TE Vwgh Beschluss 2018/9/7 Ro 2017/02/0020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.09.2018
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
37/01 Geldrecht Währungsrecht;
37/02 Kreditwesen;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
BWG 1993 §1 Abs1 Z1;
BWG 1993 §98 Abs1a;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Dr. N. Bachler und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, LL.M., über die Revision des T in W, vertreten durch die Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in 1070 Wien, Mariahilferstraße 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2017, Zl. W204 2121992- 1/7E, betreffend Übertretung des BWG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Finanzmarktaufsichtsbehörde; weitere Partei:

Bundesminister für Finanzen), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2017 wurde das gegen den Revisionswerber als Geschäftsführer der W Projektmanagement GmbH, welche im Tatzeitraum Komplementärin der Errichtungsgesellschaft T GmbH&Co KG war, gerichtete Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 11. Jänner 2016 wegen eines Verstoßes gegen § 98 Abs. 1a i.V.m.

§ 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall BWG bestätigt. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Bundesverwaltungsgericht für zulässig. Es begründete die Zulässigkeit damit, es mangle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, inwieweit eine unbedingte Rückzahlungspflicht, die eine Voraussetzung für die Qualifikation als Einlagengeschäft darstelle, durch Vereinbarung vorrangig zu befriedigender Forderungen anderer Gläubiger ausgeschlossen werde.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision führt der Revisionswerber aus, der Zulässigkeitsausspruch des Verwaltungsgerichts sei zurecht erfolgt, weil es keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage gebe, ob eine vereinbarte (einfache) Nachrangigkeit ausreichend sei, um den unbedingten Rückzahlungsanspruch auszuschließen.

4 Der Revisionswerber ist mit diesem Vorbringen auf die im Zusammenhang mit einer Angelegenheit der gewerblichen Entgegennahme fremder Gelder gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 BWG ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es sich bei der Frage des Anspruchs auf Rückzahlung von eingezahlten Beiträgen um eine Rechtsfrage handelt, die sachverhaltsbezogen jeweils nur anhand der konkreten vertraglichen Situation beurteilt werden kann, somit grundsätzlich um keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 22.6.2016, Ra 2016/02/0092). Für die Erfüllung des Tatbestandes der Entgegennahme fremder Gelder als Einlage kommt es gemäß der hg. Judikatur grundsätzlich auf die objektive Ausgestaltung des Vertrages zwischen dem Revisionswerber und den Investoren an (vgl. VwGH 20.6.2012, 2008/17/0226).

5 Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Sinne zutreffend im Rahmen einer Gesamtbetrachtung die konkrete vertragliche Ausgestaltung der gegenständlichen Genussscheine bzw. Genussrechtsbedingungen beurteilt. Fallbezogen kann der ausreichend begründeten und nicht als unschlüssig zu erkennenden Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ein Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 BWG vorliegt, nicht entgegengetreten werden.

6 Zu der vom Bundesverwaltungsgericht und vom Revisionswerber angesprochenen "Rückzahlungspflicht" ist im Übrigen Folgendes auszuführen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, liegen Einlagen i.S.d. § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall BWG dann vor, wenn rückzahlbare Gelder des Publikums (der Öffentlichkeit), die der Anlage dienen, nicht bloß gelegentlich entgegengenommen werden (vgl. VwGH 29.11.2013, 2013/17/0242). Das Bundesverwaltungsgericht hat im vorliegenden Fall unstrittig festgestellt, dass die gegenständlichen Genussscheine einen schuldrechtlichen, von Verlusten der belangten Gesellschaft unabhängigen Anspruch jedes Genussrechtsinhabers auf Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Genussrechtskapitals samt fixer und variabler Verzinsung festschrieben. In Anbetracht dieses bestehenden schuldrechtlichen Anspruchs vermag der alleinige Umstand, dass der Anspruch gemäß den geltenden Genussrechtsbedingungen gegenüber einem Kreditinstitut nachrangig sei, an der grundsätzlichen Qualifikation als "rückzahlbare Gelder" nichts zu ändern. Wie das Bundesverwaltungsgericht zutreffend festhält, ist das mögliche Schicksal der Forderung im Insolvenz- oder Exekutionsfall für die Qualifikation eines Rechtsgeschäfts als Einlagengeschäft i.S.d. BWG nicht alleine ausschlaggebend. Es ist weiters weder dem Vorbringen des Revisionswerbers noch den Akten des Verfahrens zu entnehmen, dass dieser Sonderfall im vorliegenden Fall eingetreten wäre, weshalb dieser Umstand auch aus diesem Grund nicht von Relevanz war.

7 Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. VwGH 28.11.2014, Ro 2014/06/0077 m.w.H.). In der Revision werden keine weiteren Gründe für deren Zulässigkeit in diesem Sinne gesondert aufgezeigt.

8 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

9 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung.

Wien, am 7. September 2018

Schlagworte

Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RO2017020020.J00

Im RIS seit

25.09.2018

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten