeitungsausschnitte, Fotos und Videomitschnitte vorgelegt, um einerseits sein Vorbringen zu belegen (etwa durch Fotos von sich in Uniform) und andererseits der Behörde bekannt zu geben, dass ihm nahestehende Personen entweder verschwunden oder von den Sicherheitsbehörden in Gewahrsam genommen worden seien. Damit habe er aber sein Vorbringen weder ausgetauscht, sondern vielmehr darauf aufmerksam gemacht, dass ihm nicht nur auf Grund seines vorrangigen Vorbringens, sondern auch auf Grund (seiner) Nähe zu den genannten Personen Gefahr im Heimatland drohe. Richtig sei, dass eine Sprecherin angebe, den Beschwerdeführer nicht persönlich zu kennen, aber dass ihr von ihrem Bruder, welcher wegen Terrorismusvorwürfen in Haft sei, bestätigt worden sei, dass der Beschwerdeführer ein Freund von ihm sei. Dem Beschwerdeführer drohe im Herkunftsstaat Verfolgung durch die Sicherheitsbehörden und könnte den Schutz des Heimatlandes nicht in Anspruch nehmen. Somit wäre den Beschwerdeführern internationaler Schutz zu gewähren gewesen.

Mit Beschluss des BVwG vom 09.11.2015, Zl. W189 1428321-3/2E ua., wurde den vorliegenden Beschwerden gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Am 30.08.2017 fand beim Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die russische Sprache eine mündliche Verhandlung statt, zu welcher der Beschwerdeführer (BF1), seine Ehefrau (BF2) und ihre Kinder (BF3 und BF 4) erschienen und ein Vertreter der Behörde entschuldigter Weise nicht teilnahm. Diese Verhandlung nahm folgenden Verlauf:

"RI befragt die bP, ob sie den Dolmetscher gut versteht; dies wird bejaht.

BF verzichtet ausdrücklich auf die Zuziehung eines Rechtsberaters.

[...]

RI befragt die beschwerdeführende Partei ob diese psychisch und physisch in der Lage ist, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen und an sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß beantworten?

BF: Mir geht es gesundheitlich gut. Meinen Kindern und meiner Gattin geht es auch gut.

[...]

R: Es wurde im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde ein Gutachten hinsichtlich Ihrer Tätigkeit der Russischen Föderation eingeholt. Das Gutachten stammt vom 26.04.2014. Da wurde Nachgefragt, was Sie dort gemacht haben, wo Sie dort gewohnt haben, ob Sie bei der Polizei waren und noch zahlreiche weitere Fragen. Das Rechercheergebnis damals war: Verlesen wird Gutachten S. 5 f.

BF: Dass der Experte geschrieben hat, dass ich von 2007-2008 in XXXX gelebt habe, ist nicht richtig. Ich habe immer in XXXX gelebt. Ich möchte den Experten dahingehend ergänzen, dass ich bei den Sondereinsätzen in der Stadt XXXX als Fahrer tätig war, aber nicht nur in der Stadt, sondern auch im Gebiet XXXX .

Hinsichtlich des Anschlages des 21/22. März 2012 in XXXX möchte ich anführen, dass das nicht mein Bruder sondern mein Cousin 3. Grades war.

D gibt an, dass hier ein Missverständnis vorliegen könnte, weil das Wort Cousin in der russischen Sprache, das Bruder enthält und das Wort Cousin heißt nämlich in der russischen Sprache wie folgt:

"Dwojurodnyj brat", und das Wort "brat" selbst heißt Bruder und das Wort ist auch in der Bezeichnung Cousin dabei.

BF: Ich möchte noch zum Gutachten festhalten, dass ich nie gesagt habe, dass meine Probleme mit meiner Arbeit zu tun haben.

