Entscheidungsdatum
16.08.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W119 2117802-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Bangladesch, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Robert BITSCHE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23. 10. 2015, Zl 1000101500-14011100, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30. 7. 2018 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
In Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt III wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, iVm § 9 Absatz 3 BFA-VG idgF auf Dauer unzulässig ist.
Gemäß §§ 54 und 55 AsylG 2005 iVm § 9 und § 10 Integrationsgesetz, BGBl. I. Nr. 68/2017 idgF, wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 8. 1. 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung nach dem AsylG gab der Beschwerdeführer zunächst an, zehn Jahre die Schule besucht und danach keinen Beruf ausgeübt zu haben. Zu seinem Fluchtgrund führte er an, dass er Mitglied der BNP gewesen sei. Bei einer Demonstration sei er und andere Anhänger von der Polizei attackiert worden. Da auch andere Personen verletzt und Geschäfte beschädigt worden seien, habe es eine Anzeige gegen ihn gegeben.
Der Beschwerdeführer wurde am 30. 4. 2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) niederschriftlich einvernommen. Dort legte er eingangs zwei Anzeigen sowie zwei Haftbefehle vor. Weiters gab er an, bis zu seiner Ausreise in XXXX, Polizeiverwaltungsbezirk XXXX im Distrikt XXXX gelebt zu haben. Als am 5. 11. 2013 die erste Anzeige gegen ihn erstattet worden sei, habe er sich Gedanken über seine Ausreise gemacht. In Bangladesch würden seine Eltern und seine Geschwister leben. Er sei eingetragenes Mitglied der BNP, der Bangladesch Nationalitis Party, gewesen.
Er habe Bangladesch deshalb verlassen, weil er für die BNP politisch tätig gewesen und er deshalb von Mitgliedern der Awami League (AL) fälschlicherweise angezeigt worden sei. Deshalb er Bangladesch verlassen. In der Anzeige vom 5. 11. 2013 sei ihm vorgeworfen worden, dass er gemeinsam mit anderen Beschuldigten einen Beamten tätlich angegriffen habe, um ihn zu töten. In der Anzeige vom 25. 11. 2013 habe gestanden, dass er versucht haben solle, einen Häftling aus dem Polizeigewahrsam zu befreien. Auf die Frage, wie er von den beiden Haftbefehlen erfahren habe, gab er an, dass diese erst nach seiner Ausreise erlassen worden seien und er von seiner Familie darüber erfahren habe. Er wisse nicht, wie sein Vater zu den Haftbefehlen gelangt sei. Auf die Frage, wann er das erste Mal von der Polizei gesucht worden sei, gab er an, dass dies am 18. 4. 2014 erfolgt sei. Er sei zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht mehr in seiner Heimat gewesen. Es sei auch nur einmal nach ihm gesucht worden.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 23. 10. 2015, Zl 1000101500-14011100, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei, wobei gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III.).
Mit Verfahrensanordnung vom 27. 10. 2015 wurde dem Beschwerdeführer der Verein Menschenrechte als Rechtsberater von Amts wegen beigestellt.
