Entscheidungsdatum
13.07.2018Norm
BBG §40Spruch
G303 2166991-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, vom 17.07.2017, OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
II. Der Grad der Behinderung beträgt 50 (fünfzig) v.H. (von Hundert). Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 15.05.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) ein. Dieser Antrag gilt entsprechend dem Antragsformular der belangten Behörde auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass, da der BF noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der genannten Zusatzeintragung zum Zeitpunkt der Antragstellung war. Dem Antrag war ein Konvolut an medizinischen Beweismitteln angeschlossen.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX, Facharzt für Orthopädie, vom 14.07.2017, wurde nach erfolgter persönlicher Untersuchung des BF am 12.07.2017, zusammengefasst folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer bzw. des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Arthrose bei Osteochondrosis dissecans Sprunggelenk rechts, inzipiente Arthrose oberes Sprunggelenk links Oberer Rahmensatzwert bei vorliegender Einschränkung der Sprunggelenke und mittelgradiger Einschränkung im Alltag
02.05.33
40
2
Verletzung Hohlhand links mit Beteiligung von Sehnen, Nerven und Blutgefäßen Mittlerer Rahmensatzwert bei vorliegender Funktionseinschränkung der linken Hand
02.06.26
20
3
Geringe Osteochondrose der HWS Unterer Rahmensatzwert bei vorliegendem Bewegungsumfang und geringen Arthrosen ohne sensomotorische Defizite, geringe Einschränkung im Alltag
02.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Zum Gesamtgrad der Behinderung wurde begründend ausgeführt, dass der Behinderungsgrad der Gesundheitsschädigung (GS) 1 führend sei und die GS 2 und die GS 3 zu gering seien um den Grad der Behinderung weiter zu steigern.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17.07.2017 wurde der Grad der Behinderung des BF mit 40 % festgesetzt und festgestellt, dass der BF damit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle, weswegen sein Antrag vom 15.05.2017 abgewiesen wurde. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das eingeholte, oben angeführte, ärztliche Sachverständigengutachten von Dr. XXXX. Das Gutachten wurde dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen und zum Bestandteil der Begründung des Bescheides erklärt. In der rechtlichen Begründung wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes angeführt.
4. Mit am 23.07.2017 bei der belangten Behörde eingelangtem und als Einspruch bezeichnetem Schreiben erhob der BF binnen offener Frist Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid vom 17.07.2017. Der BF gab an, dass sich die körperlichen Einschränkungen insbesondere durch ständige Schmerzen sowohl bei Belastung als auch in Ruhestellung im rechten operierten Sprunggelenk und teilweise auch im linken Sprunggelenk äußern. Eine Schonung beider Gelenke sei vom Arzt dringend angeraten worden und habe sich die Situation nicht verbessert, sondern verschlechtert. Auch die Einnahme von Schmerzmitteln habe erhöht werden müssen. Eine Wegstrecke von mehr als 50m sei für den BF ohne Hilfsmittel eine große Qual. Er würde sehr große Schmerzen bekommen, sodass der BF nicht mehr weiter könne, und auf die Hilfe einer dritten Person angewiesen sein würde.
Aufgrund der Funktionseinschränkung der rechten Hand sei es ihm nicht möglich, eine Gehhilfe richtig zu halten. Die Funktionseinschränkung seiner rechten Hand würde bei kälteren Temperaturen schlechter werden und es komme sogar zur totalen Taubheit und einem Funktionsstillstand. Der BF ersuche um eine erneute Prüfung der Entscheidung betreffend die Höhe des Grades der Behinderung.
5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 08.08.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen.
6. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichts ein fachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt.
6.1. Im medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Fachärztin für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, vom 17.04.2018 wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF am 04.04.2018, im Wesentlichen folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer bzw. des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Sprunggelenksabnützung rechts mehr als links mit mäßiger Funktionseinschränkung rechts und geringer Funktionseinschränkung links. Oberer Rahmensatzwert aufgrund der Bewegungseinschränkung rechts sowie dem gestörten Gangbild und der dadurch notwendigen Verwendung entsprechenden Schuhwerks. Häufiger Schmerzmittelbedarf.
02.05.33
40
2
Z.n. Gefäß-, Sehnen- und Nervenverletzung rechte Hand mit leichter Funktionseinschränkung im Handgelenk und leichter Gefühlsstörung, Beugekontraktur V. Finger links. Vorgegebener Rahmensatzwert bei leichter Funktionseinschränkung beidseits.
02.06.21
20
3
Überlastungssyndrom der Hals- und Lendenwirbelsäule bei geringen Verschleißerscheinungen. Unterer Rahmensatzwert, geringe Verschleißerscheinungen, nur geringe Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule.
02.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Zum Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass sich dieser aus der führenden GS 1 ergebe und erhöhe die GS 2 um eine Stufe, da die Verwendung von Gehhilfen (z.B. Walkingstöcke) durch die Beeinträchtigung der rechten Hand (v.a. Narbe in der Hohlhand) problematisch sei. Die GS 3 erhöhe den Gesamtgrad der Behinderung wegen Geringfügigkeit nicht weiter.