Verlesen wird das Schreiben der Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft XXXX in Bezug auf die von der Verwaltungsbehörde angezeigten Straftaten, die der BF2 behauptet habe vor der Verwaltungsbehörde. Ich möchte betonen, dass ich nicht nur Zeuge war, sondern auch beteiligt gewesen bin. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren deswegen eingestellt, weil sie davon ausging, dass sie diese Angaben zur Verbesserung der Erfolgsaussichten im Asylverfahren tätigten.

BF: Das ist nicht richtig, ich möchte auch sagen, dass meine Freunde und Bekannten unter Schock stehen, dass gegen mich in Österreich ein Strafverfahren überhaupt eingeleitet wurde.

R: Kommen wir zu den, von Ihnen, vorgelegten Fotos.

BF: Das erste Foto zeigt meinen Freund XXXX , der von der Abteilung für Kampf gegen Terrorismus entführt wurde. Ich weiß das, weil seine Frau das allen seinen Freunden erzählt hat.

R: Warum hat man Ihn entführt?

BF: Das passiert, nähere Umstände kann ich nicht bekannt geben.

BF: Das Foto zwei zeigt mich ohne Bart. Foto 3 zeigt XXXX und XXXX , wir nennen ihn so, doch in seinem Pass steht XXXX . Die zweite Person hat mit mir nichts zu tun. Foto 4 zeigt XXXX und mich. Das Foto habe ich vorgelegt, weil mir der Referent vorgeworfen hat, dass ich lüge und nicht bei der Behörde gearbeitet habe, deswegen habe ich die Fotos vorgelegt, auf denen ich mit Uniform war. Ich hatte nämlich zwei Uniformen. Eine für Geschäftsreisen (diese ist grau) und eine Militäruniform. Foto 5 zeigt mich vor meinem Auto, das habe ich im Zusammenhang mit der Unterstellung des Referenten, dass der Vorfall mit dem Beschuss des Autos unglaubwürdig sei. Ich habe lediglich versucht ein Foto zu finden, wo mein Auto zu sehen ist das gilt auch für Foto Nr. 6

R: Kommen wir zu den DVD¿s. Ich habe mir diese angesehen und eine Person erzählt etwas.

BF: Die DvD 1 zeigt die Frau eines Freundes von mir, dem Waffen unterjubelt wurden. Er wurde dann des Terrorismus beschuldigt. Er sitzt nun im Gefängnis. Nach meiner Ausreise wurde mein ganzes Umfeld ins Gefängnis gebracht.

R: Warum?

BF: Das ist die Praxis in Nordkaukasus, man verlangt Geld und wenn derjenige nicht zahlt landet der im Gefängnis.

R: Sie sagten im Umfeld, dass das jede beliebige Person sein kann.

BF: Das was mit XXXX passiert ist, glaube ich, dass war wegen mir. Ich denke, sie wollten mich treffen.

R: Warum Sie?

BF: Weil ich die Straftaten dieser Leute kenne. Es ist meine Vermutung, dass es meinetwegen ist. Das ist nicht 100%.

R: Auf der DVD 2 hört man lediglich eine Frau sprechen. Zu sehen ist nichts.

BF: Das ist Frau XXXX . Das ist die Schwester eines guten Bekannten von mir. Er heißt XXXX , er sitzt auch im Gefängnis und auch das Verfahren gegen ihn wurde ebenfalls konstruiert. Der Fall von ihm ist dort sehr bekannt. Deswegen bekannt, da ihm die Polizei mit dem Kugelschreiber in sein Auge gefahren ist. All das was ich jetzt gesagt habe, können sie im Internet sehen, ebenso die genannten Namen können sie angeben.

R: Ja aber nur auf russischen Seiten?

BF: Nein. Ich kann auch auf internationale Seiten verweisen.

Es wird in der Verhandlung eine Recherche im Internet vorgenommen und ist auf der Seite

http://www.interpretermag.com/russia-update-ruble-recovers-from-financial-maidan-before-putins-speech/. Die Angeführte Person mit schwer verletztem Auge und entsprechenden Artikel in englischer Sprache zu lesen.

https://www.youtube.com/watch?v=JAEDvkwq0h0 festgehalten wird, dass auf der DVD auch eine entsprechende Youtube link angeführt ist.

