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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
EStG 1972 §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des W M in S, vertreten durch Winkler - Heinzle, Rechtsanwaltspartnerschaft in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz (Berufungssenat I) vom 24. Februar 1997, Zl. 678-5/96, betreffend fahrlässige Abgabenverkürzung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 12.980 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer der M-GmbH und hielt über 99% des Stammkapitals dieser Gesellschaft. Anlässlich einer für seinen einzelunternehmerischen Betrieb und den Betrieb der GmbH durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung traf der Prüfer die Feststellung, die Räumlichkeiten am Standort in B habe die GmbH angemietet und zum überwiegenden Teil selbst genutzt. Ein geringer Teil der gemieteten Fläche sei vom Einzelunternehmen des Beschwerdeführers genutzt worden. Sämtliche Kosten (Mieter, Strom, Heizung, Versicherung) aber auch Personalkosten seien von der GmbH getragen und zum Teil an das Einzelunternehmen weiterverrechnet worden (Weiterverrechnung lt. Abgabenerklärung: 1988: 1,194 Mio. S, 1989: 1,64 Mio. S, 1990: 1,74 Mio. S). Nach Ansicht des Prüfers sei für die Kostenaufteilung ein Fremdvergleich anzustellen; daher seien die tatsächlich für das Einzelunternehmen angefallenen Kosten zu verrechnen (Weiterverrechnung lt. Prüfer: 1988: 894.443 S, 1989: 1,164.759 S, 1990: 1,278.605 S).
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, er habe in einem bestimmt bezeichneten Ort fahrlässig unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich dadurch, dass einerseits erhöhte Aufwendungen geltend gemacht worden seien und andererseits diese Aufwendungen nicht entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen zwischen der Einzelfirma des Beschwerdeführers und der M-GmbH aufgeteilt worden seien, für die Jahre 1988 bis 1990 Einkommensteuer von 348.316 S und Gewerbesteuer von 75.866 S verkürzt. Er habe dadurch das Finanzvergehen der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 FinStrG begangen, weshalb eine Geldstrafe von 70.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) verhängt wurde. Die M-GmbH habe die Räumlichkeiten in B angemietet und zu einem geringen Teil dem Einzelunternehmen des Beschwerdeführers überlassen. Die angefallenen Kosten seien stark erhöht weiterverrechnet worden. Die Höhe der weiterverrechneten Kosten sei für die Betriebsprüfung nicht nachvollziehbar gewesen. Die Weiterverrechnung sei durch monatliche oder jährliche Rechnungen mit Pauschalbeträgen oder frei vereinbarten Beträgen erfolgt. Aufgrund eines Fremdvergleiches sei festgestellt worden, dass die Rechnungen stark überhöht gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe die Aufteilung so vorgenommen, dass - in Anbetracht der Verluste der GmbH - eine möglichst günstige Gewinnglättung erzielt werde. Er habe im Berufungsverfahren vorgebracht, er habe nichts vorsätzlich verdeckt oder verschwiegen. Er habe stets nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Er sei sich nicht im Klaren gewesen, dass die GmbH mit der Zurverfügungstellung von Räumen und Personal keinen Gewinn erzielen dürfe. Er hätte alle Tätigkeiten leicht über die GmbH (oder über die Einzelfirma) abwickeln können. Im Übrigen sei dem Beschwerdeführer bei der Schlussbesprechung zugesichert worden, dass die Angelegenheit mit der Entrichtung der Abgaben erledigt sei. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass es zu einer ein allfälliges Strafverfahren umfassenden Vereinbarung zwischen dem Finanzamt und dem Beschwerdeführer nicht gekommen sei, überdies hätte eine solche Vereinbarung ohnedies keine wie immer geartete verbindliche Wirkung. Für die Strafsache selbst sei entscheidend, dass Verträge zwischen beherrschenden Gesellschaftern und der Gesellschaft nach der Rechtsprechung jene Kriterien erfüllen müssten, die für Verträge zwischen nahen Angehörigen gelten, sie müssten also einem Fremdvergleich standhalten. Dieser Umstand sei auch im gegenständlichen Fall der Anlass für die Vornahme von Kürzungen der offensichtlich willkürlich von der GmbH an den Beschwerdeführer weiterverrechneten Kosten auf ein fremdübliches Maß gewesen. Der Beschwerdeführer habe in subjektiver Hinsicht die Sorgfalt außer gelassen, zu der er nach den gegebenen Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt gewesen und die ihm zuzumuten gewesen sei. Er habe deshalb nicht erkannt, dass er durch Anwendung der geschilderten Konstruktion einen Sachverhalt verwirklichen könne, der dem Tatbild der Abgabenverkürzung entspreche. Dabei liege der Sorgfaltsverstoß darin, dass er sich nicht mit den einschlägigen Steuervorschriften und der Judikatur vertraut gemacht habe, obwohl er aufgrund der gegebenen Umstände dazu verpflichtet gewesen wäre. Bei der Strafzumessung seien das Teilgeständnis und der bisherige ordentliche Lebenswandel sowie das lange Zurückliegen des Delikts mildernd, der lange Deliktszeitraum hingegen erschwerend zu berücksichtigen gewesen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Überlässt eine Kapitalgesellschaft dem Gesellschafter die Nutzung von Gegenständen unentgeltlich oder zu einem zu geringen Entgelt, so liegt - Zuwendungswille vorausgesetzt - verdeckte Gewinnausschüttung vor. Die Abgabenbehörde hat sodann korrigierend auf der Ebene der Gesellschaft fremdübliche Erträge und auf der Ebene des Gesellschafters, soweit dort die Nutzung der Einkünfteerzielung dient, korrespondierende Aufwendungen anzusetzen. Für den Fall der Überlassung von Personal bzw. der Erbringung von Dienstleistungen gilt dies entsprechend.
