TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/23 W138 2187856-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.08.2018
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Entscheidungsdatum

23.08.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W138 2187856-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Klaus HOCHSTEINER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.:

Afghanistan, vertreten durch Mag. Robert BITSCHE, Rechtsanwalt, Nikolsdorfergasse 7-11/2, 1050 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.01.2018, Zahl: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 31.07.2018 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 31.01.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Er wurde am 31.01.2016 niederschriftlich im Rahmen einer Erstbefragung einvernommen und gab eingangs an, der Volksgruppe der Hazara, sowie dem islamischen Glauben anzugehören. Zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass er vor 13 Jahren Afghanistan verlassen habe, weil sein Vater von den Taliban getötet worden sei. Im Iran habe er 13 Jahre illegal gelebt und daher Angst gehabt nach Afghanistan abgeschoben oder nach Syrien in den Krieg geschickt zu werden. Deshalb sei er nach Europa geflüchtet.

Am 26.01.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen und führte sein bisheriges Fluchtvorbringen dahingehend weiter aus, dass sein Vater zu Zeiten der Taliban von den Taliban getötet worden sei, weil die Taliban gegen die Schiiten gewesen seien. Seine Mutter sei an einem Herzleiden und sein Bruder an einem Nierenversagen gestorben. Sie seien damals in den Iran geflohen, weil die Taliban Hazara und Schiiten als Ungläubige bezeichnet und umgebracht hätten. Sein Vater sei in Afghanistan zurückgeblieben, um gegen die Taliban zu kämpfen. Der Beschwerdeführer habe dann im Iran geheiratet. Einmal sei er von der Polizei aufgegriffen und nach Afghanistan abgeschoben worden, weil er sich geweigert habe nach Syrien in den Krieg zu ziehen. Er sei wieder illegal in den Iran zurückgekehrt und habe nach dem Tod seiner Mutter beschlossen nach Europa zu reisen. Im Iran habe er sich schon CDs über Moses und Josef angesehen. Er habe sich über das Christentum informieren wollen. Im Fernsehen habe er auch schon einen Film über Josef gesehen. In Österreich habe ihn ein Lehrer aus Kirchberg in die Kirche mitgenommen. In der Schule habe er einen Jungen kennen gelernt, der seit einem Jahr Christ sei, durch ihn habe er die Kirche in Heiligenkreuz kennen gelernt. Er habe ein schlechtes Leben im Iran gehabt und der Islam sei schuld daran gewesen. Er gehe regelmäßig zur Kirche und wolle zu seinem Gott sprechen.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des BFA wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.). Begründend führte die Behörde zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen aus, dass der BF als "Scheinkonvertit" zu qualifizieren sei. Der BF habe nicht glaubhaft darlegen könne, dass er den christlichen Glauben verinnerlicht habe. Der BF wisse nichts über das Christentum. Es sei nicht glaubhaft, dass der BF sein Interesse am Christentum aus dem iranischen Staatsfernsehen abgeleitet habe. Der BF habe 1 Jahr nach seiner Ankunft in Österreich den christlichen Glauben nicht ausgeübt.

Dagegen richtete sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde im Zuge welcher im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer den islamischen Glauben abgelegt habe und zum Christentum konvertiert sei. Zudem habe der Beschwerdeführer nun eine westliche Lebenseinstellung. Aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara drohe dem Beschwerdeführer ebenfalls eine Verfolgung.

Am 14.02.2018 ist der Beschwerdeführer offiziell aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten.

Am 12.06.2018 wurde der Beschwerdeführer getauft.

Am 10.07.2018 gab der Beschwerdeführer bekannt RA Robert BITSCHE mit seiner weiteren Vertretung beauftragt zu haben.

Am 31.07.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der der rechtsanwaltlich vertretene Beschwerdeführer, nicht aber das BFA als weitere Partei des Verfahrens teilnahm.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Er stammt aus der Provinz Bamyan in Afghanistan und zog im Alter von 9 Jahren mit seiner Mutter und seinen Geschwistern in den Iran. Im Iran besuchte er 2 Jahre abends eine afghanische Schule. Tagsüber war er als Bauarbeiter tätig. Der Vater und die Mutter des Beschwerdeführers sind verstorben. Seine Schwester lebt im Iran.