Gegen diesen Bescheid erhob der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 16. 11. 2015 Beschwerde. Am 30. 7. 2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Das Bundesamt nahm an der Verhandlung als weitere Partei des Verfahrens entschuldigt nicht teil. Der Beschwerdeführer legte zunächst zahlreiche Empfehlungsschreiben, Unterlagen zu seiner selbständigen Erwerbstätigkeit, einen Arbeitsvorvertrag, eine Bescheinigung über einen Erste Hilfe Grundkurs, eine Bestätigung über seine Mitgliedschaft beim Roten Kreuz samt Mitgliedskarte, eine Bestätigung der Bangladesch-Österreichischen Gesellschaft, ein A2-Sprachzertifikat, einen Büchereiausweis sowie medizinische Befundberichte vor. Zu seinem Aufenthaltsort in Bangladesch befragt, gab er an, im Dorf XXXX im Polizeiverwaltungsbezirk XXXX im Distrikt XXXX gelebt zu haben. Er habe zu seinen Eltern ungefähr alle zwei bis drei Monate Kontakt. Er habe in Bangladesch eine Schulausbildung abgeschlossen. Im Jahr 2006 habe er begonnen sich für die Tätigkeiten der Bangladesch Nationalist Party (BNP) zu interessieren. Er sei seit dem 11. 6. 2007 eingetragenes Mitglied. Er habe jedoch keine Funktion innegehabt, er habe an Versammlungen und Veranstaltungen der Partei teilgenommen. Auf die Frage, warum gegen ihn eine Anzeige erstattet worden sei, gab er an, dass ihm unterstellt worden sei, die Regierungsarbeit behindert zu haben. Die Polizei habe eine Mitgliederliste besessen und als am 5. 11. 2013 eine Demonstration gegen die Awami League (AL) stattgefunden habe, sei es zu einem Aufeinandertreffen mit der Polizei gekommen. Es habe Ausschreitungen gegeben. Die Polizei habe die Mitgliederliste dazu benützt, gegen jene auf der Liste stehenden Leute vorzugehen. In weiterer Folge habe es eine Anklage gegen ihn gegeben. Zwei Tage nach der Erstellung der Anklageschrift sei die Polizei ins Dorf gekommen. Zunächst sei ein Polizist erschienen, zwei Wochen später seien circa 10 bis 50 Polizisten erschienen, die das Haus durchsucht und ihn ebenfalls gesucht hätten. Auf die Frage, warum er dies beim Bundesamt nicht erwähnt habe, gab er an, dies genauso angeführt zu haben. Auf Vorhalt, dass er beim Bundesamt angegeben habe, erst vom Haftbefehl erfahren zu haben, als er bereits das Land verlassen habe, gab er dazu völlig unzusammenhängend an, dass es zu dem Zeitpunkt keinen Haftbefehl gegeben habe, bis zur Ausstellung vergehe ein wenig Zeit. Auf die Frage, ob er bis zu seiner Ausreise keine Probleme mit den Polizeibehörden gehabt habe, bejahte er diese und gab begründend an, dass ihn die Polizeibehörden nicht gefunden hätten. Auf die Frage, was während der Anwesenheit der Polizeibehörden bei seinen Eltern passiert sei, gab er an, dass seine Eltern über die Anklageerhebung erfahren hätten und er als Beschuldigter geführt worden sei. Weiters sollten ihm seine Eltern für den Fall, dass sie Kontakt zu ihm hätten, mitteilen, dass er sich sofort stellen solle. Auf Vorhalt, dass er beim Bundesamt ausgesagt habe, dass ihn die Polizeibehörden erst nach seiner Ausreise gesucht hätten, gab er an, dass er dies nicht so gesagt habe. Als am 5. 11. 2013 eine Anklageschrift verfasst worden sei, hätten sie in seinem Wohnhaus nach ihm gesucht. Weil sie ihn nicht gefunden hätten, sei am 25. 11. 2013 eine zweite Anklage gegen ihn erhoben worden.
Zu seiner Nierenerkrankung gab er, dass er sich bereits in Bangladesch in Behandlung befunden habe.
Zu seinen in Österreich gesetzten integrativen Maßnahmen befragt, gab er an, dass er das Gewerbe der Hausbetreuung von April bis Dezember 2016 betrieben habe. Er führe seit über einem Jahr eine Beziehung zu einer luxemburgischen Staatsangehörigen, mit der er im gemeinsamen Haushalt lebe. Er wolle sie auch ehelichen. Er sei derzeit nicht erwerbstätig. Er werde jedoch durch seine berufstätige Freundin auch finanziell unterstützt. Er verfüge über einen Arbeitsvorvertrag. Er habe zahlreiche österreichische Freunde bzw Freundinnen.
