TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/26 98/21/0304

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.11.1999
beobachten
merken

Index

19/05 Menschenrechte;
24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/04 Grenzverkehr;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37;
MRK Art8;
SDÜ 1990;
StGB §164 Abs1;
StGB §164 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des S, (geboren am 28. Jänner 1969), vertreten durch Dr. Achim Maurer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Graben 27-28/2/19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 15. Mai 1998, Zl. Fr 677/97, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (der belangten Behörde) vom 15. Mai 1998 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 und 2 und Abs. 2 Z. 1 sowie den §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Nach Wiedergabe des wesentlichen Berufungsvorbringens und der einschlägigen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 21. Oktober 1997 wegen § 164 Abs. 1 und 3 "HGB" (offensichtlich gemeint: StGB) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden sei. Dieses Urteil sei am 5. November 1997 in Rechtskraft erwachsen. Auch in Deutschland werde gegen ihn wegen einschlägiger Delikte, wie KFZ-Hehlerei, ermittelt. Beide Tatsachen seien von ihm in seiner Berufung nicht in Abrede gestellt worden.

Diese Umstände begründeten die Prognose, dass sein Aufenthalt in Österreich sowohl die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde als auch dem öffentlichen Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen zuwiderlaufe.

Wie in den niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers und im erstinstanzlichen Bescheid angeführt sowie aus der Aktenlage ersichtlich, habe er in Österreich keine familiären Bindungen. In seiner Berufung führe er aus, dass in sein Privatleben eingegriffen würde, weil ein Aufenthaltsverbot in übermäßigem Ausmaß ihn in seiner Berufsausübung beeinträchtigen würde. Diese Auswirkung auf seine Lebenssituation wirke nach Auffassung der belangten Behörde nicht schwerer als die nachteilige Folge auf Grund der Gefahr, dass er wiederum das Delikt der Hehlerei begehen werde, sodass von einem relevanten, mit den Zielen des Art. 8 EMRK nicht in Einklang stehenden Eingriff in sein Privatleben nicht gesprochen werden könne. Überdies könnte er als Spediteur einen Bediensteten einsetzen, gegen den kein Aufenthaltsverbot bestehe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht sei, unbekämpft. Gegen diese Beurteilung bestehen im Hinblick auf die unbestrittene Feststellung der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer am 21. Oktober 1997 vom Landesgericht Eisenstadt wegen "KFZ-Hehlerei" gemäß § 164 Abs. 1 und 3 StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von acht Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei, keine Bedenken. Aus dieser Verurteilung ergibt sich, dass der Beschwerdeführer vorsätzlich eine strafbare Handlung gegen fremdes Vermögen im Wert von mehr als S 25.000,-- gesetzt hat. In Anbetracht dieses Fehlverhaltens des Beschwerdeführers kann es nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt ist, dass sein Aufenthalt in Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde sowie dem öffentlichen Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen zuwiderlaufe. Auch hält die Beschwerde dieser in § 36 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme lediglich entgegen, dass der Beschwerdeführer nach der Verbüßung der Hälfte der über ihn verhängten Freiheitsstrafe, noch während des Verfahrens über die von ihm gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung, aus der Haft entlassen worden sei, wofür Voraussetzung sei, dass der Vollzug der weiteren Freiheitsstrafe nicht geboten sei, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Mit dieser Argumentation verkennt die Beschwerde allerdings, dass die Fremdenpolizeibehörde die Frage des Gerechtfertigtseins eines Aufenthaltsverbotes unabhängig von den die (bedingte) Entlassung aus einer Freiheitsstrafe begründenden Erwägungen des Gerichtes und ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes zu beurteilen hat und dass auch eine (bedingt) nachgesehene, d.h. nicht (oder nicht zur Gänze) vollstreckte Strafe ein Aufenthaltsverbot rechtfertigen kann. Dass die allein aus strafrechtlicher Sicht und unabhängig von fremdenrechtlichen Erwägungen getroffene Annahme des Gerichtes über ein zukünftiges Wohlverhalten eines Fremden der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegensteht, ergibt sich im Übrigen auch aus § 36 Abs. 2 Z. 1 dritter Fall FrG (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1999, Zl. 99/18/0226).

Von daher gesehen waren - entgegen der Beschwerdeansicht - Feststellungen darüber, ob der Beschwerdeführer aus der Haft entlassen worden sei, entbehrlich und liegt der in diesem Zusammenhang gerügte Feststellungsmangel nicht vor.

Unter Zugrundelegung der vorstehenden Erwägungen begegnet somit die Auffassung der belangten Behörde, dass die Annahme nach § 36 Abs. 1 FrG gerechtfertigt sei, keinem Einwand.

2. Die Beschwerde bringt weiters vor, die belangte Behörde hätte auch Erhebungen zum Umfang der Speditionstätigkeit des Beschwerdeführers in der Europäischen Union, der in Belgrad ein Speditionsunternehmen betreibe, vornehmen müssen, weil das Aufenthaltsverbot "während laufenden Verfahrens kraft Gesetzes" ein Einreisehindernis für den ganzen "Schengener Raum" geworden sei und damit einen Eingriff in die Privatsphäre des Beschwerdeführers iS des Art. 8 EMRK darstelle. Dies sei für ihn im Zeitpunkt der Anlasstat nicht vorhersehbar gewesen.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass die vom Beschwerdeführer zur Begründung seines privaten Interesses an der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vorgebrachten Umstände nicht ein derartiges Gewicht aufweisen, dass sie angesichts der mit dem Aufenthaltsverbot allenfalls verbundenen Auswirkungen in Bezug auf andere Migliedstatten des Schengener Durchführungsübereinkommens, BGBl. III Nr. 90/1997, die oben II.1. genannten öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbots in den Hintergrund treten lassen.

3. Selbst wenn der Beschwerdeführer aus der Strafhaft entlassen worden sein sollte, bestand - entgegen der Beschwerdeansicht - für die belangte Behörde auch keine Veranlassung, von ihrem Ermessen im Grunde des § 36 Abs. 1 FrG zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus dem angefochtenen Bescheid oder den vorgelegten Verwaltungsakten noch der Beschwerde besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

4. Auf dem Boden des Gesagten ist der Verfahrensrüge, dass der erstinstanzliche Bescheid auf der Grundlage des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992, erlassen worden sei und die belangte Behörde angesichts der durch das Fremdengesetz 1997 bewirkten Änderung der Rechtslage dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme hätte geben müssen, "weil diese erheblichen Tatsachen geeignet gewesen wären, eine günstigere Entscheidung für den Beschwerdeführer herbeizuführen", der Boden entzogen, zumal die Beschwerde nicht darlegt, welches Vorbringen der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren noch hätte erstatten wollen, sodass die Relevanz des gerügten Verfahrensmangels nicht dargetan ist.

5. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998210304.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten