Entscheidungsdatum
25.06.2018Norm
AuslBG §4Spruch
I406 2116727-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Vorsitzenden, den fachkundigen Laienrichter Mag. Markus Hintner als Beisitzer und die fachkundige Laienrichterin Maria Wodounik als Beisitzerin über die Beschwerde von XXXX, XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Paul DELAZER, Maximilianstraße 2/1, 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid des ARBEITSMARKTSERVICE, Regionale Geschäftsstelle Landeck, vom 21.06.2013, GZ: 08114/ ABB-Nr. 3622313, in nicht öffentlicher Sitzung vom 22.06.2018 beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird für gegenstandslos erklärt und das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die XXXX (in weiterer Folge Arbeitgeberin) stellte als Arbeitgeberin beim ARBEITSMARKSVERICE LANDECK (in weiterer Folge AMS) am 12.06.2013 einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für einen türkischen Staatsangehörigen (in weiter Folge Beschwerdeführer).
2. Mit Bescheid des AMS vom 21.06.2013, GZ: 08114/ ABB.Nr.: 3622313 wurde der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) abgelehnt. Begründet wurde dies damit, dass der Regionalbeirat die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet habe. Weiters läge entsprechend den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens auch keine sonstigen in § 4 Abs. 3 AuslBG genannten Voraussetzungen vor.
3. Über die Feststellung, wonach nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens auch keine sonstigen in § 4 Abs. 3 AuslBG genannten Voraussetzungen vorlägen, hinausgehend trifft der Bescheid zur Arbeitsmarktlage sowie zum Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG keine Feststellungen.
4. Gegen die Entscheidung erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung und führte begründend aus, dass die Bestimmungen des § 4 Abs. 3 AuslBG die Bestimmungen des Art. 13 Assoziierungsabkommens EWG - Türkei, Assoziationsratsbeschluss Nr. 1/80 (ARB) samt seinen Nebenbestimmungen und dem darin enthaltenen Verschlechterungsverbot für türkische Arbeitnehmer konterkarierten.
5. Die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol als Berufungsbehörde wies diese Berufung mit Bescheid GZ: LGSTi/II/08 114-3627124-706/2013-I vom 27.12.2013 ab. Nach Ansicht der Berufungsbehörde stehe die Bestimmung des § 4 Abs. 3 AuslBG nicht in Widerspruch zum Verschlechterungsverbot iSd Art. 13 ARB Nr.1/80, da sie keine neuen Beschränkungen aufstelle, zumal die Bestimmung des § 4 Abs. 6 AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 315/1994, in Kraft ab 01.07.1994, jener der der Ablehnung zugrunde gelegten geltenden Bestimmung des § 4 Abs. 3 AuslBG idgF entspreche. Eine Verschlechterung liege daher nicht vor.
6. Gegen Entscheidung der Berufungsbehörde erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die Revision beim VwGH.
7. Mit Erkenntnis vom 19.05.2014, Zl. Ro 2014/09/0016-5 behob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts.
8. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.09.2014, GZ I406 2002713-1/7E, wurde der Bescheid des AMS vom 21.06.2013, GZ: 08114/ ABB.Nr.: 3622313, gemäß § 28 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das AMS zurückverwiesen.
9. Mit Schriftsatz vom 21.10.2014 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen das ihm im Rahmen des Ermittlungsverfahren von der belangten Behörde mit Schreiben vom 08.10.2014 übermittelte Parteiengehör und Informationsschreiben, welche er beide als Bescheide erachte.
10. Gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.09.2014, GZ I406 2002713-1/7E erhob der Beschwerdeführer außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof, welche mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 10.12.2014, Zl. Ra2014/09/0034-3 zurückgewiesen wurde.
11. Mit Bescheid des AMS vom 27.03.2015 wurde der Antrag vom 12.06.2013 auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach § 4 AuslBG gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 AuslBG erneut abgelehnt. Eine Beschwerde dagegen wurde nicht erhoben.
12. Dem Beschwerdeführer wurde vom Magistrat der Stadt Innsbruck am
XXXX der Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot Karte plus" gemäß § 41a des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) erteilt und ist der Beschwerdeführer seit XXXX bei der Arbeitgeberin beschäftigt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus dem unter Punkt I. angeführten Verfahrensgang.
1.2. Dem Beschwerdeführer wurde vom Magistrat der Stadt Innsbruck am XXXX der Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot Karte plus" gemäß § 41a des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) erteilt.
1.3. Mit diesem Aufenthaltsrecht ist gemäß § 17 Z 1 AuslBG ein unbeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt des Beschwerdeführers verbunden.
