TE Lvwg Erkenntnis 2018/8/2 LVwG-AV-1443/001-2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.08.2018
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Entscheidungsdatum

02.08.2018

Norm

GewO 1994 §80 Abs5
BauO NÖ 2014 §9 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Mag Gindl über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch B Rechtsanwälte GmbH, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 19. Oktober 2017, Zl. ***, ***, betreffend Zurückweisung des Antrages vom 27.07.2017 auf „bescheidmäßige Feststellung, dass die A GmbH als Rechtsnachfolgerin im Eigentum am Bauwerk sowie als neue Inhaberin der Betriebsanlage sowohl in die gewerbebehördliche Genehmigung, wie auch in die baubehördliche Bewilligung des Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 31.01.2017, *** u. ***, eingetreten ist“, zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG keine Folge gegeben und diese abgewiesen.

2.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG eine ordentliche Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln (in der Folge: belangte Behörde) vom 19. Oktober 2017, Zl. ***, ***, wurde der Antrag der A GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) vom 27.07.2017 auf „bescheidmäßige Feststellung, dass die A GmbH als Rechtsnachfolgerin im Eigentum am Bauwerk sowie als neue Inhaberin der Betriebsanlage sowohl in die gewerbebehördliche Genehmigung wie auch in die baubehördliche Bewilligung des Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 31.01.2017, *** u. ***, eingetreten ist“, mangels Zulässigkeit zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter, fristgerecht mit Schreiben vom 22. November 2017, Beschwerde erhoben. In dieser führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass der C GmbH, ***, *** mit Bescheid der belangten Behörde vom 31.01.2017, zu GZ *** und GZ ***, die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und Inbetriebnahme einer Betonmisch- und Recyclinganlage auf den Grundstücken
Nr. *** und ***, diese inneliegend in den EZ *** und ***, KG ***, sowie die diesbezügliche baubehördliche Bewilligung erteilt worden sei.

Die Beschwerdeführerin als Eigentümerin dieser beiden Grundstücke habe diese der C GmbH vormals in Bestand gegeben gehabt.

Das Bestandverhältnis sei jedoch nach Erlassung des Genehmigungsbescheides vom 31.01.2017 aufgelöst worden. Die Beschwerdeführerin habe daraufhin mit Eingabe vom 26.07.2017 von der belangten Behörde die Feststellung beantragt, dass die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Grundstücke Nr. *** und ***, inneliegend in den EZ *** und ***, KG ***, samt den darauf befindlichen Bauwerken, sowohl Inhaberin der mit Bescheid der belangten Behörde vom 31.01.2017, zu GZ *** und ***, erteilten gewerbebehördlichen Genehmigung zur Errichtung und Inbetriebnahme einer Betonmisch- und Recyclinganlage auf diesen Grundstücken, als auch Inhaberin der diesbezüglichen baubehördlichen Bewilligung sei. Die Beschwerdeführerin habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung ihrer Rechtszuständigkeit betreffend diese Rechte. Seitens der belangten Behörde sei die Rechtsnachfolge der Beschwerdeführerin in diese subjektiven Rechte wiederholt in Abrede gestellt worden. Dem sei vorauszuschicken, dass zu GZ *** sowie GZ *** ein Betriebsanlagengenehmigungsverfahren und ein baubehördliches Bewilligungsverfahren auf dem, an die hier verfahrensgegenständlichen Grundstücke angrenzendem Grundstück mit der Grundstücksnummer *** (vormals ***), dieses inneliegend in der EZ ***, KG ***, anhängig sei.

In diesem Verfahren habe die Beschwerdeführerin wiederholt den Eintritt in die den Grundstücken anhaftenden subjektiven öffentlichen Rechte behauptet, was jedoch seitens der belangten Behörde stets bestritten worden sei.

Die Beschwerdeführerin beabsichtigte selbst eine Betonmischanlage auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken Nr. *** und *** zu errichten und habe daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Rechtsnachfolge, zumal sie nachvollziehbar das Projekt nicht konsenslos realisieren möchte.

Der Beschwerdeführerin könne es nicht zugemutet werden, dass sie trotz bisher erfolgter unverbindlicher Verneinung des Konsensübergangs seitens der belangten Behörde als zuständige Gewerbe- und Baubehörde und daher unter berechtigtem Zweifel über die Innehabung des notwendigen Konsens und der gleichzeitig zu befürchtenden Intervention seitens der belangten Behörde das Projekt ausführe.

