Entscheidungsdatum
21.08.2018Norm
BBG §40Spruch
W135 2203016-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Heinz TROMPISCH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 01.08.2018, betreffend den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Dem Beschwerdeführer wurde am 14.06.2010 ein bis 31.08.2016 befristet gewesener Behindertenpass ausgestellt, in welchem der Gesamtgrad der Behinderung mit 50 v.H. ausgewiesen wurde. Dem ausgewiesenen Grad der Behinderung lag ein internistisches Sachverständigengutachten vom 02.06.2010 zugrunde, in welchem unter Anwendung der Richtsatzverordnung die Funktionseinschränkung Seronegative Polyarthritis mit einem Grad der Behinderung von 50 v. H. eingeschätzt wurde. Aufgrund einer möglichen Besserung des Leidens wurde eine Nachuntersuchung im Juni 2012 empfohlen.
Der Beschwerdeführer brachte am 19.09.2017 den gegenständlichen Antrag auf Neuausstellung eines Behindertenpasses beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien (im Folgenden: belangte Behörde), ein und gab als vorliegende Gesundheitsschädigung Seronegative Polyarthritis an.
Mit Schreiben vom 20.10.2017 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde aufgefordert aktuelle Befunde vorzulegen, was der Beschwerdeführer nicht tat.
Die belangte Behörde befasste einen Arzt für Allgemeinmedizin mit der sachverständigen Einschätzung des Grades der Behinderung. In dem diesbezüglichen Gutachten vom 25.04.2018 wurde unter Anwendung der Einschätzungsverordnung, basierend auf einer persönlichen Begutachtung des Beschwerdeführers am 15.02.2018, Folgendes - hier in den für die Einschätzung des Grades der Behinderung maßgeblichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"Anamnese:
da der Antragwerber seinen Termin um 8:30h nicht wahrgenommen hat, weil er verschlafen hat, beginnt die Untersuchung erst um 11:30h,
Operationen: Tonsillektomie und Appendektomie ohne Folgeschaden,
Korrektur einer Nasenseptumdeviation 05/2017 im Krankenhaus XXXX mit nur geringfügiger Besserung der Ventilationsstörung durch die Nase, nach wie vor Ventilation beeinträchtigt, kein ständiges Therapieerfordernis,
Vorgutachten 06/2010 wegen seronegative Polyarthritis: 50% befristet bis 06/2012,
primär chronische Polyarthritis seit dem 11. Lebensjahr, Befall aller Gelenke insbesondere beider Kniegelenke und der Hüftgelenke beidseits, Medikation: Humira in 2-wöchigen Abständen, und Seractil forte 400 bei Bedarf, unter dieser Therapie ist eine Stabilisierung der Grunderkrankung eingetreten, keine Fieberschübe jedoch in der kalten Jahreszeit wiederholt auftretende Bagatellinfektionen, auch psychische Belastung, vorerst keine Medikation, keine Therapie, Erstvorstellung beim psychiatrischen Facharzt vom 22.02.2018,
Nikotin: 0, Alkohol: 0,
Derzeitige Beschwerden:
Im Vordergrund stehen Beschwerden von Seiten der Polyarthritis mit Befall die Knie- und Hüftgelenke, unter der Anwendung von Humira ist eine Stabilisierung eingetreten,
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Humira, Seractil forte 400,
Sozialanamnese:
nach Abschluss der Regelschule im Volks- und Gymnasium derzeit Studium der Bildungswissenschaften im 4. Semester, ledig, keine Kinder, Antragwerber lebt in einer Wohnung im 5. Stock mit Lift, zum Erreichen der Wohnung sind etwa 7 Stufen zu überwinden, kein Pflegegeld, Antragwerber bezieht erhöhte Kinderbeihilfe seit dem 12. Lebensjahr wegen seronegativer Polyarthritis,
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
keine
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
guter Allgemeinzustand
Ernährungszustand:
guter Ernährungszustand
Größe: 173,00 cm Gewicht: 82,00 kg Blutdruck: 125/70
Klinischer Status - Fachstatus:
Sauerstoffsättigung der Raumluft: pO2: 99%, Puls: 58/min, keine Ruhedyspnoe
Kopf: Zähne: o.B., Fernbrille, Sensorium frei, geringgradige Ventilationsstörung durch die Nase, Nervenaustrittspunkte unauff.,
Hals: keine Einflussstauung, Schilddrüse schluckverschieblich, Lymphknoten o.B.,
Thorax: symmetrisch, Gynäkomastie,
Herz: normal konfiguriert, Herztöne rein, keine pathologischen Geräusche,