BF: Alle Leute, die auf der DVD abgebildet sind, sind enge Freunde von mir. Es wurden ebenfalls Strafverfahren gegen diese Personen konstruiert. Die Frau sagt auf der DVD, XXXX , die jüngere Schwester von XXXX sagt auf der DVD, dass man auch nach mir, während ihres Verhöres gefragt hat. Sie haben verschiedene Namen gesagt und ebenso meinen.

D gibt Zusammengefasst zu dieser DVD an, dass die betreffende Person davon spricht, dass sie einvernommen wurde und während der Einvernahme auch nach den BF2 gefragt hat. Wobei sie auch 2x den Namen des BFs nennt. Das wäre einmal am Anfang und einmal am Ende der DVD.

BF: Die Leute, die ich da genannt habe, das möchte ich betonen, sind alle sehr bekannt und im Internet nachprüfbar.

R: Zur dritten DVD. Diese ist leider nicht abspielbar.

BF: Ich weiß nicht mehr, was sich auf dieser DVD befunden hat.

R: Kommen wir zu Ihren Angaben in Slowenien. Von wann bis wann haben Sie sich in Slowenien aufgehalten?

BF: Das war ungefähr vor 2 Jahren, ich weiß nicht mehr genau vielleicht länger, und ca. 40 Tage lang war ich in Slowenien.

R: Warum sind Sie nach Slowenien?

BF: Die Landesregierung in XXXX hat mich sehr schlecht behandelt. Ich durfte die Pension nicht länger als für drei Tage verlassen. Ich wurde verjagt und dann musste ich 3 1/2 Jahre auf der Straße übernachten, ich hatte kein Geld mehr um mir essen zu kaufen. Ich habe den Nachtzug nicht erreicht und habe den Chef gesagt, dass ich am nächsten Morgen, dem 4ten Tag kommen werde. Ich habe keinen Schlüssel bekommen. Ich habe die Landesregierung angefleht mir eine Unterkunft zu geben. Ich hätte stehlen müssen und davor bin ich nach Slowenien gegangen.

R: Dem BF werden seine Angaben in Slowenien vorgelesen.

BF: Ich möchte zu den Angeführten 500.000 Rubel angeben, dass es sich dabei um einen Durchschnittbetrag handelt, es wurden auch größere oder geringere Beträge verlangt. Eben nachdem, wie der Vermögensstand des betreffenden und seiner Familie war. Ich möchte Angeben, dass man mich nicht nur in meiner Region ausfindig gemacht hätte sondern auch in Weißrussland und in der Ukraine. Ich habe schon die Hoffnung, dass es besser wird. Ich möchte zu den in Slowenien angeführten, mich betreffenden Drohungen anführen, dass diese auch über das Internet erfolgte. Es gibt eine Seite die heißt Odnoklasniki.

D gibt an, dass es sich bei dieser Seite um eine Art Facebook-Kommunikationsseite handelt und, dass man sein Profil löschen könnte.

BF: Zu den von mir genannten, mich verfolgenden Burschen im Dorf Peggau, möchte ich anführen, dass diese extrem kurz geschorenes Haar hatten und slawisch-russisch ausschauten. Zu den beiden Personen möchte ich sagen, dass ich deswegen meine, dass es sich um Russen handelt, weil eine Person ein Wörterbuch mit der Aufschrift Russisch-Deutsch führte. Ich glaube, dass sie mich deshalb verfolgten, weil die Situation des Aussteigens aus dem Zug sehr merkwürdig war. Ich stieg nämlich erst ganz kurz bevor der Zug wieder anfuhr aus und die beiden Personen stiegen ebenfalls gerade noch aus. Ebenso meine ich, dass mich das Komitee nicht ausgelacht, aber mit einem Lächeln bedacht hat.