Stellungnehmend zum Vorgutachten wurde ausgeführt, dass die Einschätzung der einzelnen Positionen dem Vorgutachten von Dr. XXXX entspreche, jedoch der Gesamtgrad der Behinderung, aufgrund der Wechselwirkung der GS 1 und der GS 2, um eine Stufe höher eingeschätzt werde.
Es liege ein Dauerzustand, zumindest seit der Antragstellung, vor.
7. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG seitens des erkennenden Gerichtes mit Schreiben vom 30.04.2018 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.
7.1. Die Parteien erstatteten dazu keine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF hat einen Wohnsitz im Inland.
Beim BF liegen folgende behinderungsrelevante Gesundheitsschädigungen vor:
? Sprunggelenksabnützung rechts mehr als links mit mäßiger Funktionseinschränkung rechts und geringer Funktionseinschränkung links (Grad der Behinderung: 40 %).
? Zustand nach Gefäß-, Sehnen- und Nervenverletzung der rechten Hand mit leichter Funktionseinschränkung im Handgelenk und leichter Gefühlsstörung sowie Beugekontraktur des V. Finger links (Grad der Behinderung: 20 %)
? Überlastungssyndrom der Hals- und Lendenwirbelsäule bei geringen Verschleißerscheinungen (Grad der Behinderung: 10 %)
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 (fünfzig) von v.H. (von Hundert).
Der Gesamtgrad der Behinderung ergibt sich aus dem führenden Leiden (beidseitige Sprunggelenksabnützung) und wird durch die Funktionseinschränkung der rechten Hand um eine Stufe erhöht. Das Überbelastungssyndrom der Hals- und Lendenwirbelsäule ist zu gering, um eine Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung zu bewirken.
Der BF erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, der Beschwerde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellung zum Wohnsitz des BF ergibt sich aus einem eingeholten Datenauszug des Zentralen Melderegisters und den Angaben des BF bei der Antragstellung.
Der Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert wurde aufgrund des eingeholten fachärztlichen Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX, Fachärztin für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, vom 17.04.2018 festgestellt.
Dieses ist schlüssig, vollständig, weist keine Widersprüche auf und steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen im Einklang. Das Sachverständigengutachten basiert auf einem nach persönlicher Untersuchung des BF erhobenen Befund. Es wurde dabei auf die Art der einzelnen Leiden des BF und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.
Die festgestellten behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen und deren korrekte und nachvollziehbare Einschätzung bezüglich des Grades der Behinderung gemäß der anzuwendenden Einschätzungsverordnung samt Anlage ergeben sich daraus.
Die Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zum Vorgutachten vom 14.07.2017, welches seitens der belangten Behörde eingeholt wurde, wurde nachvollziehbar begründet, da die Verwendung von Gehhilfen für den BF insbesondere aufgrund der Beeinträchtigung der rechten Hand problematisch ist und damit eine negative Wechselwirkung zur führenden Gesundheitsschädigung besteht.
Der Inhalt des oben angeführten Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichtes im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme wurde von keiner der Parteien erstattet, womit das eingeholte Sachverständigengutachten unbestritten blieb.
Es wurde damit ein Grad der Behinderung von insgesamt 50 v.H. objektiviert.
Das angeführte Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 17.04.2018 wird daher der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung [idgF]) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 idgF) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF) geregelt (§ 1 VwGVG).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.
Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung des BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde zudem von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht beeinsprucht.
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.
Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.
Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
3.2. Zu Spruchteil A)
Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970in der geltenden Fassung, angehören.
Nach § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
? Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).
? Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
? In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz,
BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 in der geltenden Fassung) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 leg. cit. vorliegt.
Der Behindertenpass hat gemäß § 42 Abs. 1 BBG den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:
Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das fachärztliche Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, zu Grunde gelegt, welches als nachvollziehbar, schlüssig und widerspruchfrei gewertet wurde und im Beschwerdeverfahren unbestritten blieb.
Alle Gesundheitsschädigungen des BF wurden in dem vorliegenden Sachverständigengutachten berücksichtigt; für jedes einzelne behinderungsrelevante Leiden wurde ein Grad der Behinderung nach der anzuwendenden Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt eingeschätzt.
Das Beschwerdevorbringen, dass der BF eine Gehhilfe aufgrund der Funktionseinschränkung seiner rechten Hand nicht wirksam benutzen kann, wurde bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung berücksichtigt.
Die Gesamteinschätzung ist auch unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen (vgl. VwGH 19.11.1997, Zl. 95/09//0232; 04.09.2006, Zl. 2003/09/0062). Demnach konnte ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert festgestellt werden.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert und einem Wohnsitz im Inland sind die Voraussetzungen gemäß § 40 Abs. 1 BBG für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfüllt.
Der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben und festzustellen, dass der Grad der Behinderung des BF 50 (fünfzig) v.H. (von Hundert) beträgt.
Die Anträge des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" und auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO sind nicht Beschwerdegegenstand und unterliegen noch der Entscheidungspflicht der belangten Behörde.
3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G303.2166991.1.00Zuletzt aktualisiert am
26.09.2018