Lunge: vesikuläres Atemgeräusch, Basen gut verschieblich, son. Klopfschall,
Wirbelsäule: Halswirbelsäule frei beweglich, Kinn-Jugulum-Abstand 2cm, seichte linkskonvexe Skoliose der Brustwirbelsäule, Fingerbodenabstand 10cm, thorakaler Schober 30/33cm, Ott: 10/14cm,
Abdomen: weich, über Thoraxniveau, Hepar und Lien nicht palpabel, keine Resistenz tastbar, blande Narbe nach Appendektomie,
Nierenlager: beidseits frei,
obere Extremität: frei beweglich, Globalfunktion und grobe Kraft beidseits erhalten, Nacken- und Kreuzgriff möglich,
untere Extremität: frei beweglich, freie Beweglichkeit der Kniegelenke bei festem Bandapparat, Umfang des re. Kniegelenkes:
37,5cm, (links: 36,5cm), keine signifikante Involutionsatrophie der Unterschenkelmuskulatur, Umfang des rechten Unterschenkels: 37,5cm (links: 37cm), keine Ödeme, keine trophischen Hautstörungen, Reflex lebhaft auslösbar, Babinski negativ, Zehenballen- und Fersengang möglich,
Gesamtmobilität - Gangbild:
unauff. Gangbild, keine Gehhilfe
Status Psychicus:
zeitlich und örtlich orientiert, ausgeglichene Stimmungslage, normale Kommunikation möglich,
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
seronegative Polyarthritis unterer Rahmensatz, da unter Therapie stabil und keine signifikante Funktionsstörung oder Gelenksdeformitäten fassbar; inkludiert Begleitdepression ohne einschlägiges Therapieerfordernis
02.02.02
30
2
Zustand nach Korrektur einer Nasenscheidewanddeviation unterer Rahmensatz, da gutes postoperatives Ergebnis und keine signifikante Atembehinderung nachweisbar
12.04.03
10
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden unter lf. Nr. 1) wird durch die Gesundheitsschädigung unter lf. Nr. 2) nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken besteht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
keine
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Leiden 1) hat sich durch adäquater Therapie stabilisiert und wird ohne Nachweis signifikanter Funktionsstörung oder Gelenksdeformität um 2 Stufen niedriger bewertet. Dies wirkt sich auf die Gesamteinschätzung aus. Durch das neu aufgenommene Leiden unter lf. Nr. 2) ist keine weitere Änderung der Gesamteinschätzung gerechtfertigt.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Durch die abweichende Beurteilung des Leidens unter lf. Nr. 1) ist die Herabsetzung der Gesamteinschätzung um 2 Stufen gerechtfertigt.
..."
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 04.05.2018 wurde dem Beschwerdeführer zum Ergebnis des ärztlichen Beweisverfahrens Parteiengehör gewährt und ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Mit am 28.05.2018 bei der belangten Behörde eingebrachtem Schreiben brachte der Beschwerdeführer vor, mit dem Ergebnis des eingeholten Gutachtens nicht zufrieden zu sein, weil ihm nicht mitgeteilt worden sei, Befunde zur Untersuchung mitzunehmen. Die Humira-Spritze habe der Beschwerdeführer nicht mitnehmen können, weil diese kühl gelagert werden müsse, was er dem Arzt auch mitgeteilt habe. Auch habe der Arzt trotz wiederholter Mitteilung seitens des Beschwerdeführers, dass er starke Einschränkungen der Beweglichkeit in den Hüftgelenken habe, diese nicht untersucht. Dass der Beschwerdeführer ständig Schmerzen in den Hüft- und Kniegelenken habe, sei ebenfalls nicht aufgezeichnet worden.
Die belangte Behörde legte die im Rahmen des Parteiengehörs erhobenen Einwände des Beschwerdeführers dem zuvor beigezogenen Sachverständigen mit dem Ersuchen um neuerliche Überprüfung vor. In seiner Stellungnahme vom 09.07.2015 führte der Arzt für Allgemeinmedizin Folgendes aus:
"Der Antragwerber ist mit der Einschätzung aus 02/2018 nicht einverstanden und wendet ein, dass Beschwerden an den Hüft- und Kniegelenken vorliegen und eine ständige Behandlung mit Humira erforderlich sei. Während der Anamneseerhebung hat sich der Antragwerber erkundigt, warum eine Befristung des Leidens unter lf. Nr. 1) im Vorgutachten vorgenommen worden sei. Ich habe ihn darüber aufklärt, dass im Vorgutachten wegen Besserungsfähigkeit des Leidens unter lf. Nr. 1) eine Nachuntersuchung vorgeschlagen wurde.