Daraus lasse sich unzweifelhaft das rechtliche Interesse der Beschwerdeführerin auf eine verbindliche Feststellung durch die Behörde über erfolgten bzw. nicht erfolgten Rechtsübergang ableiten. Im gegenständlichen Verfahren gehe es daher entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde um die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines offensichtlich strittigen subjektiven Rechts.

Keinesfalls gehe es hier, wie von der belangten Behörde angenommen, um die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage.

Es gelte daher zu beurteilen, ob ein Rechtsübergang hinsichtlich der erteilten Bewilligungen von der ursprünglichen Konsenswerberin auf die Beschwerdeführerin erfolgt sei.

Nach der klaren Diktion des Gesetzes in § 80 Abs. 5 GewO 1994 und § 9 NÖ BO, komme einem rechtskräftigen Genehmigungs- bzw. Bewilligungsbescheid dingliche Wirkung zu.

Solchen dinglichen Bescheiden sei es wesensimmanent, dass sie sich auf eine bestimmte Sache beziehen.

Daraus müsse natürlich folgen, dass die aus dem Bescheid erwachsende subjektive Berechtigung dem jeweiligen Inhaber der Sachherrschaftsbefugnis zukomme. Entscheidend sei daher die Sachherrschaftsbefugnis an der Sache, auf die sich die Genehmigung beziehe.

Bei einer noch nicht errichteten Betriebsanlage könne sich der Genehmigungsbescheid zur Errichtung der Anlage jedoch nur auf den Bauplatz und damit auf ein Grundstück beziehen, hinsichtlich dessen die Errichtung projektiert und beantragt worden sei.

Der Beschwerdeführerin als Alleineigentümerin der dem Bewilligungs- und Genehmigungsbescheid zu Grunde liegenden Grundstücke komme daher unzweifelhaft die ausschließliche Sachherrschaftsbefugnis an den Grundstücken und damit einhergehend die Innehabung des damit verbundenen subjektiven Rechts zur Errichtung und Inbetriebnahme der zuvor bezeichneten Anlage auf den gegenständlichen Grundstücken zu.

Die von der belangten Behörde unrichtigerweise vorausgesetzte Sachherrschaftsbefugnis an der fertigen Anlage selbst könne im Stadium der Errichtung der Anlage bzw. vor Baubeginn nicht als Voraussetzung für den Übergang des subjektiven Rechts auf die Beschwerdeführerin herangezogen werden.

Durch diese Auslegung der Bestimmung des § 80 Abs. 5 GewO 1994 wäre der Übergang einer Bewilligung im Stadium vor Errichtung der Anlage ausgeschlossen. Eine diesbezügliche Absicht des Gesetzgebers lasse sich dem Gesetz jedoch nicht entnehmen.

Die gleiche Überlegung gelte natürlich auch für die Rechtsnachfolge hinsichtlich der Baubewilligung, die sich ja vor Errichtung des Bauwerks, wie es im Übrigen schon dem Spruch des zugrunde liegenden Bescheides unmissverständlich zu entnehmen sei, lediglich auf den Baugrund beziehen könne.

Die belangte Behörde hätte daher bei richtiger Anwendung des Gesetzes den Rechtsübergang hinsichtlich der Betriebsanlagengenehmigung und der Baubewilligung von der vormaligen Konsenswerberin auf die im Zeitpunkt der Antragstellung über die Sachherrschaft an den gegenständlichen Grundstücken verfügende Beschwerdeführerin feststellen müssen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides gehe die belangte Behörde jedoch unrichtigerweise davon aus, dass sie nicht verpflichtet sei, die Vorschriften der § 80 GewO 1994 und der § 9 NÖ Bauordnung auszulegen und entsprechend anzuwenden.

Dazu vermeint sie weiter, dass es nicht ihre Aufgabe sei, über abstrakte Rechtsfragen mittels Feststellungsbescheid zu entscheiden. Tatsächlich sei jedoch nicht die abstrakte Auslegung von Rechtsvorschriften beantragt worden, sondern die Feststellung eines subjektiven Rechts der Beschwerdeführerin, welches für ihre zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendig sei und welches von der belangten Behörde trotz positiven Genehmigungsbescheides und Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bestritten werde.