BF gibt an, dass die Angaben wie sie in Slowenien festgehalten wurden, der Wahrheit entsprechen.

R: In Slowenien haben sie ausdrücklich angeführt und heute bejaht, dass sie sich an solchen Aktionen des Unterjubelns von Waffen, Drogen, etc. beteiligt waren.

BF: Ja; ich wurde ja dazu gezwungen. Ich befand mich aber in einer außerordentlichen Notstandssituation, man hätte mich umgebracht oder mir auch etwas unterschoben und ich wäre geendet wie XXXX und viele andere, die mir nahe standen.

R: Sie haben in Slowenien angegeben, dass Sie Salafist seien, können sie das bitte konkretisieren?

BF: Bei uns zuhause gibt es zwei Religionsrichtungen. Die erste Religionsrichtung ist die des Kadirow und die anderen sind Sufiten. Die gehören also dem Sufismus an. Ein Kennzeichen ist, dass sie die Toten um Hilfe bitten. Ich bitte nur Gott um Hilfe und das ist der Unterschied. Ich möchte darauf verweisen, dass ich jede Nähe zum IS von mir weise. Das sind in meinen Augen Hunde. Hunde sind das deswegen weil sie andere Leute umbringen, verhöhnen. Ich habe Kontakt mit allen Religionen und für mich besteht da keine Problematik, weil wie kann ich in ein Land kommen und um Schutz suchen und dann dagegen sein. Mir haben ja auch mehr Christen geholfen als Moslems.

R: Kommen wir zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde und warum diese Ihnen kein Asyl gegeben hat. Die Verwaltungsbehörde führt aus, dass sie im Laufe des Verfahrens ihr Vorbringen steigerten, dass sie nachfolgend ein größeres Bedrohungsszenario darstellten, um Asyl zu erhalten.

BF: Ich habe immer das gleiche gesagt. Für mich bedeutet die Rückkehr in mein Heimaltland den Tod.

R: Die Verwaltungsbehörde wirft ihnen auch einen Widerspruch vor und zwar hätten sie einerseits angegeben in Ägypten geblieben zu sein, weil es dort islamische Fundamentalisten gäbe. Andererseits seien sie Salafist.

BF: Ich das gerade erklärt ich bin gegen die Fundamentalisten. Das ist doch offensichtlich. Ich habe doch beim Roten Kreuz. Nach Meinung der radikalen Islamisten könnte ich dort doch niemals arbeiten. Man kann ja nicht eine Kleidung mit einem Kreuz tragen. Ich habe auch eine Dienstkleidung mit einem Kreuz. Das ist ein Symbol und verboten.

R: Zu der einen Hördatei, wo Ihr Name genannt wurde führt die Verwaltungsbehörde aus, dass diese Person, XXXX , Ihren Namen nie gehört zu haben.

BF: Sie kennt mich persönlich auch nicht, und sie heißt auch nicht XXXX , sondern XXXX . Diese Frau spricht bei der Aufnahme mit Ihrer leiblichen Schwester, XXXX . Sie erzählt über ihre Probleme. Da ich mit der älteren Schwester in Verbindung bin, habe ich das von XXXX bekommen. Ich kenne diese Frau über ihren Bruder, XXXX .

R: Wie oft waren Sie eigentlich bei derartigen Taten beteiligt.

BF: Einige Male.

R: Wie wurden Sie eigentlich entlohnt?

BF: Ich habe selbst keinen Cent erhalten. Sie haben das untereinander geteilt. Ich hätte das Geld niemals genommen, auch wenn man es mir vorgeschlagen hätte.

R: Kommen wir zur Ländersituation. Die Menschenrechtslage in Kaukasus ist sehr bedenklich. Es finden sehr schwere Menschenrechtsbedingungen statt. Aber man kann jetzt nicht auf allgemeine Schlüsse ziehen, denn jeder Fall ist einzeln zu prüfen. Stimmen Sie dem zu?

