Entscheidungsdatum
21.08.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W135 2189423-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Heinz TROMPISCH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 09.01.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer ist seit 25.04.2003 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem ausgewiesenen Grad der Behinderung von 70 von Hundert (v.H.).
Im Jahr 2015 stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice (in der Folge: belangte Behörde) einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, welcher mit Bescheid der belangten Behörde vom 31.05.2016 abgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.03.2017, Zl. W141 2131430-1/8E, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer stellte am 28.05.2017 erneut einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass. Er führte hierzu aus, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtert habe und er nur noch mit Gehhilfen eine kurze Strecke zurücklegen könne.
Nach Aufforderung durch die belangte Behörde legte er in weiterer Folge ein Konvolut an medizinischen Befunden vor.
Zur Überprüfung des Antrags wurde von der belangten Behörde ein Gutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin eingeholt. Die Sachverständige gelangte in ihrem Gutachten vom 24.10.2017 auf Basis einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis, dass die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel medizinisch gesehen zuließen.
Am 03.01.2018 holte die belangte Behörde zusätzlich ein ergänzendes Aktengutachten der bereits befassten Ärztin für Allgemeinmedizin ein, das zu demselben Ergebnis führte.
Mit Bescheid vom 09.01.2018 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gemäß §§ 42 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) ab. Sie stützte den Bescheid auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens. Als Beilage zum Bescheid wurde dem Beschwerdeführer das ärztliche Sachverständigengutachten vom 03.01.2018 übermittelt.
Mit E-Mail vom 26.02.2018 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Er führte darin im Wesentlichen aus, dass der Bescheid im Widerspruch zu dem Pflegebescheid stehe, in welchem ein Pflegebedarf von 95 Stunden bescheinigt worden sei. Darin werde festgehalten, dass er ohne Hilfe keine Wegstrecken mehr zurücklegen könne. Es werde weiters in dem vorliegenden Gutachten der Morbus Bechterew bestätigt, jedoch nicht darauf eingegangen, dass der Verlauf dieser chronischen Autoimmunerkrankung in Schüben stattfinde. Das Gutachten eines Allgemeinmediziners sei daher anzuzweifeln. Auch nehme er ein Medikament namens Humira ein, welches bestimmte Reaktionen des körpereigenen Abwehrsystems unterdrücke. Da seine Krankheit chronisch sei, müsse er dieses Medikament ständig injiziert bekommen. Er bekomme daher leichter Infektionen. Die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel sei daher zu meiden, weil der Gesundheitszustand der Mitfahrenden nicht einschätzbar sei.
Der Beschwerdeführer beantragte weder die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, noch legte er weitere Befunde vor.
Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht am 15.03.2018 zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.04.2018 wurde dem Beschwerdeführer das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten vom 24.10.2017 zur Kenntnis gebracht und ihm eine Stellungnahmemöglichkeit eingeräumt, welche der Beschwerdeführer ungenützt ließ.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses mit einem aktuell festgestellten Grad der Behinderung von 70 v. H.
Bei dem Beschwerdeführer liegen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden, vor:
1) Taubheit beidseits, Cochlea-Implantat 2003
2) Generalisierte Erkrankung des Bewegungsapparates, Morbus Bechterew HLA-B27 positiv (ED 11/2015), Spondylitis ankylosans, Coxarthrose beidseits;
3) Lendenwirbelsäulen Syndrom bei Bandscheibenprolaps L3-S1, Deckplattenimpression mittlere und untere Brustwirbelsäule, Osteoporose berücksichtigt.
Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer eine Wegstrecke von 300 bis 400 Metern ohne fremde Hilfe zurücklegen kann und das Ein- und Aussteigen, das Anhalten sowie die Beförderung in sich bewegenden öffentlichen Verkehrsmitteln möglich sind. Es liegt keine höhergradige Funktionsstörung des Stütz- und Bewegungsapparates vor.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zum Vorliegen eines Behindertenpasses ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zu Art, Ausmaß und Auswirkungen der Funktionseinschränkungen gründen sich auf das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 24.10.2017 samt ergänzendem Aktengutachten vom 03.01.2018, das nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erging. Das Gutachten beinhaltet einen ausführlichen Untersuchungsbefund, der mit der gutachterlichen Beurteilung übereinstimmt und unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde erstellt wurde. Es wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß sowie deren Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vollständig, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen.
Hinsichtlich der nach Art und Schwere festgestellten Gesundheitsschädigungen ergaben sich den Gutachten zufolge keine Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Einschränkungen von Funktionen der unteren Extremitäten. Die Sachverständige beschreibt nachvollziehbar, dass die durch den Morbus Bechterew ausgelösten Beschwerden bei der Beurteilung entsprechend berücksichtigt wurden, jedoch keine höhergradige Einschränkung der Gehleistung objektivierbar war. Weiters bestehen keine relevanten sensorischen oder motorischen Ausfälle und der Beschwerdeführer ist nicht sturzgefährdet. Im Rahmen der Untersuchung war der Beschwerdeführer in der Lage einen Fersen- und Zehenspitzenstand mit Anhalten vorzuzeigen. Im Sitzen und Stehen war ein aktives Heben der unteren Extremitäten möglich. Auch die Sensibilität und Kraft waren nicht eingeschränkt. Das Gangbild gestaltete sich ohne Stützkrücken normalschrittig, sicher und frei. Auch der Transfer auf die Untersuchungsliege war eigenständig durchführbar. Es konnte auch keine Einschränkung der Standhaftigkeit erhoben werden. Die Wirbelsäule war weder klopfdolent noch druckdolent und seitlich frei beweglich. Der Beschwerdeführer ist daher unter Berücksichtigung der bestehenden Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates in der Lage eine kurze Wegstrecke von 300 bis 400 Metern aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurücklegen. Eine Verbesserung der Wegstrecke wird zusätzlich durch die Verwendung von Hilfsmitteln, wie Unterarmstützkrücken, erreicht. Das Ein- und Aussteigen in und aus einem öffentlichen Verkehrsmittel ist ebenso wie das Überwinden von Niveauunterschiede bis zu 30 cm möglich. Auch in dem Befund eines Krankenhauses vom 25.10.2016 werden die Gehfähigkeit und die Gelenke als normal beschrieben.