Der rechtsfreundlichen Vertreterin des Beschwerdeführers wurden die Länderfeststellungen übergeben und ihr eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt.
Mit Schriftsatz vom 13. 8. 2018 führte diese aus, dass sich der Beschwerdeführer in Österreich nachhaltig integriert habe, er bereits selbständig erwerbstätig gewesen sei, über einen aufrechten Arbeitsvorvertrag verfüge und überdies eine Lebensgemeinschaft mit einer luxemburgischen Staatsangehörigen führe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch, gehört der bengalischen Bevölkerungsgruppe an und ist sunnitischen Glaubens. Er lebte im Dorf XXXX, im Polizeiverwaltungsbezirk XXXX des Distriktes XXXX. Dort absolvierte er eine zehnjährige Schulausbildung. Er übte in Bangladesch keine Erwerbstätigkeit aus.
Die Eltern des Beschwerdeführers, zu denen er regelmäßigen Kontakt hat, leben in Bangladesch.
Es kann weder festgestellt werden, dass sich der Beschwerdeführer politisch betätigt noch dass er einer politischen Partei angehört hat.
Der Beschwerdeführer ist nicht einer landesweiten Verfolgungsgefahr in Bangladesch ausgesetzt gewesen und wurde dort auch nicht strafrechtlich verfolgt.
Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung und es besteht auch kein längerfristiger Pflege- oder Rehabilitationsbedarf. Er leidet an einer Nierenerkrankung, die bereits in Bangladesch bestand und auch dort behandelt wurde.
Der Beschwerdeführer lebt seit Jänner 2014 im Bundesgebiet und war von April bis Dezember 2016 selbständig erwerbstätig (Gewerbe der Hausbetreuung). Nunmehr ist der Beschwerdeführer im Besitz eines aufrechten Arbeitsvorvertrages und einer Jobzusage. Der Beschwerdeführer verfügt über das A2-Sprachzertfikat für die deutsche Sprache und knüpfte auch freundschaftliche Beziehungen zu Österreichern. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin, einer luxemburgischen Staatsangehörigen, seit Jänner 2018 in einem gemeinsamen Haushalt. Er beabsichtigt diese auch zu ehelichen. Er lebt derzeit von der Unterstützung seiner Lebensgefährtin und der von ihm bezogenen Grundversorgung.
Überdies dokumentiert er seine Teilnahme am sozialen Leben in Österreich durch seine Mitgliedschaft beim Roten Kreuz, dem Abschluss eines Erste-Hilfe-Grundkurses, seine Teilnahme an der Bangladesch-österreichischen Gesellschaft und durch den Besitz eines Büchereiausweises. Zudem ist strafrechtlich unbescholten.
Zur Situation in Bangladesch:
Politische Lage
Bangladesch ist eine Volksrepublik (People' s Republic of Bangladesh) mit einer seit 1991 wieder geltenden parlamentarischen Demokratie als Regierungsform (GIZ 5.2017).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt Großteils zeremonielle Funktionen aus, die Macht liegt in den Händen des Premierministers als Regierungschef, der von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird. Der Premierminister, ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der 5-jährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige "Caretaker"-Regierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. GIZ 5.2017). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 5.2017). Aktuell hat Sheikh Hasina von der Awami League (AL) das Amt der Premierministerin inne (ÖB New Delhi 12.2016)
Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten Abgeordneten (ÖB New Delhi 12.2016) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 14.1.2016). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der "Caretaker"-Regierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB New Delhi 12.2016).
Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind stark politisiert und parteipolitisch durchdrungen (AA 3.2017a). AL und BNP werden quasi-dynastisch von Sheikh Hasina und Begum Khaleda Zia geführt, die das politische Vermächtnis ihrer ermordeten Männer fortführen und eine unangefochtene Machtstellung in ihrer jeweiligen Partei genießen. Sie beeinflussen den Kandidatenauswahlprozess für Partei- und Staatsämter und geben den Takt für die politischen Auseinandersetzungen vor. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks (Hartals) großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 5.2017). Nennenswerte parlamentarische Stärke haben in der Vergangenheit sonst nur die Jatiya Party (JP) und die JI erzielt (GIZ 5.2017).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto jedoch die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten ist. Wie schon die Vorgängerregierungen, so baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in der Verwaltung, im Rechtswesen und im Militär aus. Auch im Regierungskabinett folgen Ernennungen und Umbesetzungen meist dem Prinzip der Patronage (GIZ 5.2017).
Bereits am 30.7.2011 hat das Parlament bei nur einer Gegenstimme, die BNP und ihre Verbündeten haben der Parlamentssitzung nicht beigewohnt, in der 15. Verfassungsänderung den Islam als Staatsreligion bestätigt, jedoch den Zusatz "Absolutes Vertrauen und der Glauben an den Allmächtigen Allah soll die Basis allen Handelns sein" aus der Verfassung gestrichen. Ungeachtet der ausgeprägten Leistungsdefizite staatlicher Institutionen, der undemokratischen innerparteilichen? Entscheidungsstrukturen und der in der letzten Dekade verstärkt gewalttätig ausgetragenen Parteienrivalität ist der Glauben an die Demokratie innerhalb der Bevölkerung ungebrochen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a).
Am 5.1.2014 boykottierte die BNP die 10. Parlamentswahlen wodurch die AL eine verfassungsändernde Mehrheit erreichen konnte. Weitere Sitze gingen an Koalitionspartner der AL. Die sehr geringe Wahlbeteiligung von nur ca. 30% bei den Parlamentswahlen 2014 ist auf den Wahlboykott der Opposition zurückzuführen. Es gab Berichte über massive Einschüchterungsversuche wahlbereiter Bürger seitens oppositioneller Gruppen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a). Am Wahltag wurden mindestens 21 Menschen getötet und über 130 Wahllokale in Brand gesetzt. Die Opposition reagierte bereits einen Tag nach den Wahlen mit Generalstreiks und in vielen Distrikten wurde über Attacken gegen ethnische und religiöse Minderheiten, v.a. Hindus, berichtet. Die AL versuchte mit gezielten Verhaftungen von Oppositionspolitikern den Druck auf das Regime zu schwächen (GIZ 5.2017).
Die verfassungsändernde Mehrheit im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration in den Händen der AL respektive der Regierung. Mit neuen Gesetzen zu Medien, Äußerungen im Internet, Absetzung von obersten Richtern und Förderung von NGOs aus dem Ausland wird diese Konzentration noch weiter verstärkt. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 3.2017a). Auch die BNP ist dadurch in der Defensive (GIZ 5.2017). Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 3.2017a). Mittlerweile wurden acht Todesurteile und mehrere lebenslange Haftstrafen ausgesprochen, sechs Hinrichtungen wurden vollstreckt. Dabei hat sich innerhalb der säkularen Zivilgesellschaft mit Blick auf das Kriegsverbrechertribunal ein grundlegender Dissens entwickelt: Während die einen auf rechtstaatliche Standards pochen und die Todesstrafe ablehnen, ist für andere, v.a. aus der urbanen Protestbewegung Shabagh, jedes Urteil unterhalb der Todesstrafe inakzeptabel (GIZ 5.2017).
Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 9.6.2017
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NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 9.6.2017
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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht
Sicherheitslage
Es gibt in Bangladesch keine Bürgerkriegsgebiete (AA 3.2017a).
Die Opposition organisierte Proteste und Straßenblockaden, unter denen die Wirtschaft leidet. Die Regierung reagiert mit Verhaftungen und mit Einschränkungen von Grundrechten. Sie will die öffentliche Ruhe mit allen Mitteln wiederherstellen. Die internationale Gemeinschaft verurteilte die Gewalt scharf und hat die Beteiligten zum Dialog aufgerufen (GIZ 5.2017).
