TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/23 W207 2174771-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.08.2018
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Entscheidungsdatum

23.08.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W207 2174771-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 02.10.2017, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte am 31.07.2017, bei der Behörde eingelangt am 01.08.2017, beim Sozialministeriumsservice (im Folgenden auch als belangte Behörde bezeichnet) den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Diesem Antrag legte der Beschwerdeführer einen Befund bezüglich einer Operation eines

näher genannten Krankenhauses vom 19.04.2001, einen Bericht eines

näher genannten Krankenhauses vom 31.03.2003, einen Kurzbrief eines näher genannten Krankenhauses vom 28.07.2012, einen Patientenbrief eines näher genannten Krankenhauses vom 21.12.2016 und einen Bericht bezüglich einer orthopädischen Rehabilitation einer näher genannten Klinik vom 06.03.2017 bei.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Sachverständigengutachten vom 28.09.2017 wurde nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 28.09.2017 Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - ausgeführt:

"...

Anamnese:

Diskusprolaps L4/L5, OP 2001 und 2012

Teilstrumektomie 2003

12/2016 Knietotalendoprothese rechts, anschließend RZ P.

Derzeitige Beschwerden:

"Die meisten Schmerzen habe ich im rechten Kniegelenk nach etwa 3 h Arbeit, habe Tätigkeiten auch im Hocken zu verrichten, das Knie schwillt an und wird extrem dick, kann dann nicht mehr belasten. Durch die Fehlbelastung habe ich zunehmend Schmerzen im linken Knie und teilweise auch in der Lendenwirbelsäule, teilweise Ausstrahlung in den linken Oberschenkel, tlw. taubes Gefühl. Nehme bei Bedarf Xefo. Derzeit mache ich keine Physiotherapie mehr."

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikamente: Xefo bei Bedarf, Mexalen oder Naprobene bei Bedarf, Euthyrox

Allergie:0

Nikotin: 0

Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. G.

Sozialanamnese:

Verheiratet, 2 erwachsene Kinder, lebt in Wohnung im 2. Stockwerk mit Lift. Berufsanamnese: Techniker Flughafen X

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Bericht RZ P. vom 6. 3. 2017 (Knietotalendoprothese rechts, Diskusprolaps L4/L5, OP 2001 und 2012, Teilstrumektomie 2003)

Befund neurologische Abteilung Krankenhaus B. vom 28.7. 2012 (Discusprolaps L4/L5, endoskopische Diskektomie L4/L5 links)

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut, 52 a

Ernährungszustand:

sehr gut

Größe: 185,00 cm Gewicht: 108,00 kg Blutdruck: 150/100

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.

Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu 1/2 möglich.

Die Beinachse ist im Lot. Annähernd symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlänge nicht ident, rechts - 1 cm.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Kniegelenk rechts: keine wesentliche Umfangsvermehrung, keine Überwärmung, kein Erguss, bandstabil, Patella mäßig verbacken.

Kniegelenk links: keine Umfangsvermehrung, keine Überwärmung, kein Erguss, bandstabil, Patella mäßig verbacken.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften S beidseits 0/110, IR/AR 20/0/40, Knie rechts 0/0/135, links 0/0/135, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Geringgradig Hartspann. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei. Narbe untere LWS median 3 cm.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: 10 cm, in allen Ebenen frei beweglich

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen, das Gangbild geringgradig rechts hinkend, etwas unelastisch. Gesamtmobilität unauffällig.

Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status Psychicus:

Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Knietotalendoprothese rechts Oberer Rahmensatz, da geringgradig eingeschränkte Beugefähigkeit bei stabilem Gelenk ohne Hinweis für Lockerung der Prothese.

02.05.18

20

2

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Zustand nach Bandscheibenoperation L4/L5 Unterer Rahmensatz, da gute Beweglichkeit, kein neurologisches Defizit bei mäßigen rezidivierenden Beschwerden.

02.01.01

10

3

Zustand nach Teilresektion der Schilddrüse Unterer Rahmensatz, da mit Substitutionstherapie gut eingestellt.

09.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch die weiteren Leiden nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.

