Entscheidungsdatum
20.08.2018Norm
AVG §13 Abs7Spruch
W195 2200473-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG des XXXX , vertreten durch XXXX , wegen der behaupteten Verletzung in seinen Rechten infolge Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Mitarbeiter der IT-Abteilung des Bundesamtes XXXX in Wien beschlossen:
A)
Das Verfahren wird eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und zugleich - aktenkundiger - Sachverhalt:
I.1. Im Rahmen eines gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) anhängigen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens zur Aktenzahl XXXX erfolgte am XXXX in den Privaträumlichkeiten des BF eine seitens der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (im Folgenden: WKStA) angeordnete Hausdurchsuchung, im Zuge welcher mehrere Gegenstände (ein Laptop; verschiedene Datenträger) sichergestellt wurden.
I.2. Mit Datum vom XXXX wurde seitens der WKStA die Aufhebung der Sicherstellung der am XXXX sichergestellten Gegenstände angeordnet.
Mit Schreiben der WKStA vom selben Tag wurde der Rechtsvertretung des BF mitgeteilt, dass die Gegenstände zur Ausfolgung bereitliegen würden und nach Terminvereinbarung abgeholt werden könnten.
I.3. Mit Datum vom XXXX wurden die im Zuge der Hausdurchsuchung vom XXXX sichergestellten Gegenstände seitens der WKStA an das Bundesamt XXXX (im Folgenden: XXXX ) XXXX ausgehändigt.
I.4. Mit E-Mail vom XXXX teilte das XXXX der Rechtsvertretung des BF die (vorläufige) Übernahme der durch die WKStA sichergestellten Gegenstände mit, um "etwaige dienstliche Geräte vorab aussondern zu können."
I.5. Mit E-Mail vom XXXX teilte auch die WKStA der Rechtsvertretung des BF die Übernahme der sichergestellten Gegenstände durch das XXXX mit.
Dem E-Mail beigefügt war ein Aktenvermerk der WKStA vom XXXX über ein Telefonat zwischen der ermittelnden Oberstaatsanwältin XXXX und XXXX , aus dem hervorgeht, dass von letzterer Einwände gegen die Ausfolgung der sichergestellten Gegenstände erhoben wurden und zugleich ersucht worden sei, die Datenträger sowie den sichergestellten Laptop durch Mitarbeiter der IT-Abteilung des XXXX sichten lassen zu können, um feststellen zu können, ob diese im Eigentum des Bundesministeriums XXXX stehen bzw. sich auf diesen dienstliche Daten befinden.
I.6. Mit Schreiben vom XXXX , seitens der Rechtsvertretung des BF im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs unter Verwendung der Übermittlungsstelle XXXX am XXXX Uhr beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht, erhob der BF - wegen der Verletzung in Rechten infolge Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Mitarbeiter der IT-Abteilung des XXXX am XXXX in Wien - Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 und Art. 132 Abs. 2
B-VG.
Die Sichtung der persönlichen Gegenstände des BF sei durch Mitarbeiter der IT-Abteilung des (im Beschwerdeschriftsatz als belangte Behörde bezeichneten) XXXX und damit von Verwaltungsorganen, die im Bereich der Hoheitsverwaltung unter Inanspruchnahme von Imperium aktiv alle Daten des BF durchsucht hätten, erfolgt. Diese außenwirksame und gegen den BF gerichtete Sichtung sei ohne formelles Verfahren erfolgt, unmittelbar und normativ gesetzt worden und stelle einen Akt der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar, womit die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes gegeben sei. Man sei am XXXX über die erfolgte Sichtung in Kenntnis gesetzt worden, weshalb die Beschwerdeerhebung fristgerecht erfolge.
I.7. Mit Schreiben vom XXXX übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des BF an das XXXX und ersuchte zugleich um Stellungnahme und Vorlage von für den Sachverhalt relevanten Unterlagen.
I.8. In Beantwortung dieses Schreibens erstattete das XXXX eine mit XXXX datierte Stellungnahme, in der die Zulässigkeit der erhobenen Maßnahmenbeschwerde bestritten und deren Zurückweisung beantragt wurde.
I.9. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde der BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach sich die vorliegende Beschwerde nach der Aktenlage als verspätet darstelle, verständigt. Es wurde dem BF eine Frist von 14 Tagen eingeräumt, diesbezüglich eine Stellungnahme einzubringen.
I.10. Mit Schreiben vom XXXX zog der BF die Beschwerde zurück.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Gemäß Art. 129 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Z 1), gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Z 2), wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Z 3) und gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 2 B-VG (Z 4).
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes, soweit sich aus
Abs. 3 nichts anderes ergibt, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß Art. 132 Abs. 2 B-VG kann gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch diese in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBI. I Nr. 33/2013) geregelt (§ 1 leg. cit). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBI. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
II.2. Zu A) Einstellung des Verfahrens:
Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Einschreiter ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage (2017) § 7 K6).
In seinem Erkenntnis vom 29.04.2015, Fr 2014/20/0047, sprach der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus:
"Aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Verfahren - hier: das Beschwerdeverfahren - einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat (vgl. in diesem Sinn - bezogen auf § 50 VwGVG und die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens - auch das hg. Erkenntnis vom 30. September 2014, Ra 2014/02/0045). Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen nämlich die Entscheidungen und Anordnungen eines Verwaltungsgerichtes durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs. 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnis ausdrücklich aus. [...]
Allerdings legt § 28 Abs. 1 VwGVG nicht fest, wann das Verfahren einzustellen ist, sodass insoweit auf die diese Frage regelnden Vorschriften (unter Bedachtnahme auf die dazu ergangene Rechtsprechung) abzustellen ist (vgl. zu ausdrücklich im VwGVG angeordneten Konstellationen, in denen eine Verfahrenseinstellung vorzunehmen ist, § 16 Abs. 1 und § 43 Abs. 1 VwGVG).
Bezogen auf nach dem AVG geführte Berufungsverfahren ist davon auszugehen, dass - auch ohne diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung - eine Verfahrenseinstellung (ua.) dann vorzunehmen ist, wenn die Berufung rechtswirksam zurückgezogen wurde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 56, mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat diese Auffassung auch für das von Verwaltungsgerichten geführte Beschwerdeverfahren Platz zu greifen (vgl. Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Anm 5; die Einstellung in Beschlussform im Fall der Zurückziehung der Beschwerde bejahend auch Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte § 28 VwGVG Rz 7, Schmied/Schweiger, Das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz S 112, Grabenwarter/Fister, Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit4 S 232, Hengstschläger/Leeb, AVG², § 13 Rz 42, Hauer, Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts ³ Rz 191)."
Die Annahme einer Zurückziehung des Rechtsmittels ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (zur insofern auf das VwGVG übertragbaren Rechtsprechung zum AVG vgl. ua. VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320).
Da die Zurückziehung der gegenständlichen Beschwerde durch die bevollmächtigte Rechtsvertretung des BF unmissverständlich mit Schreiben vom XXXX erfolgt ist, ist das gegenständliche Verfahren entsprechend der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes mit Beschluss einzustellen.
II.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter II.2. angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beschwerdezurückziehung, Gegenstandslosigkeit, Maßnahmenbeschwerde,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W195.2200473.1.00Zuletzt aktualisiert am
28.09.2018