Extremistische Gruppen, wie Jamaat-ul-Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansar al-Islam, die ihre Zugehörigkeit zu Daesh und Al Qaida auf dem indischen Subkontinent (AQIS) erklärten, haben Angriffe auf Angehörige religiöser Minderheiten, Akademiker, Ausländer, Menschenrechtsaktivisten und LGBTI-Personen, sowie weitere Gruppen durchgeführt (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). Medienberichten zufolge hat die Terrororganisation IS 2016 für 39 Morde die Verantwortung übernommen, der bengalische Al-Kaida-Ableger soll sich zu acht Taten bekannt haben (GIZ 5.2017). Die Sicherheitsbehörden waren zunächst nicht bereit, angemessene Schutzmaßnahmen zu veranlassen, gewährt aber in vielen Fällen inzwischen Personenschutz (AA 14.1.2016). Darüber hinaus kommt es regelmäßig zu intra- und interreligiöser Gewalt (AA 3.2017a; vgl. AI 22.2.2017). die Polizei tötete laut eigenen Angaben mindestens 45 mutmaßliche Terroristen in Schießereien (AI 22.2.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017
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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017
Rechtsschutz/Justizwesen
Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB New Delhi 12.2016).
Die Gerichtsbarkeit ist überlastet und sieht sich von vielen Seiten Versuchen der Einflussnahme ausgesetzt. (AA 3.2017a). Zusätzlich behindern Korruption und ein erheblicher Verfahrensrückstand das Gerichtssystem. Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017). Straffälle gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2017). Richter des Obersten Gerichtshofs haben des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB New Delhi 12.2016). Durch eine kürzlich erfolgte Verfassungsänderung hat nunmehr das Parlament das Recht, oberste Richter abzusetzen (AA 3.2017a).
Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB New Delhi 12.2016).
Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB New Delhi 12.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017
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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017
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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht
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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017
Sicherheitsbehörden
Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit und Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen. Diese Mechanismen werden aber nicht immer angewandt (USDOS 3.3.2017). Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 14.1.2016). Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Die Polizei hat Regeln für angemessene Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können (USDOS 3.3.2017).
Bangladeschs Sicherheitskräfte haben eine lange Geschichte von willkürlichen Verhaftungen, erzwungenem Verschwinden Lassen und außergerichtlichen Tötungen (HRW 12.1.2017). Obwohl gesetzlich verboten, gibt es Hinweise auf willkürliche Festnahmen, sowie auf die willkürliche Anwendung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen gemäß den Spezialgesetzen "Special Powers Act" und "Public Safety Act". Diese erlauben die 30-tägige Inhaftierung ohne Angabe von Gründen, um Taten zu verhindern, welche die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden. Nach 30 Tagen sind dem Angehaltenen die Haftgründe zu nennen, oder er muss entlassen werden. Die Praxis weicht davon ab. Die Arretierten haben keinen Anspruch auf einen Rechtsbeistand. Die davon hauptsächlich betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben (ÖB New Delhi 12.2016). Des Weiteren gibt es Berichte von Folter und anderen Missbräuchlichen Handlungen in Polizeigewahrsam. Der "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" von 2013 wird nur schleppend umgesetzt (AI 22.2.2017). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben (AA 14.1.2016).
Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten "Bangladesch Police", die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung:
Rapid Action Bataillons (RABs): Das Rapid Action Bataillon (RAB), gegründet 2004, untersteht dem Innenministerium. Es unterhält 14 Standorte in Bangladesch (RAB-1 bis RAB-14) (AA 14.1.2016) mit insgesamt ca. 8.500 Mann. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen und die Terrorabwehr (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. AA 14.1.2016). Die gut ausgebildeten und modern ausgerüsteten RABs sind hauptsächlich in den urbanen Zentren des Landes stationiert und verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete "Gang"-Mitglieder, was zu zahlreichen Tötungen während Schusswechseln führt. Auch im Zuge von Demonstrationen setzten die RABs neben Gummigeschossen scharfe Munition ein, was auch hier zu Todesopfern führte. Insgesamt starben seit der Gründung 2004 laut Schätzungen über 800 Personen entweder durch Schusswechsel oder in RAB-Gewahrsam, es kam jedoch bisher zu keinen Verurteilungen (ÖB New Delhi 12.2016).
