TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/26 97/02/0542

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Veröffentlicht am 26.11.1999
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Index

L67007 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);

Norm

ABGB §1090;
ABGB §861;
GVG Tir 1983 §1 Abs1 Z2 litb;
GVG Tir 1983 §15 Abs1;
GVG Tir 1983 §19 Abs1 idF LGBl Tir 1991/074;
GVG Tir 1983 §3 Abs1 litf idF LGBl Tir 1991/074;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde der GP in B/D, vertreten durch Dr. Gerhard Benn-Ibler, Rechtsanwalt in Wien I, Rotenturmstraße 13, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 13. Mai 1997, Zl. 3/4-5/1996, betreffend Übertretung des TGVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 565.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom 6. Dezember 1995 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, sie habe in ihrer Eigenschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG satzungsgemäß zur Vertretung einer näher genannten Gesellschaft m. b.H. nach außen berufenes Organ durch die Unterlassung des Ansuchens um Zustimmung der Grundverkehrsbehörde (zu einem Pachtvertrag vom 30. September 1992) eine Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 15 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 lit. f des Tiroler Grundverkehrsgesetzes (kurz: TGVG), LGBl. Nr. 69/1983, begangen.

Die näher genannte Gesellschaft m.b.H. habe mit Pachtvertrag vom 30. September 1992 eine Seniorenresidenz (Alten- und Betreuungsheim für Erwachsene) von einer anderen, näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. gepachtet. Das Pachtverhältnis sei auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden, wobei die Pächterin für die nächsten 20 Jahren ausdrücklich und unwiderruflich auf die Aufkündigung des Pachtvertrages verzichtet habe.

Zum Zeitpunkt des Pachtvertragsabschlusses am 30. September 1992 sei der deutsche Staatsangehörige M. P. mit einer Stammeinlage von S 500.000.-- einziger Gesellschafter der pachtenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung gewesen. Das Stammkapital dieser Gesellschaft habe sich daher ausschließlich in ausländischem Besitz befunden. Gemäß § 3 Abs. 1 lit. f TGVG 1983 bedürfe die Bestandgabe von Grundstücken an juristische Personen, deren Vermögensanteile sich überwiegend in ausländischem Besitz befänden, bei einer Bestanddauer von mehr als 10 Jahren der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde. Bei einem Pachtvertrag nach § 15 Abs. 1 leg. cit. sei der Pächter verpflichtet, binnen zwei Monaten nach Vertragsabschluss bei der Grundverkehrsbehörde um die Zustimmung anzusuchen. Die pachtende Gesellschaft mit beschränkter Haftung habe es jedoch "bis zum heutigen Tag" unterlassen, um die für die gegenständliche Verpachtung erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigung anzusuchen.

Über die Beschwerdeführerin wurde gemäß § 19 Abs. 1 TGVG wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in Höhe von S 20.000.-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung, welche mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13. Mai 1997 - nach einer in der Zwischenzeit durch die belangte Behörde erfolgten Anrufung des Verfassungsgerichtshofs wegen Anfechtung von verschiedenen Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsrechts (siehe in diesem Zusammenhang das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 10. Dezember 1996, G 84/96 u.a., VfSlg. Nr. 14.701) - als unbegründet abgewiesen wurde.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde u.a. aus, der Verfassungsgerichtshof habe (mit dem vorzitierten Erkenntnis) die Anträge auf Aufhebung des Gesetzes vom 3. Juli 1991 (gemeint: der Novelle zum Tiroler Grundverkehrsgesetz 1983, LGBl. Nr. 74/1991) zur Gänze bzw. von einzelnen Bestimmungen dieser Novelle als unzulässig zurückgewiesen. Daraus ergebe sich, dass der gegenständliche Fall hinsichtlich der Aufhebung dieser Novelle keinen Anlassfall im Sinne des Art. 140 Abs. 7 B-VG darstelle.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 28. September 1996, G 50/96 u.a., VfSlg. Nr. 14.605, sei ausgesprochen worden, dass das Gesetz vom 3. Juli 1991, mit dem das Grundverkehrsgesetz 1983 geändert wurde, LGBl. für

Tirol Nr. 74/1991, verfassungswidrig war. Das Straferkenntnis vom 6. Dezember 1995 sei der Beschwerdeführerin am 12. Dezember 1995 zu Handen ihres Vertreters zugestellt worden. Es ergebe sich somit, dass der im Straferkenntnis angelastete Tatbestand (nach § 3 Abs. 1 lit. f TGVG 1983 in der Fassung der Novelle

LGBl. Nr. 74/1991) "vor Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes vom 28.9.1996" verwirklicht worden sei, sodass auch durch dieses Erkenntnis für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen sei.

