TE Vwgh Beschluss 2018/9/11 Ra 2018/14/0052

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Veröffentlicht am 11.09.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs1;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, über die Revision des XY in Z, vertreten durch Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Markus-Sittikus-Straße 9/2/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2018, I420 2187962-1/5E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte am 21. März 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 24. Jänner 2018 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab. Es erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005, erließ gestützt auf § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) eine Rückkehrentscheidung und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise setzte die Behörde nach § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Da der Verwaltungsgerichtshof jedoch gemäß § 34 Abs. 1a VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 30.7.2018, Ra 2018/20/0301).

8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vor, die angefochtene Entscheidung weiche von (näher zitierter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verhandlungspflicht ab. Für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit erscheine eine mündliche Verhandlung unbedingt notwendig. Entgegen der Darstellung im angefochtenen Erkenntnis habe der Revisionswerber die Beweiswürdigung des Bescheides konkret beanstandet. Das BFA habe den Sachverhalt in Bezug auf die Fluchtgründe sowie die Verfolgungssituation in Nigeria so mangelhaft ermittelt, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich und zwingend geboten sei.

9 Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass zur Beurteilung, ob der Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG als geklärt erscheint und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich sind:

10 Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017-0018; sowie aus der ständigen Rechtsprechung etwa 28.6.2018, Ra 2018/19/0090).

11 Eine zur Zulässigkeit der Revision führende Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird mit dem Zulässigkeitsvorbringen in der Revision nicht aufgezeigt, weil auf dessen Grundlage nicht festgestellt werden kann, dass das Bundesverwaltungsgericht von den in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien zur Verhandlungspflicht fallbezogen abgewichen wäre und die Abstandnahme nicht auseichend begründet hätte.

12 Weder liegt hier ein Fall vor, in dem das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung nicht bloß unwesentlich ergänzt hat, noch hat der Revisionswerber selbst in seiner Beschwerde solche Behauptungen aufgestellt, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich gemacht hätten. Der Revisionswerber brachte in der Beschwerde insbesondere keine konkreten Argumente vor, um die von der Verwaltungsbehörde vorgenommene Beweiswürdigung und die darauf gegründeten Tatsachenfeststellungen begründet in Zweifel zu ziehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen des BFA - welche der Revisionswerber in seiner Beschwerde nicht substantiiert zu bestreiten vermochte - angeschlossen und ebenso ausgeführt, dass dem Vorbringen des Revisionswerbers zur Verfolgung durch den angeblich einflussreichen Politiker und Vater seiner Frau die Glaubwürdigkeit zu versagen sei. Damit war der Sachverhalt jedoch in einem bereits für sich tragenden Punkt im Sinne der hg. Rechtsprechung zur Verhandlungspflicht als geklärt zu betrachten (vgl. VwGH 6.7.2016, Ra 2015/01/0159).

13 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. September 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018140052.L00

Im RIS seit

01.10.2018

Zuletzt aktualisiert am

02.11.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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