In Afghanistan war der Beschwerdeführer Moslem und gehörte der schiitischen Glaubensrichtung an. Schon im Iran begann sich der Beschwerdeführer für das Christentum zu interessieren. Ein Jahr nach seiner Ankunft in Österreich, begann sich der Beschwerdeführer intensiver für den christlichen Glauben zu interessieren. Der Beschwerdeführer besucht seit ca. 9 Monaten regelmäßig die Gottesdienste der römisch-katholischen Pfarre Heiligenkreuz und seit 7 Monaten besucht der Beschwerdeführer auch regelmäßig die Kirche in Kirchberg. Am 12.06.2018 wurde der Beschwerdeführer in Kirchberg getauft. Der Beschwerdeführer bekennt sich offen zum Christentum und nimmt engagiert in seiner Pfarrgemeinde teil. Auch in Österreich lebende Afghanen haben die Hinwendung des Beschwerdeführers zum Christentum zur Kenntnis genommen.

Wegen Entscheidungsreife war es nicht mehr notwendig, auf das übrige Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen.

Das BVwG trifft zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers folgende entscheidungsrelevanten Feststellungen:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017 (Aktualisierung 30.01.2018)

Bamyan/Bamian

Bamyan liegt im Süden des Hindu Kush und im Norden der Baba-Berge. Die Provinz hat folgende administrative Einheiten, zu denen auch die Provinzhauptstadt Bamyan City zählt: Yakawlang, Waras, Shaibar, Sayghan, Kahmard und Panjab (Pajhwok o.D.ad).

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 454.633 geschätzt (CSO 2016). Der Großteil der Bevölkerung sind Hazara 70%, Tadschiken machen 20% und Pashtunen 5% aus (Pajhwok o.D.ad; vgl. auch: auch:

Xinhua 12.12.2016). Eta 90% der Bevölkerung fühlen sich dem schiitischen Islam zugehörig (Pajhwok o.D.ad).

Gewalt gegen Einzelpersonen

4

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

12

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

1

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

9

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

4

Andere Vorfälle

3

Insgesamt

33

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Bamyan 33 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Die zentral gelegene Provinz Bamyan - mit ihrer friedlichen Umgebung, historischen Denkmälern und wunderschönen Landschaft - wird als eine der friedlichsten und sichersten Orte in Afghanistan geschätzt. Im Gegensatz zu anderen Teilen des Landes, wird selten von sicherheitsrelevanten Vorfällen in Bamyan berichtet (Xinhua 12.12.2016; DW 4.8.2016). Nur in einer Handvoll der 34 Provinzen Afghanistans (wie Balkh, Bamyan, Ghor, Daikundi, Jawzjan und Samangan) stellen die Taliban keine große Bedrohung dar. Die fehlende Mehrheit der Paschtunen erklärt die relative Stabilität dieser Provinzen (Lobe Log Foreign Policy 14.9.2016).

Die Provinz Bamyan wird hauptsächlich mit Kartoffeln in Verbindung gebracht. Im Jahr 2015 produzierte die Provinz fast 350.000 Tonnen Kartoffeln - etwa 60% des gesamten Verbrauchs Afghanistans (NYT 31.8.2016).

[...]

Religionsfreiheit

Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vgl. USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10-19% der Bevölkerung Schiiten (AA 9.2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (AA 9.2016).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen (AA 9.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 9.11.2016).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Blasphemie und Abtrünnigkeit werden als Kapitalverbrechen angesehen. Nichtmuslimische Religionen sind erlaubt, doch wird stark versucht, deren Missionierungsbestrebungen zu behindern (FH 27.1.2016). Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (FH 27.1.2016; vgl. auch:

CSR 8.11.2016).

