Entscheidungsdatum
23.07.2018Index
90/02 FührerscheingesetzNorm
FSG §3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fritz über die Beschwerde des (am ...1996 geborenen) Herrn K. Z., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 08.03.2018, Zl. ..., betreffend Aufforderung nach § 24 Abs. 4 FSG 1997, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, nach am 12.06.2018 durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
In einem Abtretungs-Bericht des BzI. W. vom Landeskriminalamt vom 02.03.2018 heißt es, durch die niederländischen Polizeibehörden sei die Darknetplattform X. geschlossen worden und sei dabei auf einer Abnehmerliste der Beschwerdeführer (Bf) mit einer Bestellung von Ketamin aufgeschienen. Aus diesem Grund sei der Bf am 02.03.2018 niederschriftlich einvernommen worden. Dieser sei geständig, mehrere Suchtmittel im Internet bestellt zu haben. Der Bf fühle sich nicht süchtig und habe das letzte Mal vor zwei bis drei Wochen Heroin konsumiert. Bei seiner Beschuldigtenvernehmung vom 02.03.2018 gab dieser Folgendes an:
„Ich wurde in Y. geboren und besuchte dort auch die Schule. Danach erlernte ich den Beruf des pharmazeutisch kaufmännischen Assistenten. Im September 2017 bin ich aus privaten Gründen nach Wien gezogen. Ich wohne in der ... gemeinsam mit einem Mitbewohner. Derzeit leiste ich meinen Zivildienst bei der ….
Vor ca. 2 – 3 Wochen habe ich Heroin genommen.
Ich habe schon mehrere Suchtmittel probiert.
Nehme dies aber nur gelegentlich und fühle mich nicht süchtig.
Zur Sache:
Mir wurde mitgeteilt, dass ich auf einer Bestellliste der Darknetplattform X. als Besteller von 2 x Ketamine aufgeführt bin. Dazu möchte ich folgendes angeben:
Das stimmt. Ich habe dort schon mehrmals was bestellt. Unter anderem 2 x zwischen 3-5 Gramm Speed, 2 x Heroin davon 1 x ½ Gramm und 1 x 1 Gramm sowie 1 x 1,5 Gramm Kokain. Und auch das Ketamin. Ich habe aber nicht immer alles erhalten. Manchmal habe das Suchtmittel auch nicht genommen, weil es seltsam ausgesehen hat.
Auf X. bin ich gekommen weil ich im Internet recherchiert habe, was das sicherste ist, da es im Internet auch viele Betrüger gibt die gar nichts bzw. schlechte Ware schicken.
Einen Benutzernamen bzw. Passwort habe ich nicht, weil das immer automatisch generiert wurde. Bezahlt habe ich immer mit Bitcoins. Näheres kann ich darüber nicht angeben.
Ich möchte betonen, dass ich das immer nur zum Eingebrauch gekauft habe weil ich das probieren wollte. Ich habe nie etwas weitergegeben oder sogar verkauft.“
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 08.03.2018 forderte die Landespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, den Bf auf, sich gemäß § 24 Abs. 4 des Führerscheingesetzes (FSG 1997) binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Bei Nichterfüllung dieser Aufforderung müsse dem Bf die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, entzogen werden.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, laut Vernehmung vom 02.03.2018 des Wien LKA EB 9 (SM)–1 habe der Bf angegeben, vor ca. zwei bis drei Wochen Heroin genommen zu haben. Weiters habe er angegeben, schon mehrere Suchtmittel probiert zu haben. Er habe auf einer Darknetplattform 2x zwischen 3 bis 5 Gramm Speed, 2x Heroin, davon 1x ½ Gramm und 1x1 Gramm sowie 1x 1,5 Gramm Kokain bestellt. Laut seinen eigenen Angaben habe er die Drogen nur zum Eigengebrauch gekauft, jedoch nicht alles eingenommen, da die Produkte seltsam ausgesehen haben. Im vorliegenden Falle sehe die Behörde begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse(n) A und B nicht mehr besitze, da der Suchtmittelkonsum geeignet sei, zu einer Abhängigkeit zu führen und die betreffende Person möglicherweise nicht in der Lage sei, den Konsum so weit einzuschränken, dass seine Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht beeinträchtigt sei. Damit liege ein Grund vor, unter dem Aspekt eines festgestellten – wenn auch verbotenen – Suchtmittelkonsums die gesundheitliche Eignung begründeterweise in Zweifel zu ziehen.