Bangladesch Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leichtbewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB New Delhi 12.2016).
Bangladesch Rifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Innenministerium, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BDRs sind auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB New Delhi 12.2016).
Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches "Platoon" (32 Personen) geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sogenannte "Town Defence Parties" (ÖB New Delhi 12.2016).
Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 14.1.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 12.6.2017
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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht
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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017
Folter und unmenschliche Behandlung
Obwohl Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, durch die Verfassung und Gesetze wie der "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" von 2013, verboten sind, gibt es weiterhin Vorwürfe von Misshandlungen durch Sicherheitskräfte und Geheimdienste. Menschrechtsorganisationen berichten, dass in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 acht Personen zu Tode gefoltert wurden (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). Zusätzlich gab es 2016 laut Bericht von Odhikar 178 Fälle von außergerichtlichen Tötungen und 90 Fälle von erzwungenem Verschwinden Lassen (FH 1.2017).
Per Gesetz ist es Richtern möglich, über Verdächtige Untersuchungshaft zu verhängen, während Befragungen ohne Beisein eines Anwalts erfolgen können. Laut Menschrechtsorganisationen fanden viele Fälle von Folter in dieser Phase statt. Aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen kommt es selten zu Anzeigen, und folglich Bestrafungen oder Verurteilungen der verantwortlichen Sicherheitskräfte (USDOS 3.3.2017). 2013 hat sich mit der Praxis des "kneecapping" eine neue Art der Folter entwickelt. Dabei wird den Gefangenen in die Knie geschossen. Bei den Opfern, von denen einige invalide wurden, handelt es sich um Politiker, Journalisten und einfache Verdächtige. Diese Praxis hat auch 2016 angehalten (Odhikar 2017). Seit 2013 bis 2016 gab es 25 derartige Fälle (USDOS 3.3.2017)
Um Folter in Verwahrung zu reduzieren zu bekämpfen, hat der Oberste Gerichtshof Richtlinien für Strafverfolgungspersonal und Gerichte, bzgl. medizinischer Kontrollen und Ermittlungen zu Foltervorwürfen erlassen. Der Oberste Gerichtshof forderte außerdem die Regierung auf, einige Abschnitte des Strafprozessgesetzes zu ändern, um polizeilichen Missbrauch von Bürgern zu verringern (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017
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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017
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Odhikar (2017): BANGLADESH - Annual Human Rights Report 2016, http://1dgy051vgyxh41o8cj16kk7s19f2.wpengine.netdna-cdn.com/wp-content/uploads/2017/01/AHRR-2016_Eng.pdf, Zugriff 12.6.2017
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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017
Korruption
Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 14.1.2016). Auf dem Korruptionsindex von Transparency International belegte Bangladesch im Jahr 2016 den
145. von 176 Plätzen (TI 25.1.2017). Vor allem im Bereich der erstinstanzlichen Gerichte, der Gerichtsbediensteten, der öffentlichen Ankläger, der Magistrate und der Anwälte wird Korruption als ein weit verbreitetes Problem angesehen (ÖB New Delhi 12.2016). Laut einem Bericht von Transparency International Bangladesh (TIB) vom Juni 2016 haben 58 % der befragten Haushalte 2015 Bestechungsgeld gezahlt (USDOS 3.3.2017). Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden sowie die Rechtspflege genannt. Versicherungen, Banken und NRO genießen den besten Ruf (AA 14.1.2016).