Im Strafgesetzbuch gibt es keine Definition für Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, für Frauen lebenslange Haft, sofern sie die Apostasie nicht bereuen. Ein Richter kann eine mindere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte - dennoch hatten Individuen, die vom Islam konvertierten, Angst vor Konsequenzen. Christen berichteten, dass sie aus Furcht vor Vergeltung, Situationen vermieden, in denen es gegenüber der Regierung so aussehe, als ob sie missionieren würden (USDOS 10.8.2016).

Nichtmuslimische Minderheiten, wie Sikh, Hindu und Christen, sind sozialer Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt, und in manchen Fällen, sogar Gewalt. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht systematisch (USDOS 10.8.2016). Dennoch bekleiden Mitglieder dieser Gemeinschaften vereinzelt Ämter auf höchster Ebene (CSR 8.11.2016). Im Mai 2014 bekleidete ein Hindu den Posten des afghanischen Botschafters in Kanada (RFERL 15.5.2014). Davor war Sham Lal Bathija als hochrangiger Wirtschaftsberater von Karzai tätig (The New Indian Express16.5.2012).

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Bildungsplan einrichten und umsetzen, der auf den Bestimmungen des Islams basiert; auch sollen religiöse Kurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime ist es nicht erforderlich den Islam an öffentlichen Schulen zu lernen (USDOS 10.8.2016).

Nicht-muslimische religiöse Minderheiten werden durch das geltende Recht diskriminiert. So gilt die sunnitische-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer Religion (AA 9.2016). Für die religiöse Minderheit der Schiiten gilt in Personenstandsfragen das schiitische Recht (USDOS 10.8.2016).

Militante Gruppen haben sich unter anderem als Teil eines größeren zivilen Konfliktes gegen Moschen und Gelehrte gerichtet. Konservative soziale Einstellungen, Intoleranz und das Unvermögen oder die Widerwilligkeit von Polizeibeamten individuelle Freiheiten zu verteidigen bedeuten, dass jene, die religiöse und soziale Normen brechen, anfällig für Misshandlung sind (FH 27.1.2016).

Blasphemie - welche anti-islamische Schriften oder Ansprachen beinhaltet, ist ein Kapitalverbrechen im Rahmen der gerichtlichen Interpretation des islamischen Rechtes. Ähnlich wie bei Apostasie, gibt das Gericht Blasphemisten drei Tage um ihr Vorhaben zu widerrufen oder sie sind dem Tod ausgesetzt (CRS 8.11.2016).

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin der zwei anderen abrahamitischen Religionen, Christentum und Judentum, ist. Einer Muslima ist nicht erlaubt einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten. Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht-muslimischen Glauben deklariert (USDOS 10.8.2016).

[...]

Christentum und Konversion zum Christentum

Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert (AA 9.2016). Ihre Zahl kann nicht verlässlich angegeben werden, da Konvertiten sich nicht öffentlich bekennen (AA 2.3.2015; vgl. auch: USDOS.10.8.2016).

Nichtmuslim/innen, z.B. Sikhs, Hindus und Christen, sind Belästigungen ausgesetzt und in manchen Fällen sogar Gewalt. Nachdem Religion und Ethnie stark miteinander verbunden sind, ist es schwierig die vielen Vorfälle nur als Vorfälle wegen religiöser Identität zu kategorisieren (USDOS 10.8.2016).

Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber konvertierten Christen ist ablehnend. Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel schon deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen (AA 9.2016). Konversion wird als Akt der Abtrünnigkeit und Verbrechen gegen den Islam gesehen, der mit dem Tod bestraft werden könnte (AA 9.2016; vgl. USDOS 10.8.2016) - sofern die Konversion nicht widerrufen wird (USDOS 10.8.2016). Keiner wurde bisher aufgrund von Konversion durch den afghanischen Staat hingerichtet (AA 9.2016).

