Entscheidungsdatum
14.08.2018Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I412 2167553-1/12E
I412 2167556-1/23E
Schriftliche Ausfertigung des am 02.08.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1. XXXX, geb. XXXX StA. NIGERIA, vertreten durch RA Nadja Lorenz und 2. XXXX geb. XXXX StA NIGERIA, vertreten durch RA Edward Daigneault, gegen die Bescheide des BFA, XXXX vom 21.07.2017, Zlen. XXXX und XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Verfahren über die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide werden gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG iVm.
§ 13 Abs. 7 AVG wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt.
II. Den Beschwerden gegen Spruchpunkt III. und IV. der angefochtenen Bescheide wird stattgegeben und diese behoben. XXXX und XXXX wird gemäß § 54, 55 Abs. 1 und 58 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführer, nigerianische Staatsangehörige, reisten legal am 01.09.2014 in das Bundesgebiet ein und stellten am 08.09.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheiden vom 21.07.2017, Zl. XXXX und XXXX wies die belangte Behörde die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria als unbegründet ab.
Zugleich erteilte sie den Beschwerdeführern keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen festgesetzt. (Spruchpunkt IV).
3. Gegen diese Bescheide richten sich die fristgerecht erhobenen Beschwerden vom 09.08.2017.
4. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde in der gegenständlichen Rechtssache am 02.08.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der die Beschwerdeführer persönlich erschienen und als Partei einvernommen wurden und in der die Rechtssache gemäß § 39 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG zur gemeinsamen Erledigung verbunden wurden.
In der mündlichen Verhandlung wurde die Beschwerde hinsichtlich der Anträge auf Gewährung von Asyl und subsidiären Schutz ausdrücklich zurückgezogen. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde die gegenständliche Entscheidung mündlich verkündet.
5. Am 03.08.2018 beantragte die belangte Behörde die schriftliche Ausfertigung des am 02.08.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Erstbeschwerdeführerin:
Die mittlerweile volljährige Erstbeschwerdeführerin wurde am XXXX geboren, ihre Identität steht fest.
Die Erstbeschwerdeführerin ist gesund und arbeitsfähig.
Aufgrund der Verpflichtungserklärung durch Frau XXXX wurde der Erstbeschwerdeführerin durch die österreichische Botschaft in Abuja ein Visum erteilt und am 01.09.2014 die legale Einreise in das Bundesgebiet ermöglicht.
Die Erstbeschwerdeführerin ist Angehörige der Volksgruppe Ibo und bekennt sich zum christlichen Glauben.
Die Erstbeschwerdeführerin spricht nahezu fehlerfrei Deutsch und hat die Prüfung zur Erlangung des Österreichisches Sprachdiplom (B1 Zertifikat Deutsch) am 22.09.2015 sehr gut bestanden.
Sie beherrscht darüber hinaus die Sprachen Yoruba, Ibo und Englisch.
Die Beschwerdeführerin hat in Österreich die Pflichtschule abgeschlossen, verfügt über eine Beschäftigungsbewilligung, absolviert sehr erfolgreich eine Lehre zur XXXX in XXXX und besucht das XXXX in XXXX um die Matura nachzuholen.
Die Beschwerdeführerin hat zumindest in der Person ihres Bruders XXXX geb. XXXX und ihrer Schwägerin und Nichte starke familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich und darüber hinaus zahlreiche private Kontakte in Österreich und ist auch in Vereinen aktiv.
Die Erstbeschwerdeführerin ist Siegerin eines Berufswettbewerbs der Lehrlinge im Beruf XXXX.
Die Erstbeschwerdeführerin lebte die erste Zeit in Österreich in gemeinsamen Haushalt mit XXXX die angibt, ihre Mutter zu sein, und lebt derzeit in einer WG inXXXX wobei sie im Wesentlichen ihren Lebensunterhalt selbst finanziert und wenn notwendig von Frau XXXX und ihrem Bruder unterstützt wird.
Die Beschwerdeführerin bezieht keinerlei Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
Es ist von der Selbsterhaltungsfähigkeit der Erstbeschwerdeführerin auszugehen.
Die Erstbeschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.
1.2. Der Zweitbeschwerdeführer:
Der volljährige Zweitbeschwerdeführer wurde am XXXX geboren, seine Identität steht fest.
Aufgrund der Verpflichtungserklärung durch Frau XXXX wurde dem Zweitbeschwerdeführer durch die österreichische Botschaft in Abuja ein Visum erteilt und am 01.09.2014 die legale Einreise in das Bundesgebiet ermöglicht.
Der Zweitbeschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Der Zweitbeschwerdeführer ist Angehöriger der Volksgruppe Ibo und bekennt sich zum christlichen Glauben.
Der Zweitbeschwerdeführer spricht sehr gut Deutsch und hat die Prüfung zur Erlangung des Österreichisches Sprachdiplom (B1 Zertifikat Deutsch) am 22.09.2015 bestanden.
Er beherrscht darüber hinaus die Sprachen Yoruba, Ibo und Englisch.
Der Zweitbeschwerdeführer hat in Österreich die Pflichtschule abgeschlossen, verfügt über eine Beschäftigungsbewilligung, absolviert erfolgreich eine Lehre zum XXXX bei der Lehrstelle XXXX und steht im 3. Lehrjahr.
Der Zweitbeschwerdeführer lebt in gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehefrau XXXX und der gemeinsamen minderjährigen Tochter XXXX geb. XXXX beide österreichische Staatsbürger, in XXXX. Der Zweitbeschwerdeführer trägt mit seiner Lehrlingsentschädigung maßgeblich zum Familienunterhalt bei und trägt insbesondere die Kosten für die Miete der gemeinsamen Wohnung. Seine Ehefrau ist derzeit in Karenz.
Der Zweitbeschwerdeführer hat zumindest mit der Zweitbeschwerdeführerin, seiner Schwester, weitere familiäre Anknüpfungspunkte und darüber hinaus zahlreiche private Kontakte in Österreich.
Im Falle des Zweitbeschwerdeführers besteht ein schützenswertes Familienleben in Österreich.
Der Zweitbeschwerdeführerin bezieht keinerlei Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und ist strafrechtlich unbescholten.
Es ist von der Selbsterhaltungsfähigkeit des Zweitbeschwerdeführers auszugehen.
Im Falle beider Beschwerdeführer ist davon auszugehen, dass ihre privaten und familiären Bindungen in Österreich jenen in Nigeria überwiegen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Allgemeines:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Asyl und Fremdenwesen und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister und der Grundversorgung wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
Die Feststellungen zu den Lebensumständen, Gesundheitszustand, Arbeitsfähigkeit, Herkunft, Glaubens- und Volkszugehörigkeit wurden den diesbezügliche unbestrittenen Feststellungen im bekämpften Bescheid entnommen bzw. gründen sich auf die Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 02.08.2018.
Die Feststellungen zur Identität ergeben sich ebenfalls aus den unbestrittenen Feststellungen im Verwaltungsverfahren.
Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführer ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.
2.2. Zur Erstbeschwerdeführerin:
Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen der Erstbeschwerdeführerin ergeben sich aus dem vorliegenden ÖSD Zertifikat B1 und der persönlichen Wahrnehmungen der erkennenden Richterin. Die Erstbeschwerdeführerin konnte die gesamte Verhandlung problemlos ohne die Unterstützung der anwesenden Dolmetscherin bestreiten.
Die Feststellungen zu ihrem gegenwärtigen Wohnsitz und Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem und dem Zentralen Melderegister.
Die Feststellungen zur schulischen und beruflichen Laufbahn der Erstbeschwerdeführerin gründen sich auf die vorgelegten Unterlagen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, insbesondere dem Zeugnis über die erfolgreiche Pflichtabschlussprüfung vom 10.2.2016, der Schulnachricht der Berufsschule für XXXX für das Schuljahr 2016/17 vom 16. Dezember 2016 sowie vom 28.04.2017, sowie der Schulnachricht vom 10. November 2017 und dem Jahreszeugnis vom 16.3.2018 für das Schuljahr 2017/18, aus welchen hervorgeht, dass die Erstbeschwerdeführerin die erste und zweite Fachklasse jeweils mit ausgezeichneten Erfolg abgeschlossen hat.
