Entscheidungsdatum
23.08.2018Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W170 1414376-5/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.01.2017, Zl. 810.208.507, beschlossen:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Beschwerde erwogen:
Folgender Verfahrensgang wird festgestellt:
1. XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) befindet sich seit Oktober 2015 in Österreich und stellte am 02.03.2011 in Österreich seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, nachdem sein erster Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid des Bundesasylamtes gänzlich abgewiesen wurde. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.09.2011 wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen dieses Verfahrens der Status des Asylberechtigten gewährt.
2. Mit nach Abweisung der ergriffenen Rechtsmittel rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 24.11.2015, 27 Hv 104/15b-260, wurde der Beschwerdeführer verurteilt, als Mitglied einer grenzüberschreitend tätigen kriminellen Vereinigung zu nicht näher feststellbaren Zeitpunkten zwischen zumindest Jänner 2015 und seiner Festnahme am 29.06.2015 zur Überlassung von Suchtgift, nämlich Cannabisharz und -kraut (mit einem nicht näher bekannten Reinsubstanzgehalt von zumindest 5 % Delta-9-THC) sowie Kokain (mit einem nicht näher bekannten Reinsubstanzgehalt von zumindest 20%) in einer nicht näher bekannten, die Grenzmenge jedoch insgesamt jedenfalls übersteigenden Gesamtmenge beigetragen zu haben, indem er wiederholt für die weiteren Mitglieder der kriminellen Vereinigung, die selbst die genannten Suchtgifte in einer die Grenzmenge mehrfach übersteigenden Mende anderen überlassen haben, aus dem Suchtgiftverkauf stammendes und für dessen Ankauf gedachtes Bargeld sowie nicht näher bekannte Suchtgiftmengen aufbewahrte, darüber hinaus vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich eine nicht näher bekannte Menge Cannabisharz (Delta-9-THC) in einer die Grenzmenge im Zweifel nicht übersteigenden Gesamtmenge anderen im Verlauf einer Vielzahl gewinnbringender Verkaufshandlungen überlassen zu haben sowie am 29.6.2014 vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich ca. 1,4 g Cannabisharz (Delta-9-THC) zum ausschließlich persönlichen Gebrauch erworben und besessen zu haben.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: belangte Behörde) vom 04.01.2017 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017 (in Folge: AsylG), entzogen; der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde.
4. Mit am 07.06.2018 mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, Gz. W136 1414376-4/10Z, wurde der Beschwerde des Beschwerdeführers Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
5. Ein am 13.11.2015 bei der belangten Behörde eingebrachter Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses wurde schließlich durch unbekämpft gebliebenes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.12.2016, W170 1414376-3/18E, abgewiesen.
Ein am 11.06.2018 bei der belangten Behörde neuerlich eingebrachter Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.07.2018, Zl. 13-810208507/180538455, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der Bescheid wurde am 10.07.2018 zugestellt.
6. Mit am 16.07.2018 bei der belangten Behörde eingebrachtem Schriftsatz wurde ausdrücklich gegen den unter 3. dargestellten Bescheid vom 04.01.2017, Zl. 810.208.507, Beschwerde erhoben.
Eine Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.07.2018, Zl. 13-810208507/180538455, ist nicht aktenkundig.