Die Christen verlautbarten, dass die öffentliche Meinung gegenüber Missionierung feindlich ist. Es gibt keine öffentlichen Kirchen (CRS 8.11.2016). Für christliche Afghan/innen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens. Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen. Christliche Gottesdienste für die internationale Gemeinschaft finden u.a. in verschiedenen Botschaften sowie auf dem Gelände der internationalen Truppen statt (AA 9.2016). Einem Bericht einer kanadischen christlichen Organisation zufolge, wächst die Zahl der Hauskirchen in Afghanistan. In diesem Bericht wird angedeutet, dass einige Mitglieder des Parlaments selbst das Christentum angenommen und an christlichen Gottesdiensten teilgenommen haben (The Voice of the Martyrs Canada 5.4.2012).

Einige Konversionsfälle von Christen haben zu harten Strafen geführt und dadurch internationale Aufmerksamkeit erlangt (CRS 8.11.2016). Die im Libanon geborenen Rula Ghani, Ehefrau von Staatspräsident Ashraf Ghanis, entstammt einer christlich-maronitischen Familie (NPR 19.2.2015; vgl. BBC 15.10.2014).

Berichten zufolge gibt es ein christliches Spital in Kabul (NYP 24.4.2014; vgl. CNN 24.4.2014).

[...]

2. Beweiswürdigung:

Die oben genannten Feststellungen zu Volksgruppe, Herkunft und Bildungsgrad des Beschwerdeführers resultieren aus seinem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensakt sowie seinen diesbezüglich glaubwürdigen Angaben.

Die Feststellungen zur Konversion des Beschwerdeführers und zur Abwendung vom Islam ergeben sich aus seinen glaubwürdigen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie aus den vorgelegten Dokumenten (Schreiben des Kirchenrektors in Sparbach vom 31.07.2018, Bestätigung über den Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft vom 14.02.2018, Taufurkunde vom 12.06.2018, vorgelegte Lichtbilder) und den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Angaben des in der mündlichen Verhandlung am 31.07.2018 vor dem BVwG einvernommenen Zeugen.

Der BF konnte durch seine Aussagen und die vorgelegten Dokumente glaubhaft machen, dass er sich aus freier persönlicher Überzeugung vom schiitischen Islam dem Christentum, konkret der röm.-kath. Kirche, zugewandt hat. Es sind im Verfahren auch keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die den Schluss zulassen würden, dass die Konversion des BF zum christlichen Glauben bloß zum Schein erfolgt wäre. Vielmehr hat der BF durch seine Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und durch die Vorlage der Bestätigung über den Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft und seiner Taufurkunde glaubhaft dargelegt, dass er sich auf Grund einer persönlichen Entscheidung vom Islam abgewendet und aus innerer religiöser Überzeugung dem Christentum zugewendet hat. Dass er regelmäßig den Gottesdienst besucht und wie er in der mündlichen Verhandlung glaubhaft aussagte, das Christentum und Jesus Christus liebe, sind Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer den christlichen Glauben verinnerlicht hat. Der Beschwerdeführer führte in der mündlichen Verhandlung glaubhaft aus, dass er gerne in die Kirche gehe und ihm die Inhalte dort gefallen würden. Zudem hilft der Beschwerdeführer in der Kirchengemeinschaft mit und hat auch den Afghanen in seiner Flüchtlingsunterkunft von seinem Glaubenswechsel berichtet.

Der Zeuge sagte in der mündlichen Verhandlung ebenfalls glaubhaft aus, dass er zu keinem Zeitpunkt Zweifel an dem nachhaltig vollzogenen Glaubenswechsel des Beschwerdeführers hatte. Der Beschwerdeführer besuche verstärkt Messen und sonstige christliche Veranstaltungen. Zudem zeige der Beschwerdeführer ein besonderes Interesse am Christentum.

Aus dem Länderinformationsblatt des BFA (Stand 02.03.2017, aktualisiert am 30.01.2018) zum Thema Religionsfreiheit hat sich zweifellos ergeben, dass Christen im muslimisch geprägten Afghanistan mit Verfolgung, Inhaftierung und Ermordung bedroht sind.