Dagegen erhob der Bf Beschwerde. Er brachte vor, der Konsum sei nur gelegentlich erfolgt. Im Schnitt sei ein Konsum in etwa alle paar Monate erfolgt und dies nur in geringen Dosen als Probier- und Experimentierkonsum. Er habe eine Lehre zum Pharmazeutischen Assistenten mit Auszeichnung abgeschlossen. Zur Zeit bereite er sich auf die bevorstehende Matura vor, die er begleitend zur bereits abgeschlossenen Lehre absolviere. Im Anschluss plane er ein Studium in diesem Bereich. Die Bestellungen und der Konsum erfolgten aus Interesse an der Pharmazie. Ein regelmäßiger Konsum sei ihm hingegen ferngelegen. Seit der Betretung durch die Polizei habe er sämtlichen Experimentierkonsum eingestellt. Der guten Ordnung halber möchte er anmerken, dass er zu keinem Zeitpunkt ein Fahrzeug im beeinträchtigten Zustand gelenkt habe und dies auch niemals in Erwägung ziehen würde. Die Voraussetzungen für die Einleitung eines Führerscheinverfahrens würden daher nicht vorliegen.
Das Verwaltungsgericht Wien führte am 12.06.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Bf, der in Begleitung von Herrn Dr. F. als seinem Rechtsanwalt erschienen war, teilnahm. Bei seiner Einvernahme gab der Bf Folgendes an:
„Ich bin mit der Lehre schon fertig. Ich bin pharmazeutisch kaufmännischer Assistent. Ich mache jetzt Zivildienst, mit der Ausbildung kann ich dann bei einer Apotheke arbeiten. Ich komme aus Y. und wohne mit meinem besten Freund in einer WG. Ich bin in die HTL in Y. gegangen (...). Ich habe dort nur ein Referat über Drogen gehalten, aber noch nichts genommen. In den Sommerferien bin ich über einen Freund in Kontakt mit Drogen genommen. Es war dies Speed. Ich habe die HTL nicht beendet. Ich habe die Lehre in Y. gemacht. Ich bin erst seit Oktober 2017 in Wien. Im Juni 2017 habe ich meine Lehre abgeschlossen. Der erwähnte Erstkontakt war im Sommer 2017. Es war dies ein entfernter Freund vom Gymnasium. Von meinem Freundeskreis konsumiert keiner was. Ich habe dabei Speed probiert. Der Freund hatte auch ein wissenschaftliches Interesse und haben wir uns informiert, wie das wirkt. Wir haben auch Vorsichtsmaßnahmen getroffen, man liest ja, welche Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungsmittel man nehmen soll (die unterstützend helfen, dass der Körper trotzdem fit bleibt). Ich weiß nicht, woher der Freund das Speed hatte, vielleicht hat er es glaublich auch bestellt. Wir haben uns das schon länger ausgemacht, das war keine spontane Aktion, deshalb auch die Vorbereitungen. Wir haben das am Abend konsumiert in sehr geringen Mengen. Es war für mich ein wissenschaftliches Interesse. Der erwähnte Freund ist noch in Y.. In Wien bin ich dann auf die Idee gekommen, im Darknet etwas zu bestellen. Man hört darüber auch immer wieder in den Nachrichten. Die Bitcoins bekommt man bei jeder Tankstelle und Trafik. Ich wollte mit den Stoffen Versuche machen, chemische Vorgänge anschauen. Was den erwähnten Heroinkonsum aus der Niederschrift betrifft, sage ich, dass ich den auch aus dem Darknet bestellt habe. Der eine Gramm ist nicht gekommen und der halbe Gramm kostet ca. 20 Euro. Ich habe bei jedem Konsum Vorbereitungen getroffen, ich bin mir auch über das Suchtpotential über Drogen bewusst, es war mir wichtig, nicht mehrmals etwas zu konsumieren und damit zu spielen. Es waren in Speed, Heroin und Kokain verschiedene Sachen, verschiedene Kategorien, die stimulieren.