Da der zugrunde liegende Genehmigungsbescheid bereits rechtskräftig sei, habe die Beschwerdeführerin keine andere gesetzliche Möglichkeit eine verbindliche Entscheidung der belangten Behörde über die Rechtsnachfolge zu erwirken und stelle die beantragte Feststellung daher ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dar. Durch die Zurückweisung des Antrages verweigere die belangte Behörde geradezu die Vollziehung der ihr übertragenen Aufgaben. Bloß weil eine Behörde im Unklaren über die Anwendung einer Bestimmung sei, dürfe sie mit dieser Begründung nicht eine Sachentscheidung verweigern, zu der sie verpflichtet sei. Ein Auslegungsmonopol einer anderen Entität sei in diesem Fall auch nicht zwischengeschaltet.

Sowohl bei der Gewerbeordnung 1994 als auch bei der NÖ Bauordnung handle es sich um Vorschriften, die die belangte Behörde anzuwenden habe.

Auch sei die Begründung, dass über die Rechte des im Bescheid vom 31.01.2017 zu *** und ***, enthaltenen Projekts ein Zivilgericht zu entscheiden habe, jedenfalls verfehlt.

Die Zivilgerichte hätten lediglich über die Zuordnung von privaten Rechten zu entscheiden. Die Zuordnung der privatrechtlich begründeten Rechte sei im gegebenen Fall jedoch nicht strittig, zumal die Beschwerdeführerin unzweifelhaft Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft sei.

Über den Bestand subjektiver öffentlicher Rechte und deren Innehabung habe jedenfalls die zuständige Behörde zu entscheiden.

Der Antrag der Beschwerdeführerin sei aus den oben dargelegten Gründen unzulässigerweise zurückgewiesen worden, da ein rechtliches Interesse der Beschwerdeführerin an der beantragten Feststellung bestehe, als auch die belangte Behörde zur Entscheidung in dieser Angelegenheit verpflichtet sei.

Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevante Sachverhalt:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 31. Jänner 2017, ***, ***, wurde der C GmbH die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung einer Betonmischanlage samt der maschinellen Einrichtung und zugehörigen Betriebseinrichtungen sowie Ausgestaltungen des Außenbereiches am Standort ***, Grst.Nr. *** und ***, KG ***, Gemeinde ***, entsprechend den Projektunterlagen und der Projektbeschreibung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Weiters wurde der C GmbH die baubehördliche Bewilligung für das Vorhaben „Errichtung einer Betonmischanlage samt der maschinellen Einrichtung und zugehörigen Betriebseinrichtungen sowie Ausgestaltungen des Außenbereiches“ auf dem Grundstück Nr. *** und ***, beide KG ***, ***, Gemeinde ***, mit der aufschiebenden Bedingung der Vorlage eines Grundbuchbeschlusses über die Vereinigung der betroffenen Grundstücke Nr. *** und ***, beide KG ***, vor Baubeginn, entsprechend den Projektunterlagen und der Projektbeschreibung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

Diesem Bescheid lag ein Antrag der C GmbH, welcher am 21. November 2016 bei der belangten Behörde einlangte, zu Grunde. Aus den Einreichunterlagen ergibt sich bereits die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Grundstücke.

Aus dem Grundbuch der Republik Österreich ergab sich, dass die Beschwerdeführerin auf Grund eines Kaufvertrages vom 08.11.2016 Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Grundstücke, KG ***, ist. Im Grundbuch wurde die Eigentumsübertragung am 24. November 2016 (Tagebuchzahl ***) vollzogen.

Die Vereinigung der Grundstücke (Grundstück *** wurde zu Grundstück *** hinzugefügt) erfolgte grundbücherlich am 16. Februar 2017 (Tagebuchzahl ***).