Auch durch die Aufhebung des TGVG 1993, LGBl. Nr. 82/1993, sei für die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall nichts gewonnen, weil dies bedeute, dass die vor der Aufhebung in Kraft befindlichen Bestimmungen, somit das Grundverkehrsgesetz 1983 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 74/1991, (neuerlich) zur Anwendung komme, mit welcher der § 3 Abs. 1 lit. f "eingefügt" (richtig wohl: geändert) worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 27. November 1997, B 1851/97, ablehnte und sie in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin wendet ein , dass auch unter Anwendung des § 3 Abs. 1 lit. f TGVG 1983 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 74/1991 der gegenständliche Pachtvertrag nicht der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung unterliege; sie könne daher auch keine Verwaltungsübertretung nach § 19 TGVG 1983 begangen haben. Der gegenständliche Pachtvertrag sei nämlich kein Pachtvertrag mit "mehr als 10-jähriger Pachtdauer", sondern ein unbefristeter Pachtvertrag, der den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 lit. f leg. cit. nicht unterliege. Auch der von der Pächterin einseitig für die Dauer von 20 Jahren ausgesprochene Kündigungsverzicht ändere daran nichts. Verpächterseitig könne der Pachtvertrag jederzeit gekündigt werden, sodass der von der belangten Behörde zitierte "Zweck der Bestimmung" des § 3 Abs. 1 lit. f leg. cit., nämlich mehr als 10 Jahre dauernde Pachtverträge mit Ausländern einer Genehmigungspflicht zu unterziehen bzw. den dauerhaften Erwerb von Eigentums- oder Bestandrechten an Tiroler Grund und Boden durch Ausländer zu beschränken, nicht zum Tragen kommen könne.

Gemäß § 40 Abs. 4 TGVG 1996, LGBl. Nr. 61/1996, sind Übertretungen des Grundverkehrsgesetzes 1983, die vor dem 1. Jänner 1994 begangen wurden , nach dem Grundverkehrsgesetz 1983 zu ahnden. Übertretungen nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz, LGBl. Nr. 82/1993, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen wurden, sind nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz, LGBl. Nr. 82/1993, zu ahnden.

Das TGVG 1996 ist gemäß § 41 erster Satz mit 1. Oktober 1996 in Kraft getreten.

Nach § 3 Abs. 1 lit. f TGVG 1983 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 74/1991, bedarf (auf den vorliegenden Beschwerdefall "verkürzt") der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde, soweit im Abs. 2 nicht anderes bestimmt ist, die Bestandgabe von Grundstücken an Bestandnehmer, die dem Personenkreis nach § 1 Abs. 1 Z. 2 angehören, wenn der Bestandvertrag in das Grundbuch eingetragen werden soll oder die Bestanddauer mehr als 10 Jahre beträgt.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. b TGVG 1983 unterliegen den Bestimmungen dieses Gesetzes alle nicht unter Z. 1 fallenden Grundstücke (= land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke), wenn ein Rechtserwerb an einem solchen Grundstück (lit. b) durch juristische Personen, die ihren satzungsgemäßen Sitz im Ausland haben oder deren Gesellschaftskapital bzw. Anteile am Vermögen (wie Aktien, Stammkapital und ähnliche Rechte) sich überwiegend in ausländischem Besitz befinden.

     Erfordert ein Rechtserwerb die Erteilung der Zustimmung der

Grundverkehrsbehörde nach § 3 Abs. 1, so ist nach § 15

Abs. 1 TGVG 1983 ... der Pächter ... verpflichtet, binnen zwei

Monaten nach Vertragsabschluss ... bei der Grundverkehrsbehörde um

die Zustimmung anzusuchen.

Gemäß § 19 Abs. 1 lit. a leg. cit. in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 74/1991 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 200.000.-- Schilling zu bestrafen, wer es entgegen der Bestimmung des § 15 Abs. 1 unterlässt, um die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde anzusuchen.

Nach Art. II Abs. 1 trat die Novelle LGBl. Nr. 74/1991 mit 1. Oktober 1991 in Kraft.

Die Berufungsbehörde hat im Verwaltungsstrafverfahren ihrer Entscheidung die im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides gegebene Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen und davon ausgehend das Straferkenntnis auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 742, drittletzter Absatz wiedergegebene hg. Judikatur).