BF: Nicht ganz, ich bin schon der Meinung, dass das Problem ein ganz allgemeines ist. Da genügt schon "blöd schauen" und bekommt Schwierigkeiten.

R: Kommen wir zu Ihrer Situation in Österreich. Sie sind 2012 in Österreich eingereist und wie lange waren Sie in Slowenien?

BF: Ca. 40 Tage, maximal.

R: Arbeiten Sie etwas in Österreich?

BF: Ja, ich arbeite schon seit 2 Jahren beim Roten Kreuz. Jeden Samstag von 12:00-20:00 Uhr. Manchmal von 08:30-20:30 Uhr. Meine Aufgabe hängt davon ab, womit man mich beauftragt. Ich bin Beifahrer beim Lebensmitteltransport.

R: Was machen Sie den Rest der Woche?

BF: Ich verrichte Gelegenheitsarbeiten unter der Geringfügigkeitsgrenze als Pizzalieferant gegen eine kleine Aufwandsentschädigung. Ich bekomme manchmal eine Pizza. Insgesamt bekomme ich in der Woche 15-20 Euro. Der Pizzalieferant würde mich ja dauerhaft nehmen, aber das geht nicht da ich Asylwerber bin. Ich bin auch zuhause und habe mich deswegen an die Gemeinde gewandt, damit die mir eine Arbeit gibt, zumindest an die Geringfügigkeitsgrenze heran. Die Gemeinde hat mir bis jetzt nicht geantwortet.

R: Was haben Sie für Zertifikate?

BF: Ich habe eine Bescheinigung vom RK über meine Tätigkeit und auch eine Einstellungszusage.

BF legt eine Mappe vor. Diese zeigt die erfolgreiche Teilnahme an einem Deutsch Kurs im Ausmaß von 17 Unterrichtseinheiten, eine Bestätigung über die Teilnahme an einen 16 stündigen Erste-Hilfe-Kurs, einen Führerschein der Gruppe B, Rep. Österreich, Unterstützungserklärungen, Außerdem eine Bestätigung Deutsch-Kurs A2.1 besucht zu haben.

BF gibt dazu an: Die Prüfung habe ich noch nicht gemacht.

Dem BF werden, nach Einsicht des Konvoluts, die Unterlagen wieder ausgefolgt.

BF gibt zur Integration weiters an: Ich verfüge auch schon über einen Österreichischen Bekannten- und Freundeskreis durch meine Pizzalieferungen und meiner Tätigkeit beim Roten Kreuz.

BF gibt zu BF3 an, dass dieser "zurückgeblieben" sei. Einer Behandlung dringend bedürfe. Diese aber ohne dauerhaften Aufenthalt nicht bekommt.

BF: Ich möchte aber sagen, dass auch wenn ich kein Asyl erhalte und Bsp. trotzdem hier bleiben darf, ich Angst habe zur russischen Botschaft mich zu begeben.

Die BF2 wird nun befragt.

R: Wissen Sie etwas über die Verfolgungssituation Ihres Mannes?

BF2: Nein, er erzählt mir das nicht. Ich habe selbst keine Asylgründe. Ich bin nur hier wegen der Asylgründe meines Mannes. Ich möchte, dass das Asyl, das hoffentlich meinem Mann erteilt wird, auch mir gegeben wird.

R: Kommen wir zu Ihrer Situation in Österreich. Haben Sie schon einen Deutsch Kurs besucht?

BF2: Ich habe immer wieder mit einem Kurs begonnen, aber nicht abgeschlossen.

R: Wie ist Ihr Tagesablauf?

BF2: Ich betreue die Kinder. Ich bin den ganzen Tag zuhause, aber ich gehe mit meinen Kindern und meinem Mann auch spazieren. Arbeiten tue ich nichts, wegen der Kinder, sie sind ja noch klein. Ich war mit meinem Gatten auch in Slowenien, und hielt mich dort ca. 40 Tage lang auf.

R: Kommen wir zu den Kindern.

BF2: Ich mache keine eigenen Asylgründe für meine Kinder. Sie sind in Österreich geboren. Ich möchte, dass ihnen derselbe Schutz zu kommt wie mir und meinem Gatten. Zu meinem Sohn, BF4, möchte ich angeben, dass er "zurückgeblieben" ist. Er braucht eine Logopädische Behandlung und er braucht eine spezielle Physiotherapie, da er Entwicklungsmotorisch zurückgeblieben ist. Er spricht schlecht, er kann sehr wenige Wörter. Ich weiß eigentlich nicht warum das so ist, die Geburt ist normal verlaufen.

R: Wenn Ihr Sohn und die Familie nach Tschetschenien zurückkehren müsste, wie wäre dann die Situation?

BF2: Ich kann mir das nicht vorstellen, ich würde für meinen Sohn keine Hilfe erhalten. Mein Sohn würde dann als "Dorfdepp" angesehen werden. Meine anderen Kinder sind gesund.

[...]"

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.09.2017, Zl. W117 1428321-3/13E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 09.10.2015, Zl. 820549907-1486122, hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 3 iVm § 6 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.), die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs.2 Z 1 AsylG 2005 abgewiesen werde (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation nicht zulässig sei (Duldung) (Spruchpunkt III.) sowie der Antrag auf Beigebung eines unentgeltlichen Verfahrenshelfers gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG, § 40 VwGVG und § 52 BFA-VG zurückgewiesen (Spruchpunkt IV.). Begründend ging das Bundesverwaltungsgericht davon ua. aus, dass der aus Dagestan stammende Beschwerdeführer während seiner Tätigkeit als Fahrer bei der Polizei in seiner Freizeit moslemischen Bürgern Waffen, Drogen oder Granaten zum Zweck der kriminellen Gelderpressung durch eine Antiterroreinheit unterschoben habe, bei der Ermordung von mindestens einer Person anwesend und damit Mittäter an ausschließlich kriminellen Handlungen gewesen sei. Es habe jedoch nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer gezwungenermaßen für diese Antiterroreinheit tätig geworden sei oder ein Cousin des Beschwerdeführers im März 2012 im Auto des Beschwerdeführers erschossen worden wäre. Ferner konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Anhänger der salafistischen Glaubensrichtung des Islam wäre und ihm im Herkunftsstaat Verfolgung aus religiösen Gründen drohe oder Freunde und Bekannte des Beschwerdeführers wegen seiner Ausreise im Herkunftsstaat verhaftet worden seien. Es wurde jedoch als glaubhaft erachtet, dass die russischen Behörden nach dem Beschwerdeführer gefragt hätten. Das Bundesverwaltungsgericht ging demzufolge davon aus, dass der Beschwerdeführer vor seiner Antragstellung auf internationalen Schutz in Österreich schwere nicht politisch motivierte Verbrechen begangen habe, womit er einen Ausschlussgrund nach Art. 1 Abschnitt F der GFK verwirklicht habe und er bei einer Rückkehr in die Russische Föderation mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung zu erwarten habe. Der Status des Asylberechtigten wurde dem Beschwerdeführer demzufolge nicht zuerkannt und ferner davon ausgegangen, dass ihm infolge des Vorliegens eines Aberkennungsgrundes auch subsidiärer Schutz nicht sondern lediglich eine Duldung gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 zuzusprechen gewesen sei.

