TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/13 L516 1416186-3

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Veröffentlicht am 13.08.2018
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Entscheidungsdatum

13.08.2018

Norm

AVG §68 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L516 1416186-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb XXXX, StA Pakistan, vertreten durch Verein ZEIGE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.07.2018, XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 iVm § 68 Abs 1 AVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsangehöriger, stellte am 01.03.2010 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Rechtsmittelweg vom Asylgerichtshof mit Erkennntnis vom 15.02.2012, E13 416.186-1/2010-7E, hinsichtlich der Zuerkennung des Status sowohl eines Asylberechtigten als auch eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; des Weiteren wurde der Beschwerdeführer nach Pakistan ausgewiesen. Jene Entscheidung erwuchs in Rechtskraft mit 01.03.2012.

2. Der Beschwerdeführer stellte am 18.07.2013 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Rechtsmittelweg mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.03.2014, L508 1416186-2/4E, gemäß § 68 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde; gleichzeitig wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurückverwiesen.

3. Am 03.07.2015 stellte der Beschwerdeführer den dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden dritten Antrag auf internationalen Schutz (BFA-Verfahrenszahl 150790691).

4. Das BFA stellte das Verfahren zu diesem Antrag vom 03.07.2015 am 04.09.2015 gem unter Bezugnahme auf § 24 Abs 2 AsylG zunächst ein, nachdem der Beschwerdeführer nicht zu einer Erstbefragung am 05.07.2015 erschienen war und dessen Aufenthaltsort dem BFA weder bekannt noch leicht feststellbar war, und setzte das Verfahren am 05.04.2016 fort.

5. Am 19.04.2016 fand zu diesem Antrag vom 03.07.2015 die Erstbefragung gem § 19 AsylG statt und am 19.07.2016 sowie 26.04.2018 wurde der Beschwerdeführer vom BFA niederschriftlich einvernommen.

6. Das BFA wies mit gegenständlich angefochtenem Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom "03.04.2016" (richtig wohl: 03.07.2015) gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I des bekämpften Bescheides) sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) zurück, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV), stellte fest, dass die Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V) und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs 1a keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI). Mit Spruchpunkt VII erkannte das BFA der Beschwerde gem § 18 Abs 1 Z 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab.

7. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren amtswegig eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite gestellt.

8. Der Beschwerdeführer hat gegen den am 06.07.2018 zugestellten Bescheid des BFA am 01.08.2018 Beschwerde erhoben und diesen zur Gänze angefochten.

9. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakten des BFA langte der Aktenlage nach am 07.08.2018 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhaltsfeststellungen

Zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung im Vorverfahren

1.1. Der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsangehöriger, stellte am 01.03.2010 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Rechtsmittelweg vom Asylgerichtshof mit Erkennntis vom 15.12.2012, E13 416.186-1/2010-7E, hinsichtlich der Zuerkennung des Status sowohl eines Asylberechtigten als auch eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; des Weiteren wurde der Beschwerdeführer nach Pakistan ausgewiesen. Jene Entscheidung erwuchs in Rechtskraft mit 01.03.2012.

1.2. Ein zweiter Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 18.07.2013 wurde im Rechtsmittelweg mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.03.2014, L508 1416186-2/4E, gemäß § 68 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen; gleichzeitig wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurückverwiesen.

Zur Begründung der Anträge

1.3. Den ersten Antrag vom 01.03.2010 begründete der Beschwerdeführer zusammengefasst im Wesentlichen damit, Er sei Angehöriger der Partei PML/Q gewesen. Nachdem die PML/N an die Macht gekommen sei, habe er Probleme bekommen und sei er desöfteren von der Polizei einfach ohne Grund eingesperrt und geschlagen worden. Auch sei er Opfer eines Verkehrsunfalls geworden und handelte es dabei um einen gezielten Anschlag auf seine Person. Sonstige Fluchtgründe wurden nicht vorgebracht. Ergänzend führte er an, dass er bereits im Mai 2009 in der Slowakei einen Asylantrag eingebracht habe, über welchen negativ entschieden worden sei. Er sei nach Erhalt der negativen Entscheidung im August 2009 freiwillig nach Pakistan zurückgekehrt. Sein Heimatland habe er abermals am 15.02.2010 verlassen. Der Asylgerichtshof erachtete das Vorbringen des Beschwerdeführers zu der von ihm behaupteten Bedrohungssituation in dessen Heimat mit näherer Begründung als nicht glaubhaft und gingen darüber hinaus davon aus, dass auch kein Sachverhalt im Sinne der Art 2 und 3 EMRK vorliege sowie eine Ausweisung des Beschwerdeführers keine Verletzung des Art 8 EMRK darstelle.