Eine im Jahr 2013 erlassene Gesetzesänderung führte dazu, dass die Anti-Korruptions-Kommission (ACC) der Korruption verdächtigte Behördenbeschäftigte nur noch mit Zustimmung der Regierung anklagen darf. Faktisch hat die ACC in den vergangenen Jahren lediglich eine Handvoll von Regierungsvertretern angeklagt (AA 14.1.2016). Im Gegenzug wird der Regierung vorgeworfen den ACC für politisch motivierte Strafverfolgung zu nutzen (USDOS 3.3.2017). So nutzte die Regierung die ACC um gegen die oppositionelle BNP vorzugehen. Beispielsweise liefen 2016 gegen BNP Führerin Khaleda Zia Korruptionsermittlungen (FH 1.2017). Die Regierung setze auch Schritte um die weitverbreitete Polizeikorruption zu bekämpfen (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017
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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht
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TI - Transparency Index (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016,
https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 26.6.2017
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 28.6.2017
Wehrdienst und Rekrutierung
Bangladesch verfügt über eine Berufsarmee aus 260.000 aktiven und ca. 472.000 Reservesoldaten (AA 14.1.2016). Seit seiner Unabhängigkeit hat das Land keinen verpflichtenden Wehrdienst mehr, ein solcher ist allerdings im Bedarfsfall gesetzlich vorgesehen (ÖB New Delhi 12.2016). Staatsangehörige können im Alter von 16-19 Jahren einen freiwilligen Militärdienst ableisten, sofern der Abschluss der 10. Klasse nachgewiesen wird (AI 14.1.2016). Aufgrund der obligatorischen Ausbildungszeit kommen aber Unterachtzehnjährige jedoch nicht zu Kampfeinsätzen (ÖB New Delhi 12.2016). Seit 2013 können auch Frauen Wehrdienst leisten. Der erste weibliche Lehrgang graduierte 2015 (AI 14.1.2016).
Es gibt eigene Straftatbestände für Meuterei und Desertion, die im Kriegsfall nach dem "Army Act 1952" mit der Todesstrafe belegt werden können (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. AA 14.1.2016).
Es gibt keine Hinweise zu Zwangsrekrutierungen (ÖB New Delhi 12.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht
Allgemeine Menschenrechtslage
Bangladesch hat bisher zahlreiche UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert, u.a.:
* CAT - Convention against Torture and Other Cruel Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (ratifiziert 5.10.1998)
* CCPR - International Covenant on Civil and Political Rights (ratifiziert 6.9.2000)
* CEDAW - Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women (ratifiziert 6.11.1984)
* CERD - International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination (ratifiziert 11.6.1979)
* CESCR - International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (ratifiziert 5.10.1998)
* CMW - International Convention on the Protection of the Rights of All Migrant Workers and Members of Their Families (unterzeichnet 7.10.1998, beigetreten 24.8.2011)
* CRC - Convention on the Rights of the Child (unterzeichnet 26.1.1990, ratifiziert 3.8.1990)
* CRC-OP-AC - Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the involvement of children in armed conflict (unterzeichnet 6.9.2000, ratifiziert 6.9.2000)
* CRC-OP-SC - Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the sale of children child prostitution and child pornography (unterzeichnet 6.9.2000, ratifiziert 6.9.2000)
* CRPD - Convention on the Rights of Persons with Disabilities (unterzeichnet 9.5.2007, ratifiziert 30.11.2007)
* CRPD-OP - Optional protocol to the Convention on the Rights of Persons with Disabilities (akzeptiert 12.5.2008)
* CAT, Art.20 - Inquiry procedure under the Convention against Torture (akzeptiert 5.10.1998)
* CRPD-OP, Art.6-7 - Inquiry procedure under the Convention on the Rights of Persons with Disabilities (akzeptiert 12.5.2008) (UNHROHC 2017).
Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in ihrem Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum High Court offen. Die "National Human Rights Commission" wurde im Dezember 2007 unter dem "National Human Rights Commission Ordinance" von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB New Delhi 12.2016).
Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen zählen Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Internet und in der Presse, weitverbreitete Korruption, geringe justizielle Kapazitäten, geringe Unabhängigkeit der Justiz sowie langwierige Untersuchungshaft. Behörden haben wiederholt Persönlichkeitsrechte der Bürger verletzt (USDOS 3.3.2017).
Menschenrechtsverletzungen finden auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und der RABs statt (GIZ 5.2017). Dazu zählen außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwinden lassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen, Folter und weitere Gewaltausübungen durch Sicherheitskräfte, (USDOS 3.3.2017). In den ersten neun Monaten 2016 sollen nach Angaben der bengalischen Menschenrechtsorganisation Odhikar allein 118 Personen durch Strafverfolgungsbehörden getötet, acht Personen dabei zu Tode gefoltert bzw. geprügelt worden sein (GIZ 5.2017). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2000 Mitglieder der RABs wegen diverser Vergehen (ÖB New Delhi 12.2016).
Einige NGOs sind rechtlichen und informellen Einschränkungen ihrer Tätigkeiten ausgesetzt (USDOS 3.3.2017). Am 5. Oktober 2016 verabschiedete das Parlament den "Foreign Donation (Voluntary Activities) Regulation Act 2016", das die Arbeit von Organisation des Bürger- und politischen Rechts erschwert (UNHCR 15.5.2017). Das neue Gesetz verlangt die vorherige Zustimmung des Büros für NGO Angelegenheiten im Büro des Premierministers im Fall der Finanzierung durch ausländische Spenden (HRW 12.1.2017). Aufgrund von als abwertend angesehenen Meldungen oder Berichten über Regierungskörperschaften ist es nun möglich NGOs die Registrierung wieder zu entziehen. Kritischen Gruppen wurden Genehmigungen für Projekte nicht erteilt und sie sind Belästigung und Überwachung ausgesetzt (FH 1.2017). Die Kontrolle der Regierung über die Arbeit der NGOs ist dadurch signifikant gestiegen (AI 22.2.2017).
Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen bleibt ein Problem, vor allem für Kinder, die den Eintritt in eine öffentliche Schule anstreben. Fälle von gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten bestehen fort. Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung hat zugenommen (USDOS 3.3.2017).
Der "Information and Communication Technology Act 2006" (geändert 2009, 2013)" und der "Special Powers Act 1974" werden weiterhin als Instrumente der juristischen Belästigung von Regierungskritikern verwendet, die für ihre Kritik wegen Volksverhetzung inhaftiert werden können (UNHCR 15.5.2017).
Die Regierung unternimmt Anstrengungen den "Prevention and Suppression of Human Trafficking Act (PSHTA)" von 2012 umzusetzen, erreicht aber noch nicht die Minimalstandards zur Verhinderung von Menschenhandel. Für 2016 hat die Regierung 355 Opfer von Menschenhandel gemeldet (im Vergleich zu 1.815 bzw. 2.899 in den Jahren 2015 und 2014). Davon waren 212 Männer, 138 Frauen und fünf Kinder. 2016 wurden außerdem 122 Fälle von Sex- und 168 Fälle von Arbeitskräftehandel untersucht, sowie drei Menschenhändler zu 14 jährigen Haftstrafen verurteilt. Aufgrund kurzer und mangelhafter Untersuchungsdauern bleiben Verurteilungen jedoch selten (USDOS 27.6.2017).
Für Frauen und Kinder, die Opfer von Menschenhandel waren stellt die Regierung Zugang zu neun Mehrzweckunterkünften und Safe Häusern, die durch das Ministerium für soziale Wohlfahrt (MSW) verwaltet werden, zur Verfügung. NGOs kritisieren, dass die Unterstützung nicht ausreichend ist und die Gefahr neuerlich Opfer zu werden hoch ist. NGOs unterstützen männliche Opfer, bieten jedoch keine Unter