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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §6 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des J in Wien, geboren am 1. Juli 1948, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 30. Juli 1996, Zl. Fr-352/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen irakischen Staatsangehörigen, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus.
Zur Begründung dieser Maßnahme führte sie aus: Der Beschwerdeführer sei am 10. Juni 1996 unter Umgehung der Grenzkontrolle von Ungarn kommend "illegal" in Österreich eingereist und unmittelbar danach betreten worden. Die Hintanhaltung der illegalen Einreise einer großen Anzahl von Fremden überwiegend ohne Barmittel und Reisedokumente liege im öffentlichen Interesse und es komme der Einhaltung fremdenpolizeilicher Bestimmungen ein großes Gewicht zu. Die Auffassung des Beschwerdeführers hinsichtlich des Vorliegens einer direkten Einreise im Sinn des § 6 Asylgesetz 1991 werde nicht geteilt. Die in Rede stehende "Konventions-Bestimmung" stelle nicht auf ein Durchreisen, sondern allein darauf ab, aus welchem Gebiet der Fremde "direkt" (unmittelbar) einreise. Vom Beschwerdeführer sei nie in Abrede gestellt worden, dass er von Ungarn nach Österreich gereist sei. Eine Interessenabwägung sei bei einer Ausweisung gemäß § 17 Abs. 2 FrG nicht vorzunehmen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht
auf die Erstattung einer Gegenschrift vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Bescheid nach den wiedergegebenen unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen kein Bescheid zugrundeliegt, mit dem die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt oder mit dem der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde; die Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, kommt vorliegend daher nicht zum Tragen.
Gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 FrG idF vor der FrG-Novelle 1996 (BGBl. Nr. 436) können Fremde im Interesse der öffentlichen Ordnung mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie innerhalb eines Monats nach der Einreise den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt nicht nachzuweisen vermögen (Z. 4) oder wenn sie unter Missachtung der Bestimmungen des 2. Teiles des Fremdengesetzes oder unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sind und binnen eines Monats betreten werden (Z. 6).
Der Beschwerdeführer lässt die Feststellung im angefochtenen Bescheid unbestritten, dass er unter Umgehung der Grenzkontrolle in Österreich eingereist und unmittelbar danach betreten worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof hegt daher gegen die Annahme der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG erfüllt sei, keine Bedenken.
Dennoch ist der Beschwerde - ungeachtet der Frage, ob auch der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 4 FrG erfüllt ist - Erfolg beschieden. Der Beschwerdeführer ist zwar nicht direkt aus seinem Heimatstaat eingereist, in dem Verfolgung befürchten zu müssen er behauptet, weshalb ihm ein vorläufiges Aufenthaltsrecht gemäß § 7 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991 nicht zukommt. Ein vorläufiges Aufenthaltsrecht steht einem Asylwerber jedoch gemäß § 7 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 2 leg. cit. dann zu, wenn dieser in den Durchreisestaaten verfolgt oder von einer Rückschiebung bedroht gewesen ist und daher wegen des Vorliegens der in § 37 Abs. 1 oder 2 FrG genannten Gründe bei seiner Einreise nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1999, Zl. 96/21/0074). Dazu verwies der Beschwerdeführer in seiner in den Verwaltungsakten erliegenden Berufung vom 25. Juli 1996 gegen den erstinstanzlichen Bescheid betreffend Feststellung gemäß § 54 FrG auf seine Ausführungen im Asylverfahren, mit denen er behauptetermaßen die Ansicht der Asylbehörde über eine Verfolgungssicherheit in Ungarn widerlegt habe. Dort wurde ausgeführt, dass er Rechte aus der Genfer Flüchtlingskonvention weder in Ungarn noch in der Türkei mit Erfolg habe geltend machen können, weil die Flüchtlingskonvention nach der Rechtslage dieser Staaten auf seine Person nicht anwendbar sei und auch nicht sichergestellt werden könne, dass er im Fall seiner Abschiebung rechtzeitig zur Kontaktaufnahme mit der UNHCR-Vertretung in der Lage wäre, um einer Abschiebung in sein Heimatland vorzubeugen. Auch in der Beschwerde behauptet er, ihm drohe aus Ungarn die Zurückschiebung in den Irak ohne Prüfung des Refoulement-Verbots und es fehlten Feststellungen zur ungarischen Rechtspraxis hinsichtlich aus Österreich abgeschobener außereuropäischer Flüchtlinge.
Die belangte Behörde verneinte das Vorliegen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 allein damit, dass der Beschwerdeführer nicht direkt eingereist sei. Sie verkannte - wie oben ausgeführt - mit ihrer Ansicht, eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 leg. cit. stünde nur nach unmittelbarer (direkter) Einreise aus dem Verfolgerstaat nach Österreich zu, die Rechtslage. Aus diesem Grund unterließ sie eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei in Ungarn vor einer Rückschiebung in seinen Heimatstaat nicht sicher gewesen.
Da sich somit der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig erweist, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 26. November 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996210929.X00Im RIS seit
20.11.2000