Entscheidungsdatum
18.07.2018Norm
TierschutzG 2005 §24 Abs1 Z1 TierhaltungsV 01te 2005 Anlage8 Punkt3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Dr. Trixner über die Beschwerde des Herrn A, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 05.04.2018, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach dem Tierschutzgesetz,
öffentlich mündlich verkündet:
1. Der Beschwerde wird insoferne Folge gegeben, als von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eine
ERMAHNUNG
erteilt wird.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG)
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Zeit: 06.04.2017, 09:15 Uhr
Ort: ***, Gst.Nr. *** und ***, beide KG ***
Tatbeschreibung:
Sie sind dafür verantwortlich, dass das Farmwildgatters A im Standort ***, Gst.Nr. *** und *** der KG ***, nicht der Mindestgehegegröße entsprechend den Vorgaben der 1. Tierhaltungsverordnung,
Anlage 8, Punkt 3, entspricht, da zur Gewährung der Bewegungsfreiheit von Damwild
folgende Maße einzuhalten sind: 1,00 ha Mindestgehegegröße für eine maximale
Besatzdichte von 20 adulten Tieren/ha. Die Fläche Ihres Gatters betrug nur 0,33 ha.
Dies wurde im Zuge einer behördlichen Kontrolle durch den Amtstierarzt der
Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt am 06.04.2017 festgestellt.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 24 Abs.1 Z.1 Tierschutzgesetz iVm 1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 8, Punkt 3
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich Gemäß
ist, Ersatzfreiheitsstrafe
von
€ 450,00 41 Stunden § 38 Abs.3 Tierschutzgesetz
Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2
Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der
Strafe, mindestens jedoch 10 Euro € 45,00
Gesamtbetrag: € 495,00....“
Dagegen hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, er habe das Schaugehege mit einem Hirschen und 3 Tieren über 50 Jahre lang betrieben und hätte ihn die belangte Behörde niemals wegen der Größe des Geheges beanstandet. Den Nachwuchs habe er immer wieder entnommen. Es hätten jährliche Kontrollen der Kontrollstelle B stattgefunden und habe er ein entsprechendes Bio- Zertifikat. Auch hier sei er niemals beanstandet worden.
Im Dezember 2017 sei das Gatter aufgelöst worden, die Muttertiere mit ihren Kälbern aufwändig narkotisiert und in ein größeres Gehege verbracht worden. Da den Hirschen niemand wollte, habe er ihn erlegen müssen.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat in Entsprechung des § 44 Abs.2 VwGVG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, im Rahmen derer Beweis durch Einvernahme des Beschwerdeführers erhoben wurde und Einsicht in den Verwaltungsakt erfolgte.
Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:
Im Zuge einer niederösterreichweiten Überprüfung der Gehege zur Fleischgewinnung, Zuchtgehege und Zoos am 01.04.2017 wurde seitens des Amtstierarztes der BH Wiener Neustadt (neuerlich) festgestellt, dass das Gehege entgegen der in der 1. Tierhaltungsverordnung normierten Größe von mindestens 1 ha nur 3300m2 aufwies. Der Beschwerdeführer wurde bereits seit dem Jahr 2014 beauftragt, den Mangel zu beheben oder das Gatter aufzulösen.
Da der Beschwerdeführer bis 10.01 2018 keine Meldung über von ihm gesetzte Maßnahmen erstattete, wurde das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet und mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 05.04.2018 beendet.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
In der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergänzte der Beschwerdeführer, er habe versucht darzustellen, dass es sich bei seinen Tieren um handzahme Tiere handle, die von Besuchern mit Kindern frequentiert würden, sodass es sich um ein Schaugatter handle, weshalb die Mindestgröße von einem ha nicht erforderlich sei.
Er habe keine Antwort von der Behörde bekommen, vielmehr habe ihm der Amtstierarzt im April 2017 zu einer Zeit, in der er lauter trächtige Tiere gehabt habe, aufgetragen, diese zu erschießen und das Gatter aufzulösen.
Schweren Herzens habe er die Tiere (wegen einer Erkrankung erst) im Dezember 2017 euthanasiert und verschenkt, da den Hirschen keiner wollte, habe er diesen erlegt, somit das Gatter aufgelöst.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich stellt dazu fest:
Gema?ß § 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – sofern die Beschwerde nicht zuru?ckzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist – u?ber Beschwerden gema?ß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden. Es hat den angefochtenen Bescheid dabei – sofern es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzusta?ndigkeit der Beho?rde gegeben findet – auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erkla?rung u?ber den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu u?berpru?fen. Auf Grund einer vom Beschuldigten oder bloß zu seinen Gunsten erhobenen Beschwerde darf im Erkenntnis keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid (§ 42 VwGVG).
Im konkreten Fall kann zunächst auf Grund des Akteninhalts und der geständigen Verantwortung des Beschwerdeführers davon ausgegangen werden, dass das Farmwildgatter des Beschwerdeführers im Standort ***, Gst.Nr. *** und *** der KG ***, nicht der Mindestgehegegröße entsprechend den Vorgaben der 1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 8, Punkt 3, entsprach, da zur Gewährung der Bewegungsfreiheit von Damwild 1,00 ha Mindestgehegegröße für eine maximale Besatzdichte von 20 adulten Tieren/ha einzuhalten ist, die Fläche des Gatters nur 0,33 ha betragen hat.
Dies wurde im Zuge einer behördlichen Kontrolle durch den Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt am 06.04.2017 festgestellt.
In Anbetracht des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes, wonach das Farmwildgatter zumindest zum Kontrollzeitpunkt nicht die erforderliche Mindestgröße aufwies, ist der Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt.
Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichtes, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (vgl. VwGH vom 17. Februar 2015, Ra 2015/09/0008).
Aus Art. 130 Abs. 3 und 4 B-VG folgt, dass das Verwaltungsgericht in Verwaltungsstrafsachen nicht verwehrt ist, das Ermessen anders zu üben als die Behörde, selbst wenn diese das gesetzlich eingeräumte Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat.
Gegenständlich war vom Landesverwaltungsgericht zu prüfen, ob die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe gegeben sind.
Bis zum Inkrafttreten des § 45 Abs. 1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013 war die Frage des Absehens von der Strafe in § 21 Abs. 1 VStG geregelt. In den Erläuternden Bemerkungen zur RV (2009 der Beilagen XXIV. GP) wird zu § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ausgeführt, dass der vorgeschlagene § 45 Abs. 1 Z 4 und der neue Schlusssatz dieses Absatzes im Wesentlichen § 21 Abs. 1 entsprechen. Die zu § 21 Abs. 1 VStG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 ergangene Rechtsprechung kann nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH vom 21. März 2014, Zl. 2013/06/0246) zur Auslegung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG idF der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 herangezogen werden. Daher ist auch zur Bestimmung des § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG iVm dem Schlusssatz dieses Absatzes, davon auszugehen, dass der Beschuldigte einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung hat, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sowie das Verschulden des Beschuldigten gering sind und die Ermahnung geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten (vgl. noch zur Rechtslage hinsichtlich § 21 Abs. 1 VStG, VwGH vom 29. November 2007, Zl. 2007/09/0229).
Der Beschwerdeführer hat seit mehr als 50 Jahren das gegenständliche Wildgatter unverändert in der Größe von 3300 m2 betrieben. Entsprechend der Vorgaben der im Jahre 2004 in Kraft getretenen 1.Tierhaltungsverordnung ist das zwar rechtswidrig, zog aber nach den Umständen des gegenständlichen Falles keine (negativen) Folgen für die Tiere nach sich. Zudem konnte sich das erkennende Gericht im Rahmen der persönlichen Einvernahme des Beschwerdeführers einen unmittelbaren Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, wobei sich dieser schuldeinsichtig zeigte, er dem Auftrag der belangten Behörde zunächst aus Krankheitsgründen nicht nachkam und schließlich das Wildgatter aufgelöst hat.
Es erscheint daher eine Ermahnung geboten aber auch hinreichend, um den Beschwerdeführer von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl I Nr 33/2013, wurde § 45 VStG (unter anderem) um den - im gegenständlichen Fall maßgeblichen - Einstellungstatbestand der Z 4 erweitert. In den Gesetzesmaterialien (ErlRV 2009 BlgNR 24. GP, 19) wird dazu erläutert, dass mit dem neu formulierten § 45 Abs 1 VStG insbesondere die bisher in § 21 Abs 1 VStG enthaltenen Bestimmungen an systematisch richtiger Stelle zusammengeführt werden sollen. § 45 Abs 1 Z 4 VStG und der neue Schlusssatz dieses Absatzes entsprächen im Wesentlichen § 21 Abs 1 VStG (alte Fassung). Zu der zuletzt genannten Bestimmung, die ein Absehen von der Verhängung einer Strafe (bei allfälliger Ermahnung des Beschuldigten) vorsah, besteht aber eine gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, § 21 VStG, E 5 ff, und in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 6 bis 11 und 18, wiedergegebene hg Judikatur), anhand derer auch die Rechtsfragen, die der vorliegende Fall aufwirft, gelöst werden können, sodass es keiner neuen Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung bedarf (vgl. etwa jüngst VwGH vom 17. April 2015, Ra 2015/02/0044). Das gegenständliche Erkenntnis weicht auch von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
Schlagworte
Tierrecht; Tierschutz; Verwaltungsstrafe; Tierhaltung; Gehege;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.1162.001.2018Zuletzt aktualisiert am
24.09.2018