Entscheidungsdatum
14.08.2018Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
I408 2127236-3/3E
BESCHLUSS
In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.08.2018, Zl. 1081172110-180735935 erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, alias XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. Marokko, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter beschlossen:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 03.03.2016 wurde der erste Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen sowie eine Rückkehrentscheidung erlassen. Mit ho. Erkenntnis vom 15.06.2016 wurde die Beschwerde abgewiesen und der Bescheid erwuchs damit in Rechtskraft.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20.07.2018 wurde der zweite Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers, den er unter seiner Alias-Identität stellte, zunächst wegen entschiedener Sache und nach dessen Behebung mit Bescheid vom 26.02.2018 abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung erlassen und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Aus der Schubhaft heraus stellte der Beschwerdeführer am 03.08.2018 den verfahrensgegenständlichen, seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz.
Am 08.08.2018 erfolgte eine niederschriftliche Befragung vor der belangten Behörde. Im Anschluss daran hob die belangte Behörde den faktischen Abschiebeschutz nach § 12 AsylG gemäß § 12a Abs. 2 AsylG auf.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
Der Fremde ist ein Staatsangehöriger Marokkos. Seine Identität steht zwischenzeitlich fest. Der Beschwerdeführer ist mehrfach vorbestraft und befindet sich in Schubhaft.
Bei seinem nunmehr dritten Antrag auf internationalen Schutz beruft er sich ausdrücklich auf die Fluchtgründe (Probleme mit Polisario) seines ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens und gab auf Nachfrage an, dass sich seither nichts geändert hat und es auch keine Neuigkeiten gibt (AS 221).
Ein schützenswertes Privatleben hat sich schon aufgrund seines Haftaufenthalte seit 16.01.2018 in Bezug auf die letzte behördliche Beurteilung am 26.02.2018 nicht entwickeln können.
Eine entscheidungswesentliche Änderung in Bezug der Ländersituation in Marokko ist seit der Entscheidung über den vorigen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz nicht eingetreten.
Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, zumal Marokko nach § 1 Z. 9 HStV ein sicherer Herkunftsstaat ist.
Der Folgeantrag wird voraussichtlich vom BFA zurückzuweisen sein.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in seiner mündlichen Einvernahme am 08.08.2018, den im Verfahrensgang zitierten Bescheide und Erkenntnisse und den eingeholten Abfragen aus ZMR, GVS und IZR, alle vom 14.08.2018.
In Bezug auf sein Privatleben stützt sich der erkennende Richter ausschließlich auf die Angaben des Beschwerdeführers in seiner Befragung am 24.07.2018, die auch im Beisein seiner Freundin erfolgt ist.
Die Feststellungen zur Ländersituation in Marokko beruhen auf den im Bescheid der belangten Behörde vom 28.02.2018 angeführten Quellen. Zudem gilt Marokko weiterhin als sicherer Herkunftsstaat.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes.
Nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005 kann das BFA unter anderem dann den faktischen Abschiebeschutz eines Fremden aufheben, der einen Folgeantrag gestellt hat, wenn dieser voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (Z. 2), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z. 3).
Weiter ist vorausgesetzt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht (Z. 1).
Die angeführte Rückkehrentscheidung ist seit 21.06.2016 rechtskräftig. Wie auch bereits dargetan, ist kein neues Vorbringen erstattet worden, von dem anzunehmen wäre, dass es beachtlich im Sinne einer materiellen Erledigung anstelle einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache wäre.
Nach § 68 AVG hat die Behörde Anbringen von Beteiligten, die eine Abänderung eines der formell rechtskräftigen Bescheides begehren, grundsätzlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Ausnahmen dazu bilden die Fälle der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 69 und 71 AVG sowie die in § 68 Abs. 2 bis 4 AVG vorgesehenen Arten von Abänderungen und Behebungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.
Die vorgesehenen Ausnahmen kommen nach dem Inhalt der Akten im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, insbesondere handelt es sich bei den vorgebrachten Tatsachenbehauptungen weder um nachträglich eingetretene Änderungen noch um nachträglich hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel, die geeignet wären, eine andere Entscheidung herbeizuführen.
Daher ist davon auszugehen, dass die in § 68 AVG grundsätzlich vorgesehene Zurückweisung als Erledigung des BFA zu erwarten ist.
Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG 2005 gestellt hat, und die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 vorliegen, weil dem Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung in Algerien droht. Nach all dem wird der Folgeantrag des Beschwerdeführers voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist.
Es gibt nämlich auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, keine Anhaltspunkte, zumal der Beschwerdeführer grundsätzlich ausreichend gesund für Arbeitstätigkeiten und daher erwerbsfähig ist.
Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte, selbst wenn die große Zahl Angehöriger ersten und zweiten Grades in wider Erwarten nicht unterstützt, sei es mit der genannten oder einer anderen Tätigkeit. Zudem besteht ganz allgemein in Marokko keine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.
Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass für den Beschwerdeführer ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben. Die derzeit bestehende Beziehung zu einer österreichischen Staatsbürgerin hat sich während des illegalen Aufenthaltes des Beschwerdeführers entwickelt, in einem Zeitraum, wo er weder polizeilich gemeldet war noch einer legalen Erwerbstätigkeit nachging.
Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig ist. Damit hatte das Gericht wie im Spruch zu entscheiden.
Die Entscheidung war mit Beschluss zu treffen, da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies so vorsieht. Nach § 22 Abs. 1 BFA-VG hatte auch keine Verhandlung stattzufinden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I408.2127236.3.00Zuletzt aktualisiert am
27.09.2018