Die Erstbeschwerdeführerin legte zudem Semesterzeugnisse vom 1. Juli 2016 sowie vom 03.02.2017 sowie Zeugniskopien für das Sommersemester 2017 und das Wintersemester 2017/18 sowie Schulbesuchsbestätigungen einer AHS für Berufstätige vor.
Vorgelegt wurde ebenfalls der Bescheid des AMS vom 04.11.2016, mit dem der Erstbeschwerdeführerin eine Beschäftigungsbewilligung bis Februar 2020 für die berufliche Tätigkeit als XXXX erteilt wurde.
Weiters wurde eine Bestätigung über eine Teilnahme an einer unverbindlichen Übung "önologisches Praktikum" der Berufsschule für XXXX, eine Teilnahmebestätigung an der Veranstaltung "Hilfe im Notfall", eine Bestätigung über die Teilnahme an einem Projekt "Displaced. Refugees and the City", sowie eine Urkunde über die Teilnahme an Berufswettbewerb der Lehrlinge im Beruf XXXX des zweiten Lehrjahres vom Mai 2018, in dem die Erstbeschwerdeführerin den ersten Platz erreicht hat, vorgelegt.
Daneben legte die Erstbeschwerdeführerin zahlreiche Fotos und Unterstützungserklärungen vor, die ihre private Vernetzung und Integration in Österreich dokumentieren. Unterstützungserklärungen stammen insbesondere von der Berufsschule XXXX (März 2018) des Studienkoordinators für das Abendgymnasium (April 2018), der davon ausgeht, dass die Erstbeschwerdeführerin bei einem weiterhin zielstrebigen Schulbesuch die Reifeprüfung im Wintersemester 2019/2020 abschließen wird. Ebenso wurde beispielsweise vorgelegt die Unterstützungserklärung einer TV-Kulturredakteurin, welche die Erstbeschwerdeführerin im Rahmen des Projekts "Insider" eines Journalismusworkshops kennengelernt hat, ein Unterstützungsschreiben der Schule XXXX sowie zahlreiche weitere, sehr persönlich formulierte Unterstützungerklärungen, welche unter anderem auch den persönlichen Einsatz der Erstbeschwerdeführerin in zahlreichen Vereinen beschreiben.
2.3. Zum Zweitbeschwerdeführer
Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen des Zweitbeschwerdeführers ergeben sich aus dem vorliegenden ÖSD Zertifikat B1 und der persönlichen Wahrnehmungen der erkennenden Richterin. Auch der Zweitbeschwerdeführer konnte die gesamte Verhandlung problemlos ohne die Unterstützung der anwesenden Dolmetscherin bestreiten.
Die Feststellungen zu seinem gegenwärtigen Wohnsitz und Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem und dem Zentralen Melderegister.
Die Feststellungen zum Familienleben des Zweitbeschwerdeführers gründen sich auf die vor gelegten Heirats- und Geburtsurkunde.
Übereinstimmend gaben der Zweitbeschwerdeführer sowie seine als Zeugin einvernommene Ehefrau an, dass der Zweitbeschwerdeführer maßgeblich zum Familienunterhalt durch seine Lehrlingsentschädigung beiträgt. Dies wurde auch durch die Vorlage von Kontoauszügen belegt. In die Versorgung des gemeinsamen Kindes ist der Zweitbeschwerdeführer gleichermaßen stark eingebunden.
Die Feststellungen zur Lehrstelle bei XXXX wurde durch eine Bestätigung des Lehrlingsbeauftragten vom 30.8.2017 belegt. Ebenso liegt der Bescheid des AMS XXXX betreffend eine Beschäftigungsbewilligung als Koch vor.
Die Feststellungen zur schulischen und beruflichen Laufbahn des Zweitbeschwerdeführers gründen sich auf die vorgelegten Unterlagen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, insbesondere einem Zeugnis über die erfolgreiche Pflichtabschlussprüfung, der Schulnachricht der Berufsschule für XXXX für das Schuljahr 2017/18, das Jahreszeugnis für das Schuljahr 2017/18 (2. Fachklasse), aus der hervorgeht, dass der Zweitbeschwerdeführer die 2. Klasse mit gutem Erfolg abgeschlossen hat, sowie Teilnahmebestätigungen für Seminare und Übungen.