In einer Gesamtschau der Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Verlauf des Verfahrens und aus den dargelegten Erwägungen erscheint das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Furcht vor Verfolgung in Afghanistan insgesamt als glaubhaft. Es ist daher davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus asylrelevanten Gründen, nämlich aufgrund seiner Religion, drohen würde und die staatlichen Einrichtungen Afghanistans nicht in der Lage sein würden, dem Beschwerdeführer vor dieser Verfolgung im ausreichenden Maß Schutz zu bieten.

Dass die Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht besteht, hat sich vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen ergeben, da für den Beschwerdeführer in praktisch allen Landesteilen, aufgrund seiner Konversion ein erhöhtes Risiko bestünde, einer Verfolgung und Eingriffen - sowohl von staatlicher als auch privater Seite - in seine physische Integrität und Sicherheit ausgesetzt zu sein.

3. Rechtliche Beurteilung:

In der gegenständlichen Rechtssache sind die Bestimmungen des AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF anzuwenden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit, da im Asylgesetz 2005 nichts anderes vorgesehen ist, Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2017/24, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2016/25 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Zu Spruchteil A)

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. 2004 Nr. L 304/12 [Statusrichtlinie] verweist). Damit will der Gesetzgeber an die Gesamtheit der aufeinander bezogenen Elemente des Flüchtlingsbegriffs der GFK anknüpfen (VwGH 24.3.2011, 2008/23/1443). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren." (vgl. VfSlg. 19.086/2010; VfGH 12.6.2010, U 613/10)

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011; 17.3.2009, 2007/19/0459; 28.5.2009, 2008/19/1031). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771; 17.3.2009, 2007/19/0459; 28.5.2009, 2008/19/1031; 6.11.2009, 2008/19/0012). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011; 28.5.2009, 2008/19/1031). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG 2005 zB VwGH 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert, deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwSlg. 16.482 A/2004). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" (VwSlg. 16.482 A/2004) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539; vgl. VwGH 17.3.2009, 2007/19/0459).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793; 23.2.2011, 2011/23/0064) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 mwN).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203; 23.2.2011, 2011/23/0064; 24.3.2011, 2008/23/1101). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203; 23.2.2011, 2011/23/0064; 24.3.2011, 2008/23/1101). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203; 23.2.2011, 2011/23/0064; 24.3.2011, 2008/23/1101).

Wie oben gezeigt, ist es dem Beschwerdeführer gelungen, glaubhaft zu machen, dass er in ganz Afghanistan wegen seiner Religion von Verfolgung bedroht ist.

Er ist mittlerweile zum Christentum konvertiert. Wie den Länderfeststellungen, welche das Bundesverwaltungsgericht seiner Entscheidung zu Grunde legt, zu entnehmen ist, wird in Afghanistan Konversion als Akt der Abtrünnigkeit und Verbrechen gegen den Islam gesehen, der mit dem Tode bestraft werden könnte, sofern die Konversion nicht widerrufen wird. Aus Angst vor Diskriminierung, Verfolgung, Verhaftung und Tod bekennen sich Christen nicht öffentlich zu ihrem Glauben. Gefahr droht Konvertiten oft aus dem familiären oder nachbarschaftlichen Umfeld. Die gesellschaftliche Einstellung zu konvertierten Christen ist weitgehend feindlich geprägt und die kleine christliche Gemeinde bleibt im Untergrund. Somit wäre auch der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in ganz Afghanistan aufgrund seiner Konversion zum Christentum von Verfolgung bedroht.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Der Beschwerdeführer konnte glaubhaft darlegen, dass er sich während seines Aufenthalts in Österreich aus freier persönlicher Überzeugung und Entscheidung vom Islam ab- und dem Christentum zugewandt hat. Es sind auch keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die den Schluss zulassen würden, dass seine Konversion zum christlichen Glauben bloß zum Schein erfolgt wäre.

Dem Beschwerdeführer war daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung, gesamtes Staatsgebiet,
Konversion, Nachfluchtgründe, Religion, Schutzunfähigkeit,
wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W138.2187856.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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