Es werden keine objektiven medizinischen Befunde vorgelegt, die ein höheres Funktionsdefizit ausweisen, als anlässlich der hierorts durchgeführten eingehenden klinischen Untersuchung ermittelt wurde und welche als Basis der Beurteilung der unter lf. Nr. 1) erfassten dauernden Gesundheitsschädigung diente.
Bei Fehlen abweichender medizinischer Befunde muss an der Einschätzung aus 02/2018 festgehalten werden."
Mit angefochtenem Bescheid vom 01.08.2018 stellte die belangte Behörde gemäß §§ 41 und 43 Bundesbehindertengesetz (BBG) fest, dass der Beschwerdeführer mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung des Bescheides verweist die belangte Behörde auf das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten, wonach der Grad der Behinderung nunmehr 30 v.H. betrage. Der Beschwerdeführerin sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Auf Grund der im Zuge des gewährten Parteiengehörs erhobenen Einwände sei eine abermalige Überprüfung durch den ärztlichen Sachverständigen durchgeführt und festgestellt worden, dass sich dadurch keine Änderung im Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ergeben hätte.
Gegen den Bescheid vom 01.08.2018 erhob der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 06.08.2017 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Der Beschwerdeführer bringt darin nochmals vor, dass der Arzt seine Gelenke nicht untersucht und dem Beschwerdeführer eine sehr lange Rede darüber gehalten habe, wie schlecht es finanziell um den Staat Österreich bestellt sei. Der Beschwerdeführer ersuche daher um erneute Untersuchung.
Die gegenständliche Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 08.08.2018 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer war von 14.06.2010 bis 31.08.2016 Inhaber eines gültigen Behindertenpasses, in welchem der Gesamtgrad der Behinderung mit 50 v.H. ausgewiesen war. Der Behindertenpass wurde dem Beschwerdeführer aufgrund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 02.06.2010 ausgestellt, in welchem die Funktionseinschränkung Seronegative Polyarthritis festgestellt und diese nach der damals anzuwendenden Richtsatzverordnung mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. eingeschätzt worden war.
Beim Beschwerdeführer liegen aktuell folgende Funktionseinschränkungen vor, wobei es sich bei der ersten Funktionseinschränkung um das führende Leiden handelt:
1. Seronegative Polyarthritis und
2. Zustand nach Korrektur einer Nasenscheidewanddeviation.
Zwischen dem führenden Leiden Nr. 1 und dem Leiden Nr. 2 besteht kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken.
Festgestellt wird, dass im Vergleich zum Vorgutachten vom 02.06.2010 eine Besserung des Leidens 1. eingetreten ist. Das Leiden Nr. 1 hat sich durch adäquate Therapie stabilisiert. Das neu aufgenommene Leiden Nr. 2 rechtfertigt keine weitere Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung.
Der beim Beschwerdeführer aktuell vorliegende Gesamtgrad der Behinderung beträgt daher 30 v.H.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Behindertenpass und die im Jahr 2010 beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen basieren auf dem Akteninhalt, insbesondere dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 02.06.2010.
Der aktuelle Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers von 30 v. H. basiert auf dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 25.04.2018. Darin wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß nunmehr vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Das Gutachten setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung und dem Zusammenwirken der nunmehr zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander.
Der allgemeinmedizinische Sachverständige nahm eine umfassende Untersuchung des Beschwerdeführers vor und schätzt den Grad der Behinderung nunmehr unter Heranziehung der anzuwendenden Einschätzungsverordnung mit 30 v.H. ein. Die führende Funktionseinschränkung Seronegative Polyarthritis wurde nunmehr der Position 02.02.02 (Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen geringen Grades) der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet, die beim Rahmensatz von 30 bis 40 v.H. die Parameter "Mäßige Funktionseinschränkungen, je nach Art und Umfang des Gelenkbefalles, geringe Krankheitsaktivität" aufweist. Der Sachverständige hat hier den unteren Rahmensatz von 30 v.H. gewählt und dies nachvollziehbar damit begründet, dass die Funktionseinschränkung unter Therapie stabil sei und keine signifikante Funktionsstörung oder Gelenksdeformitäten fassbar seien; in dem Rahmensatz sei auch die Begleitdepression ohne einschlägiges Therapieerfordernis inkludiert. Hinweise, dass der Zustand des Beschwerdeführers unter Therapie nicht stabil sei, finden sich nicht. Der Beschwerdeführer hat weder im Rahmen der Antragstellung noch im Rahmen der Beschwerde medizinische Befunde vorgelegt, die die Einschätzung des von der belangten Behörde beigezogenen Sachverständigen in Zweifel ziehen könnten. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass die Beweglichkeit seiner Hüft- und Kniegelenke eingeschränkt sei und er Schmerzen habe, ist festzuhalten, dass dies vom Beschwerdeführer auch im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung angegeben wurde und in die Beurteilung des Sachverständigen miteingeflossen ist (vgl. diesbezüglich auch die oben wiedergegebenen Parameter der gewählten Positionsnummer).