Am 27.04.2018 langte beim Bundesamt die Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft vom 20.08.2018 von der Einstellung des Verfahrens gegen den Beschwerdeführer ein, weil der Beschwerdeführer seine sich selbst belastenden Angaben widerrufen habe. Der als Beilage übermittelten Beschuldigtenvernehmung bei der LPD XXXX vom 13.04.2018 ist zusammengefasst zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer im Alter von 4 Jahren nach XXXX übersiedelt sei. In XXXX habe er seine nunmehrige Ehefrau kennengelernt und sei mit ihr nach Österreich gekommen; sie hätten drei gemeinsame Kinder. Er lebe von der staatlichen Unterstützung seiner Ehefrau in Höhe von 1.500.- € inklusive Kinderbeihilfe. Er habe von 2010 bis 2012 als einfacher Fahrer bei der Polizeiwache in XXXX gearbeitet; er sei kein richtiger Polizeibeamter gewesen. Nach dem endgültigen Abbruch seines 2000 begonnenen und bereits einmal unterbrochenen Studiums im Jahre 2009 habe er wieder mit einem Italiener Handys verkauft und daneben im Wachdienst gearbeitet. Seine Probleme, welche zur Ausreise im Jahr 2012 nach Österreich geführt hätten, hätten im Jahr 2006 begonnen, und zwar mit Polizisten der Abteilung zur Bekämpfung des Terrorismus in XXXX , als das Haus seiner Verwandten in XXXX von ihnen gesprengt worden sei. Er habe im Asylverfahren schon ein bisschen übertrieben, es sei jedoch nicht alles gelogen, was er gesagt habe. Er habe sich in XXXX über diese Sprengung aufgeregt und sich über den Staat beschwert, worauf er von Polizisten abgeholt, massiv geschlagen und nach einigen Stunden wieder freigelassen worden sei. Eine Woche nach seiner Rückkehr nach XXXX sei ein Zivilauto in den Hof gekommen und er sei zur Polizeiabteilung XXXX , Abteilung für Inneres (ROVD) gebracht worden. Er sei zusammengeschlagen und gefragt worden, wieso er sich in Polizeiangelegenheiten einmische. Sie seien danach immer wieder zu ihm ins Geschäft gekommen und hätten aus ihrem Geschäft Waren mitgenommen, die ihnen gefallen hätten. Beim Versuch sich zu wehren, sei er gefragt worden, ob er denn etwa mit Drogen erwischt werden wolle. Bis zur Ausreise im Jahr 2012 seien sie alle zwei Wochen gekommen und hätten insbesondere neue Handymodelle mitgenommen. Von seinem Geschäftspartner wisse er nur, dass dieser XXXX heiße. Auf den Vorhalt, dass dies nach mehr als 10 Jahren Zusammenarbeit mehr als unglaubwürdig sei, blieb er ausdrücklich dabei. Die Firma sie auf dessen Freundin eingetragen gewesen. Eigentlich sei er gar nicht Geschäftspartner gewesen, sondern habe seine Handys auf Kommission dort gelassen und XXXX habe sie verkauft. Diese Handys habe er zuvor in XXXX gekauft. Die Polizisten hätten dem Beschwerdeführer auch jeweils das Geld, welches er bei sich gehabt habe, abgenommen. Meistens hätten sie ihn zu Hause aufgesucht, weil er dort die meisten Handys gehabt habe. Zu XXXX ins Geschäft seien sie eher selten gekommen und hätten auch keine Handys von ihm genommen. Es seien eigentlich immer dieselben 4 oder 5 Polizisten gewesen. Seinem Vater, der bei der Eisenbahnpolizei gewesen sei, habe der davon nichts erzählt. Es sei im Kaukasus ein offenes Geheimnis, dass jeder zweite Polizist korrupt sei. Es habe noch weitere Probleme gegeben. Insbesondere ab 2010 sei er von diesen vier oder fünf Polizisten zu verschiedenen Objekten gebracht worden, wo Zivilisten gewesen seien, welchen etwas untergeschoben wurde und der Beschwerdeführer habe unterschreiben müssen. Er wisse nichts Genaueres, er habe dort nur als Zeuge ein Protokoll unterschreiben müssen. Er habe nichts gelesen, teilweise habe er auch blanko unterschrieben. Zusammengefasst könne er angeben, dass alles, was er darüber hinaus bislang vor den österreichischen Behörden angegeben habe, nicht stimme. Dies sei alles übertrieben gewesen. Nur das was er nun angegeben habt, sei richtig. Die Angaben im Asylverfahren habe er gemacht, weil er nie wieder nach Hause fahren wolle; er würde dort getötet werden. Viele seiner damaligen Freunde seien inhaftiert oder getötet worden. Derartiges erfahre er laufend über soziale Medien. Er habe noch Kontakt in seine Heimat. Sein gleichnamiger Cousin, von dem er behauptet habe, dass er getötet worden sei, sei noch am Leben. Er habe das einfach so gesagt. Auch die Exekution eines Kindes habe er erfunden. Seine Frau sei im Herkunftsstaat nicht bedroht oder geschlagen worden. Ihm sei gedroht worden, dass sie umgebracht oder vergewaltigt werde, damit er weiterhin bezahle bzw. Handys hergebe. Er hätte sich nirgendwo anders in der russischen Föderation niederlassen können, er könne überall abgeholt und getötet werden. Er sei streng gläubiger Moslem und seine Frau trage ein Kopftuch. Der Islam schreibe die Bedeckung des Gesichtes nicht vor, dies würden nur Verrückte machen. Freitags besuche er hin und wieder die Moschee.