In welcher Höhe das angemessene Entgelt anzusetzen ist, ist mittels eines Fremdvergleiches zu ermitteln. Der Fremdvergleich setzt voraus die Feststellung, zu welchen Konditionen die Leistungen üblicherweise zwischen einander fremd gegenüberstehenden Personen erbracht werden. In der Regel wird das Entgelt für die Überlassung von Nutzungen und für die Erbringung von Dienstleistungen einen Gewinnaufschlag beinhalten.
Im gegenständlichen Fall hat die M-GmbH dem Beschwerdeführer für dessen Einzelunternehmen die Nutzung von Räumlichkeiten überlassen. Sie hat auch in irgendeiner Form Personal überlassen, die genaue Gestaltung dieser Überlassung (etwa in einer dem Personalleasing vergleichbaren Form oder in der Form der Erbringung von Dienstleistungen) ist weder dem angefochtenen Bescheid noch den vorgelegten Akten zu entnehmen.
Im Abgabenverfahren sind aufgrund der abgabenbehördlichen Prüfung die bei der M-GmbH angefallenen Aufwendungen für bestimmte Räume und für bestimmtes Personal nach einem geschätzten - aus der Aktenlage nicht nachvollziehbaren - Verhältnis auf den Betrieb der GmbH und jenen des Beschwerdeführers aufgeteilt worden. Für die Jahre 1989 und 1990 sind dabei jeweils "10% Verwaltungszuschlag" (51.397 S und 55.981 S) als weiterer dem Einzelunternehmen verrechenbarer Aufwand angesetzt worden, wobei nicht nachvollziehbar ist, ob es sich dabei um einen Teil der Verwaltungsaufwendungen der M-GmbH oder allenfalls um einen Gewinnaufschlag handelt. Hinsichtlich des Jahres 1988 ist eine derartiger "Verwaltungszuschlag" nicht angesetzt worden. Für die Aufteilung in allen drei Jahren wird auf einen in den vorgelegten Akten auch nicht andeutungsweise dargestellten Fremdvergleich Bezug genommen.
Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid - wie die Finanzstrafbehörde erster Instanz - von der Richtigkeit des durch den Betriebsprüfer festgelegten Betrages an Aufwendungen des Einzelunternehmens des Beschwerdeführers ausgegangen.
Der Beschwerdeführer hat in der Berufung gegen das Erkenntnis des Spruchsenates vorgebracht, es sei ihm nicht einsichtig, dass die M-GmbH mit der Zurverfügungstellung von Personal und Büroräumen keinen Gewinn erzielen dürfe. Bei dieser Sachlage hätte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführen müssen, warum sie hinsichtlich der objektiven Tatseite die Feststellungen des Abgabenverfahrens uneingeschränkt übernimmt. Sie hätte sich dabei damit auseinander setzen müssen, welche konkreten Leistungen die GmbH an das Einzelunternehmen des Beschwerdeführers erbracht hat und welches Entgelt unter einander fremd gegenüberstehenden Personen für solche Leistungen verrechnet worden wäre; dies beinhaltet insbesondere die Frage, ob unter Fremden zu den tatsächlich angefallenen Aufwendungen noch ein Gewinnzuschlag verrechnet worden wäre. Erst durch die Gegenüberstellung des fremdüblichen und des tatsächlich verrechneten Entgeltes kann eine Feststellung über die objektive Tatseite der Abgabenverkürzung getroffen werden. Auch ein allfälliger Sorgfaltsverstoß des Beschwerdeführers kann erst aufgrund eines solchen Feststellung getroffen werden.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
Wien, am 25. November 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997150065.X00Im RIS seit
20.11.2000