TE Bvwg Beschluss 2018/8/20 W129 2197286-2

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Veröffentlicht am 20.08.2018
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Entscheidungsdatum

20.08.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7 Abs4 Z1

Spruch

W129 2197286-1/5E

W129 2197286-2/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter DDr. Markus GERHOLD über den Antrag der XXXX auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2018, Zl. 1172630002-171240309, nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beschlossen:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 iVm § 28 Abs. 1 iVm § 31 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG zuständigkeitshalber an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, Erstaufnahmestelle West, weitergeleitet.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Wiedereinsetzungswerberin stellte am 02.11.2017 einen Antrag auf Internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2017, Zl. 1172630002-171240309, abgewiesen wurde.

Dieser Bescheid wurde der Wiedereinsetzungswerberin laut Rückschein durch Hinterlegung am 24.04.2018 (Beginn der Abholfrist) zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 29.05.2018 wurde sowohl ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist gestellt sowie Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid erhoben.

Mit Schreiben vom 30.05.2018 (Eingang: 04.06.2018) wurden seitens der belangten Behörde sowohl der unerledigte Wiedereinsetzungsantrag als auch die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Am 25.07.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch. Die Beschwerdeführerin räumte ein, dass seitens des zustellenden Organs auf dem Kuvert der belangten Behörde notiert wurde, dass der Bescheid am 23.04.2018 (Beginn der Abholfrist 24.04.2018) hinterlegt und die Beschwerde somit verspätet eingebracht wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der angefochtene Bescheid wurde der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung am 24.04.2018 (Beginn der Abholfrist) zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 29.05.2018 wurde sowohl ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist gestellt sowie Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid erhoben.

Mit Schreiben vom 30.05.2018 (Eingang: 04.06.2018) wurden seitens der belangten Behörde sowohl der unerledigte Wiedereinsetzungsantrag als auch die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Die Verspätung der gegenständlichen Beschwerde ist der Beschwerdeführerin bekannt; diese stellte gemeinsam mit der Beschwerde einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere aus dem sich im Verwaltungsakt befindenden Rückschein, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im Asylgesetz 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016) ist eine Entscheidung durch Senate nicht vorgesehen. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BAO BGBl. 1961/194, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG BGBl. 1950/173 und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG BGBl. 1984/29, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 24 Abs. 2 1. Fall VwGVG kann die mündliche Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag oder die Beschwerde zurückzuweisen ist.

3.1. Zu Spruchpunkt A) I. - Zurückweisung der Beschwerde:

Gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG - wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde - mit dem Tag der Zustellung.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Der bekämpfte Bescheid wurde der Beschwerdeführer laut dem im Verwaltungsakt aufliegenden Rückschein am 24.04.2018, einem Dienstag, durch Hinterlegung zugestellt. Die Beschwerdefrist endete daher mit Ablauf des Dienstages vier Wochen später, sohin mit Ablauf des 22.05.2018.

Die Beschwerde, welche am 29.05.2018 per Mail übermittelt wurde, stellt sich daher als verspätet dar und war somit gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 iVm § 28 Abs. 1 iVm § 31 VwGVG wegen Verspätung zurückzuweisen.

Im Hinblick auf den gemeinsam mit der Beschwerde gestellten Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand ist zudem auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Frage der Verspätung eines Rechtsmittels unabhängig von einem bloß anhängigen, aber noch nicht bejahend entschiedenen Wiedereinsetzungsantrag sogleich auf Grund der Aktenlage zu entscheiden ist. Wird die Wiedereinsetzung später bewilligt, tritt die Zurückweisungsentscheidung von Gesetzes wegen außer Kraft. Diese - insbesondere zu den §§ 71 und 72 AVG ergangene - Rechtsprechung wurde vom VwGH auch auf die durch das VwGVG neu geschaffene Rechtslage übertragen (vgl. VwGH 21.03.2017, Ra 2017/12/0010 mit Hinweis auf den Beschluss vom 09.09.2015, Ra 2014/03/0056).

3.2. Zu Spruchpunkt A) II. - Weiterleitung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.

Gemäß § 33 Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Gemäß § 33 Abs. 4 leg. cit. hat bis zur Vorlage der Beschwerde über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach diesbezüglich in seiner Entscheidung vom 28.09.2016, Ro 2016/16/0013, aus, dass die belangte Verwaltungsbehörde zur Entscheidung über den bei ihr eingebrachten, überdies an sie gerichteten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zuständig ist. Begründend stützte sich der Verwaltungsgerichtshof auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zu Art. 18 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG, wonach der Gesetzgeber zu einer präzisen Regelung der Behördenzuständigkeit berufen sei (vgl. VfGH 24.06.1994, G 20/94). Es verbiete sich eine Auslegung des § 33 Abs. 4 VwGVG, die es der belangten Behörde überlassen würde, wer über die Wiedereinsetzung zu entscheiden hat.

§ 33 Abs. 4 VwGVG könne verfassungskonform nur die Bedeutung zugemessen werden, dass über Wiedereinsetzungsanträge, die bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Verwaltungsbehörde eingebracht werden, von dieser, und über jene, die ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eingebracht werden, von jenem mit Beschluss zu entscheiden sei (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 33 VwGVG K18 und E22).

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemeinsam mit der Beschwerde - somit vor Vorlage der Beschwerde - bei der belangten Behörde eingebracht. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt mitsamt der Beschwerde und dem unerledigten Antrag auf Wiedereinsetzung dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Gegenständlich war eine Weiterleitung unter sinngemäßer Anwendung des § 6 AVG durch verfahrensleitende Anordnung in Beschlussform zu treffen (VwGH 24.06.2015, Ra 2015/04/0040), weil die Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts angesichts der zitierten Judikatur unzweifelhaft ist und die belangte Behörde eine vermeintliche Unzuständigkeit nicht nachhaltig zum Ausdruck brachte (VwGH 18.02.2015, Ko 2015/03/0001; Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 31 VwGVG E7 und E8).

3.3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung - siehe dazu die zahlreichen Verweise in der rechtlichen Begründung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beschwerdefrist, Fristversäumung, Verspätung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W129.2197286.2.00

Zuletzt aktualisiert am

27.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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