1.4. Den verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag begründete der Beschwerdeführer vor dem BFA am 19.07.2016 und 26.04.2018 einerseits damit dass er in Österreich zum christlichen Glauben übergetreten und am 19.02.2017 getauft worden sei. Er werde in Pakistan von seiner Familie und der "Society" nicht als Christ akzeptiert und könne nicht nach Pakistan zurückkehren, werde unheimlich viele Schwierigkeiten bekommen (AS 103, 105). Zum anderen brachte der Beschwerdeführer vor, dass es gegen ihn eine neue falsche Anzeigen wegen einer behaupteten Entführung gegen ihn in Pakistan gebe und in Pakistan am 16.05.2016 ein Haftbefehl gegen ihn erlassen worden sei (AS 105, 107, 162). Daneben erstatte der Beschwerdeführer auch ein Vorbringen zu seinen im Vorverfahren genannten Ausreisegründen (AS 103, 161, 162, 163)

Der Beschwerdeführer legte dem BFA zur Bescheinigung dieses Vorbringens in Kopie zwei Schriftstücke vor, denen zufolge einerseits gegen den Beschwerdeführer in Pakistan am 16.05.2016 ein Haftbefehl erlassen worden sein soll und andererseits der Beschwerdeführer am 19.02.2017 getauft worden sei (AS 117, 143).

Zum angefochtenen Bescheid

1.5. Das BFA unterließ es, im angefochtenen Bescheid konkreten Sachverhaltsfeststellungen zu den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Anzeigen, zum ebenso vorgebrachten Haftbefehl vom 16.05.2016 sowie zu der am 19.02.2017 in Österreich erfolgten Taufe zu treffen (vgl Bescheid, S 11, 12). Im Rahmen der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides "[b]etreffend die Feststellungen zu den Gründen für Ihren neuen Antrag auf internationalen Schutz" traf das BFA nach einer allgemeingültigen Einleitung die folgenden Ausführungen (Bescheid, S 13, 14):

"Sie haben im gegenständlichen Verfahren hinsichtlich Ihrer Fluchtgründe und Ihrer Rückkehrbefürchtungen keinen Sachverhalt vorgebracht, welcher nach rechtskräftigem Abschluss Ihres Erstverfahrens neu entstanden ist. Als primären Fluchtgrund brachten Sie Ihre Konversion nicht vor. Hierzu wird auf die Behandlung von Christen in Pakistan verwiesen:

Laut Ergebnis der pakistanischen Volkszählung 2017 sind 1,59 % der ca. 207 Millionen Einwohner Christen [Anm.: ca. 3,3 Millionen]. Der Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung ist in Punjab (2,31 %) und in Islamabad (4,07 %) am höchsten (PBS 2017b). Etwa 60 % von ihnen sind Katholiken und 40 % protestantische Konfessionen (AA 20.10.2017). Etwa 90 % der Christen leben im Punjab, davon ca. zwei Millionen in Lahore (BAA 6.2013; vgl. EASO 8.2015; vgl. UKHO 10.5.2016) und eine halbe Million im übrigen Punjab. Große christliche Gemeinden gibt es u.A. auch in Karatschi (UKHO 10.5.2016).

Eine gewisse Freiheit der Religion ist vorhanden, man kann Symbole wie das Kreuz zeigen; jedoch kann man damit auch Diskriminierung auf sich ziehen. Die Ausdrucksfreiheit ist durch das Blasphemie-Gesetz eingeschränkt, allerdings trifft dies auch die Mehrheitsbevölkerung (BAA 6.2013; vgl. EASO 8.2015). Im Unterschied zu den Ahmadis sind Christen in der Regel frei in der öffentlichen Ausübung ihres Glaubens, insoweit aber verwundbarer, als sie fast ausschließlich der wirtschaftlichen Unterschicht angehören.

Ihre behaupteten politischen Probleme konnten Sie nicht glaubhaft vorbringen. Zusammengefasst zeigt sich, dass Sie jedenfalls bereit sind unwahre Angaben zu machen, um eventuell asylrelevante Vorbringen zu präsentieren. Dies wurde im Erkenntnis des BVwG vom 05.03.2014 festgestellt.

Glaubhafte Beweismittel für Ihr Vorbringen - sowohl was die Person, als auch, den Fluchtgrund betreffen, haben Sie nicht in Vorlage gebracht."

