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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §23 Abs2a;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/02/0356 97/02/0357Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des ES, Rechtsanwalt in N, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich jeweils vom 27. Juni 1997 1. Zl. Senat-NK-97-465 (prot. zu hg. Zl. 97/02/0355), 2. Zl. Senat-NK-97-464 (prot. zu hg. Zl. 97/02/0356) und 3. Zl. Senat-NK-97-469 (prot. zu hg. Zl. 97/02/0357), betreffend Übertretungen der StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem zu hg. Zl. 97/02/0355 protokollierten und im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangte Behörde vom 27. Juni 1997 wurde der Beschwerdeführer schuldig befunden, er habe am 19. Dezember 1995 von 00.00 Uhr bis 06.10 Uhr im Stadtgebiet von Ternitz an einem näher genannten Ort einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in der Wohnstraße nicht an einer dafür gekennzeichneten Stelle geparkt. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 23 Abs. 2a StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Mit dem zu hg. Zl. 97/02/0356 protokollierten und im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangte Behörde vom 27. Juni 1997 wurde der Beschwerdeführer schuldig befunden, er habe am 9. Februar 1996 von 21.45 Uhr bis 22.40 Uhr im Stadtgebiet von Ternitz an einem näher genannten Ort einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in der Wohnstraße nicht an einer dafür gekennzeichneten Stelle geparkt. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 23 Abs. 2a StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Mit dem zu hg. Zl. 97/02/0357 protokollierten und im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangte Behörde vom 27. Juni 1997 wurde der Beschwerdeführer schuldig befunden, er habe am 11. Februar 1996 von 12.00 Uhr bis 13.00 Uhr im Stadtgebiet von Ternitz an einem näher genannten Ort einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in der Wohnstraße nicht an einer dafür gekennzeichneten Stelle geparkt. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 23 Abs. 2a StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
In den Begründungen dieser nunmehr angefochtenen Bescheide führte die belangte Behörde u.a. aus, es stehe "außer Zweifel", dass der Tatort (jeweils) dem Grundstück der im Miteigentum stehenden Parzelle Nr. 615/12 zugehöre und als Abstellplatz für Müllcontainer genutzt werde. Insbesondere kommt die belangte Behörde zu dem Schluss , dass die vom Beschwerdeführer jeweils (für das Parken) benutzte Verkehrsfläche nach ihrem äußeren Anschein der dort "unbestritten verordneten Wohnstraße" angehöre und es sich um eine der StVO unterliegende Verkehrsfläche handle, zumal weder durch eine Abschrankung noch durch andere Hinweise die Benutzung des Privatgrundes der Allgemeinheit verboten sei. Insoweit unterliege die im Miteigentum befindliche Einbuchtung vor dem näher genannten Objekt einer Wohnhausanlage, an der die Müllcontainer, welcher für die Mitbewohner aufgestellt worden seien, allgemein zugänglich seien, der Bestimmung des § 23 Abs. 2a StVO und es sei demnach ein Parken von Kraftfahrzeugen dort gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO für jedermann, auch für Miteigentümer verboten.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Nach § 23 Abs. 2a StVO ist in Wohnstraßen das Parken von Kraftfahrzeugen nur an den dafür gekennzeichneten Stellen erlaubt.
Gemäß § 76b Abs. 1 StVO kann die Behörde, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs, insbesondere des Fußgängerverkehrs, die Entflechtung des Verkehrs oder die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines Gebäudes oder Gebietes erfordert, durch Verordnung Straßenstellen oder Gebiete dauernd oder zeitweilig zu Wohnstraßen erklären. In einer solchen Wohnstraße ist der Fahrzeugverkehr verboten; ausgenommen davon sind der Fahrradverkehr, das Befahren mit Fahrzeugen des Straßendienstes, der Müllabfuhr, des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Feuerwehr in Ausübung des Dienstes sowie das Befahren zum Zwecke des Zu- und Abfahrens.
Die Bestimmung von Wohnstraßen (§ 76b) ist nach § 94d Z. 8a StVO von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen, sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind, beziehen soll.
Der Verwaltungsgerichtshof stimmt mit der belangten Behörde überein, dass jene vor den Müllcontainern befindliche Fläche auf Gp. 615/12, auf der das Fahrzeug des Beschwerdeführers laut den in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen abgestellt war, eine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne der StVO ist; insoweit ist der rechtskundige Beschwerdeführer auf die ständige diesbezügliche Rechtsprechung zu verweisen.
Die belangte Behörde geht zwar jeweils davon aus, dass der "Tatort dem Grundstück der im Miteigentum stehenden Parzelle Nr. 615/12 zugehört", unterließ jedoch jegliche Feststellungen, ob dieser Tatort überhaupt von einer von der Gemeinde Ternitz im eigenen Wirkungsbereich nach § 76b StVO erlassenen Verordnung erfasst wurde. Insbesondere ist aus den Verwaltungsakten nicht zu ersehen, dass sich die belangte Behörde (aber auch die Strafbehörde erster Instanz) die entsprechende Verordnung zur Prüfung dieser Frage beschafft hätten. Gerade auf die Frage, ob die vom Beschwerdeführer - mehrfach auch im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens - erwähnte Grundstücksparzelle Nr. 615/12 von der nach § 76b StVO erlassenen Verordnung erfasst wurde, kommt es aber im Beschwerdefall unter Berücksichtigung der von der belangten Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen bezüglich des Tatortes an, um auch zur Anwendung des § 23 Abs. 2a StVO (in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit. a StVO) zu gelangen (arg.: "In Wohnstraßen ist das Parken..."). Aus den vom Verwaltungsgerichtshof insoweit geführten Ermittlungen scheint sich aber zu ergeben, dass das in Rede stehende Grundstück nicht Bestandteil der offenbar anzuwendenden Wohnstraßenverordnung vom 3. September 1992 sein dürfte.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das den Schriftsatzaufwand des Beschwerdeführers betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil nach der am 1. September 1997 in Kraft getretenen Novelle, BGBl. I Nr. 88/1997, zu § 49 Abs. 1 zweiter Satz VwGG (vgl. § 73 Abs. 1 VwGG) der Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand nur dann gewährt wird, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1999, Zl. 97/02/0345, m. w. N.).
Wien, am 26. November 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997020355.X00Im RIS seit
12.06.2001