[X] Dauerzustand

Herr R. kann trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:

[X]JA

..."

Mit Bescheid vom 02.10.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 01.08.2017 auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 20 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Das medizinische Sachverständigengutachten vom 28.09.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemeinsam mit dem Bescheid übermittelt.

Mit E-Mail vom 25.10.2017, bei der Behörde eingelangt am 27.10.2017, erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid vom 02.10.2017 fristgerecht eine Beschwerde, in der in inhaltlicher Hinsicht Folgendes ausgeführt wird:

"...

20% für Probleme mit kompletten Bewegungsapparates sind lächerlich u ein Armutszeugnis, u hat mit sozial nicht viel zu tun.

Sozial lächerlich also nenne ich es nur Amt.

Ich arbeite seit 37 Jahren körperlich sehr schwer im Sommer bei +50, im Winter - 20, XXXX , bei Sturm bis zu 100km/h mit schweren Werkzeug und Geräten. Ich laufe jeden Tag 12 Stunden mit 2 Bandscheiben Op's, 1 Knie Prothese, u fast keiner Schilddrüse mehr, mit den ärgsten Schmerzen. Nach 37 Jahren Einzahlung ins System u ohne je arbeitslos gewesen zu sein ist es traurig das man null Unterstützung, vom Amt ohne sozial wie es sich nennt zu bekommen. Und wenn man dann mit 53 Jahren körperlich am Limit ist u trotzdem nicht aufgibt u nur den einen Wunsch hat die letzten 10 Jahre mit Erleichterung durch diesen Ausweis sein Soll zu erfüllen u dann mit 20% abgefertigt wird ist das unglaublich. Aber wenn man Untersucht u beurteilt wird von Sessel Polierer und Scharmanen kein Wunder bei diesen Ergebniss. Ich hätte Respekt wenn einer vom Amt 1 Tag mit mir mitarbeiten würde mit meinen Problemen aber das würde keiner schaffen. Weiteres war ich 1990-1991 UNO Soldat in Kuwait u Irak wo wir mit 40kg am Rücken durch die Wüste marschierten u Österreich präsentierten indem wir Menschen vor dem Saddam Regime das Leben retteten. Und jetzt wo ich selbst Hilfe bräuchte" null"

Vielleicht gibt es beim Amt doch irgendwem der objektiv sich diese Beurteilung nochmal anschaut od vielleicht versteht das ich nach 3 Std arbeiten nurmehr mit Schmerzen arbeite. Meine Kollegen die mich nicht fallen lassen u unterstützen haben meinen vollsten Respekt, vielleicht kann ich das sozial wieder vor das Amt setzen wenn man sich diesen Fall noch mal annimmt, eines noch durch 10 Jahre fehlhaltung des kaputten Knies beginnt jetzt das andere was mir die Ärzte voraus sagten.

Das einzige was ich will, ist meine letzten 10 Jahre noch fertig zu arbeiten u vielleicht bekomme ich doch noch ein positives Feedback

..."

Dieser Beschwerde wurden keine weiteren medizinischen Unterlagen beigelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer brachte am 01.08.2017 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Der Beschwerdeführer leidet unter folgenden objektivierten Funktionseinschränkungen:

1. Knietotalendoprothese rechts

2. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Zustand nach Bandscheibenoperation L4/L5

3. Zustand nach Teilresektion der Schilddrüse

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 20 v.H.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß sowie der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten vom 28.09.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers gründet sich auf das Ergebnis einer ZMR-Abfrage vom 03.11.2017 und ist im Übrigen unbestritten.

Die festgestellten Funktionseinschränkungen und der Gesamtgrad der Behinderung gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie vom 28.09.2017.

In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wird auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten medizinischen Unterlagen auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Mit dem Beschwerdevorbringen wird keine Rechtswidrigkeit der von der medizinischen Sachverständigen vorgenommenen einzelnen Einstufungen der festgestellten Leiden konkret behauptet und ist eine solche auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten vom 28.09.2017 schlüsselt konkret und umfassend auf, welche Funktionseinschränkungen beim Beschwerdeführer objektiviert vorliegen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden. Die Beschwerde hingegen erschöpft sich allgemeinen Unmutsäußerungen, lässt aber substantiierte Ausführungen, inwiefern sich der Beschwerdeführer in welchen der vorgenommenen Einschätzungen konkret verletzt erachtet, vermissen.

