TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/26 96/21/0925

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Veröffentlicht am 26.11.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §8;
AVG §38;
FrG 1993 §17 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des S in Drasenhofen, geboren am 21. November 1975, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 10. September 1996, Zl. Fr 3238/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen irakischen Staatsangehörigen, gemäß § 17 Abs. 1 und § 19 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus.

Diese Maßnahme begründete sie wie folgt:

Der Beschwerdeführer sei am 13. Oktober 1991 aus Jugoslawien kommend unter Umgehung der Grenzkontrolle und damit illegal in das Bundesgebiet eingereist. Sein am 14. Oktober 1991 gestellter Asylantrag sei letztinstanzlich mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Dezember 1994 rechtskräftig abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer sei nicht direkt aus jenem Staat eingereist, in dem verfolgt zu werden er behaupte. Sein Aufenthalt in Österreich unterliege uneingeschränkt den Bestimmungen des Fremdengesetzes. Der Missachtung (gemeint wohl: Einhaltung) der für die Einreise nach und die Ausreise aus Österreich bestehenden Vorschriften komme im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Selbst bei Einmaligkeit von Verfehlungen gegen diese Normen liege ein schwerwiegender Verstoß gegen erhebliche öffentliche Interessen vor. In Österreich befänden sich die Schwester des Beschwerdeführers, deren Mann und das gemeinsame Kind. Ansonsten seien keine näheren Bindungen zu im Inland lebenden Personen ersichtlich. Der rechtswidrige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sei als Übertretung des Fremdengesetzes von nicht unerheblicher Bedeutung zu werten. Eine neuerliche Einreise werde durch die verfügte Ausweisung nicht verwehrt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Bescheid nach den wiedergegebenen unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen kein Bescheid zugrundeliegt, mit dem die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt oder mit dem der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde; die Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, kommt vorliegend daher nicht zum Tragen.

Der Beschwerdeführer läßt die genannten Feststellungen im angefochtenen Bescheid unbestritten und versucht eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides mit dem Hinweis zu begründen, die belangte Behörde hätte als Vorfrage entscheiden müssen, ob dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 des Asylgesetzes 1991 zukomme oder sie hätte das Ausweisungsverfahren bis zur diesbezüglichen Entscheidung unterbrechen müssen.

Gemäß der genannten Bestimmung kann die Asylbehörde bei Erlassung eines Bescheides, mit dem ein Asylantrag abgewiesen wird, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen einem Fremden von Amts wegen den befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet bewilligen, wenn die Abschiebung rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist oder ihm wegen der Situation in seinem Heimatstaat oder - sofern er staatenlos ist - in dem Staat, in dem er zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, aus wichtigen Gründen nicht zugemutet werden kann.

Was zum Einen die Beschwerdeauffassung anlangt, die belangte Behörde hätte mit der Entscheidung über die Ausweisung bis zur (allfälligen) Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der vorzitierten Bestimmung durch die Asylbehörde zuwarten müssen, so ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, dass keine gesetzliche Vorschrift existiert, die die Fremdenbehörde zu einer solchen Vorgangsweise verpflichtet. Zum Anderen handelt es sich - entgegen der Beschwerde - bei der Frage, ob einem Fremden eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Asylgesetz 1991 zu erteilen sei, für die Fremdenbehörde um keine Vorfrage (iSd § 38 AVG), weil die Beantwortung dieser Frage für die von ihr zu treffende Entscheidung in der Hauptfrage (Ausweisung) keine unabdingbare Voraussetzung darstellt. Der Verwaltungsgerichtshof hegt somit gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich aufhalte und demgemäß der Tatbestand des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG erfüllt sei, keine Bedenken.

Der Beschwerdeführer meint weiters, die belangte Behörde hätte "§ 20 des FrG einer Prüfung unterziehen und auf mich anwenden müssen". Diese Bestimmung ist jedoch nach dem klaren Wortlaut des § 17 Abs. 1 FrG hier nicht anzuwenden.

Im Übrigen führte die belangte Behörde erkennbar eine Interessenabwägung nach § 19 FrG durch. Sie nahm zutreffend angesichts der Dauer des zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides währenden Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich von ca. fünf Jahren einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in sein Privatleben an. Weiters berücksichtigte sie den Aufenthalt der Schwester des Beschwerdeführers samt Familie in Österreich. Der belangten Behörde ist darin zu folgen, dass den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1999, Zl. 95/21/1153). Das daraus erfließende öffentliche Interesse an der Ausweisung des Beschwerdeführers wird dadurch verstärkt, dass dieser trotz und nach der Abweisung seines Asylantrages (nach Ausweis der Verwaltungsakten wurde auch der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen) im Inland geblieben ist. Den eingangs genannten Umständen, die das private Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich begründen, kommt nicht ein solches Gewicht zu, dass sie das genannte öffentliche Interesse an der Ausweisung des Beschwerdeführers, der nie über einen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland verfügt hat, überwiegen könnten. Die Ausweisung des Beschwerdeführers ist somit auch unter Bedachtnahme auf § 19 FrG nicht als rechtswidrig anzusehen. Daran vermag der Hinweis des Beschwerdeführers auf die ihm in seinem Heimatland drohenden Gefahren nichts zu ändern, weil mit der Ausweisung nicht darüber abgesprochen wird, dass der Beschwerdeführer in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er allenfalls abgeschoben werde (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 12. Februar 1998, Zl. 97/21/0791).

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996210925.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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