Mit Schreiben vom 26. Juli 2017, eingelangt bei der belangten Behörde am 27. Juli 2017, beantragte die Beschwerdeführerin die bescheidmäßige Feststellung, „dass die A GmbH als Rechtsnachfolgerin im Eigentum am Bauwerk sowie als neue Inhaberin der Betriebsanlage sowohl in die gewerbebehördliche Genehmigung, wie auch in die baubehördliche Bewilligung des Genehmigungsbescheides der belangten Behörde vom 31.01.2017 zu ***, ***, eingetreten ist.“

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz erkennt das Verwaltungsgericht über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist - über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht hat dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen und nach § 28 Abs. 2 VwGVG grundsätzlich in der Sache zu entscheiden (§ 27 VwGVG). Relevant ist dabei im Bescheidbeschwerdeverfahren – nach h. M. (in diesem Sinn auch VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076) – regelmäßig die in seinem Entscheidungszeitpunkt geltende Sach- und Rechtslage, sodass diesbezügliche Änderungen – zum Vor- und Nachteil des Beschwerdeführers (VwGH 27.3.2007, 2007/18/0059) zu berücksichtigen sind. In seinem Verfahren hat das Verwaltungsgericht – soweit sich nicht aus dem VwGVG anderes ergibt – die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1-5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

Die Verwaltungsgerichte entscheiden nicht bloß kassatorisch, sondern grundsätzlich in der Sache selbst. Ausnahmen von diesem Grundsatz – insbesondere die Möglichkeit zur Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 Satz 2 – sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken". [Hans Peter Lehofer, Die Prüfung des angefochtenen Bescheids durch die Verwaltungsgerichte, ÖJZ 2015/73 (541)]. Der Verwaltungsgerichtshof hat klargestellt, dass die frühere Rechtsprechung zur "Sache" des Berufungsverfahrens auch auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu übertragen ist. Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist demnach jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat. Das Verwaltungsgericht darf auch nicht über Anträge absprechen, die von der belangten Behörde nicht behandelt wurden, ebenso wenig darf es ein zusätzliches Begehren zum Gegenstand seiner Entscheidung machen (Hans Peter Lehofer, Die Prüfung des angefochtenen Bescheids durch die Verwaltungsgerichte, aaO).

Sache des Beschwerdeverfahrens ist – ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgesehenen Prüfungsumfanges – jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. VwGH vom 17.12.2014, Ra 2014/03/0049).

Der Antrag der Beschwerdeführerin wurde von der belangten Behörde zurückgewiesen. Sache des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist somit ausschließlich die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des Antrages vom 27. Juli 2017.

Die Erlassung eines Feststellungsbescheides ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes u.a. dann zulässig, wenn die betreffende bescheidmäßige Feststellung im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei gelegen ist (vgl. VwGH vom 20. Dezember 1996, 93/17/0008; 29. August 2017, Ra 2016/17/0170; u.a.).

Ein rechtliches Interesse einer Partei an einer bescheidmäßigen Feststellung ist bei Fällen, in denen die Erlassung eines Feststellungsbescheides im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist, gegeben, wenn der Feststellungsbescheid für die Partei ein geeignetes Mittel zur Beseitigung aktueller oder zukünftiger Rechtsgefährdung ist (vgl. VwGH vom 30. März 2004, 2002/06/0199). Der Feststellung muss somit in concreto die Eignung zukommen, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch die Gefährdung eines subjektiven Rechtes des Antragstellers zu beseitigen (vgl. VwGH vom 24. Oktober 2013, 2010/07/0171; 20. Februar 2014, 2011/07/0089; 22. November 2017, Ro 2017/03/0012).

Der Feststellungsbescheid stellt nach ständiger Rechtsprechung lediglich einen subsidiären Rechtsbehelf dar, der nur zur Anwendung kommen kann, wenn andere Möglichkeiten, die maßgebende Rechtsfrage zu klären, nicht vorhanden oder nicht zumutbar sind (vgl. VwGH 13.12.2016, 2013/05/0047, mwN; 22. November 2017, Ro 2017/03/0023).

Grundsätzlich gilt auch im Verwaltungsverfahren die Regel, dass sich der Bescheid nur auf die Parteien des Verfahrens bezieht. Auf Personen, die als Parteien beizuziehen gewesen wären, aber übergangen wurden, beziehen sich die Bescheidwirkungen nicht.

Die dargelegte Regel von der Begrenzung der Bescheidwirkungen in subjektiver Hinsicht auf die Parteien erfährt in verschiedenen Fällen eine Durchbrechung.

