TE Vwgh Beschluss 2018/9/6 Ra 2017/17/0843

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Veröffentlicht am 06.09.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
34 Monopole;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
GSpG 1989 §52;
GSpG 1989 §53 Abs1;
GSpG 1989 §53;
GSpG 1989 §54 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/17/0844

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision 1. der U G s.r.o., 2. des M D, beide vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 3. April 2017, VGW-002/V/058/1472/2017, VGW-002/058/12190/2016-8, VGW-002/058/12191/2016 und VGW-002/058/1471/2017-2, betreffend Bestrafung, Beschlagnahme und Einziehung nach dem Glücksspielgesetz, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Die Revision rügt in ihrer Zulässigkeitsbegründung zunächst, die Entscheidung weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Vorliegen eines ausreichend substantiierten Verdachts ab, sodass die Beschlagnahme unzulässig gewesen wäre. Dem ist zu entgegnen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die konkrete Beurteilung eines ausreichend substantiierten Verdachts von den Umständen des Einzelfalles abhängt und dem Verwaltungsgericht obliegt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn die Beurteilung durch das Verwaltungsgericht in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 16.4.2018, Ra 2017/17/0476, mwN). Eine derartige Fehlbeurteilung ist im Revisionsfall nicht ersichtlich, zumal das Verwaltungsgericht ausführliche Feststellungen zu den angebotenen Spielen getroffen hat. Auf den Umstand, ob die revisionswerbenden Parteien "am Betrieb" der Internetseiten, die mit den gegenständlichen Geräten zum Zwecke des Glücksspiels aufgerufen werden konnten, "beteiligt" waren, kommt es nicht an (dazu nochmals VwGH 16.4.2018, Ra 2017/17/0476, mwN).

5 Die Revision bestreitet in ihren Zulässigkeitsgründen weiters das Verschulden des Zweitrevisionswerbers, der auf ein nicht näher bezeichnetes Gutachten eines namentlich genannten Sachverständigen vertrauen hätte können. Mit diesem Vorbringen entfernt sich die Revision vom unstrittig festgestellten Sachverhalt, sodass schon deshalb damit keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt wird (vgl. VwGH 31.1.2018, Ra 2017/17/0910 bis 0913).

6 Weiters setzt die Zulässigkeit der Revision im Zusammenhang mit einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. VwGH 20.3.2017, Ra 2016/17/0265, mwN).

7 Mit dem Vorbringen einer behaupteten Verletzung des Parteiengehörs sowie zum Überraschungsverbot und dem Vorliegen eines Begründungsmangels bzw. Aktenwidrigkeit dadurch, dass das Verwaltungsgericht den revisionswerbenden Parteien keine Beweise betreffend die Verbreitung von Glücksspiel und Spielsucht in Österreich zur Kenntnis gebracht und ihnen keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe, zeigen die revisionswerbenden Parteien eine Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels im Sinne der Rechtsprechung nicht auf (vgl. VwGH 29.12.2017, Ra 2017/17/0893).

8 Die Revision rügt in ihrer Zulässigkeitsbegründung überdies, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG, ohne jedoch hinreichend darzulegen, dass die Tatumschreibung nicht so präzise gewesen wäre, dass der Zweitrevisionswerber seine Verteidigungsrechte nicht hätte wahren können oder er der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt gewesen wäre (vgl. für viele VwGH 8.6.2018, Ra 2017/17/0336, mwN).

9 Hinsichtlich des weiteren Zulässigkeitsvorbringens, das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, bestimmte Beweise aufzunehmen, ist darauf hinzuweisen, dass in diesem Zusammenhang eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur dann vorläge, wenn dieses Vorgehen grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (etwa VwGH 25.4.2018, Ra 2018/09/0005). Derartiges wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt.

10 Wenn die Revision in ihren Zulässigkeitsgründen weiters der Bestimmung des § 54 Abs. 2 GSpG, wonach die Einziehung "mit selbständigem Bescheid" zu verfügen ist, die Bedeutung bemisst, dass mit dem Einziehungsbescheid nicht auch die Beschlagnahme dieser Eingriffsgegenstände ausgesprochen werden dürfe, übersieht sie dabei, dass durch die Verwendung des Wortes "selbständig" lediglich die Unabhängigkeit der Einziehung vom Ausgang von allfälligen damit im Zusammenhang stehenden Strafverfahren zum Ausdruck gebracht wird. Dass in dem Bescheid, mit dem die Einziehung verfügt wird, keine anderen behördlichen Anordnungen enthalten sein dürfen, lässt sich daraus hingegen nicht schließen (vgl. nochmals VwGH 16.4.2018, Ra 2017/17/0476, mwN).

11 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung der Revision weiters gerügt wird, das Verwaltungsgericht hätte im Revisionsfall wegen der Geringfügigkeit der Verstöße gegen das GSpG von der Einziehung absehen müssen, unterlässt es die Revision, darzulegen, woraus sich eine solche Geringfügigkeit ergeben hätte, weshalb schon aus diesem Grund keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt wird (wiederum VwGH 16.4.2018, Ra 2017/17/0476).

12 Zum Zulässigkeitsvorbringen hinsichtlich der Prüfung der Unionsrechtswidrigkeit ist schließlich festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff, sowie 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, sowie vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen.

13 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55).

14 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

15 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

16 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 6. September 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170843.L00

Im RIS seit

28.09.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.11.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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