Meine Eltern wissen von den Experimenten auch Bescheid. Meine Eltern sagten mir, ich solle aufpassen, sonst nichts. Ich war immer sehr verantwortungsbewusst. Sie wussten, dass sie mir vertrauen können. Ich habe seit vier Jahren eine aufrichtige Beziehung und bin deshalb nach Wien gegangen. Ich mache sehr viel Sport, weil mir die Gesundheit wichtig ist.
Ich habe das Heroin nur einmal konsumiert, es war alles oral. Es war in Kapseln abgefüllt. Es war genauestens abgewogen. Ich habe das Speed einmal getestet. Das erwähnte Ketamin habe ich auch nur einmal genommen und das Kokain habe ich gar nicht genommen. Seither habe ich nichts mehr konsumiert.
Ich möchte was Wissenschaftliches im Gesundheitsbereich machen.“
Der Vertreter merkte an, dass das Darknet sich ähnlich verhalte wie bei A.. Die Substanzen seien sehr leicht verfügbar und wesentlich günstiger als am herkömmlichen Schwarzmarkt. Der Bf merkte abschließend an, er würde niemals ein Fahrzeug lenken.
Die anwesende Partei verzichtete auf die mündliche Verkündung der Entscheidung.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Die für den Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des FSG 1997 lauten (auszugsweise):
„Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
…
3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),
…
Gesundheitliche Eignung
§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen. Die militärärztliche Feststellung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einer oder mehrerer Gruppe(n) gilt für die Dauer von 18 Monaten ab ihrer Ausstellung auch als solches ärztliches Gutachten.
(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.
(3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen:
„geeignet“, „bedingt geeignet“, „beschränkt geeignet“ oder „nicht geeignet“. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund
1. gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten „geeignet“ für diese Klassen zu lauten;
2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten „bedingt geeignet“ für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;
…
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung
Allgemeines
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.
…
(4) Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.
…“
Die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen der FSG-GV lauten (auszugsweise):
„Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum
Lenken von Kraftfahrzeugen
§ 3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften
1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
…
Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs. 1 oder 2 FSG vorzulegen.
…
Gesundheit
§ 5. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:
…
4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:
a) Alkoholabhängigkeit oder
b) andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,
…
Alkohol, Sucht- und Arzneimittel
§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, daß sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.
(2) Lenker von Kraftfahrzeugen, bei denen ein Alkoholgehalt des Blutes von 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Atemluft von 0,8 mg/l oder mehr festgestellt wurde, haben ihre psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen.
(3) Personen, die ohne abhängig zu sein, in einem durch Sucht- oder Arzneimittel beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt haben, darf eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden, es sei denn, sie haben ihre Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische und eine fachärztliche Stellungnahme nachgewiesen.
(4) Personen, die aus medizinischen Gründen Sucht- oder Arzneimittel erhalten, die geeignet sind, die Fahrtauglichkeit zu beeinträchtigen, darf nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme eine Lenkberechtigung erteilt oder belassen werden.
(5) Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, ist nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.“
Mit Bescheid des Verkehrsamtes vom 08.03.2018 wurde der Bf gemäß § 24 Abs. 4 FSG 1997 aufgefordert, sich binnen 2 Wochen einer amtsärztliche Untersuchung zu unterziehen. Im Wesentlichen stützte sich die belangte Behörde auf die eigenen Angaben des Bf laut Vernehmungsprotokoll vom 02.03.2018, wonach der Bf schon mehrere Suchtmittel probiert habe. In seiner Beschwerde führte der Bf (unter Angabe von Judikatur des VwGH) aus, dass ca. zwei bis drei Wochen vor der Einvernahme ein Probierkonsum von Heroin stattgefunden habe. Der Konsum sei nur gelegentlich erfolgt. Im Schnitt sei ein Konsum in etwa alle paar Monate und dies nur in geringen Dosen als Probier- und Experimentierkonsum erfolgt.
