TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/25 97/15/0178

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Veröffentlicht am 25.11.1999
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
BAO §185;
BAO §198;
BAO §92 Abs1 litb;
EStG 1972 §16 Abs1 Z8 litb;
EStG 1972 §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der S G in W, vertreten durch Dr. Christian Widl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Straße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 2. September 1997, Zl. Est/088-17/11/97, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 6. August 1987 erwarb die Beschwerdeführerin im Erbweg die (im Jahr 1962 bebaute) Liegenschaft in Wien, M-Gasse 21. Sie vermietete sie erstmals ab 17. November 1988. Für das Jahr 1988 reichte sie zunächst keine Einkommensteuererklärung ein. Für die Jahre 1989 bis 1991 wurde bei Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Bemessungsgrundlage der AfA der Einheitswert herangezogen. Es erfolgte eine entsprechende Veranlagung.

In der Folge reichte die Beschwerdeführerin die Einkommensteuererklärungen für 1992 ein, in welcher bei Ermittlung der Einkünfte die AfA von den fiktiven Anschaffungskosten berechnet wurde. Das Finanzamt legte allerdings im Einkommensteuerbescheid für 1992 die vom Einheitswert berechnete AfA zugrunde.

Nachdem über die Berufung der Beschwerdeführerin eine abweisende Berufungsvorentscheidung ergangen war, stellte die Beschwerdeführerin am 1. September 1994 den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und reichte zugleich (erstmalig) eine Einkommensteuererklärung für 1988 ein. Sie vertrat die Auffassung, im Hinblick auf die bisherige Nichteinreichung der Steuererklärung für 1988 sei das in § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b EStG 1972 eingeräumte Recht, an Stelle des Einheitswertes die fiktiven Anschaffungskosten als AfA-Bemessungsgrundlage zu wählen, noch nicht verbraucht. Das rechtliche Interesse sei gegeben, weil die beantragte bescheidmäßige Feststellung in der Folge gemäß § 295 Abs. 3 BAO zu einer zwingenden Folgeberichtigung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre ab 1989 führen müsse.

In der Einkommensteuererklärung für 1988 wurde ein Antrag gemäß § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b EStG 1972 gestellt. In der Erklärung sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von 17.905 S und solche aus Vermietung und Verpachtung von -2.500 S ausgewiesen.

Aufgrund eines Devolutionsantrages betreffend die Einkommensteuer 1988 sprach die belangte Behörde mit Bescheid vom 10. März 1997 aus, dass hinsichtlich dieser Abgabe bereits mit 31. Dezember 1993 Bemessungsverjährung eingetreten sei, weshalb das Recht zu deren Festsetzung erloschen sei.