Ebenso wurde eine Teilnahmebestätigung an der Veranstaltung "Hilfe im Notfall", eine Bestätigung über die Teilnahme an einem Projekt "Displaced. Refugees and the City" sowie zahlreiche Fotos und persönlich formulierte Unterstützungserklärungen vorgelegt, die die private und familiäre Vernetzung des Zweitbeschwerdeführers in Österreich dokumentieren.
Die Feststellung, dass die privaten und familiären Bindungen in Österreich jenen in Nigeria überwiegen, ergeben sich aus den glaubwürdigen diesbezüglichen Angaben beider Beschwerdeführer sowohl im Verwaltungsverfahren als auch vor dem erkennenden Gericht. Demgegenüber stehen die bereits festgestellten, überaus intensiven Bindungen in Österreich.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A I.
Mit Schriftsätzen vom erhoben die Beschwerdeführer gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 20.08.2015 Beschwerde im vollen Umfang.
Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vom 29.05.2018 eindeutig geäußerten Parteiwillens, die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides zurückzuziehen, sind die Abweisungen der Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria rechtskräftig und daher nicht mehr Gegenstand der vorliegenden Entscheidung.
Die Verfahren waren daher gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG iVm § 13 AVG wegen Zurückziehung der Beschwerde einzustellen.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens und der gegenständlichen Entscheidung sind daher nur mehr die mit Bescheiden des BFA vom 21.07.2017 ausgesprochenen Rückkehrentscheidungen bzw. die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005.
3.2. Zu Spruchpunkt A II.
3.2.1 Anzuwendendes Recht:
Gemäß § 58 Abs 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt (Abs 1 bis 3):
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfSlg. 18.224/2007, 18.135/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).
Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in 2 Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zahl: B 328/07 und Zahl: B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Artikel 8 EMRK abzuwägen, wenn sie über eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom Verfassungsgerichtshof auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessensabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Artikel 8 EMRK einer Ausweisung entgegen steht:
1. Die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR vom 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zahl: 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; vom 16.09.2004, Ghiban, Zahl: 11103/03, NVwZ 2005, 1046),
2. Das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR vom 28.05.1985, Abdulaziz unter anderem, Zahl: 9214/80, 9473/81, 9478/81, EuGRZ 1985, 567; vom 20.06.2002, Al-Nashif, Zahl: 50963/99, ÖJZ 2003, 344; vom 22.04.1997, X, Y und Z, Zahl: 21830/93, ÖJZ 1998,271) und dessen Intensität (EGMR vom 02.08.2001, Boultif, Zahl: 5423/00).
3. Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. Den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR vom 04.10.2001, Adam, Zahl: 43359/98, EuGRZ 2002, 582; vom 09.10.2003, Slivenko, Zahl: 48321/99, EuGRZ 2006, 560; vom 16.06.2005, Sisojewa, Zahl: EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH vom 05.07.2005, Zahl: 2004/21/0124; vom 11.10.2005, Zahl: 2002/21/0124),
5. Die Bindungen zum Heimatstaat
6. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zum Beispiel EGMR vom 24.11.1998, Mitchell, Zahl: 40447/98; vom 11.04.2006, Useinov, Zahl: 61292/00), sowie
7. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR vom 24.11.1998, Mitchell, Zahl: 40447/98; vom 05.09.2000, Solomon, Zahl: 44328/98; vom 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zahl: 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie und andere, Zahl:
265/07).
Ein während eines unsicheren Aufenthaltsstatus entstandenen Privat- und Familienleben ist jedenfalls nicht als unbeachtlich anzusehen (jüngst VwGH vom 16.11.2016, Ra 2016/18/0041-9).
3.2.2. Zur Erstbeschwerdeführerin:
Ein schützenswertes Familienleben ist im Fall der Erstbeschwerdeführerin zwar zu verneinen, da diese volljährig ist und in keinem besonderen Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Bruder in Österreich steht.