Unter der „dinglichen Wirkung“ eines Bescheides ist eine – über die Bescheidadressaten hinausgehende – Rechtswirkung des Bescheides zu verstehen. Sie erfasst nämlich auch (oder an Stelle des Adressaten) Personen, denen bestimmte Rechte an Sachen zustehen, auf die sich der Bescheid bezieht. Die dingliche Wirkung bestimmter Bescheide ist durch das Gesetz angeordnet. Die Judikatur nimmt aber noch in bestimmt gelagerten weiteren Fällen das Vorliegen eines „dinglichen Bescheides“ (Bescheides ad rem) an.

Es geht dabei um solche Bescheide, die zwar an eine bestimmte Person (mehrere bestimmte Personen) ergehen, sich jedoch auf eine bestimmte Sache derart beziehen, dass es lediglich auf Eigenschaften der Sache, nicht auf solche der Person ankommt (Baubewilligung, Benützungsbewilligung, Betriebsanlagegenehmigung uä). Die Judikatur nimmt an, dass solche Bescheide gegenüber jedem wirken, der entsprechende Rechte an der „betroffenen“ Sache hat.

Die Situation kann in den meisten Fällen auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsnachfolge betrachtet werden. Als „dingliche Bescheide“ werden z.B. solche in Bauangelegenheiten, in Wasserrechtssachen und in Angelegenheiten der Betriebsanlagengenehmigung angesehen. (vgl. Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 8. Auflage, RZ 485-489).

Mit der Erteilung der Genehmigung ist keine Errichtungs- oder Betriebspflicht für den Genehmigungswerber verbunden. Es steht ihm frei von seinem erworbenen Recht Gebrauch zu machen oder nicht (vgl. Ennöckl/Raschauer/Wessely, Kommentar zur Gewerbeordnung 1994; § 359, Rz 7).

§ 80 Abs. 5 GewO ordnet an, dass durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der Anlage die Wirksamkeit der Genehmigung nicht berührt wird. Damit ist die „dingliche Wirkung“ eines Betriebsanlagengenehmigungsbescheides angesprochen.

Gemäß § 9 Abs. 1 NÖ BauO 1994 kommt allen Bescheiden nach diesem Gesetz sowie allen Erkenntnissen und Beschlüssen des Landesverwaltungsgerichtes, die nicht nur verfahrensleitend sind, in den Angelegenheiten dieses Gesetzes – ausgenommen jenen nach § 37 –insofern eine dingliche Wirkung zu, als daraus erwachsende Rechte oder Pflichten auch vom Rechtsnachfolger geltend gemacht werden dürfen oder zu erfüllen sind.

Gemäß § 9 Abs. 2 NÖ BauO 1994 richtet sich die Rechtsnachfolge nach dem Eigentum am Bauwerk oder am Grundstück, je nachdem, ob das eine oder das andere Gegenstand der Entscheidung ist.

Ganz generell wird unter der dinglichen Wirkung eines Bescheides dessen über die Bescheidadressaten hinausgehende Wirkung verstanden. Der VwGH versteht unter der „dinglichen Wirkung“ von Bescheiden, dass (infolge ihrer Projektbezogenheit) die durch den Bescheid begründeten Rechte und P?ichten an der Sache haften und durch einen Wechsel in der Person des Eigentümers nicht berührt werden (VwGH 27.10.1997, 96/10/0255). Es geht dabei um solche Bescheide, die zwar an eine bestimmte Person bzw. bestimmte Personen ergehen, sich jedoch auf eine bestimmte Sache derart beziehen, dass es lediglich auf die Eigenschaften der Sache, und nicht auf solche der Person ankommt [Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer Verwaltungsverfahrensrecht Rz 489).

Aus der dinglichen Wirkung von Genehmigungsbescheiden folgt auch, dass ein neuer Inhaber einer Anlage in ein noch nicht zu Ende geführtes Verfahren eintreten kann (EBRV 395 BlgNR 13. GP 167). Es bedarf hiezu jedoch einer ausdrücklichen Eintrittserklärung des „neuen“ Genehmigungswerbers in das Verfahren; eine P?icht der Behörde, einen solchen Betreiberwechsel von Amts wegen aufzugreifen, besteht nicht (VwGH 30.10.1990, 89/04/0127). Demgegenüber bedarf der Inhaberwechsel nach rechtskräftigem Abschluss des Genehmigungsverfahrens keiner Mitteilung bei der Gewerbebehörde; der „Eintritt“ des neuen Inhabers in den Genehmigungsbescheid ergibt sich aufgrund der dinglichen Bescheidwirkung bereits aus dem Gesetz (vgl. auch Bergthaler/K. Holzingen Betriebsanlagenrecht Rz 26).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist "Inhaber", wer eine Sache in seiner Gewahrsame hat (§ 309 ABGB). Zum Unterschied vom Besitzer bedarf der Inhaber des sogenannten Eigentümerwillens nicht. Solcherart ist unter anderem auch der Bestandnehmer vom Inhaberbegriff eingeschlossen (vgl. VwGH vom 21. November 2001, Zl. 2000/04/0197).