Im Beschwerdefall war von der belangten Behörde wegen der erst im Jahre 1997 getroffenen Berufungsentscheidung auch die aufgrund des TGVG 1996 erfolgte Rechtsüberleitung (siehe § 40 Abs. 4 leg. cit.) zu beachten, welche im Ergebnis gleichfalls zur Anwendung des TGVG 1983 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung führt.

Unbestritten ist, dass der gegenständliche Pachtvertrag vom 30. September 1992 von der pachtenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht der Grundverkehrsbehörde zur Bewilligung vorgelegt wurde, obwohl sich die Vermögensanteile an dieser Gesellschaft in ausländischem Besitz befanden. Diese Gesellschaft m.b.H. fällt daher unter die in § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. b TGVG 1983 genannten juristischen Personen.

Die von der Beschwerdeführerin zur Anwendbarkeit des § 3 Abs. 1 lit. f TGVG 1983 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 74/1991 vertretene Auslegung kann vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt werden. Unbestritten ist, dass die erste Tatbestandsvoraussetzung - nämlich die Bestandgabe von Grundstücken an Bestandnehmer, die dem Personenkreis nach § 1 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. angehören - im Beschwerdefall vorliegt. Von der Beschwerdeführerin wird jedoch in Abrede gestellt, dass die zweite Tatbestandsvoraussetzung ("... oder die Bestanddauer mehr als zehn Jahre beträgt") auf das im Beschwerdefall zu beurteilende Rechtsgeschäft zutrifft.

Vorab sei festgehalten, dass es in diesem Zusammenhang nicht, wie die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf hg. Judikatur zum Gebührenrecht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. April 1964, VwSlg. 3058/F sowie das in ÖStZ, Beil. B, S. 36 f., wiedergegebene Erkenntnis vom 22. Mai 1978, Zl. 2943/76) ausführt, auf die Frage ankommt, ob ein auf bestimmte Zeit oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag vorliegt. Vielmehr ist zu untersuchen, ob ein Bestandvertrag abgeschlossen wurde, dessen "Bestanddauer mehr als zehn Jahre" im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. f TGVG 1983 i.d.g.F. "beträgt".

In den "Erläuternden Bemerkungen" zur Novelle 1991 des TGVG 1983 wird zu § 3 Abs. 1 lit. f leg. cit. Folgendes ausgeführt:

"Die Bestandgabe von Grundstücken an Ausländer ist nicht nur bewilligungspflichtig, wenn der Bestandvertrag in das Grundbuch eingetragen werden soll, sondern auch, wenn die Bestanddauer mehr als zehn Jahre beträgt (§ 3 Abs. 1 lit. f). Dem liegt, wie schon bei der Z. 3, die Überlegung zugrunde, dass eine lange Bestanddauer eine ähnliche Auswirkung hat, wie wenn Eigentum im formellen Sinn erworben wird und vor allem eine an die Eigentumsübertragung geknüpfte Genehmigungspflicht umgangen werden könnte."

Es entspricht dem Wesen eines "auf unbestimmte Zeit" - sohin unbefristet - abgeschlossenen Vertrages, dass er grundsätzlich - sieht man von der Möglichkeit einer vorzeitigen Auflösung etwa durch Kündigung ab - ohne zeitliche Begrenzung gelten soll. Wie auch aus den Erläuterungen zu § 3 Abs. 1 lit. f TGVG 1983 i.d.g.F. zu ersehen ist, sollen mit einer Bestandgabe von Tiroler Grundstücken "an Ausländer" gerade jene Bestandverträge, die nicht auf maximal zehn Jahre Bestanddauer begrenzt sind, von dieser Regelung umfasst werden, um so allfällige Umgehungsgeschäfte zu vermeiden. Die fehlende zeitliche Begrenzung des vorliegenden Bestandvertrages lässt aber auch - unbeschadet der vorzeitig gegebenen Kündigungsmöglichkeit durch die Bestandgeberin - eine mehr als zehn Jahre dauernde Bestanddauer zu, weshalb der gegenständliche Vertrag bei verständiger Auslegung der vorzitierten Bestimmung unter das Zustimmungserfordernis nach § 3 Abs. 1 leg. cit. fällt.

Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht von einer Bewilligungspflicht dieses Vertrages ausgegangen.

Die pachtende Gesellschaft wäre somit nach der für den Tatzeitpunkt anzuwendenden Bestimmung des § 15 Abs. 1 TGVG 1983 auch verpflichtet gewesen, binnen zwei Monaten nach Vertragsabschluss um Zustimmung bei der Grundverkehrsbehörde anzusuchen, was sie jedoch - wie bereits ausgeführt - unterlassen hat.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. November 1999

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997020542.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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