Im vorliegenden Fall wurde von den niederländischen Polizeibehörden eine Darknetplattform geschlossen; auf einer Abnehmerliste ist der Bf mit einer Bestellung von Ketaminen aufgeschienen; es wurde von der Staatsanwaltschaft der dortige Ermittlungsakt beigeschafft. Aus den dort einliegenden Unterlagen geht hervor, dass der Bf Mitte November 2017 die Bestellung auf der genannten Darknetplattform getätigt hat. Der Bf wurde auch am 02.03.2018 einvernommen. Er gab an, mehrere Suchtmittel probiert zu haben (zuletzt vor zwei bis drei Wochen Heroin). Er listete auch seine Bestellungen auf der angeführten Darknetplattform näher auf.
In der mündlichen Verhandlung am 12.06.2018 wurde der Bf einvernommen. Er schilderte dabei (siehe die obige wörtliche Wiedergabe seiner Aussagen), wie er (im Sommer 2017) das erste Mal in Kontakt mit Drogen gekommen ist. Er habe das erste Mal Speed probiert. Er sprach davon, dass er (als pharmazeutisch kaufmännischer Assistent) ein wissenschaftliches Interesse gehabt habe. Er habe das Heroin oral (und auch nur einmal) konsumiert. Auch das Speed habe er nur einmal getestet. Das erwähnte Ketamin habe er einmal genommen; das Kokain habe er gar nicht genommen. Seit seiner Einvernahme habe er gar nichts mehr konsumiert.
Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs. 4 FSG 1997 sind begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Hiebei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen. Im Zusammenhang mit einem Suchtmittelkonsum des Inhabers einer Lenkberechtigung wäre ein Aufforderungsbescheid rechtens, wenn ausreichende Anhaltspunkte für den Verdacht bestünden, dem Betreffenden fehle infolge Suchtmittelabhängigkeit (oder wegen Fehlens der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung) die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen (vgl. aus vielen das Erkenntnis des VwGH vom 24.05.2011, Zl. 2011/11/0026, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur).
Wie sich aus § 14 FSG-GV ergibt, berührt ein geringfügiger Suchtmittelgenuss die gesundheitliche Eignung (noch) nicht. Erst dann, wenn der Konsum zu einer Abhängigkeit zu führen geeignet ist oder wenn die Gefahr besteht, dass die betreffende Person nicht in der Lage sein könnte, den Konsum so weit einzuschränken, dass ihre Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht (mehr) beeinträchtigt ist, liegt ein Grund vor, unter dem Aspekt eines festgestellten - wenn auch verbotenen - Suchtmittelkonsums die gesundheitliche Eignung begründeterweise in Zweifel zu ziehen (vgl. auch hiezu das erwähnte Erkenntnis des VwGH Zl. 2011/11/0026, mwN.). Ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs. 4 FSG 1997 ist nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Falle einer Beschwerdeentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses) von Seiten der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken bestehen (vgl. abermals das genannte Erkenntnis Zl. 2011/11/0026, und die dort zitierte Judikatur).
Nach dem Akteninhalt hat der Bf bei seiner Einvernahme am 02.03.2018 (bzw. in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht Wien) zugestanden, mehrere Suchtmittel probiert zu haben (1x Heroin oral, 1x Speed, 1x Ketamin und 1x Kokain – über einen Zeitraum von mehreren Monaten).
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein gelegentlicher Konsum von Cannabis (hier: die vom Bf zugestandenen Suchtmittel in geringen Mengen) die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch nicht beeinträchtigt (siehe das Erkenntnis vom 20.03.2012, Zl. 2009/11/0119). Der Verwaltungsgerichtshof hat bei Sachverhaltskonstellationen der gegenständlichen Art die Auffassung vertreten, dass ausreichend Anhaltspunkte für den Verdacht fehlender gesundheitlicher Eignung infolge Suchtmittelabhängigkeit nicht bestünden (siehe dazu das Erkenntnis des VwGH vom 25.05.2004, Zl. 2003/11/0310).
Aufgrund der obigen Überlegungen war daher der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben.
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich keine über die Bedeutung des Einzelfalles hinausgehenden Rechtsfragen stellten.
Schlagworte
amtsärztliche Untersuchung; gesundheitliche Eignung; keine Beeinträchtigung durch gelegentlichen Konsum von CannabisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.131.036.5098.2018Zuletzt aktualisiert am
24.09.2018