Die sog „dingliche Wirkung“ einer Betriebsanlagengenehmigung (§ 80 Abs. 5
GewO 1994) bewirkt, dass von der einmal erteilten Genehmigung jeder neue Inhaber Gebrauch machen kann, er also keiner neuerlichen Anlagengenehmigung bedarf. Umgekehrt obliegt dem neuen Inhaber die Erfüllung bzw. Einhaltung aller dem Vorgänger vorgeschriebenen Au?agen, ohne dass es hiezu eines neuen und gesonderten Auftrages der Gewerbebehörde bedürfte (VwGH 21. 11. 2001, Zl 2000/04/0197).

Die Berechtigung zur Ausnutzung einer rechtskräftigen Baubewilligung ist nicht an die Person des Bauwerbers gebunden. Es kann auch ein Dritter, der nicht Partei des Baubewilligungsverfahrens gewesen ist, zur Ausnutzung der Baubewilligung berechtigt sein (vgl. VwGH 23.8.2012, 2012/05/0006). Das Recht aus der Baubewilligung hat zunächst der Bauwerber. In die Rechtsstellung des Bauwerbers kann eingetreten werden, und zwar auch durch eine Person, die nicht Grundeigentümer ist. Ohne einen solchen Übergang, also ohne Rechtsnachfolge, ist allerdings gegenüber der Baubehörde nach wie vor der Bauwerber der zum Bau Berechtigte. (vgl. auch W. Pallitsch/Ph. Pallitsch/W. Kleewein, Niederösterreichisches Baurecht, 10. Auflage, § 9, Anm. 20 und 21).

Nach § 9 Abs. 2 BauO 2014 richtet sich die Rechtsnachfolge „nach dem Eigentum am Bauwerk oder am Grundstück“. Bescheiden und Erledigungen des Landesverwaltungsgerichtes in einer Angelegenheit nach der NÖ BO 2014 kommt daher (nur) insofern dingliche Wirkung zu, als daraus erwachsende Rechte und P?ichten auf den Rechtsnachfolger im Grundeigentum übergehen (dingliche Wirkung bzw. In-rem-Wirkung betreffend das Grundstück bzw. Bauwerk, auf welches sich die Baubewilligung bezieht).

Auch die aus den Baubewilligungen abzuleitenden Rechte und P?ichten sind mit der Sache, auf die sie sich beziehen, derart verbunden, dass es auf in der Person des Berechtigten bzw. Verpflichteten gelegene Umstände nicht ankommt, sie treffen den jeweiligen Inhaber der Sachherrschaftsbefugnis. Bei dinglichen Erledigungen tritt der Rechtsnachfolger in die Rechtsstellung seines Rechtsvorgängers (des Bewilligungswerbers bzw. des Bescheidadressaten) ein. Ausdrücklich führt der VwGH im Erkenntnis vom 27.10.1998, 97/05/0331 zur Oö BauO aus, dass Baubewilligungen „insofern eine dingliche Wirkung zukommt, als daraus erwachsende Rechte auch vom Rechtsnachfolger des Bauberechtigten oder des Eigentümers des Baugrundes oder Bauwerkes geltend gemacht werden können und daraus erwachsende P?ichten auch von diesem Rechtsnachfolger zu erfüllen sind.

