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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §57Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des F V in W, vertreten durch Mag. Petra Trauntschnig, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. Februar 2018, G313 1268493-2/3E (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20. April 2018, G313 1268493-2/6Z), betreffend insbesondere Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt befristetem Einreiseverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein kosovarischer Staatsangehöriger, stellte am 9. Dezember 2005 in Österreich einen Asylantrag, der im Instanzenzug mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. Juni 2006 samt Erlassung einer Ausweisung abgewiesen wurde. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde lehnte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 20. September 2006, 2006/01/0551, ab. In der Folge wurde der Revisionswerber, nachdem er im Zuge einer versuchten Entwendung aufgegriffen worden war, am 23. August 2007 in seinen Herkunftsstaat abgeschoben.
2 Am 17. April 2009 kam der Revisionswerber, der davor im Jänner und Februar 2008 im Bundesgebiet einer angemeldeten Erwerbstätigkeit nachgegangen war, nach unrechtmäßiger Einreise wieder nach Österreich, reiste jedoch nach Anhaltung in Schubhaft am 23. April 2009 freiwillig aus. Seinen Angaben zufolge hielt sich der Revisionswerber sodann von Mitte 2009 bis Ende 2014 (wie auch schon in der Zeit davor) immer wieder unrechtmäßig in Österreich auf, und zwar jeweils unangemeldet, "um einer etwaigen neuerlichen Abschiebung zu entgehen". In diesem Zeitraum wohnte der Revisionswerber während seiner Inlandsaufenthalte sowohl bei Freunden als auch bei seiner späteren Ehefrau, einer österreichischen Staatsbürgerin, die er im Jahr 2008 kennen gelernt hatte. Am 22. September 2011 wurde der gemeinsame Sohn, ebenfalls österreichischer Staatsbürger, geboren.
3 Nach seiner illegalen Einreise am 25. Jänner 2015 begründete der Revisionswerber mit den Genannten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz und stellte nach der am 14. März 2015 erfolgten Eheschließung am 21. Mai 2015 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger". Diesen Antrag wies die Niederlassungsbehörde mit Bescheid vom 27. Jänner 2016 vor allem wegen unzulässiger Inlandsantragstellung ab. Am 6. Februar 2016 kam das zweite gemeinsame Kind, auch österreichischer Staatsbürger, zur Welt.
4 Mit rechtskräftigem Strafurteil vom 23. Februar 2016 wurde der Revisionswerber wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten (davon acht Monate bedingt nachgesehen) verurteilt, wobei die Tatbegehungen im Zeitraum 21. Mai 2015 bis 24. Mai 2015 und am 4. September 2015 (gemeinsam mit einem Mittäter) erfolgt waren. Bei der Strafbemessung wertete das Gericht das reumütige Geständnis und den bisher ordentlichen Lebenswandel als mildernd, erschwerend hingegen die Tatwiederholung. Der Revisionswerber befand sich vom 5. September 2015 bis 23. Februar 2016 in Gerichtshaft.
5 Vor diesem Hintergrund sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 30. September 2016 aus, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Des Weiteren erließ es gegen den Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung samt einem mit fünf Jahren befristetem Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung in den Kosovo zulässig sei.
6 Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 22. Februar 2018 (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20. April 2018) insofern teilweise Folge, als die Dauer des Einreiseverbotes auf ein Jahr herabgesetzt wurde. Im Übrigen wies es die Beschwerde als unbegründet ab. Schließlich sprach das BVwG noch gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
7 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
9 Diesbezüglich wird in der Revision vor allem die Unterlassung der in der Beschwerde beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung bemängelt.
10 Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich der Revisionswerber in Österreich jedenfalls nicht rechtmäßig aufhält und damit die Voraussetzungen für eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erfüllt sind. Gleiches gilt in Bezug auf den Einreiseverbotstatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG (idF des FrÄG 2017), der im gegebenen Zusammenhang auf eine rechtskräftige gerichtliche Verurteilung zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten abstellt.
11 Den beiden Maßnahmen könnte daher nur ein für den Revisionswerber günstiges Ergebnis der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung entgegenstehen. Das ist aber nicht der Fall, weil der langjährige Inlandsaufenthalt des Revisionswerbers dadurch erheblich relativiert wird, dass er unangemeldet erfolgte, wobei von den Beteiligten zu keiner Zeit von einem (rechtmäßigen) Verbleib des Revisionswerbers in Österreich hätte ausgegangen werden dürfen. Neben dem dadurch beeinträchtigten öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen durfte vom BVwG aber vor allem das öffentliche Interesse an der Verhinderung von gravierenden Straftaten der in Rede stehenden Art (gewerbsmäßiger Einbruchsdiebstahl) berücksichtigt werden. Daran können weder das - noch nicht sehr lange - Wohlverhalten seit der Haftentlassung bis zur Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses in der Dauer von etwa zwei Jahren noch die in der Revision ins Treffen geführten Bemühungen zur Schadensgutmachung etwas ändern. Den gegenläufigen starken familiären Bindungen hat das BVwG aber ohnehin - auch unter ausdrücklicher Bedachtnahme auf das Kindeswohl - mit einer deutlichen Reduktion der Dauer des Einreiseverbotes ausreichend Rechnung getragen, wobei im erwähnten (insgesamt) großen öffentlichen Interesse eine vorübergehende Trennung des Revisionswerbers von seinen Angehörigen in Kauf zu nehmen ist. Angesichts dessen kommt es auf die in der Revision relevierte Frage, ob diesen Angehörigen eine Wohnsitzverlegung in den Kosovo zumutbar wäre, nicht an; damit hatte das BVwG im Übrigen auch nicht in tragender Weise argumentiert.
12 Vor diesem Hintergrund liegt hier - entgegen der Meinung in der Revision - insgesamt ein eindeutiger Fall vor, der es dem BVwG ausnahmsweise erlaubte, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen (vgl. aus der letzten Zeit etwa VwGH 26.4.2018, Ra 2018/21/0044, Rn. 6, mwN). Soweit in der Revision überdies noch Feststellungsmängel in Bezug auf die Gefährdungsprognose und die Intensität des Familienlebens geltend gemacht werden, führt dies schon mangels ausreichend konkreter Relevanzdarlegungen nicht zum Ziel.
13 Der Revision gelingt es daher nicht, eine entscheidungsrelevante grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, sodass sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
Wien, am 30. August 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018210063.L00Im RIS seit
03.07.2019Zuletzt aktualisiert am
03.07.2019