Entscheidungsdatum
16.08.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W240 2189154-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.03.2018, Zl. 1125612606-161094865, beschlossen:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG als unzulässig
zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Somalia, reiste ins Bundesgebiet ein und stellte am 08.08.2016 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 28.02.2019 erteilt (Spruchpunkt III.).
Dieser Bescheid wurde dem BF am 01.03.2018 zugestellt. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer als Rechtsberater der Verein Menschenrechte Österreich zur Seite gestellt und er darüber mittels Verfahrensanordnung informiert.
Am 01.03.2018 unterschrieb und übermittelte der volljährige BF folgenden
"Rechtsmittelverzicht:
Ich habe den Bescheid des BFA GZ: 16-1125612606/161094865 erhalten. In voller Kenntnis des Inhaltes des Bescheides gebe ich einen Rechtsmittelverzicht ab und weiß, dass ich damit auch auf die Erhebung einer Beschwerde ausdrücklich verzichte und bin mit subsidiärem Schutz vollauf zufrieden, wie bereits in der Befragung angekündigt.
Der Rechtsmittelverzicht und die Bedeutung desselben wurden mit vom Dolmetsch übersetzt und erklärt."
In der Folge wurde durch die VMÖ am 08.03.2018 die vorliegende Beschwerde gegen den Bescheid des BFA erhoben. Im Bescheid wurde insbesondere ausgeführt, der Beschwerdeführer sei aus "Afghanistan" (!) geflüchtet aus Angst, in der Folge wurden die Fluchtbehauptungen zusammengefasst wiedergegeben. In weiterer Folge wurde moniert, dass das BFA der Ermittlungspflicht nicht nachgekommen sei. Das BFA hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung zum Ergebnis gelangen müssen, dass dem Beschwerdeführer der Asylstatus zuzuerkennen sei.
Das BVwG übermittelte dem VMÖ am 21.06.2018 einen Vorhalt, in welchem darauf hingewiesen wurde, dass der Beschwerdeführer einen Rechtsmittelverzicht abgegeben wurde. Es wurde darauf hingewiesen, dass sich die Beschwerde somit als unzulässig erweise. Der Rechtsmittelverzicht wurde als Beilage übermittelt und eine Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen ab Zustellung des Vorhaltes eingeräumt.
Nach Ablauf der zweiwöchigen Frist zur Stellungnahme langte bis dato keine Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der angefochtene Bescheid wurde dm BF am 01.03.2018 zugestellt.
Ebenfalls am 01.03.2018 wurde dem BF als Rechtsberater der Verein Menschenrechte Österreich zur Seite gestellt und die beschwerdeführende Partei darüber mittels Verfahrensanordnung informiert.
Am 01.03.2018 unterfertigte der volljährige BF einen ausdrücklichen schriftlichen Beschwerdeverzicht betreffend den Bescheid über dessen Antrag auf internationalen Schutz (vom 01.03.2018 im Verfahren zur Zahl 16-1125612606/161094865). Es wurde ausdrücklich festgehalten, dass er damit auch auf die Erhebung einer Beschwerde ausdrücklich verzichtet und er sich mit der Erteilung des Schutzstatus des subsidiär Schutzberechtigten in Österreich für zufrieden erklärt. Der Inhalt ist ihm von einem sprachkundigen Dolmetscher übersetzt und erklärt worden.
Am 01.03.2018 unterschrieb und übermittelte der volljährige BF folgenden
"Rechtsmittelverzicht:
Ich habe den Bescheid des BFA GZ: 16-1125612606/161094865 erhalten. In voller Kenntnis des Inhaltes des Bescheides gebe ich einen Rechtsmittelverzicht ab und weiß, dass ich damit auch auf die Erhebung einer Beschwerde ausdrücklich verzichte und bin mit subsidiärem Schutz vollauf zufrieden, wie bereits in der Befragung angekündigt.
Der Rechtsmittelverzicht und die Bedeutung desselben wurden mit vom Dolmetsch übersetzt und erklärt."
Gegen den angefochtenen Bescheid wurde am 08.03.2018 die vorliegende Beschwerde erhoben.
Das BVwG übermittelte dem VMÖ am 21.06.2018 einen Vorhalt, in welchem darauf hingewiesen wurde, dass der Beschwerdeführer einen Rechtsmittelverzicht abgegeben wurde. Es wurde darauf hingewiesen, dass sich die Beschwerde somit als unzulässig erweise. Der Rechtsmittelverzicht wurde als Beilage übermittelt und eine Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen ab Zustellung des Vorhaltes eingeräumt.
Nach Ablauf der zweiwöchigen Frist zur Stellungnahme langte bis dato keine Stellungnahme ein.
Allfällige Willensmängel bei der Abgabe des Rechtsmittelverzichtes sind nicht ersichtlich und wurde trotz Vorhaltes keine Stellungnahme hinsichtlich des Rechtsmittelverzichtes abgegeben.
II. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Verwaltungsakt des Bundesamtes und wurden von der BF nicht bestritten.
Ein Willensmangel bei der Abgabe des Erklärungsverzichtes wurde nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:
§ 7 Abs. 2 VwGVG lautet:
"Eine Beschwerde ist nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Beschwerdeverzicht eine von der Partei vorgenommene Prozesshandlung, der die Wirkung anhaftet, dass eine von der Partei eingebrachte Beschwerde einer meritorischen Erledigung nicht zugeführt werden darf. Ein einmal ausgesprochener Beschwerdeverzicht kann auch nicht mehr zurückgenommen werden. Das Vorliegen eines Beschwerdeverzichtes ist besonders streng zu prüfen, und es ist ein anlässlich der Abgabe eines Beschwerdeverzichtes vorliegender Willensmangel zu Gunsten der Partei zu beachten. Voraussetzung für einen gültigen Beschwerdeverzicht ist weiters, dass er ohne Druck und in Kenntnis seiner Rechtsfolgen abgegeben wird (VwGH 12.05.2005, 2005/02/0049).