1.4. Der Beschwerdeführer ist seit XXXX bei der Arbeitgeberin beschäftigt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus der Einsichtnahme in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt und dem Versicherungsdatenauszug des Hauptverbandes des österreichischen Sozialversicherungsträgers.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zuständigkeit und Beschlussform
Die Zuständigkeit zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde, die sich gegen einen Bescheid in einer Angelegenheit der Vollziehung des Bundes richtet, die unmittelbar von einer Bundesbehörde (Arbeitsmarktservice) besorgt wird, ergibt sich aus Art. 131 Abs. 2 B-VG; eine abweichende einfachgesetzliche Regelung besteht nicht (vielmehr sieht § 20f AuslBG sogar nähere Regelungen über die für die vorliegende Materie einschlägigen Senatszusammensetzungen im Bundesverwaltungsgericht vor).
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Nach § 7 Abs. 1 BVwGG besteht der Senat aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Ist in Bundes- oder Landesgesetzen die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vorgesehen, sind diese anstelle der Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsverteilung als Beisitzer heranzuziehen (§ 7 Abs. 2 BVwGG).
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.2. Zur Einstellung des Verfahrens
Laut ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. 19.1.1989, 88/09/0146) führt nicht nur die formelle (ausdrückliche) Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern auch der Wegfall des Rechtsschutzinteresses im Zuge eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu dessen Einstellung, da der VwGH im Rahmen einer nach Art 131 B-VG erhobenen Bescheidbeschwerde zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist. Ergibt sich im Zuge eines derartigen Verfahrens vor dem VwGH, dass eine fortwirkende Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nicht (mehr) gegeben ist, dass auch eine stattgebende Entscheidung des VwGH keine (weitere) Veränderung bewirken würde und die in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen damit nicht mehr fallbezogene, sondern nur noch theoretische Bedeutung besitzen, dann führt dies zur Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.
Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis demgegenüber am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht (vgl. etwa § 33 VwGG sowie wiederum die Auslegung von § 66 AVG; dazu Hengstschläger/Lee, AVG III § 66 Rz 56f). Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder des Untergangs des Beschwerdeführers kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei der Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung und wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs (etwa durch die Verwaltungsbehörde bzw. Sachliche Oberbehörde gemäß § 68 AVG) als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013 § 28 VwGVG Anm. 5).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eine Beschwerde mit Beschluss für gegenstandslos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Gegenstandslosigkeit wird - neben formeller Klaglosstellung - auch angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (siehe etwa VwGH 22.11.2006, 2005/10/0205; zuletzt auch VwGH 5.11.2014, Ro 2014/10/0084, mit Verweis auf VwGH 28.11.2013, 2013/10/0084).
Das Rechtsschutzinteresse besteht bei einer Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es auf Grund der geänderten Umstände für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen. (VwGH 02.07.2008, 2007/10/0010). Es ist nämlich nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichts, in einer Beschwerdesache zu entscheiden, wenn der Entscheidung nach der Sachlage keine Bedeutung mehr zukommt. (vgl. VwGH 24.04.2013, 2011/01/0216; 23.01.2013, 2011/10/0216).
Für den Fall des Wegfalls des rechtlichen Interesses erst nach Einbringung des Rechtsmittels (jetzt der Revision bzw. früher der Beschwerde) an den Verwaltungsgerichtshof leitete dieser aus § 33 Abs 1 VwGG ab, dass mit dem Wegfall des rechtlichen Interesses das Revisions- bzw. Beschwerdeverfahren infolge Eintritts der Gegenstandslosigkeit einzustellen ist (vgl. die Beschlüsse vom 13. Mai 2005, Zl 2004/02/0386, sowie vom 12. August 2014, Zl Ro 2014/06/0049).
Da dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren vom Magistrat der Stadt Innsbruck am XXXX der Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot Karte plus" gemäß 41a NAG erteilt wurde und ihm aus diesem Titel gemäß § 17 Z 1 AuslBG ein unbeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt zukommt sowie der Tatsache, dass der Beschwerdeführer seit XXXX für die Arbeitgeberin tätig ist, ist infolge der materiellen Klaglosstellung des Beschwerdeführers wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses das Verfahren als gegenstandslos geworden zu erklären und gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen. Sohin kann auch die Frage, ob es sich beim Parteiengehör des AMS bzw. um dessen Informationsschreiben um einen Bescheid handelt, dahin gestellt bleiben.
3.3. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen; sie hätte im Übrigen auch eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lassen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Gegenstandslosigkeit, rechtliches Interesse, VerfahrenseinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I406.2116727.1.00Zuletzt aktualisiert am
27.09.2018