Was ihr Privatleben betrifft, ist auf folgende Umstände hinzuweisen:
Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Sisojeva ua gg Lettland, Nr. 60654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).
Weitgehende Unbescholtenheit gilt hingegen als wichtiges Element für die Annahme sozialer Integration (vgl. VwGH 05.07.2005, 2004/21/0124 u. a.; sowie Marx, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen Verwurzelung, ZAR, 2006, 261 ff).
Es wird nicht verkannt, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als 5 Jahren nach der Rechtsprechung des VwGH für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessensabwägung zukommt.
Die Erstbeschwerdeführerin ist zwar erst vier Jahre in Österreich, hat diese Zeit jedoch außerordentlich gut genutzt, sich in Österreich zu integrieren: Sie hat mittlerweile den Pflichtschulabschluss absolviert und ein Deutschdiplom im Niveau B1 erworben (die erkennende Richterin konnte sich bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung von den ausgezeichneten Deutschkursen überzeugen) und besucht derzeit neben ihrer Lehre als XXXX, die sie mit ausgezeichnetem Erfolg absolviert, ein Abendgymnasium für Berufstätige. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin viele österreichische Freunde und Wegbegleiter gefunden, die auch bereit waren, ihr mit sehr persönlich formulieren Unterstützungsschreiben zu helfen und ist überdies Mitglied bei mehreren Vereinen. Zusammenfassend sind daher mittlerweile sehr starke Bindungen der unbescholtenen Beschwerdeführerin zu Österreich feststellbar.
Besonders enge Bindungen bestehen auch zum (zweitbeschwerdeführenden) Bruder und dessen Frau und Kind, die beide österreichische Staatsbürger sind.
Demgegenüber ist kein maßgeblicher Kontakt der Beschwerdeführerin zu Nigeria feststellbar.
Auf Grund dieser Umstände ist der Beschwerdeführer in ihrem Herkunftsland weitgehend als "entwurzelt" anzusehen und überwiegen jedenfalls die Bindungen der Beschwerdeführerin zu Österreich jene zu ihrem Herkunftsland.
Zusammenfassend war daher im Rahmen einer Interessensabwägung zu befinden, dass im vorliegenden Fall auf Grund der zweifellos überdurchschnittlichen Integration der Beschwerdeführerin (obwohl dieser erst vier Jahre in Österreich aufhältig ist und kein schützenswertes Familienleben im Bundesgebiet vorliegt) ihren persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einer Rückkehrentscheidung der Vorzug zu geben war.
3.2.3. Zum Zweitbeschwerdeführer:
Der Zweitbeschwerdeführer ist ebenfalls erst vier Jahre in Österreich aufhältig, aber auch in seinem Fall ist von einer überdurchschnittlichen Integration in Österreich auszugehen: Er hat ebenfalls den Pflichtschulabschluss absolviert und ein Deutschdiplom im Niveau B1 erworben (auch im Fall des Zweitbeschwerdeführers konnte sich die erkennende Richterin bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung von den ausgezeichneten Deutschkursen überzeugen) und absolviert derzeit eine Lehre als XXXX. Darüber hinaus hat auch der Zweitbeschwerdeführer viele österreichische Freunde und Wegbegleiter gefunden, die auch bereit waren, ihn mit sehr persönlich formulieren Unterstützungsschreiben zu helfen. Zusammenfassend sind daher mittlerweile sehr starke Bindungen des unbescholtenen Beschwerdeführers zu Österreich feststellbar.
Besonders hervorzuheben ist jedoch, dass der Beschwerdeführer mit seiner Frau und Kind, die beide österreichische Staatsbürger sind, in gemeinsamen Haushalt lebt und mit seiner Lehrlingsentschädigung maßgeblich zum Familienunterhalt beiträgt, indem er insbesondere für die Miete der gemeinsamen Wohnung aufkommt. Die Ehefrau des Zweitbeschwerdeführers ist derzeit in Karenz und ist die Familie schon aus diesem Grund verstärkt auf den Beitrag des Zweitbeschwerdeführers angewiesen.
Es ist somit von einem schützenswerten Familienleben in Österreich auszugehen, welches angesichts des erst einjährigen Kindes des Zweitbeschwerdeführers auch nicht in Nigeria fortgesetzt werden könnte und kann dabei auf zahlreiche Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden.