Die in der Beschwerde vorgebrachten Schmerzempfindungen waren im Rahmen der (oben wiedergegebenen) Statuserhebung im Zuge der persönlichen Untersuchung und bei der Gutachtenserstellung im Rahmen der vorzunehmenden Einstufungen nach den entsprechenden Positionsnummern der Anlage der Einschätzungsverordnung zu berücksichtigen. Die belegten und objektivierten Funktionsbeeinträchtigungen wurden auf Grundlage der vom Beschwerdeführer ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen sowie auf Grundlage der Ergebnisse der persönlichen Begutachtung durch die beigezogene medizinische Sachverständige entsprechend berücksichtigt und entsprechend den Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung eingestuft. Im Übrigen stützt der Inhalt des vom Beschwerdeführer vorgelegten Berichtes einer näher genannten Klinik vom 06.03.2017 bezüglich einer positiv verlaufenen orthopädischen Rehabilitation das Ergebnis der Beurteilung durch die medizinische Sachverständige, weniger hingegen steht er in Einklang mit den Beschwerdeausführungen.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei im Rahmen der Gutachtenserstellung von "Sessel Polierern" und "Scharmanen" untersucht und beurteilt worden und er hoffe, dass es beim Amt noch jemanden gebe, der sich objektiv die Beurteilung nochmals anschaue, kann vom erkennenden Gericht nicht nachvollzogen werden. Der Beschwerdeführer hat keinerlei konkretes Vorbringen erstattet, das geeignet wäre, die Qualifikation der beigezogenen medizinischen Sachverständigen in Zweifel zu ziehen und bestehen diesbezüglich auch keine von Amts wegen aufzugreifenden Anhaltspunkte. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens der Fachärztin für Orthopädie vom 28.09.2017. Dieses Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass er aufgrund einer Fehlhaltung des kaputten rechten Knies nunmehr auch Probleme mit dem anderen Knie bekommen habe, dies sei ihm auch schon von Ärzten vorausgesagt worden, so ist festzuhalten, dass das aktuelle Vorliegen einer maßgeblichen Funktionseinschränkung einstufungsrelevanter Intensität des linken Knies im Verfahren nicht objektiviert werden konnte. Weder hat der Beschwerdeführer dies in der Statuserhebung im Rahmen der Gutachtenserstellung - abgesehen von der Aussage, er habe zunehmend Schmerzen im linken Knie (die sich aber im Rahmen der persönlichen Untersuchung nicht in einer maßgeblichen Funktionseinschränkung niederschlugen) - ausreichend dargetan, noch hat er diesbezüglich Befunde vorgelegt, die das aktuelle Vorliegen einer maßgeblichen Funktionseinschränkung des linken Knies belegen und damit objektivieren würden.

Der Beschwerde wurden, wie bereits erwähnt, keine weiteren medizinischen Unterlagen beigelegt, die die vorgenommenen Einstufungen widerlegen oder diesen entgegenstehen würden. Der Beschwerdeführer ist daher dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten in der Beschwerde nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, die im Auftrag der Behörde erstellten Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie vom 28.09.2017 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 20 v.H. beträgt. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und auf den vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Das medizinische Sachverständigengutachten ist auch nicht zu beanstanden, wenn es im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung eine entscheidungswesentliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung in dem Sinne, dass sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirken würde oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen würden, nicht gegeben sieht. Auch in der Beschwerde werden diesbezüglich keine Ausführungen getroffen.

Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Beschwerde keine weiteren Befunde - insbesondere auch sein linkes Knie betreffend - vor, die geeignet wären, die durch die medizinische Sachverständige getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche einschätzungsrelevante Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Zustandes des Beschwerdeführers zu belegen. Der Beschwerdeführer ist dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, wie bereits erwähnt, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice - allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG - in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W207.2174771.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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