Die aus der Baubewilligung erwachsenden Rechte und P?ichten gehen nach Abs. 2 aber offenbar nur auf den Rechtsnachfolger im Grundeigentum bzw. Eigentum am Bauwerk über; dies ist etwa bei einer Baubewilligung an eine vom Grundeigentümer verschiedene Person nicht der Fall. Personenbezogen ist die Frage der Rechtsnachfolge zwischen Bewilligungsinhaber und Rechtsnachfolger (nicht unbedingt Grundeigentümer bzw. Eigentümer am Bauwerk) zu lösen. Das kann wiederum Einzelrechtsnachfolge (Vertrag, Richterspruch, Gesetz) oder Gesamtrechtsnachfolge (Erbe, Umwandlung oder Fusion einer Gesellschaft) sein.

Auch wird hier nicht der Wechsel des Bauwerbers während des Bewilligungsverfahrens geregelt; dennoch ist im Lichte der Rechtsprechung des VwGH von der Zulässigkeit eines Bauwerberwechsels während des Bewilligungsverfahrens auszugehen. Im Erkenntnis VwSlgNF 13.233 A/1990 führte der VwGH (zur damals geltenden Stmk BauO 1968) in diesem Zusammenhang aus, dass fast alle österreichischen Bauordnungen aus der Ableitung des Baurechtes aus dem Eigentumsrecht die Konsequenz ziehen, dass ein vom Grundeigentümer verschiedener Bauwerber im Baubewilligungsverfahren neuerlich die Zustimmung des Grundeigentümers beizubringen hat (Hinweis auf VwSlgNF 8161 A/ 1972) und dass der Liegenschaftseigentümer stets ein Bauvorhaben verwirklichen darf, für das ein Dritter mit der Zustimmung des Liegenschaftseigentümers die Baubewilligung erwirkt hat. Die Projektbezogenheit des Bauvorhabens hindere nicht den Wechsel

des Bauwerbers während des Verfahrens (Hinweis auf VwGH 7.7.1988, 88/05/0097). In dem zur oberösterreichischen Bauordnung ergangenen Erkenntnis VwSlgNF 13.199 A/1990 wiederum leitete der VwGH die grundsätzliche Zulässigkeit des Wechsels des Bauwerbers aus der dinglichen Wirkung eines Baubewilligungsbescheides ab. (vgl. auch W. Pallitsch/Ph. Pallitsch/W. Kleewein, Niederösterreichisches Baurecht, 10. Auflage, § 9, Anm. 5).

Gegenständlich war bereits im Bewilligungs- bzw. Genehmigungsverfahren der belangten Behörde die Beschwerdeführerin Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft. Die Eigentumsverhältnisse haben sich daher nicht verändert, sodass daraus alleine nicht eine Rechtsnachfolge (diese fand nicht statt) in den Rechten gesehen werden kann.

In Zusammenschau der obigen Ausführungen kann daher ein rechtliches Interesse der Beschwerdeführer an der beantragten Feststellung, nämlich „dass die A GmbH als Rechtsnachfolgerin im Eigentum am Bauwerk sowie als neue Inhaberin der Betriebsanlage sowohl in die gewerbebehördliche Genehmigung wie auch in die baubehördliche Bewilligung des Genehmigungsbescheides der belangten Behörde vom 31.01.2017 zu ***, ***, eingetreten ist“, nicht erkannt werden.

Ergänzend wird ausgeführt, das eine Rechtsnachfolge der Beschwerdeführerin nicht erfolgte. Die Konsenswerberin stand nicht im Eigentum der Liegenschaft. Im Übrigen ist auch das Bauwerk sowie die Betriebsanlage – entsprechend der unstrittigen Aktenlage – nicht errichtet, sodass auch schon deshalb daran kein Eigentum bzw. Inhaberschaft vorliegen und übergehen kann.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abzusehen, da eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht hätte erwarten lassen und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S.389, entgegenstanden. Es handelt sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren ausschließlich um Rechtsfragen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (vgl. VwGH vom 24. 6.2014, Zl. 2014/05/0059, 17.4.2012, Zl. 2012/05/0029 bzw. 21.12.2012, Zl. 2012/03/0038).

Zur Nichtzulassung der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG, welcher grundsätzliche Bedeutung zukommt, war gegenständlich nicht zu lösen, sodass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist. Weder weicht das gegenständliche Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen (vgl. die oben dargestellte Judikatur).

Schlagworte

Gewerberecht; Betriebsanlage; Verfahrensrecht; Bescheid; dingliche Wirkung; Feststellungsbegehren; Rechtsnachfolger;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1443.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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