Für den Beschwerdeverzicht bestehen keine besonderen Formvorschriften, jedoch muss dieser ausdrücklich und zweifelsfrei erklärt werden und frei von Willensmängeln sein; liegt ein Willensmangel vor, ist der Verzicht unwirksam. Die Rechtsprechung wendet dabei sinngemäß die Regeln des Zivilrechts über den Irrtum, insbesondere § 871 ABGB, an. Demnach kommt eine rechtsverbindliche Willenserklärung der verzichtenden Partei unter anderem dann nicht zustande, wenn sie in einem wesentlichen Irrtum befangen und dieser "durch den anderen Teil", d. h. durch den Organwalter der Behörde, "veranlasst war". "Veranlassen" umfasst in diesem Zusammenhang jedes für die Entstehung des Irrtums ursächliche Verhalten des Organwalters, wobei nicht gefordert ist, dass die Irreführung schuldhaft, also vorsätzlich oder fahrlässig, herbeigeführt wurde. Ein Willensmangel liegt aber beispielsweise auch dann vor, wenn die Partei durch eine irreführende oder unvollständige Rechtsbelehrung falsche Vorstellungen über die Folgen und Möglichkeiten einer Beschwerde bekommen hat. Neben der Kenntnis seiner Rechtsfolgen ist Voraussetzung für einen gültigen Beschwerdeverzicht auch, dass die Partei nicht von der Behörde in rechtswidriger Weise durch Druck, Zwang oder Drohung zur Abgabe bestimmt wurde. Abgesehen davon kommt es aber auf die Absichten, Motive und Beweggründe, welche die Partei zum Verzicht veranlasst haben, nicht an (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 63, Rz. 75-76).
Ein Beschwerdeverzicht eines Fremden ist ohne Beiziehung eines Dolmetschers nur dann wirksam, wenn feststeht, dass der Fremde im Zeitpunkt der Abgabe des Beschwerdeverzichtes der deutschen Sprache hinlänglich mächtig war, um sich der Tragweite des Verzichtes bewusst zu sein, und ein Willensmangel ausgeschlossen werden kann (VwGH 27.04.2016, Ra 2015/10/0111).
Ein Beschwerdeverzicht kann - und zwar durch ausdrückliche Erklärung - erst nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides und während der Rechtsmittelfrist erfolgen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/02/0227).
Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind an einen wirksamen Beschwerdeverzicht strenge Maßstäbe anzulegen, um einen Willensmangel bei seiner Abgabe ausschließen zu können. Dieser strenge Beurteilungsmaßstab erfordert eine hinreichende Ermittlung der Umstände, unter welchen der Verzicht abgegeben wurde, um dessen Wirksamkeit beurteilen zu können. Die Rückkehrvorbereitung durch einen Rechtsberater kann die gesetzlich zwingend vorgesehene Rechtsberatung durch den dazu bestellten Rechtsberater nicht ersetzen. Zweck der Rechtsberatung ist es, den Asylwerber im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu beraten, was die Beratung darüber einschließt, ob eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden soll. Damit hat sich die Rechtsberatung aber jedenfalls auf all jene Rechtshandlungen zu beziehen, die diese Fragen in irgendeiner Weise endgültig entscheiden. Die Abgabe eines Rechtsmittelverzichtes zählt jedenfalls dazu (VfGH 12.03.2014, U 1286/2013; 26.02.2014, U 489/2013).
Im vorliegenden Beschwerdefall erklärte der BF nach der Zustellung des angefochtenen Bescheides und im Beisein eines sprachkundigen Dolmetschers schriftlich, dass er auf die Einbringung einer Beschwerde verzichtet und er sich mit der Erteilung des Schutzstatus des subsidiär Schutzberechtigten in Österreich für zufrieden erklärt. Der Inhalt ist ihm von einem sprachkundigen Dolmetscher übersetzt und erklärt worden.
Die Rechtsfolge des Beschwerdeverzichtes, nämlich dass er mit der Gewährung des subsidiären Schutzstatus in Österreich zufrieden ist und einen Asylstatus in Österreich nicht mehr anstrebt, ist in der unterschiebenen Erklärung ausdrücklich angeführt, sodass ein Irrtum ausgeschlossen werden kann.
Das BVwG übermittelte dem VMÖ am 21.06.2018 überdies einen Vorhalt, in welchem darauf hingewiesen wurde, dass der Beschwerdeführer einen Rechtsmittelverzicht abgegeben wurde. Es wurde darauf hingewiesen, dass sich die Beschwerde somit als unzulässig erweise. Der Rechtsmittelverzicht wurde als Beilage übermittelt und eine Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen ab Zustellung des Vorhaltes eingeräumt. Nach Ablauf der zweiwöchigen Frist zur Stellungnahme langte bis dato keine Stellungnahme ein.
Da somit nach Zustellung des angefochtenen Bescheides ein wirksamer Beschwerdeverzicht abgegeben wurde, welcher auch nicht widerrufen werden kann, ist dieser Bescheid bereits am 01.03.2018 in Rechtskraft erwachsen, weshalb die am 08.03.2018 dennoch erhobene Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Beschwerdefrist, Frist, Fristversäumung, RechtsmittelverzichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W240.2189154.1.00Zuletzt aktualisiert am
27.09.2018