Ein Aspekt, der nach der VwGH-Judikatur für eine besonders intensive Familienbeziehung spricht, ist die Frage, ob die Betroffenen voneinander abhängig sind (VwGH 03.11.2010, 2007/18/0248; 22.09.2011, 2008/18/0786; 22.09.2011, 2008/18/0455). Die Ehefrau sowie die gemeinsame Tochter sind im Hinblick auf das Alter und die finanzielle Situation der Familie in hohem Maße vom Beschwerdeführer abhängig, sodass im Falle des Zweitbeschwerdeführers jedenfalls von einer berücksichtigungswürdigen Familienbeziehung in Österreich auszugehen ist. Das erkennende Gericht konnte sich in der mündlichen Beschwerdeverhandlung von der engen Bindung des Zweitbeschwerdeführers zu seiner Familie in Österreich überzeugen und ist dieser überdies in die tägliche Versorgung und Pflege des gemeinsamen Kindes intensiv eingebunden.
Zu seiner in Nigeria lebenden Familie konnte kein maßgeblicher Kontakt festgestellt werden.
Das bestehende Familienleben in Österreich und die Integrationsbemühungen der Beschwerdeführer müssten allerdings hinter dem öffentlichen Interesse an einer Außerlandesbringung der Beschwerdeführer zurücktreten, wenn von diesen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen würde. Eine derartige Gefährdungsprognose liegt aber nicht vor.
3.2.4. Beide Beschwerdeführer sind nicht vorbestraft, sodass aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht davon auszugehen ist, dass der weitere Aufenthalt der Beschwerdeführer die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde.
Vor diesem Hintergrund ist im Rahmen einer Interessensabwägung gem. § 9 Abs 2 BFA-VG festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung zum Zeitpunkt der Entscheidung hinsichtlich der Beschwerdeführers durch das erkennende Gericht auf Dauer unzulässig ist.
Es wird nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ein hoher Stellenwert zukommt, doch ist im gegenständlichen Fall aus den eben dargelegten Gründen in einer Gesamtschau und Abwägung aller Umstände das private Interesse an der - nicht nur vorübergehenden - Fortführung des Familien- und Privatlebens der Beschwerdeführer in Österreich dennoch höher zu bewerten als das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung.
Da die maßgeblichen Umstände in ihrem Wesen nicht bloß vorübergehend sind, ist eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären.
Anzumerken ist, dass diese Feststellung bei der mündlichen Verkündung der Entscheidung nicht in den Spruch aufgenommen wurde.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Spruch einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes im Zusammenhang mit dessen Begründung zu verstehen, wenn wegen der Unklarheit des Spruches an seinem Inhalt Zweifel bestehen (vgl. VwGH 20.10.2015, Ra 2015/09/0039, mwN). Die Begründung einer Entscheidung kann daher zur Auslegung eines Spruchs einer rechtskräftigen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, dessen Inhalt für sich allein betrachtet Zweifel offen lässt, herangezogen werden (vgl. VwGH 15.12.2010, 2010/12/0089).
Angesichts des Umstandes, dass gemäß § 58 Abs 2 AsylG 2005 die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen ist, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird, ist klar ersichtlich, dass dies durch erkennende Gericht beabsichtigt war.
§ 55 AsylG 2005 samt Überschrift lautet:
"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK
§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."
Gemäß § 54 Abs. 1 AsylG 2005 werden Drittstaatsangehörigen folgende Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt:
"1. "Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt,
2. "Aufenthaltsberechtigung", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt,
3. "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.
Die Beschwerdeführer erfüllen die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 Z 1 und Z 2 AsylG 2005, somit war eine "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 54 Abs 1 Z 1 AsylG zu erteilen.
Gemäß § 54 Abs 2 AsylG 2005 sind Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der der Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und IV. stattzugeben, diese zu beheben und den Beschwerdeführern der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von 12 Monaten zu erteilen.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung plus, bestehendes Familienleben,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I412.2167556.1.00Zuletzt aktualisiert am
26.09.2018