7. Die Beschwerde wurde samt den bezugnehmenden Verwaltungsakten am 02.08.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen sowie den diesbezüglichen Gerichtsakten (insbesondere aus der Niederschrift der Verhandlung am 07.06.2018 und des mündlich verkündeten Erkenntnisses zu W 136 1414376-4/10Z, dem web-ERV-Protokoll vom 08.06.2018 hinsichtlich der Zustellung an die belangte Behörde, sowie der gekürzten Ausfertigung vom 27.06.2018 des mündlich verkündeten Erkenntnisses zu W136 1414376-4/12E).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018 (in Folge: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
2. Gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018 (in Folge: AVG), sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; VwGH 30.05.1995, 93/08/0207; VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat dazu in seinem Erkenntnis vom 24.05.2016, Ra 2016/03/0050, in der Begründung unter anderem ausgeführt:
"[...] C.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat zum VwGVG bereits ausgesprochen, dass auf dem Boden der tragenden Grundsätze des Verfahrensrechts und der Rechtssicherheit über in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen (grundsätzlich) nicht mehr in merito entschieden werden darf (vgl. VwGH vom 24. März 2015, Ra 2015/09/0011). Die Beachtung rechtskräftiger Entscheidungen zählt zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens (vgl. etwa VwGH vom 24. März 2014, 2013/01/0117; VwGH vom 2. Juli 2010, 2010/09/0046 (VwSlg 17.938 A/2010)), wobei die Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens allgemein anzuwenden sind (vgl. VwGH vom 29. November 2005, 2004/06/0096). Dieser Grundsatz ist daher auch dann zu beachten, wenn § 17 VwGVG eine sinngemäße Anwendung des IV. Teils des AVG und damit des § 68 Abs. 1 AVG im Rahmen des VwGVG nicht vorkehrt. Fest steht nach der Judikatur weiters, dass auch die Entscheidung eines Verwaltungsgerichts mit ihrer Erlassung rechtskräftig wird (vgl. idS VwGH vom 26. November 2015, Ro 2015/07/0018), wobei alle Parteien eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens einen Rechtsanspruch auf Beachtung der eingetretenen Rechtskraft haben (VwGH vom 19. Jänner 2016, Ra 2015/01/0070). Im Zusammenhang mit diesem Grundsatz ist die einschlägige Rechtsprechung zu § 68 AVG in sinngemäßer Weise heranziehbar. Daraus ist abzuleiten, dass über ein und dieselbe Rechtssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist (ne bis in idem). Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen (vgl. dazu VwGH vom 24. April 2015, 2011/17/0244). Zudem folgt aus dem Gedanken der materiellen Rechtskraft grundsätzlich eine Bindungswirkung an eine behördliche Entscheidung (vgl. dazu etwa VwGH vom 19. Jänner 2016, Ra 2015/01/0070). [...]" Vgl. auch VwGH 13.09.2016, Ro 2015/03/0045.
Unter dem Begriff "materielle Rechtskraft" wird jedenfalls die "Unabänderlichkeit" und die "Unwiederholbarkeit" der Entscheidung verstanden. Die Rechtskraft eines Bescheides - bzw. einer Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes - bedeutet "in materieller Hinsicht die Bindung an den einmal erlassenen, formell rechtskräftigen Bescheid" (vgl. VwGH 90/06/0172; 2000/08/0040), also die mit dem Bescheid verbundene Bindungswirkung für die Behörden und die Parteien und zwar nicht nur hinsichtlich der normativen Aussage, sondern auch hinsichtlich der Unabänderlichkeit und Unwiederholbarkeit.
Die Unabänderlichkeit ist "das bedeutendste Merkmal der Rechtskraftwirkung". Sie verbietet, dass ein Bescheid von der Behörde, die ihn erlassen hat, oder von einer anderen, z.B. der Oberbehörde, von Amts wegen abgeändert wird.
Unwiederholbarkeit bedeutet, dass in der erledigten Sache nicht neuerlich ein Verfahren durchgeführt werden darf und darüber neuerlich eine (weitere) Entscheidung gefällt werden darf. Die Unwiederholbarkeit ist auch positivrechtlich in § 32 Abs. 1 Z 4 VwGVG verankert, so enthält diese Bestimmung den Wiederaufnahmegrund einer früheren unanfechtbaren Entscheidung (einschließlich der eines Verwaltungsgerichtes), die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht "die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte".
Die Unwiederholbarkeit beginnt nach dem VwGVG mit der Erlassung der Entscheidung.
3. Aufgrund des Vorliegens einer bereits rechtskräftigen Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.01.2017, Zl. 810.208.507 durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.06.2018, Gz. W136 1414376-4/10Z, kann über die wortgleiche, am 16.07.2018 neuerlich eingebrachte Beschwerde nicht mehr meritorisch entschieden werden und ist die gegenständliche Beschwerde daher gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 VwGVG wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückzuweisen.
4. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Da die gegenständliche Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben.
Schlagworte
Asylgewährung, Bindungswirkung, entschiedene Sache, Entziehung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W170.1414376.5.00Zuletzt aktualisiert am
28.09.2018