Mit Devolutionsantrag vom 11. März 1997 begehrte die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde möge aufgrund der am 1. September 1994 eingereichten Einkommensteuererklärung 1988 die Einkommensteuerveranlagung für 1988 vornehmen und über den Antrag, die AfA im Jahr 1988 gemäß § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b EStG 1972 von den fiktiven Anschaffungskosten zu bemessen, entscheiden, zumal der Antrag ein Anbringen gemäß § 85 Abs. 1 BAO sei. Es sei ein Feststellungsbescheid gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO zu erlassen, weil ein solcher Bescheid das notwendige, letzte und einzige Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung darstelle.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag zurück. Das Wahlrecht betreffend die AfA-Bemessungsgrundlage sei durch die nicht rechtzeitige Einreichung der Einkommensteuererklärung für 1988 verwirkt worden. Der Versuch, diesen Fehler rückwirkend durch Einreichung der Einkommensteuererklärung 1988 am 1. September 1994 zu sanieren, sei wegen der Ende 1993 eingetretenen Bemessungsverjährung ins Leere gegangen. Dies habe die belangte Behörde bereits im Bescheid vom 10. März 1997 ausgesprochen. Folge man der Ansicht der Beschwerdeführerin, so hätte sie es in der Hand, durch die nicht rechtzeitige Abgabe der Einkommensteuererklärung 1988 die Bestimmung des § 114 Abs. 4 EStG 1988 zu umgehen, was die belangte Behörde in der abweisenden Berufungsentscheidung vom 9. Oktober 1996 betreffend Einkommensteuer 1992 zum Ausdruck gebracht habe. Im Hinblick auf die genannten Entscheidungen gehe die belangte Behörde davon aus, dass entschiedene Sache vorliege. Bei entschiedener Sache erweise sich ein Anbringen als unzulässig und sei daher zurückzuweisen. Weiters sei zu beachten, dass über einen Antrag, die AfA von den fiktiven Anschaffungskosten zu bemessen, kein eigener Feststellungsbescheid zu erlassen sei. Solche Feststellungsbescheide seien nämlich nicht zu erlassen, wenn das Ergehen von Abgabenbescheiden vorgesehen sei. Dass aber ein Abgabepflichtiger durch verschuldete Säumnis bei der Abgabe seiner Steuererklärung das Recht auf bescheidmäßige Festsetzung der Einkommensteuererklärung für ein bestimmtes Jahr verwirkt habe, bedeute nicht, dass über den Umweg eines Feststellungsbescheides die Folgen der Verjährung umgangen werden könnten. Zudem könne nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Antrag nach § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b EStG 1972 nur anlässlich der Veranlagung für das Jahr gestellt werden, in welchem das Gebäude erworben bzw. erstmalig zur Einkunftserzielung verwendet worden sei. Es entspreche auch der herrschenden Lehre, dass bei Unterlassung dieses einmaligen Wahlrechtes die AfA vom zuletzt festgestellten Einheitswert zu berechnen sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass über den Antrag, die AfA bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1988 in einer bestimmten Weise zu berechnen, schon deshalb nicht meritorisch zu entscheiden war, weil sich für das Jahr 1988 wegen der geringen Höhe des Einkommens keine steuerlichen Auswirkungen ergeben haben und auch keine Steuervorschreibung erfolgt ist. Gegebenenfalls wäre über die Frage der AfA-Berechnung für 1988 aber im Einkommensteuerbescheid zu entscheiden gewesen. Das Gesetz sieht nicht vor, dass - außerhalb der in den §§ 185 ff BAO vorgesehenen Bescheide - bescheidmäßig über Teile der Einkommensteuerbemessungsgrundlage abgesprochen wird.

Im gegenständlichen Fall kann dahingestellt bleiben, ob ein Antrag iSd § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b EStG 1972 auf Berechnung der AfA von den fiktiven Anschaffungskosten für das Jahr 1988 als dem Jahr der erstmaligen Vermietung gestellt werden muss, oder ob dies nicht gilt, weil für das Jahr 1988 eine Pflicht zur Einreichung einer Steuererklärung nicht bestanden hat.

Auch wenn es für die Veranlagungen der Folgejahre auf eine Antragstellung für das Veranlagungsjahr 1988 ankommen sollte, ist ausschließlich die Tatsache der Antragstellung (vgl. Zorn, ÖStZ 1989, 9), nicht aber ein für 1988 ergangener Bescheid (betreffend Einkommensteuer bzw. Einkünftefeststellung) maßgeblich. Das Gesetz räumt keinem - wie immer lautenden - Bescheid Tatbestandswirkung in der Form ein, dass ein solcher Bescheid die AfA-Bemessungsgrundlage für Folgejahre festzulegen vermöchte.

Feststellungsbescheide sind auch ohne eigenständige Rechtsgrundlage zu erlassen, wenn eine Partei dies beantragt, es in ihrem rechtlichen Interesse liegt und ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt oder wenn die Feststellung im öffentlichen Interesse liegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1996, 92/17/0207). Ein solcher Feststellungsbescheid ist nicht zu erlassen, wenn die Frage in einem Verfahren (insb. im Abgabenverfahren mittels Abgabenbescheid) geklärt werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. August 1991, 89/17/0174).

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers wird durch den Antrag, die AfA für 1988 in bestimmter Weise zu berechnen, nicht die Erlassung eines Bescheides beantragt, mit welchem iSd § 92 Abs. 1 lit. b BAO Tatsachen festgestellt werden. Aber auch wenn der Antrag im Sinne der Erlassung eines solchen Feststellungsbescheides gedeutet würde, wäre zu beachten, dass kein rechtliches Interesse der Beschwerdeführerin an der Feststellung besteht, die AfA für das Jahr 1988 sei gemäß § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b EStG 1972 berechnet worden. Über die Frage der AfA-Bemessungsgrundlage ist nämlich für das jeweilige Jahr im betreffenden Einkommensteuerbescheid abzusprechen. Da mit dem jeweiligen Abgabenbescheid (für die Jahre nach 1988) die Frage der AfA-Bemessungsgrundlage einer Klärung zugeführt werden kann, liegen die Voraussetzungen für einen gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehenen Abgabenbescheid nicht vor.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.

Wien, am 25. November 1999

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997150178.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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