2. Beweiswürdigung

2.1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den vom BFA vorgelegten und unverdächtigen Verwaltungsverfahrensakten zu den Anträgen des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowie aus den Gerichtsakten des Asylgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Vorverfahren. Die Feststellungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren sowie zu den Ausführungen des BFA im angefochtenen Bescheid ergeben sich konkret aus den im Akt einliegenden Niederschriften, den vorgelegten Schriftstücken und dem angefochtenen Bescheid, wobei zu den jeweiligen Feststellungen die entsprechenden Aktenseiten (AS) des verfahrensgegenständlichen Verwaltungsverfahrensaktes angeführt sind.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlage

3.1. Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Allgemein zur entschiedenen Sache nach § 68 Abs 1 AVG

3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Rechtskraft einer Entscheidung einem neuerlichen Antrag entgegen, wenn keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vorliegt und in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten ist (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122). Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG ist dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat. Im Übrigen ist bei der Überprüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich verändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne dass dabei dessen sachliche Richtigkeit nochmals zu ergründen wäre, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine andere fachliche Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen berührt die Identität der Sache nicht. In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand (VwGH 24.06.2014, Ro 2014/05/0050). Erst nach Erlassung des Bescheides hervorgekommene Umstände, die eine Unrichtigkeit des Bescheides dartun, stellen keine Änderung des Sachverhaltes dar, sondern bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089). In Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122).

Zur Beurteilung im gegenständlichen Verfahren

3.3. Das Bundesverwaltungsgericht hat fallbezogen zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

3.4. Maßstab der Rechtskraftwirkung bildet die Entscheidung, mit der zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783), im vorliegenden Fall somit das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 15.02.2012, E13 416.186-1/2010-7E, welches mit 15.11.2013 in Rechtskraft erwuchs.

3.5. Fallbezogen handelt es sich bei den Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach er am 19.02.2017 getauft worden sei und am 16.05.2016 ein Haftbefehlt gegen ihn erlassen worden sei um ein neues Vorbringen. Er legte dazu dem BFA in Kopie zwei Schriftstücke vor, welche vom BFA nicht gewürdigt wurden. Soweit das BFA im Rahmen der Beweiswürdigung auf die eigenen Länderfeststellungen zur "Behandlung von Christen in Pakistan" verwies, negierte das BFA gleichzeitig das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er zum Christentum konvertiert sei, sowie die ebenso eigenen Länderfeststellungen des BFA im angefochtenen Bescheid zur Situation von Konvertiten im Gegensatz zur Lage von geborenen Christen (s Bescheid, S 39 "Konversion").

3.6. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Änderung nur dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgeblich erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die der angefochtenen Entscheidung zu Grunde lagen, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann und daher die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides zumindest möglich ist (VwGH 24.03.2011, 2007/07/0155; Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 68, Rz 26 mit Judikaturnachweisen; vlg iZm auch VwGH 05.05.2015, Ra 2014/22/0115:

"Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste"; oder etwa in Bezug auf die Änderung der allgemeinen Lage VwGH 12.10.2016, Ra 2015/18/0221).

3.7. Nach den bisherigen Ausführungen liegt ein solcher Fall gegenständlich vor.

3.8. Hat die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen, so ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Eine erstmalige inhaltliche Entscheidung über den zugrunde liegenden Antrag hätte demgegenüber den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschritten (VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115).

3.9. Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid war ersatzlos zu beheben. Für das vom BFA in weiterer Folge fortzusetzende Verfahren ergibt sich, dass durch die im vorliegenden Fall gebotene Aufhebung des angefochtenen Bescheides in der Sache der verfahrensgegenständliche Antrag des Beschwerdeführers wieder unerledigt ist und über diesen von der Behörde - unter Beachtung der höchstgerichtlichen Judikatur neuerlich, nämlich meritorisch - in der Sache - abzusprechen ist (vgl VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0314). Eine zurückweisende Entscheidung wegen entschiedener Sache kommt im vorliegenden Fall nicht mehr in Frage.

3.10. Damit liegen auch die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gem § 10 Abs 3 AsylG und § 52 Abs 3 FPG nicht vor, weshalb Spruchpunkt III und VI mangels einer gesetzlichen Grundlage keinen Bestand mehr haben können und diese ebenso ersatzlos zu beheben sind.

3.11. Soweit mit Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheides vom BFA der Beschwerde gem "§ 18 Abs 1 Z 6 BFA-VG" die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, erweist sich dies als rechtswidrig. Die Anwendbarkeit von § 18 Abs 1 verlangt eine "abweisende" Entscheidung des BFA über einen Antrag auf internationalen Schutz, die fallbezogen nicht vorgelegen ist. Aus diesem Grund war auch Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheides zu beheben.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.12. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, da einerseits der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zum Teil zurückzuweisen war und andererseits der angefochtene Bescheid zum Teil aufzuheben war.

Zu B)

Revision

3.13. Die für den vorliegenden Fall relevante Rechtslage ist durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt, weshalb die Revision nicht zulässig ist.

3.14. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Bescheinigungsmittel, Beweiswürdigung,
Ermittlungspflicht, ersatzlose Behebung, geänderte Verhältnisse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L516.1416186.3.00

Zuletzt aktualisiert am

26.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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