An den oberen Extremitäten konnten ebenfalls keine erheblichen Einschränkungen objektiviert werden: die Gelenke der oberen Extremitäten waren alle frei beweglich und es bestand eine gut ausgebildete Muskulatur. Der Nacken- und Schürzengriff war beidseits uneingeschränkt durchführbar. Im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung war ein selbstständiges An- und Auskleiden möglich. Bei ausreichender Kraft ist sohin ein sicheres Festhalten während des Transports gewährleistet.
Es konnte weiters keine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit objektiviert werden: Bei dem Beschwerdeführer besteht eine Vesikuläratmung und die Herzaktion gestaltet sich rhythmisch, rein und normocard.
Wenn der Beschwerdeführer moniert, dass das Medikament Humira sein Immunsystem herabsetzt und er deswegen die öffentlichen Verkehrsmittel nicht benutzen könne, so ist ihm entgegenzuhalten, dass dies den vorgelegten Befunden nicht entnommen werden kann.
Die Hörstörung führt ebenfalls zu keiner Einschränkung bei der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel.
Schließlich ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten nachvollziehbar auf den vorgelegten Befunden, der Anamnese als auch dem erhobenen Untersuchungsbefund basiert. Die bei der Begutachtung erhobenen Leidenszustände wurden hierbei entsprechend berücksichtigt.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen insgesamt keine Zweifel an der Vollständigkeit, Schlüssigkeit und Richtigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens samt Ergänzung. Es findet auch keinen Anlass zur Annahme, dass das Sachverständigengutachten mit den Erfahrungen des Lebens oder den Denkgesetzen in Widerspruch steht und legt es daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.
Zu A)
Gemäß § 42 Abs. 1 zweiter Satz BBG können im Behindertenpass auf Antrag des behinderten Menschen zusätzliche Eintragungen vorgenommen werden, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen.
Gemäß § 45 Abs. 1 leg.cit. sind Anträge auf Vornahme einer Zusatzeintragung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) einzubringen.
Nach § 47 leg.cit. ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
In Ausübung dieser Ermächtigung wurde die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, erlassen.
Der für die hier begehrte Zusatzeintragung relevante § 1 Abs. 4 Z 3 der zitierten Verordnung hat folgenden Wortlaut:
"§ 1 ...
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls
einzutragen: 1. ... 2. ...
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und - erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder - erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder - erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder - eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder - eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen."
In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 wird - soweit im Beschwerdefall relevant - Folgendes ausgeführt:
"§ 1 Abs. 2 Z 3:
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
...
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
-
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
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Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
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hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
-
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
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COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
-
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
-
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
-
Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
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hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
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schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
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nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
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anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),
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schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
-
fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
-
selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
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vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
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laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
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Kleinwuchs,
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gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
-
bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar."
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Von einer "kurzen Wegstrecke" geht der Verwaltungsgerichtshof unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse bei einer durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 bis 400 m aus (VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Schließlich kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie die Entfernung zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258; VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013 und VwGH 19.12.2017, Ra 2017/11/0288).
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde in dem auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers basierenden und einen ausführlichen Untersuchungsbefund beinhaltenden Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 24.10.2017 samt ergänzendem Aktengutachten vom 03.01.2018 nachvollziehbar verneint, dass im Fall des Beschwerdeführers - trotz der bei ihm unzweifelhaft vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und unter Berücksichtigung dieser - die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen. Beim Beschwerdeführer sind ausgehend von diesem Sachverständigengutachten aktuell keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen und unteren Extremitäten, aber auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen und auch nicht das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen objektiviert.
Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen des beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, nicht ausreichend substantiiert entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien und er hat im Rahmen der Beschwerde auch keine Unterlagen vorgelegt, die Hinweise auf ein zusätzliches Dauerleiden oder aber auf eine wesentliche Änderung gegenüber den bereits im Verfahren vor der belangten Behörde berücksichtigten Leiden ergeben würden.
Betreffend den Einwand in der Beschwerde, die sachverständige Begutachtung des Beschwerdeführers hätte durch einen Facharzt erfolgen müssen, ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen die Beiziehung von Ärzten eines bestimmten Fachbereiches nicht zwingend anordnet (vgl. VwGH 17.08.2016, Ra 2016/11/0095).
Da aus den dargelegten Gründen die Voraussetzungen für die gegenständliche Zusatzeintragung nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein), hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel betreffend den Beschwerdeführer unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen überprüft. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht ausreichend substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W135.2189423.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.10.2018