Auch die Funktionseinschränkung "Zustand nach Korrektur einer Nasenscheidewanddeviation" wurde ordnungsgemäß der Position 12.04.03 (Verengung der Nasengänge) zugeordnet und die Heranziehung des Rahmensatzes von 10 v.H. nachvollziehbar damit begründet, dass eine signifikante Atembehinderung nicht nachweisbar sei. Dass diese Funktionseinschränkung nicht ordnungsgemäß eingeschätzt worden wäre, wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.
Schließlich kann vor dem Hintergrund des Untersuchungsergebnisses und der Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Untersuchung auch die Beurteilung des Sachverständigen, dass sich das führende Leiden Seronegative Polyarthritis durch adäquate Therapie stabilisiert habe und ohne Nachweis signifikanter Funktionsstörung oder Gelenksdeformitäten nunmehr um zwei Stufen niedriger, somit mit 30 v.H. einzuschätzen sei, nachvollzogen werden; im Vorgutachten vom 02.06.2010 wurde auch explizit festgehalten, dass eine Besserung des Leidens möglich ist und wurde dem Beschwerdeführer aus diesem Grund auch ein befristeter Pass ausgestellt.
Das Bundesverwaltungsgericht findet daher keinen Anlass zur Annahme, dass das ärztliche Sachverständigengutachten vom 25.04.2018 mit den Erfahrungen des Lebens oder den Denkgesetzen in Widerspruch steht und es wird dieses daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.
Zu A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes, BGBl. 283/1990 idF BGBl. I 32/2018 (BBG), lauten:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigen Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§. 45 (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
..."
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) lauten auszugsweise:
"Behinderung
§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Grad der Behinderung
§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gesamtgrad der Behinderung
§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
-
sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
-
zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Grundlage der Einschätzung
§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten."
Auszugsweise aus der Anlage zur Einschätzungsverordnung:
"02.02 Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates
Es ist die resultierende Gesamtfunktionseinschränkung bei entzündlich rheumatischen Systemerkrankungen, degenerative rheumatischen Erkrankungen und systemischen Erkrankungen der Muskulatur einzuschätzen.
Falls sie mit Lähmungserscheinungen einhergehen, sind sie entsprechend den funktionellen Defiziten nach Abschnitt 04. "Neuromuskuläre Erkrankungen" im Kapitel "Nervensystem" zu beurteilen.
02.02.01
Mit funktionellen Auswirkungen geringen Grades
10 - 20 %
Leichte Beschwerden mit geringer Bewegungs- und Belastungseinschränkung
02.02.02
Mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades
30 - 40 %
Mäßige Funktionseinschränkungen, je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls, geringe Krankheitsaktivität
...
12.04 Nase
12.04.03
Verengung der Nasengänge
10 - 20 %
10 %: Ein- oder beidseitig bei leichter bis mäßiger Atembehinderung, Polypenbildung geringeren Ausmaßes 20 %: Doppelseitig bei starker Atembehinderung, Polypenbildung geringeren Ausmaßes
..."
Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das schlüssige Sachverständigengutachten vom 25.04.2018 zugrunde gelegt, aus welchem sich ergibt, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 30 v. H. beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden in dem Gutachten nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt 30 v.H. beträgt.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung der Leidenszustände ein neuer Antrag des Beschwerdeführers beim Sozialministeriumservice und damit eine neuerliche Prüfung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 25.04.2018, welches als schlüssig, vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei angesehen wird. Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der Beschwerde keinerlei medizinische Beweismittel vorgelegt, die das vorliegende Gutachten entkräften könnten. Auch wurde die mündliche Verhandlung in der Beschwerde nicht beantragt. Dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W135.2203016.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.10.2018