Infolgedessen wurde mit am 30.4.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten Schriftsatz des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom selben Tag die Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 32 VwGVG betreffend den Beschwerdeführer und seine Familienangehörigen, bezüglich des Beschwerdeführers wurde insbesondere die Wiederaufnahme gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG beantragt. Dies da er anlässlich seiner Einvernahme bei der Staatsanwaltschaft vorbrachte, dass er im Asylverfahren falsche Angaben gemacht habe, besonders was die Tötung seines gleichnamigen Cousins und eines Kindes betreffe. Jedoch entspreche es den Tatsachen, dass er durch die Polizisten regelmäßig zu Schutzgeldzahlungen erpresst worden sei bzw. er um Konsequenzen zu seiner Person zu entgehen als Zeuge falsche Aussagen unterfertigt habe, damit Dritten Straftaten unterstellt werden konnten. Da seitens der Staatsanwaltschaft das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer mangels Grund zur weiteren Verfolgung mit 20.04.2018 eingestellt worden sei und kein Grund für weitere Ermittlungen habe erkannt werden können, sei der verbleibende Sacherhalt nicht asylrelevant. Auch Gründe für die Gewährung von subsidiärem Schutz lägen nicht vor, weil der Beschwerdeführer deswegen nicht landesweist gesucht würde bzw. er Notstand geltend machen könne, da er zur Begehung der Straftaten gezwungen gewesen sei, um Schutzgelderpressungen zu entgehen, also er eine Haftstrafe nicht zu befürchten hätte. Abgesehen davon, sei sein Vorbringen aber auch nicht glaubwürdig, weil dem Recherchebericht zu entnehmen sei, dass er kein Handygeschäft sondern bis 2009 einen Holzhandel besessen habe und trotz angeblich jahrelangem Geschäft nicht einmal den Namen seines Geschäftspartners nennen konnte. Dass die russischen Behörden bei jahrelanger Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers nach ihm gefragt hätten, stelle keine intensive Verfolgung dar. Da er an keinen schweren strafbaren Handlungen beteiligt gewesen sei, wäre eine weitere Erpressung des Beschwerdeführers oder dass ihm selbst etwas unterschoben werde bzw. ihm eine strafrechtliche Verfolgung durch die russischen Behörden drohe - unwahrscheinlich. Demnach laufe der Beschwerdeführer nicht Gefahr, dass er in einer Art. 3 EMRK widersprechenden Weise durch eine Haft behandelt würde. Weiters würden Schutzgelderpressungen keine schweren Straftaten darstellen, könnten kaum erwiesen werden und würden sich die Erpresser kaum mit Aktivitäten gegen den Beschwerdeführer belasten. Darüber hinaus stehe es dem Beschwerdeführer frei, sich angesichts seiner erzwungenen Mittäterschaft an die ru

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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